17.18

Bundesrat Mag. Sascha Obrecht (SPÖ, Wien): Frau Präsidentin! Werte Frau Ministerin! Werte Frau Staatssekretärin! Sehr geehrte Damen und Herren! (Der Redner stellt eine Tafel mit der Aufschrift „Mietpreisstopp statt PR-Schmäh!“ auf das Redner:innenpult.) Es ist ja nach dem Schild gefragt worden, also kommt es natürlich auch, Frau Kollegin Lassnig. (Beifall bei der SPÖ. – Heiterkeit bei Bundesrät:innen der ÖVP.)

Ich darf das natürlich sagen: Sie waren bei einer Weltpremiere dabei. Das war die erste Folge der Parlamentsserie Kittls Märchenstunde oder bei Kittl und Lassnig, auch ein sehr beliebtes Format. (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf bei den Grünen.) Viel mehr als eine Märchenstunde, als ein PR-Schmäh war das aber nicht.

Ich komme gleich darauf zu sprechen. – Ich habe nur bei meinen letzten Reden mehrfach darauf vergessen, den Entschließungsantrag tatsächlich einzubringen, und musste deswegen noch einmal hinausgehen. Bevor mein Klubsekretär wieder böse zu mir schaut und böse mit mir schimpft, bringe ich ihn zuerst ein und erkläre dann, warum ich ihn einbringe. (Heiterkeit bei SPÖ und ÖVP.)

Ich bringe folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Bundesrät:innen Sascha Obrecht, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Wohnen in der Krise – umfassendes Maßnahmenpaket für leistbares Wohnen“

Der Bundesrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat und dem Bundesrat eine Regierungsvorlage zuzuleiten, die die notwendigen gesetzlichen Maßnahmen für einen Mietenstopp und eine umfassende Wohnrechtsreform enthalten, insbesondere

- die Rücknahme der Indexierungen der Richtwert- und Kategoriemieten vom 1. April 2023 und 1. Juli 2023, um die Erhöhungen von 15 bis 25% wieder auf das ursprüngliche Mietpreisniveau zurückzuführen und die Inflationsrate entsprechend zu dämpfen.

- das Einfrieren sämtlicher Mieten (inklusive preisungebundener Mieten und Geschäftsraumieten) bis Ende 2025, um auch hier die entsprechenden Entlastungseffekte zu erzielen.

- ab 2026 erfolgt die Indexierung nicht mehr nach VPI, sondern richtet sich am Leitzinssatz der EZB aus, maximal jedoch 2% p.a. gedeckelt.

- die Einführung eines einheitlichen, transparenten neuen Mietrechts mit gesetzlich klar definierten Zu- und Abschlägen, unabhängig vom Baujahr des Gebäudes (Universalmietrecht), um das stark zerklüftete und unübersichtliche österreichische Mietrecht zu vereinheitlichen und Rechtssicherheit sowohl für Mieterinnen und Mieter, wie auch für Vermieterinnen und Vermieter zu erreichen.

- die Wiedereinführung der 2018 unter der Regierung Kurz-Strache liquidierten Wohnbauinvestitionsbank (WBIB) zur Sicherstellung der Finanzierung des sozialen Wohnbaus und zur Abfederung der steigenden Kosten im sozialen Wohnbau, um das zuletzt stark angestiegene Zinsniveau und die dadurch gestiegenen Bau- und Wohnkosten auszugleichen

- die Wiedereinführung der Zweckwidmung der Wohnbauförderung, um den Bundesländern zu ermöglichen den sozialen Wohnbau zu forcieren und genug leistbaren Wohnraum zu schaffen.

- die Zurverfügungstellung einer Wohnbaumilliarde für die Länder, um den sozialen Wohnbau anzukurbeln und um den Einbruch der Bauwirtschaft zu bekämpfen.

- die verfassungsrechtliche Absicherung der Widmungskategorie ‚sozialer Wohnbau‘, um die Rechtsunsicherheit im Kompetenzbereich des Volkswohnungswesens zu bereinigen.

- verfassungsmäßige Ermächtigung der Bundesländer zur Einführung von Leerstandsabgaben, die einen ausreichenden Lenkungseffekt versprechen, um den vorhandenen Leerstand zu mobilisieren und den bereits vorhandenen Wohnraum der Bevölkerung in ausreichendem Maße zur Verfügung zu stellen.

- die Einführung eines Zinsregulierungsgesetzes, das für bestimmte Grundbeträge einen Mindestzinssatz für Spareinlagen (angelehnt an die erfolgte Regelung in Frankreich) und einen Höchstzinssatz für Wohn- und Überziehungskredite festlegt.“

*****

Das wäre das Maßnahmenpaket. Wenn wir dieses beschließen, geht es Österreich weit, weit besser, vor allem den vielen Mieterinnen und Mietern. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich habe aber schon angekündigt, dass ich mich mit dem PR-Schmäh der Bundesregierung genau auseinandersetze, und möchte dazu zwei Beispiele bringen, die ich erst vor Kurzem konkret erfragt habe: Das eine betrifft eine Niederösterreicherin, die in einer nicht preisregulierten Wohnung gewohnt hat. Sie hat vor zwei Jahren für 76 Quadratmeter – das kann man sich vorstellen, sie war Alleinerzieherin mit einem Kind – 680 Euro gezahlt, heute zahlt sie 960 Euro – eine Steigerung von 41 Prozent (Bundesrätin Schumann: Wahnsinn!) – großartig, was die Regierung da gemacht hat, eine tolle Leistung!

In Wien (Rufe bei der SPÖ: Danke! Danke!) – unregulierter Bereich, vielen Dank! –: 96 Quadratmeter, eine Familie mit drei Kindern hat zunächst 970 Euro gezahlt, binnen der letzten zweieinhalb Jahre ein Anstieg auf 1 346 Euro – eine Steigerung von 38 Prozent! Das ist eine wirklich tolle Leistung, da habt ihr viel zustande gebracht, liebe Regierung, das ist wirklich, wirklich großartig!

Das ist nicht das Einzige: Sie haben nicht nur nicht eingegriffen, sondern Sie versuchen es so darzustellen, als würden Sie großartig etwas machen. Ich erkläre Ihnen, wo Sie überall versuchen, die Leute für dumm zu verkaufen:

Erstens haben Sie zunächst gesagt: Für einen Mietpreisdeckel brauchen wir Verfassungsgesetze und die SPÖ wird nicht mitgehen! – Kollegin Schumann hat völlig richtig gesagt: Ein Vorschlag für einen umfassenden Mietpreisdeckel lag nie vor!, und warum das ein Verfassungsgesetz braucht, versteht überhaupt niemand, das ist juristisch absolut falsch. Insofern war das ein Versuch, der SPÖ den Schwarzen Peter für ein unausgereiftes Modell zuzuschieben. Das ist unredlich und war juristisch falsch. (Beifall bei der SPÖ.)

Zweiter Punkt, bei dem Sie die Österreicherinnen und Österreicher für dumm verkaufen wollten: August 2023, Sie kommen hierher und sagen: Wir machen einen Mietpreisdeckel für nächstes Jahr – total super! –, wenn die Mietpreise im nächsten Jahr um 5 Prozent steigen, dann ist gedeckelt, mehr geht nicht! – Gleichzeitig sagen die Wirtschaftsforscher: 5 Prozent Inflation wird es nächstes Jahr nicht geben! –Das war im August eine super Maßnahme, wunderbar; zum Glück machen wir das auch nicht. (Beifall bei der SPÖ.) – Ich meine, das ist reines Für-blöd-Verkaufen der österreichischen Bevölkerung!

Dann bringen Sie einen Wohnschirm auf den Weg – eine Maßnahme, die Personen, die mit ihren Mieten wirklich zu kämpfen haben, helfen soll. (Bundesrätin Eder-Gitschthaler: Die hilft auch!) Da bin ich dabei, das will ich auch, aber überlegen wir einmal, was da tatsächlich dahintersteckt: Die Vermieterinnen und Vermieter erhöhen, erhöhen, erhöhen, verlangen immer mehr, die Mieter:innen können sich das nicht leisten – und wir wickeln jetzt als Staat das ab und geben den Mieter:innen das Geld, das von einer Tasche, nämlich der Tasche der Steuerzahler:innen, in die Tasche der Vermieter wandert. – Das ist der Wohnschirm, das ist Ihr Wohnschirm! (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrätin Schumann: Genau!)

Sie klopfen sich immer toll auf die Schulter: Die Richtwertmieten bis 2025 – ja, erst dann werden sie wieder steigen. Wie wäre es denn, wenn wir dieses Gesetz nicht beschließen? Wie wäre das bei den Richtwertmieten? – Genau so! 2024 werden die Richtwertmieten nicht angepasst. Diese Maßnahme bestätigt nur den Status quo und Sie feiern sich dafür. Ich verstehe es nicht, entweder es ist tatsächlich Unwissenheit über die mietrechtliche Materie, oder es ist bewusstes Täuschen der österreichischen Bevölkerung. (Beifall bei der SPÖ.)

Sie sagen, Sie unterstützen alle Österreicherinnen und Österreicher. Wie ist es denn in dem Bereich, in dem das Mietrechtsgesetz nicht voll angewendet wird? Wie ist das mit den 450 000 Mietverträgen, die insbesondere eine Million Österreicherinnen und Österreicher betreffen? – Dort zischt es durch, dort zischt es einfach durch! Das erwähnen Sie nicht in Ihrer Rede, das kommt einfach nicht vor. (Zwischenruf der Bundesrätin Kittl.) – Frau Kollegin Kittl, ich frage mich manchmal, wie das bei den Grünen in Wien abläuft, wenn man sich überlegt, wie man Bundesrat oder Bundesrätin bei den Grünen in Wien wird. Ich glaube, im Jobassessmentcenter steht drinnen: In jeder Rede muss eine Kritik an der Stadt Wien oder an der SPÖ vorkommen. – Das ist wirklich so, anders kann ich mir das nicht erklären. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Himmer: Sonst wäre es ja unredlich!) Bei diesen eine Million Menschen, bei denen es durchrennt, profitiert einer, eine Person, nämlich der Vermieter und niemand anderer als der Vermieter.

Liebe Österreicherinnen und Österreicher, ich bitte Sie, mir bei meinem Gedankengang zu folgen: Wenn Sie Erspartes haben und es auf Ihr Sparbuch legen, dann haben Sie jahrelang 0,125 Prozent bekommen; wenn es gut gelaufen ist, haben Sie das bekommen. Überlegen Sie: Was wäre, wenn Sie eine Wohnung gehabt hätten? Wenn Sie 2020 eine Wohnung gehabt hätten und diese nicht dem MRG unterliegen würde, hätten Sie stattdessen 25 Prozent Rendite gemacht. Die Sparerinnen und Sparer kriegen 0,125 Prozent, Vermieterinnen und Vermieter bekommen 25 Prozent. – Das ist die Politik dieser Bundesregierung! (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrätin Eder-Gitschthaler: Der Vermieter muss auch investieren!)

Insgesamt ist es ein PR-Schmäh. Sie versuchen, etwas schönzureden, was nicht schön ist. Es gibt eine Prämisse, nach der Sie in dieser Regierung arbeiten – das zieht sich durch; es ist gut, wenn es vorbei ist –: Die Prämisse bei Ihnen lautet: Die Reichen kassieren, die vielen verlieren. – Das ist zu wenig! (Beifall bei der SPÖ.)

17.26

Vizepräsidentin Doris Hahn, MEd MA: Der von den Bundesräten Mag. Sascha Obrecht, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend „Wohnen in der Krise – umfassendes Maßnahmenpaket für leistbares Wohnen“ ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Herr Bundesrat, bitte.