16.15

Staatssekretärin im Bundeskanzleramt Claudia Plakolm: Geschätzte Frau Präsidentin! Liebe Mitglieder des Bundesrates! Österreich ist definitiv ein Land, in dem jeder, der arbeiten geht und bereit ist, seinen Beitrag zu leisten, auch ein ordentliches Dach über dem Kopf haben kann – auch weil wir so viele fleißige Menschen in unserem Land haben, die durch Arbeitengehen, durch Steuernzahlen ermöglichen, dass wir auch denjenigen helfen können, die nicht auf die Butterseite im Leben gefallen sind, sodass es auch denen möglich ist, durch finanzielle und soziale Unterstützung eine beheizte Unterkunft zu haben. (Bundesrätin Schumann: Wer hat den Text geschrieben, bitte?)

Wer andere Länder der Welt kennt und wer dort auch gesehen hat, auf welche Probleme man stößt, wenn die Anzahl der Menschen deutlich zu hoch für den verfügbaren Wohnraum ist, der weiß, dass wir froh sein können, in einem Land wie Österreich zu wohnen, in einem Land, in dem es in den unterschiedlichsten Mietformen (Bundesrätin Schumann: Was heißt das? Seid froh, dass ihr da wohnt ... oder was?), egal ob in der Stadt oder am Land, auch möglich ist, gut zu leben und gut zu wohnen. (Rufe bei der SPÖ: Na dann!)

Mit dem Regierungsprogramm, das Sie ausführlich erwähnt und geschildert haben, setzen wir auch viele nachhaltige Maßnahmen, um genau im Wohnen viele Akzente zu setzen, und wir verpflichten uns zu diesen nachhaltigen Maßnahmen. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesrät:innen der Grünen.)

Das tun wir beispielsweise im Bereich des Sanierens, in dem es deutlich attraktiver wird, bestehenden Wohnraum nach den eigenen Vorstellungen herzurichten und beispielsweise auch die erneuerbaren Energien voranzutreiben.

Auch junge Menschen unterstützen wir auf dem Weg in die erste Wohnung, beispielsweise mit dem Bestellerprinzip bei Maklergebühren, das seit Mitte dieses Jahres endlich in Kraft ist. (Bundesrätin Schumann: Das wird ihnen helfen!)

Selbstverständlich bekenne gerade ich als Jugendstaatssekretärin mich dazu, dass es weitere Maßnahmen braucht, um Wohnen leistbar zu machen, um Schwerpunkte im Bereich Wohnen politisch übergreifend zu setzen (Zwischenruf der Bundesrätin Hahn), gerade dann, wenn es darum geht, dass junge Menschen auch zutiefst den Wunsch verspüren, dass sie sich früher oder später einmal eigene vier Wände schaffen wollen. (Zwischenruf der Bundesrätin Hahn.)

Das kommt nicht nur aus dem Bericht zur Lage der Jugend heraus, in dem jeder zweite junge Mensch das als langfristige Perspektive, als langfristigen Traum angibt, auch laut der Ö3-Jugendstudie – dort noch einmal deutlicher – wünschen sich 93 Prozent der jungen Menschen eigene vier Wände und möchten sich früher oder später Eigentum leisten können. (Ruf bei der SPÖ: Wünschen kann man sich viel!)

Mir ist durchaus klar, dass das in den letzten Jahren für unglaublich viele in unerreichbare Entfernung gerückt ist, und für viele wird es leider nur dieser Traum bleiben. Wir wollen aber gerade jungen Menschen, die bereit sind, mit ihrem Fleiß etwas zu leisten, die Möglichkeit geben, dass sie das schaffen (Zwischenrufe bei der SPÖ), auch wenn wir aktuell einen unglaublich gefährlichen Dreiklang erleben: einen Dreiklang aus massiv gestiegenen Baukosten, sehr hohen Zinsen, die wir in den letzten Jahren ganz einfach nicht erlebt haben, und Kreditrichtlinien, die es fast unmöglich machen, nicht nur Eigentum, sondern überhaupt eine Kreditzusage zu bekommen.

Wenn bei einem Pärchen, bei dem beide Vollzeit arbeiten, nicht einmal die Chance darauf besteht, eine positive Kreditzusage zu bekommen, dann läuft etwas falsch in diesem System. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Deswegen mache ich mich dafür stark, dass wir insbesondere bei den staatlichen Nebenkosten, bei den Steuern, die zu bezahlen sind, Erleichterungen für junge Menschen, für junge Familien finden, damit dieser Traum irgendwie doch erreichbar ist und junge Menschen es mit viel Einsatz auch schaffen können, und dass wir beziehungsweise die Finanzmarktaufsicht die Kreditregeln endlich entschärfen, weil das einfach vielen jungen Menschen diese Perspektive nimmt. Ich bin schon der Überzeugung, dass die Perspektive auf eigene vier Wände ein zentraler Motivator am Arbeitsmarkt und gleichzeitig ganz entscheidend in der persönlichen Vorsorge ist.

In Vertretung unseres Bundeskanzlers darf ich nun auf die von Ihnen gestellten Fragen eingehen. Vielen lieben Dank auch für die Zusatzaufgabe, dass Sie die Anfrage noch einmal verlesen haben.

Zu den Fragen 1 und 2:

Das Regierungsprogramm wurde in einer Zeit erstellt, in der wir noch nichts von den vielen Krisen – Corona, Krieg, Pandemie – und den unterschiedlichsten Herausforderungen, mit denen wir seither konfrontiert sind, gewusst haben. (Bundesrätin Schumann: Das heißt ...!) Deswegen war es notwendig, dass wir auch einen neuen Blickwinkel bei der Betrachtung dieser Herausforderungen einnehmen: mit einem Fokus auf schnelle Entlastungsmaßnahmen wie beispielsweise die ökosoziale Steuerreform, mit Steuersenkungen und dem Klimabonus oder mit der Abschaffung der kalten Progression.

Ganz konkret ist im Bereich Wohnen trotz dieser notwendigen Maßnahmen viel passiert. Beispielhaft möchte ich ein paar Punkte erwähnen: die zusätzlichen Förderungen für Kesseltausch und thermische Sanierung in Höhe von 1 Milliarde Euro bis 2026; die Erhöhung der Mittel für den Sanierungsbonus um 200 Millionen Euro oder auch die Aussetzung der Umsatzsteuer auf Fotovoltaikanlagen für die nächsten zwei Jahre mit einem Volumen von 650 Millionen Euro. Das ist ein Thema, das Sie meines Wissens heute hier im Bundesrat schon intensiv behandelt haben.

Dazu kommen die deutlich gestiegenen Auszahlungen für Länder und Gemeinden über das neue Finanzausgleichsgesetz, das wir kürzlich auf den Weg gebracht haben und das einen wichtigen Teil zum Bauen und Wohnen enthält, oder auch vorgezogene Bauprojekte der öffentlichen Hand mit einem Volumen von über 600 Millionen Euro im Jahr 2024.

Nun zur Frage 3:

Die Einführung eines einheitlichen Mietmodells wird bereits seit einiger Zeit diskutiert. Die Kompetenzen in dieser Thematik sind auf unterschiedliche Ressorts aufgeteilt. Beispielsweise ist das Justizministerium für das WEG und auch für das Mietrechtsgesetz zuständig, das Wirtschaftsministerium für das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz.

Sie sehen allein schon bei diesem Thema der Mietpreisbremse, zu dem viele, viele Vorschläge existieren und vor allem auch im Parlament vorliegen, dass man damit nur einen kleinen Teil mietrechtlicher Themen adressieren kann, dass eine bundeseinheitliche Lösung nur schrittweise möglich ist und nur mit Bedacht umgesetzt werden darf.

Es sei jedoch auch erwähnt, dass sich hinsichtlich der Bereiche der Haushaltsentwicklung, der Kosten und Preise für Mietverhältnisse und auch des Klimaschutzes das österreichische Wohnrecht sehr, sehr gut bewährt hat und für viele Länder beispielgebend ist.

Zu den Fragen 4, 5 und 14:

Wir befinden uns in einem laufenden und guten Austausch mit dem Städte- und dem Gemeindebund, wie zuletzt auch beim Abschluss des Finanzausgleiches. Zur Leerstandsabgabe ist festzuhalten, dass die Diskussion dazu viel zu vereinfacht geführt wird. Erstens ist ein gewisser Grundleerstand für Wohnungswechselfälle notwendig, und zweitens steht fest, dass es regional sehr unterschiedliche Gründe für Leerstände gibt. Wir sind uns einig, dass es einer treffsicheren Maßnahme bedarf. (Bundesrätin Schumann: Ah!)

Deswegen Treffsicherheit – da sind insbesondere die Bundesländer gefragt –: Da erscheinen landesspezifische Regelungen als geeigneter Hebel. Wir sind als Bundesregierung offen für Gespräche, um die Möglichkeiten der Länder in diesem Bereich zu erweitern.

Zur Frage 6:

Viele Aspekte des sozialen Wohnbaus liegen grundsätzlich in der Kompetenz der Länder. Ich möchte nicht unerwähnt lassen, dass auch da die Zusammenarbeit aller Ressorts mit den Bundesländern sehr, sehr gut funktioniert.

Anhand von zwei Beispielen möchte ich das auch konkret zeigen: Erstens sind zumindest rund eine Million Wohnungen – 300 000 Gemeindewohnungen und 700 000 gemeinnützige Wohnungen – bereits jetzt sozialen Gesichtspunkten zuzurechnen. Zweitens sorgen wir für die Zukunft vor, denn die Bundesregierung stellt den Ländern im Rahmen des Finanzausgleichs rund 1 Milliarde Euro für Wohnbauförderung zur Verfügung. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesrät:innen der Grünen.)

Eine verfassungsrechtliche Verankerung von etwas, das schon täglich gut gelebte Praxis ist, ist aus unserer Sicht deswegen nicht notwendig. (Bundesrätin Schumann: Ah!)

Zur Frage 7:

Laut Berechnungen der Oesterreichischen Nationalbank beläuft sich der erfragte Inflationseffekt auf minus 0,3 Prozentpunkte im Zeitraum 24 bis 26, weil Mieten eine relativ kleine Gewichtung bei der Inflationsberechnung haben. (Bundesrätin Schumann: 24 bis 26!)

Der Bundeskanzler hat bei der Präsentation der Mietpreisbremse bereits die rechtlichen Schwierigkeiten aufgezeigt, die es bei einem Eingriff insbesondere gibt. Eine Prüfung der Materie wurde angekündigt, die daraufhin durchgeführt wurde und bis dato noch keine durchführbare Lösung ergeben hat. Von der Mietpreisbremse dennoch betroffen sind Genossenschaftswohnungen, Kategoriemieten und Richtwertmieten.

Zur Frage 8:

Die Auszahlungen für die Länder und in weiterer Folge auch für die Gemeinden und Städte werden durch den Finanzausgleich deutlich erhöht. Dafür wurde eigens der neue Zukunftsfonds geschaffen, der sich unter anderem sehr spezifisch mit dem Thema Wohnen beschäftigt. Zusätzliche Bundesmittel betreffend Ihre Frage sind nicht geplant.

Zur Frage 9:

Die grundlegende Idee der rein privatrechtlich organisierten Wohnbauinvestitionsbank war, dass günstige Kreditmittel der Europäischen Investitionsbank aufgenommen werden können und mit Bundeshaftung ausgestattet an gewerbliche und gemeinnützige Bauträger weitergeleitet werden können.

Vor allem der hohe Leitzins würde auch bei einer Wiedereinführung der WBIB ihren Zweck erschweren, günstig verzinste Fremdmittel mit Laufzeiten von 30 Jahren oder mehr zur Verfügung zu stellen. Folglich würde eine Wiedereinführung, sofern sie nach langen, schwierigen Verhandlungen mit der Europäischen Investitionsbank gelingen würde, keine Ad-hoc-Entlastung für die Menschen bringen, anders als die Maßnahmen der Bundesregierung, die schnell und im internationalen Vergleich sehr treffsicher ankommen. (Beifall bei der ÖVP.)

Zur Frage 10:

Die Wohnbauförderung der Länder ist, wie der Name schon sagt, eine Sache der Bundesländer. Im Rahmen des Finanzausgleichs gibt es deutliche Erhöhungen der Auszahlungen im Bereich des Wohnbaus: rund 1 Milliarde Euro verknüpft mit verbindlichen Zielen auch für die Bundesländer, an die sich diese zu halten haben. Zur Umsetzung dieser Ziele verweise ich auf die einzelnen Bundesländer.

Zu den Fragen 11 und 15:

Die Bundesregierung stellt im Rahmen des Finanzausgleichs 300 Millionen Euro pro Jahr für den Bereich Wohnen und Sanierung zur Verfügung. Dieses Geld aus dem Zukunftsfonds soll für den Ausbau leistbaren Wohnraums und für die Erhöhung der Zahl der Sanierungen verwendet werden, um den Bausektor konjunkturell zu unterstützen. Jedes Land muss in diesem Bereich zwei Ziele erreichen, unter anderem eine Renovierungsquote der öffentlichen Gebäude in Höhe von 3 Prozent.

Zur Frage 12:

Ich teile durchaus die Kritik an den verschärften Kreditvergaberichtlinien, wie sie in der Anfrage auch angeführt ist. Um sich Eigentum zu schaffen, sind die Zeiten, wie ich eingangs in meinem Statement erwähnt habe, aufgrund von Teuerung und steigenden Zinsen deutlich schwieriger geworden, insbesondere für junge Familien. Das hat unterschiedliche Gründe, nicht zuletzt, aus meiner Sicht, die zu streng ausgestaltete KIM-Verordnung. Diese wird von der Finanzmarktaufsicht und dem Finanzmarktstabilitätsgremium weisungsfrei und unabhängig erstellt.

Nichtsdestotrotz versuchen insbesondere der Finanzminister und ich, in Gesprächen auf diese Probleme aufmerksam zu machen. Ich möchte auch betonen, dass die Bundesregierung auf Entscheidungen weisungsfreier Behörden weder Einfluss nehmen kann noch nehmen wird.

Zur Frage 13:

Die Frage eines Zinspreisdeckels ist nicht so einfach, wie sich das manche vorstellen. Es gibt sowohl aus ökonomischer als auch aus rechtlicher Sicht Argumente gegen einen solchen Deckel. Aus ökonomischer Sicht könnte ein Zinspreisdeckel den Kampf gegen die Inflation konterkarieren. Die Erhöhungen der Zinsen sind ja ein Mittel zur Inflationseindämmung. Ein Zinspreisdeckel würde den Konsum und damit die Preise und wiederum die Inflation anheizen.

Aus verfassungsrechtlicher Sicht ist es auch problematisch, in bestehende Verträge zuungunsten einer Vertragspartei einzugreifen. Eine Kundengruppe zu bevorzugen bedeutet in diesem Fall nichts anderes, als einer anderen zu schaden. Zusätzlich gibt es Probleme mit dem europäischen Wettbewerbsrecht, das im Interesse sowohl der Verbraucher als auch der Unternehmen Kartelle, im Rahmen derer Preisabsprachen getroffen werden, verbietet.

Zu den Fragen 16 und 17:

Im Bundeskanzleramt liegen dazu keine Daten auf. Ich verweise für diese Fragen auf die zuständigen Bundesministerien.

Zu den Fragen 18 und 19:

Die Bundesregierung hat den Bundesländern im Rahmen des Wohnschirms zuerst 50 Millionen Euro und in weiterer Folge 124 Millionen Euro für Unterstützungsmaßnahmen zur Verfügung gestellt, um ein Sicherheitsnetz gegen Delogierungen zu spannen. Damit werden Menschen vor einem Wohnungsverlust wegen Mietschulden geschützt und gleichzeitig bei der Begleichung hoher Energiekosten unterstützt.

Zu den erwähnten Daten liegen im Bundeskanzleramt keine Zahlen auf. Ich verweise hier ebenso auf die zuständigen Bundesministerien.

Abschließend zur Frage 20:

Parteipolitische Fragen sind kein Gegenstand des Interpellationsrechts. Welche Handlungen Bundesländer setzen und welche nicht, das obliegt den Bundesländern natürlich selbst. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesrät:innen der Grünen.)

16.29

Vizepräsidentin Margit Göll: Wir gehen nun in die Debatte ein.

Ich mache darauf aufmerksam, dass gemäß § 61 Abs. 7 der Geschäftsordnung die Redezeit eines jeden Bundesrates mit insgesamt 20 Minuten begrenzt ist.

Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Korinna Schumann. – Bitte.