13.59

Bundesrat Mag. Sascha Obrecht (SPÖ, Wien): Frau Präsidentin! Werter Herr Minister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Für mich ist das ein bisschen eine ungewöhnliche Situation, so als Proredner eingeteilt zu sein, wenn der Finanzminister da ist. (Heiterkeit bei Bundesrät:innen von SPÖ, ÖVP und Grünen. – Bundesminister Brunner: Stimmt eigentlich! – Bundesrätin Eder-Gitschthaler: Ja, ist für uns auch ungewöhnlich! – Bundesrat Buchmann: Man kann ja auch gescheiter werden!) Ich habe tatsächlich überlegt, was ich sagen kann. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie des Bundesrates Arlamovsky.)

Insofern fangen wir mit etwas Positivem an, damit es praktisch auch eine Pro­rede ist: Der Finanzausgleich selbst stellt für den Finanzminister sicher eine der schwierigsten Verhandlungssituationen dar, die er überhaupt zu bewäl­tigen hat. Das ist zu einem Ergebnis gebracht worden, und das ist für sich schon eine Leistung, die man anerkennen kann (Zwischenruf des Bundesrates Span­ring), und das tue ich hiermit auch ausdrücklich. (Beifall bei der ÖVP sowie des Bundesrates Schreuder.)

Es gab da ja auch einen breiten Konsens unter den Landeshauptleuten. Auch mein Landeshauptmann in Wien hat dann schlussendlich dem Finanzaus­gleich zugestimmt, also kann ich prinzipiell gar nicht dagegen argumentieren. (Bundesrätin Eder-Gitschthaler: Ja genau! Ja, das ist gescheit! – Zwischen­bemerkung von Bundesminister Brunner.) Das liegt irgendwie nicht in der Natur der Sache – das verstehe ich schon, das ist klar.

Insofern werde ich es – jetzt kommt das Aber, das haben Sie eh schon vermutet (Zwischenbemerkung von Bundesminister Brunner) – aber vielleicht bei ei­ner grundsätzlichen Kritik belassen. Ich glaube, dass Sie in vielen Fällen leider die falschen Schwerpunkte setzen – das liegt auch in der Natur der Sache, Sie vertreten politisch andere Menschen, als ich das tue. Ich glaube, dass wir den Men­schen in Österreich ein grundlegendes Versprechen geben müssen, zumin­dest in meinem politischen Verständnis, nämlich dass es, wenn sie sich in diesem Land anstrengen, wenn sie etwas weiterbringen wollen, ihnen selbst und ihren Kindern besser geht. Das ist, glaube ich, ein Versprechen, das wir den Men­schen schulden. Ich glaube, dass dieses Versprechen von dieser Regierung nicht wahrgenommen wird. (Beifall bei der SPÖ.)

Es gibt vielmehr ein anderes grundlegendes Versprechen, nämlich jenes, dass es, wenn sie sich anstrengen, wenn sie ganz viel arbeiten, dann am Ende kaum reichen wird, um über die Runden zu kommen. (Bundesrat Buchmann: Das ist eine Unterstellung!) Es gibt das Versprechen: Wenn Sie viel haben, dann werden Sie viel behalten, weil wir es nicht angreifen werden! – Im Gegensatz zum Kolle­gen bin ich nämlich der Auffassung, dass eine Millionärsabgabe sehr wohl nottut, um eine Schieflage in diesem Land zu beenden. (Beifall bei der SPÖ.)

Den letzten Punkt will ich gar nicht zu ausführlich beschreiben, weil wir auch das in der Vergangenheit erlebt haben: Das dritte Versprechen ist, dass es einem, wenn man sich mit der ÖVP gut stellt, von der Republik auch ge­richtet wird. Auch das ist ein Versprechen, das man vielleicht kritisieren muss und das in Zukunft bei einer neuen Regierung anders sein sollte. – Das sind so die drei Dinge, die ich mitgeben will.

Zur Transparenzdatenbank: Dem kann ich mich anschließen, das halte ich prin­zipiell für eine gute Sache. Wenn wir zukünftig wollen, dass Gemeindever­bände auch einmelden können, halte ich die Legistik für unzureichend – das ha­be ich Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern auch gesagt. Gebietskör­perschaftsübergreifend führt dazu – als Begriff schon per se ‑, dass Gemeinde­verbände nicht einmelden können, weil sie keine Gebietskörperschaften sind. Insofern wird da zukünftig, denke ich, tatsächlich juristisch nachgebessert werden müssen. Ziel sollte sein, dass auch Gemeindeverbände zukünftig melden sollen. Ich glaube, da gibt es noch ein bisschen Bedarf und Stellen, an de­nen man etwas nachholen sollte.

Insofern vielleicht abschließend noch: Ich darf heute noch eine etwas kritischere Rede zu einem anderen Thema halten, die nicht den Finanzminister trifft, aber ich will vielleicht noch ein paar Zahlen mitgeben, die mich zum Denken an­regen: Die „Financial Times“, kein Blatt des Marxismus, hat die fortgeschrit­tenen Volkswirtschaften der Welt und deren Performance in diesem Jahr vergli­chen. Österreich ist auf Platz 33 von 35 gelandet, wir sind Vorvorletzter. Es mag schon sein, dass es eine punktuelle Betrachtung für ein Jahr ist, aber es sollte uns zu denken geben.

Wifo-Chef Felbermayr sagt, das hat zwei Gründe: die hohe Inflation und das ge­ringe Wachstum. Für die hohe Inflation gibt es unterschiedliche Erklär­muster. Der Finanzminister sagt, die hohe Inflation liegt an den hohen Lohnab­schlüssen, und er vergleicht uns mit Belgien. Er sagt, Belgien hat ähnlich hohe Lohnabschlüsse. – Der Unterschied ist, dass Belgien eine Inflation von 0,7 Prozent hat und wir eine von 5,3 Prozent haben. Die Lohnabschlüsse können es also auch monokausal sicher nicht sein. Das halte ich tatsächlich für eine unredliche Argumentation. (Beifall bei der SPÖ.)

Da muss mehr gemacht werden, denn die Inflation frisst sich bei uns allen ein, auch im Alltag. Das wird die vordringlichste Aufgabe für nächstes Jahr. Daran werden Sie (in Richtung Bundesminister Brunner), daran wird die ÖVP, daran werden auch die Grünen gemessen werden. Ich glaube, dass es sich nicht mehr ausgeht, dass man das Ruder herumreißt – also für Sie zumindest, wir sind ja nicht Teil der Regierung. Ich hoffe, dass eine Sozialdemokratie in der nächsten Regierung vertreten sein wird, um die Scherbenhaufen, die Folgen der Inflation, der viel zu hohen Inflation, aufräumen zu können. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

14.03

Präsidentin Mag.a Claudia Arpa: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bun­desrat Marco Schreuder. – Bitte sehr, Herr Bundesrat.