14.23
Bundesminister für Finanzen Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Mitglieder des Bundesrates! Vielleicht darf ich zwei Dinge klarstellen oder relativieren: Herr Bundesrat Reisinger, ich bin immer gerne im Bundesrat, das weißt du hoffentlich. Ab und zu, ja, das stimmt, gibt es Notwendigkeiten – wie heute leider auch –, dass ich mich verabschieden muss. Heute werden wir hoffentlich endlich die europäischen Fiskalregeln endbeschließen, und ich werde mich in weiterer Folge vom Herrn Staatssekretär vertreten lassen müssen. Zu deiner Beruhigung, aber du weißt es eh: Ich bin selbstverständlich immer sehr gerne im Bundesrat. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesrät:innen der Grünen.)
Vielleicht eine Klarstellung, weil du jetzt die unterschiedlichen Zugänge beziehungsweise auch die Beschlussfassung des Finanzausgleichs kritisiert hast: Es ist ein einstimmiger Beschluss aller Länder, aller neun Bundesländer, übrigens auch SPÖ-geführter Bundesländer, des Städtebundes, auch SPÖ-dominiert, des Gemeindebundes. (Bundesrat Reisinger: Ich habe nicht ...!) – Du nicht, nein, nein. Ich sage nur, das jetzt aufzuschnüren und neu nachzuverhandeln – das hätten wir können, wir haben uns ein Jahr lang in über 100 Sitzungen damit auseinandergesetzt. Am Ende des Tages hat es Gott sei Dank eine Lösung im Sinne der Gemeinden, der Städte und der Bundesländer gegeben.
Ich bin auch gespannt, wie die FPÖ in den Landtagen, in Oberösterreich, in Niederösterreich, in Salzburg, entscheiden wird, ob sie den Finanzausgleich mit unterstützt. (Bundesrat Steiner: Lass dich überraschen!) – Ja, ich bin schon sehr gespannt, ob das dann mit den 15a-Vereinbarungen auch entsprechend umgesetzt wird.
Zu Herrn Bundesrat Obrecht – bevor ich dann im Detail auf die Tagesordnung eingehe –: Ich unterhalte mich immer gerne mit Ihnen, und vielleicht nur zur Beruhigung oder um Ihnen die Sorge zu nehmen: Eurostat hat gerade gestern klargestellt und veröffentlicht, wo sich Österreich befindet. Wir befinden uns, was die Kaufkraft betrifft, unter den top drei Europas. Was den Konsum – also am Ende des Tages den Wohlstand – betrifft, sind wir unter den top zwei angelangt, und zwar zum einen mit all den Unterstützungsmaßnahmen, zum anderen aber auch mit den strukturellen Reformen wie Abschaffung der kalten Progression, Steuerreform und solchen Dingen. Wir sind also top drei bei der Kaufkraft, top zwei beim Wohlstand und beim Konsum. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesrät:innen der Grünen.)
Ich darf mich nun aber wieder den Fakten und der Tagesordnung, dem Finanzausgleich, widmen. Jetzt wurden nach sieben Jahren – normalerweise finden sie alle fünf Jahre statt – die Verhandlungen geführt. Der letzte Finanzminister war Hans Jörg Schelling, wer der nächste sein wird, weiß ich nicht, aber dass es mich jetzt nach sieben Jahren trifft, ist jedenfalls Pech (erheitert), würde ich einmal sagen.
Die Verhandlungen waren intensiv, ja, Bundesrat Obrecht hat es angesprochen, wahrscheinlich das Intensivste, das ich in meiner politischen Laufbahn bisher erlebt habe, aber auch das Spannendste am Ende des Tages. Es geht wirklich um viel Geld, darum, das viele Geld, Steuergeld übrigens, auch zu verteilen, korrekt zu verteilen, und deswegen verwundert es natürlich auch nicht, dass es im letzten Jahr solch intensive Verhandlungen gegeben hat. Wie gesagt: ein Jahr lang mit über 100 Sitzungen.
Ich denke – und dafür möchte ich mich wirklich bei allen Verhandlern bedanken –, es war immer wertschätzend, und am Ende stand das Gesamtstaatliche über Eigeninteressen, und zwar über ganz konkreten. Jedes Bundesland hat einen anderen Zugang gehabt, hat eigene Interessen gehabt, die Städte, die Gemeinden, der Bund natürlich auch, und da am Schluss zu einer gesamtstaatlichen Verantwortung zu kommen ist, glaube ich, auch im Sinne der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler, denn, wie gesagt, um deren Geld geht es auch.
Dass man natürlich nicht immer 100 Prozent aller Forderungen durchsetzt, liegt, glaube ich, auch in der Natur der Sache bei Verhandlungen, aber wir sind uns da sehr nahegekommen und diese gesamtstaatliche Verantwortung hat sich dann auch durchgesetzt. Und genau das, glaube ich, erwarten sich die Österreicherinnen und Österreicher auch: dass man wertschätzend miteinander umgeht und dass man am Schluss eben auch zu einer Lösung kommt. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)
Inhaltlich wurde von den Bundesrätinnen und Bundesräten bereits das meiste dargestellt, deswegen werde ich jetzt nicht auf die Details eingehen, aber eine prinzipielle Neuerung möchte ich schon ansprechen. Mir war in den Verhandlungen im letzten Jahr wichtig, dass man den Ländern, Städten und Gemeinden nicht einfach so mehr Geld zur Verfügung stellt. Beim letzten Finanzausgleich – wir erinnern uns oder manche von Ihnen, von euch erinnern sich – waren es am Ende des Tages 300 Millionen Euro – ich nenne sie immer die Schelling-Millionen –, die sozusagen zusätzlich ausgegeben und übermittelt worden sind. Wir haben dieses Mal einen anderen Zugang gewählt – aber mehr Mittel, ja, die demografischen Herausforderungen im Gesundheitsbereich, im Pflegebereich, bei der Kinderbetreuung und natürlich auch die Herausforderungen für die Gemeinden waren allen klar, selbstverständlich.
Ich meine, man kann immer alles kritisieren, aber eines kann man nicht kritisieren: Die Bundesregierung hat sich schon immer der Verantwortung gegenüber den Gemeinden gestellt. Ich erinnere an die kommunalen Investitionspakete, die wir geschnürt haben, die wirklich sozusagen eine Erfolgsstory waren und mit denen sich sowohl der Gemeindebund, der Städtebund als auch, wie ich annehme, die anwesenden Bürgermeisterinnen und Bürgermeister durchaus immer zufrieden gezeigt haben, weil – und das ist schon ein wichtiger Punkt – damit das Geld direkt an die Gemeinden geht.
Und ja, diese Kritik nehme ich mit: Wie schaffen wir es, dass das Geld unmittelbar zu den Gemeinden kommt? Das haben wir jetzt zum Teil geschafft. Beim Zukunftsfonds beispielsweise, wenn es um die Kinderbetreuung geht, wird die Hälfte aller Mittel, also 250 Millionen Euro, unmittelbar den Gemeinden zur Verfügung gestellt, und für den anderen Teil erwarte ich mir von den Bundesländern natürlich schon, dass dieser dann schnellstmöglich, unbürokratisch von den Ländern auch an die Gemeinden geht, selbstverständlich. Da gibt es in manchen Bundesländern schon Lösungen, die sich sehen lassen können, die gut sind. Ich weiß nicht, wie es in Oberösterreich ist, in Niederösterreich weiß ich es, da funktioniert es, glaube ich, sehr gut; in Tirol, glaube ich, auch. Das ist jetzt natürlich Sache der Bundesländer, das Geld dann auch an die Gemeinden weiterzugeben.
Noch ein Satz zur allgemeinen Situation: Das ist eben wirklich ein Paradigmenwechsel. Es gibt mehr Geld – ja, 2,4 Milliarden Euro zu 300 Millionen Euro letztes Mal vor sieben Jahren; das ist viel mehr Geld –, das ist wieder Steuergeld, und das bringt uns als Bund budgetär natürlich in eine nicht wahnsinnig angenehme Situation. Übrigens geht es dem Bund auch nicht besser als den Ländern und den Gemeinden, das ist, glaube ich, auch klar, weil auch die Zinsbelastungen hauptsächlich den Bund betreffen, aber okay.
Die demografischen Herausforderungen mit den erwähnten Bereichen Pflege, Gesundheit und Kinderbetreuung anzugehen war wohl allen ein Anliegen. Das eben zum ersten Mal mit Reformen und Zielerreichungen zu verknüpfen war, glaube ich, wichtig und notwendig und ein Paradigmenwechsel in den Finanzausgleichsverhandlungen.
Der Zukunftsfonds mit 1,1 Milliarden Euro ist sozusagen ein neues Instrument. Wie gesagt liegt auch da der Fokus ganz klar auf der Kinderbetreuung, aber auch auf dem Wohnen, auf dem Sanieren, auf dem Ausbau der erneuerbaren Energien – darauf, auch dort ganz konkrete Ziele zu vereinbaren.
Ein Satz zu den Sanktionen – auch das hat uns in diesem Jahr und in diesen 100 Sitzungen beschäftigt –: Ja, über Sanktionen kann man natürlich reden, das Problem ist nur, verfassungsrechtlich geht das nicht. Es gibt keine verfassungsrechtliche Möglichkeit, Sanktionen in diesem Zusammenhang – dem Spiel zwischen Bund, Ländern und Gemeinden – auf den Weg zu bringen.
Was man aber sehr wohl machen kann – und das haben wir versucht und, so glaube ich, auch geschafft –, ist, dass man eben Ziele definiert und dass es eine Evaluierung gibt, ob die Ziele auch erreicht worden sind – und ganz ehrlich: Der Druck der Bevölkerung, des Rechnungshofes, der da zuschauen wird, wird selbstverständlich dafür sorgen, dass diese Ziele auch erreicht werden. (Vizepräsidentin Göll übernimmt den Vorsitz.)
Darüber hinaus haben wir ein Anreizsystem geschaffen, indem die Mittel, die sozusagen übrig bleiben, wenn die Ziele erreicht worden sind, dann für andere Projekte verwendet werden können. Das ist, glaube ich, Anreiz genug für Länder, für Gemeinden, für Städte, diese Ziele am Ende des Tages auch zu erreichen. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)
Weil jetzt natürlich immer über die Gemeinden gesprochen wird: Was schon auch wichtig ist, ist, dass wir genau deswegen – weil wir wissen, dass beispielsweise die Grunderwerbsteuer momentan selbstverständlich zurückgeht – diesen Vorgriff von 300 Millionen Euro im Jahr 2024 ermöglicht haben. Ich glaube, es ist wichtig, diese Liquiditätsebene für 2024 zu halten, und dann werden wir uns anschauen, wie es sich entwickelt. Wir gehen davon aus, dass das Wachstum wieder steigt – die Prognosen gehen auf bis zu 1 Prozent im nächsten Jahr –, und dann wird auch die Grunderwerbsteuer wieder nach oben gehen. Dann werden wir schauen, wie es sich weiterentwickelt, aber wie gesagt, wir haben die Gemeinden sicher noch nie im Stich gelassen. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Bundesrat Schennach: Ein Widerspruch zum eigenen Landeshauptmann!)
Was mir in diesem Zusammenhang auch wichtig ist, ist dieses Transparenzthema: Es ist auch das erste Mal, dass wir jetzt wirklich verpflichtende Transparenz für die Länder durchgesetzt haben. Das ist, glaube ich, auch ein wichtiger Punkt, und auch da weise ich darauf hin: Es geht um Steuergeld der Österreicherinnen und Österreicher, und da transparent zu sein und eine verpflichtende Einmeldung in die Transparenzdatenbank umzusetzen war ein Anliegen für uns alle. Es war aber auch ein gegenseitiges Anliegen, und da bin ich froh, dass es am Ende des Tages auch zu einem Verständnis der Bundesländer (Bundesrat Schennach: Wallner sieht einiges anders!) gekommen ist, um die Fördermittel nachvollziehbar darzustellen, Doppelförderung zu vermeiden und anderes.
Kurzum: Herzlichen Dank an alle! Es war wirklich ein Mammutprojekt, das wir da nach sieben Jahren umgesetzt haben und mit dem wir mit diesem Mehr an Geld auch zum ersten Mal ganz konkrete Ziele und Reformen verknüpft haben. Danke an alle Beteiligten: über alle Parteigrenzen hinweg und über alle Gebietskörperschaften hinweg. – Danke. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)
14.34