19.05

Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie Leonore Gewessler, BA: Werte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Bundesräte! Werte Zuseherinnen und Zuseher, ob Sie jetzt hier im Saal sind oder daheim vor den Bildschirmen! Ich danke Ihnen für die Gelegenheit, dass ich heute mit Ihnen über die Verkehrswende diskutieren kann, und ja, gerne auch über die Herausforderungen, vor denen wir aktuell stehen, denn Sie haben recht: Das ist eine große Aufgabe, das ist eine wichtige Aufgabe, es ist eine große Verantwortung für Politikerinnen und Politiker, wie Sie es sind, wie ich es bin.

Diese Verantwortung muss man auch wahrnehmen. Dazu gehören aber auch die Ehrlichkeit und der Mut zu einer faktenbasierten Debatte, und diesen Zugang vermisse ich in Ihrer Anfrage leider ein wenig, um es so auszudrücken. (Beifall bei den Grünen. – Bundesrat Leinfellner: Na das erklären Sie den ganzen Pendlern aus dem Osten!) Was Sie hier tun, ist geprägt von Unterstellungen und ist geprägt von dem Ziel, die Menschen in unserem Land zu verunsichern. Sie kennen die Antworten auf die Fragen teilweise sehr genau. Sie wissen daher auch, dass die Dinge, die Sie hier unterstellen, nicht richtig sind – und trotzdem tun Sie es, in der Hoffnung, dass am Ende etwas hängen bleibt. Das ist das Geschäftsmodell der Populisten: Sie wollen nur Probleme großreden (Bundesrat Leinfellner: Nein, die sind schon da! Wir sprechen sie nur an!), Sie wollen nicht nach Lösungen suchen. Sie wollen mit mir nicht darüber diskutieren, wie wir unser Verkehrssystem gut und zukunftsfähig weiterentwickeln. (Bundesrat Steiner: ... Bühne da!)

Sehr geehrte Damen und Herren, Stichwort Bühne: Die FPÖ nutzt jede Bühne für ihre Propaganda, so auch diese hier. Ich möchte mich aber auf dieses Spiel nicht einlassen (Bundesrat Leinfellner: Zu spät!), ich möchte dieses Land verbessern. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesrät:innen der SPÖ. – Weitere Rufe bei der FPÖ: Zu spät! Zu spät!) Ich möchte an die gute Zukunft in diesem Land glauben und daran arbeiten. Mir geht es nicht darum, Angst und Verunsicherung zu streuen (Ruf bei der FPÖ: Das passiert aber!), und ich werde Ihnen natürlich in gewohnter, ernsthafter Manier Ihre Fragen beantworten. Das ist meine Verpflichtung in einer parlamentarischen Demokratie.

Ich möchte an dieser Stelle aber auch einen Wunsch äußern: Unsere Demokratie lebt von einer faktenbasierten Debatte, sie lebt vom wechselseitigen Respekt, sie lebt von einer wertschätzenden Auseinandersetzung. Wer von vornherein mit Unterstellungen und mit Unwahrheiten operiert, untergräbt dieses Fundament der Demokratie, und dagegen müssen wir uns auch zur Wehr setzen (Bundesrat Leinfellner: Ja jetzt bin ich aber gespannt!), das können wir nicht einfach so hinnehmen. Tun wir das bitte alle gemeinsam! Darum bitte ich Sie als Staatsbürgerin dieses Landes. (Beifall bei Grünen und SPÖ sowie der Bundesrätin Eder-Gitschthaler.)

Lassen Sie mich nun zur Beantwortung Ihrer Dringlichen Anfrage übergehen.

Zur Frage 1:

Die Entscheidung zur Reduktion der Zugsverbindungen ist eine Entscheidung der ÖBB-Personenverkehr AG, die darauf abzielt, unter den gegebenen einschränkenden Rahmenbedingungen, wie Lieferkettenverzögerungen bei Ersatzteilen und verspäteten Lieferungen von Neufahrzeugen, einer möglichst großen Fahrgastgruppe ein zuverlässiges und stabiles Angebot bereitstellen zu können und die negativen Auswirkungen der oben angeführten Faktoren möglichst zu verhindern. Die Grundlage für die Auswahl war – nach der haben Sie mich nämlich gefragt – geringstmögliche Kundinnen- und Kundenwirkung und der beste Effekt in der Instandhaltungszuführung und somit für die Werkstättenkapazitäten.

Zur Frage 2:

In einer durchschnittlichen Woche fallen 226 Züge von insgesamt 13 400 Zügen aus.

Zur Frage 3:

„Wie viele Pendler“ und Pendlerinnen „sind davon betroffen?“, war Ihre Frage 3 – ich erlaube mir, auch die weiblichen Pendler zu erwähnen –: Die ÖBB-Personenverkehr AG geht davon aus, dass rund 15 000 Personen in unterschiedlicher Weise betroffen sind. Für 99 Prozent dieser Menschen, also für den überwiegenden Großteil, bedeutet dies, dass sie auf eine alternative Verbindung in zeitlicher Nähe – das heißt plus/minus 15 Minuten – ausweichen müssen. (Bundesrat Steiner: Schöne Grüße an den Nikolaus!)

Zu Ihrer Frage 4:

„Sind weitere Einschränkungen geplant?“ – Die ÖBB setzen alles daran, auch in der Ostregion Schritt für Schritt wieder ein – wie gewohnt – verlässliches, insgesamt zuverlässiges und qualitätsvolles Angebot sicherzustellen.

Zur Frage 5:

„Welche spezifischen Maßnahmen werden ergriffen[...]?“ – Es werden Zusatzschichten eingeteilt und die Zertifizierung von neuen Lieferanten vorgenommen, um so die Lieferungen zu beschleunigen. Es wird die Instandhaltungspriorität für die Fahrzeuge des Nahverkehrs in der Region Ost erhöht, und es werden auch Fahrzeuge aus anderen Regionen in den Fuhrpark der Ostregion übernommen – mit Auslieferung der Neufahrzeuge, zum Beispiel in Tirol.

Zu Ihrer Frage 6:

„Wie wird sichergestellt, dass die Einschränkungen [...] bis Ostern aufgehoben werden können?“ – Die Auslastung der Wartungseinrichtungen wird auf die Behebung der derzeitigen Situation hin optimiert, Aufarbeitungsmaßnahmen bei Fahrzeugen werden priorisiert, die Lagerhaltung für Verschleißmaterialien wird langfristiger ausgerichtet und es werden auch Mehrleistungen und weitere Zuteilungen beim diesbezüglichen Wartungspersonal vorgenommen.

Zu den Fragen 7 und 8:

Gibt es auch andere Verkehrsbetriebe? – Sie wissen, die ÖBB sind das einzige Unternehmen, das flächendeckend Nahverkehrsleistungen in der Ostregion anbietet. Daher darf ich zur nächsten Frage kommen.

Zur Frage 9:

Die Gründe: witterungsbedingte Ausfälle aufgrund der Schneefälle im Dezember, Lieferverzögerungen von bereits bestellten Zügen und eine anhaltende Lieferkettenproblematik führen für bestehendes Wagenmaterial dazu, dass es länger und intensiver eingesetzt werden muss. Das wiederum erhöht auch den Reparatur- und Instandhaltungsaufwand bei diesen Fahrzeugen.

Zur Frage 10:

Die Fahrzeugbeschaffungsprogramme, bei denen es bedauerlicherweise Verzögerungen gegeben hat – der Bahnbetrieb ist ein Netzbetrieb, jede Verzögerung wirkt sich im Gesamtsystem aus –, sind bereits seit Längerem im Laufen. In den nächsten Jahren werden rund 380 Neufahrzeuge angeschafft und schrittweise in den Bestand übernommen.

Zu Ihrer Frage 11:

Nein ist die Antwort darauf. Die Bundesregierung bekennt sich im Einklang mit den internationalen und europäischen klimapolitischen Vereinbarungen dazu, bis 2040 den Zustand der Klimaneutralität zu erreichen. Die CO2-Bepreisung ist eine notwendige Maßnahme dazu. Wir haben aber mit dem Klimabonus, der progressiv wirkt, für alle Menschen in diesem Land die entsprechenden Schritte gesetzt, um die soziale Verträglichkeit dieser Bepreisung sicherzustellen. (Heiterkeit des Bundesrates Leinfellner.)

Zur Frage 12:

Ich werde mich dafür einsetzen, dass auch weiterhin emissionsfreie Familienautos und auch emissionsfreie Kfz in KMUs von der NoVA komplett ausgenommen werden. Sie wissen, seit 1.7.2021 ist die NoVA stärker an den CO2-Ausstoß gekoppelt, wodurch sparsamere Autos billiger und Autos mit hohem Kraftstoffverbrauch teurer geworden sind. (Bundesrat Steiner: Was ist ein emissionsfreies Auto? – Bundesrat Schreuder: Das hast nicht gefragt!)

Zur Frage 13:

„Stimmt es, dass es in Ihrem Ministerium Planungen für einen autofreien Tag gibt?“ – Nein.

Zur Frage 14:

Es gibt in meinem Ressort keine Planungen für einen verpflichtenden autofreien Tag.

Zur Frage 15:

„Stimmt es, dass es in Ihrem Ministerium Planungen für flächendeckende Geschwindigkeitsbeschränkungen [...] gibt?“ – Nein.

Zur Frage 16:

Wie zur Frage 15: Es gibt in meinem Ressort keine Planungen für flächendeckende Geschwindigkeitsbeschränkungen. Es gäbe dafür auch keine parlamentarische Mehrheit, wie Sie wissen.

Zu den Fragen 17 und 18:

Eine Abschaffung des Pendlerpauschales ist seitens dieser Bundesregierung nicht geplant. Das habe ich auch bereits wiederholt öffentlich klargestellt. Im Regierungsprogramm ist dazu festgehalten: „Ökologisierung und Erhöhung der Treffsicherheit des Pendlerpauschales“. – Die Zuständigkeit für die weiteren Schritte liegt in diesem Bereich beim Finanzministerium.

Zu den Fragen 19 und 20:

Im Regierungsprogramm ist die Bekämpfung des Tanktourismus sowie der Ausweich- und Umwegverkehre im internationalen Schwerverkehr durch Beseitigung von wettbewerbsverzerrenden Privilegien vereinbart. Durch die Einführung der CO2-Bepreisung ist dazu ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung bereits umgesetzt worden, aber auch da liegt die Ausgestaltung in der Zuständigkeit des Finanzministers.

Herzlichen Dank. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

19.14

Präsidentin Margit Göll: Vielen Dank, Frau Bundesministerin.

Wir gehen nun in die Debatte ein. Ich mache darauf aufmerksam, dass gemäß § 61 Abs. 7 der Geschäftsordnung die Redezeit eines jeden Bundesrates mit insgesamt 20 Minuten begrenzt ist.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Christoph Steiner. Ich erteile ihm dieses.