11.06

Bundesminister für Finanzen Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Bundesräte! Lieber Herr Kollege Rauch! Wir verbringen ja diese Woche viel Zeit miteinander – gerade eben noch gemeinsam beim Rat in Brüssel, heute gemeinsam im Bundesrat. Mich freut es auf jeden Fall.

Inhaltlich wurde bereits alles dargestellt, aber auf ein paar Dinge möchte ich schon noch gerne eingehen, weil sie etwas seltsam dargestellt worden sind, muss ich ganz ehrlich sagen. Herr Bundesrat Obrecht, Sie haben am Anfang auf Phrasen verwiesen, die anscheinend beim vorigen Tagesordnungspunkt verwendet worden sind. Da war ich nicht da, aber was ich jetzt von Ihnen gehört habe, das waren die klassischen Phrasen, und ich habe mir auch nichts anderes erwartet. Zum Beispiel die Vorschläge, die Sie immer machen, Markteingriffe, Preiseingriffe: Es hat ehrlich gesagt nirgends in Europa funktioniert. (Bundesrätin Schumann: Na geh, net! Net jetzt!)

Was ich mir gewünscht hätte, wäre ein europäisches Vorgehen gewesen (Bundesrätin Schumann: Geh bitte!) – vielleicht zuhören! (Bundesrätin Schumann: Ja, ist schon gut!) –, das hätte Sinn gemacht, ja. (Bundesrätin Schumann: Ja, geh bitte, das sind wir schon durch!) Dann hätte man in die Preise eingreifen können. Wir haben aber einen europäischen Markt, einen europäischen Energiemarkt. Man muss gewisse Dinge halt einfach zu Ende denken und vielleicht auch ein bisschen den Hausverstand einschalten. (Bundesrätin Schumann: Ja, bei der Teuerung vor allen Dingen wäre es gescheit!) Also was funktioniert hat – ruhig bleiben (Ah-Rufe bei der SPÖ – weiterer Ruf bei der SPÖ: Oberlehrer Brunner!) –, war das, was in Spanien, Portugal, auf der iberischen Halbinsel gemacht wurde. Die haben eine Ausnahmegenehmigung der Europäischen Kommission, die sogenannte Iberian Exception, bekommen und haben dort in die Preise eingegriffen.

Das geht, weil das ein abgeschlossener Markt ist. Wir sind in der Mitte Europas in einem gemeinsamen Energiemarkt. Hätten wir – mit österreichischem Steuergeld übrigens, Geld der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler – in die Preise eingegriffen, hätte das nichts genützt, weil natürlich der Strom und das Gas auch über die Grenzen fließen; wir können uns ja nicht abschotten, wie es manche wollen. (Ah-Rufe bei der ÖVP. – Zwischenruf der Bundesrätin Doppler.)

Deswegen ist es ja wichtig, dass wir nicht mit österreichischem Steuergeld niedrigere Preise in Nachbarländern unterstützen. Also ja zu einer europäischen Vorgehensweise – das war aber nicht möglich, weil sich leider die deutsche Sozialdemokratie geweigert hat, mitzugehen. (Bundesrätin Schumann: Na geh, jetzt sind sie alle schuld an der Inflation! Geh!) – Ja, das ist halt leider so. (Bundesrätin Schumann: Geh, also! Klar, wie du glaubst!) Das kann man ja auch nachlesen. Also nicht alles, was auf den ersten Blick sinnvoll ist, ist auch auf den zweiten Blick sinnvoll. (Bundesrätin Schumann: Ja, genau!) Nicht alles, was beim ersten Daraufschauen populär ist, ist auf den zweiten Blick dann auch sinnvoll. Also Preiseingriffe: nein, Gott sei Dank.

Die Preiseingriffe, die man übrigens in der Vergangenheit gemacht hat – bei Benzin und Diesel in Deutschland, in Ungarn – haben nicht funktioniert. Die Deutschen mussten das nach drei Monaten wieder aufheben. In Ungarn hat das zu einem Engpass geführt, der gewaltig war. Also man muss gewisse Dinge, glaube ich, schon zu Ende denken. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesrät:innen der Grünen.)

Was mir bei den Phrasen aber gefehlt hat – darauf habe ich gewartet –, war das Meritordersystem. Jeder in der Republik ist mittlerweile ein Meritorderexperte geworden, mittlerweile auch noch ein KIM-Verordnungs-Experte. Das ist super. Auch das wäre nur auf europäischer Ebene möglich gewesen. Weil ich dann oft höre, Österreich hätte das Meritordersystem aussetzen müssen: Ehrlich gesagt, auch das eben bitte bis zum Ende durchdenken!

Was wir gemacht haben: Wir haben beispielsweise eine Strompreisbremse eingeführt. Das war natürlich wesentlich treffsicherer als ein allgemeiner Eingriff, es war eine wichtige Entlastungsmaßnahme und hatte den positiven Nebeneffekt, dass es auch noch um Energieeinsparungen gegangen ist. Also da hat man diese Dinge Gott sei Dank doch zu Ende gedacht.

Und jetzt: Ja, ich bin auf jeden Fall der Meinung, dass die Energieunternehmen einen fairen Beitrag leisten müssen, überhaupt keine Frage, weil – jetzt sind wir wieder beim Meritordersystem – dieses System natürlich dazu beigetragen hat, dass sie Gewinne erwirtschaften. Aber ich bleibe dabei, es sind keine Übergewinne, weil Gewinne in einem Wirtschaftsstaat an sich nichts Böses sind. Gott sei Dank gibt es Gewinne, Gott sei Dank gibt es Unternehmen, die Gewinne erwirtschaften, das ist im Sinn der Gesamtwirtschaft, aber es gibt natürlich Krisensituationen, Zufallssituationen, die solche Gewinne ermöglicht haben, und die bei allen europäischen Unternehmen abzuschöpfen war eine europäische Vorgabe.

Wie haben wir es umgesetzt? Man hat mich kritisiert, ich hätte da Zahlen verwechselt. – Natürlich sind keine Zahlen verwechselt worden, und der Kollege, der (in Richtung SPÖ) bei Ihnen im Ausschuss war, hat es natürlich auch richtig dargestellt – Sie haben es jetzt ein bisschen verkürzt dargestellt –, nämlich: dass es eine Einschätzung der Europäischen Kommission – Entschuldigung, da (seinen Blick in Richtung FPÖ wendend) muss ich dort hinschauen, ja, stimmt (Bundesrätin Schumann: Na wenn die Sozialdemokratie halt so interessant ist!), danke für den Hinweis – und natürlich auch Einschätzungen der Energieversorger gegeben hat. Das war viel zu hoch, und selbstverständlich ist dann weniger rausgekommen. Aber in jedem Staat auf dem europäischen Kontinent ist weniger rausgekommen – no na! –, erstens weil die Einschätzungen zu hoch waren, zweitens weil die Preise Gott sei Dank nach unten gegangen sind. Übrigens hat der Verbund jetzt noch einmal eine Preissenkung angekündigt, die gewaltig ist – Gott sei Dank –, und ich hoffe, dass viele andere Energieversorger in Österreich diesen Weg auch gehen werden.

Also die Einschätzungen waren zu hoch, überhaupt keine Frage, aber eben aus positiven, durchaus positiven Gründen: weil die Energiepreise, die Strompreise auch entsprechend gesunken sind. Die Differenz in anderen Staaten – Deutschland, Spanien beispielsweise – ist wesentlich größer als in Österreich. Also ja, die 255 Millionen Euro sind jetzt rausgekommen, das hat aber nichts damit zu tun, dass man irgendwelche Zahlen verdreht oder verwechselt hat, oder grad gar mit Laptops oder Kinderwägen, die angesprochen worden sind (Heiterkeit bei der ÖVP), sondern es hat einfach mit der Realität und mit den Fakten zu tun, und auf die sollte man sich auch konzentrieren. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Übrigens: Das, was Herr Bundesrat Adi Gross gesagt hat, ist schon wirklich interessant. Aus dem Burgenland wird wahrscheinlich eine Verfassungsklage auf uns zukommen, weil die Abschöpfung zu hoch war. Also was ist es jetzt? Ist es zu niedrig, zu hoch? – Für das Burgenland anscheinend zu hoch! (Bundesrätin Miesenberger: Burgenland ist anders!) Landeshauptmann Doskozil hat uns ausgerichtet – ich habe mit ihm telefoniert –, er findet das unfair. Er findet es unfair, dass man überhaupt abschöpft. Das finde ich nicht. Ich habe einen anderen Zugang, ich finde es okay, dass man abschöpft. Aber darüber müsst ihr euch vielleicht halt auch ein bisschen unterhalten.

Übrigens geht es auch um die Art und Weise, wie man abschöpft. Es geht schon auch um ein bisschen mehr Seriosität, anstatt nur einfach drüberzufahren und zu sagen, was alles super wäre. (Bundesrätin Schumann: Ja, für Sie auch, Herr Minister! Das gilt auch für Minister, die Seriosität! Absolut!)

Wie schöpft man ab? – Da gibt es unterschiedliche Zugänge. Unser Zugang war, dass wir natürlich die Investitionsfähigkeit für diese Energieunternehmen bewahren müssen, weil die Investition in erneuerbare Energien, in den Ausbau der Netze, die für die erneuerbaren Energien auch wichtig sind, dringend notwendig ist. Alleine der Verbund investiert in den nächsten zehn Jahren 10 Milliarden Euro in den Netzausbau, die Energieversorger insgesamt in Österreich 60 Milliarden Euro in den nächsten zehn Jahren in den Ausbau der erneuerbaren Energien und in den Netzausbau. Das muss ja finanziert werden! Deswegen ist es sinnvoll, dass man diese Investitionen selbstverständlich abziehen kann, um dann am Ende des Tages abzuschöpfen.

Übrigens – auch das hat Kollege Gross erwähnt – wird ja auch noch eine Körperschaftsteuer bezahlt. Also die Steuereinnahmen bleiben ja auch für die Gewinne erhalten – und wie gesagt sind Gewinne auch in dem Zusammenhang nichts Böses. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesrät:innen der Grünen.)

Dieses Erhalten der Investitionsfähigkeit ist total entscheidend, bitte vergessen Sie das nicht. Wir werden beneidet von anderen Staaten – jetzt komme ich wieder zum sozialdemokratisch geführten Deutschland –, die fragen, wie wir es gemacht haben. (Bundesrätin Schumann: Dass wir so eine hohe Inflation haben, oder was?!) Und? – Sie haben es auslaufen lassen, wir haben es verlängert! Adi Gross hat es schon erwähnt, wir haben es bis Jahresende verlängert. Also auch das war ein Unterschied zu unserem sozialdemokratischen Nachbarn Deutschland.

10 Milliarden Euro in den nächsten zehn Jahren – das sind gewaltige Summen, die aufgewendet werden müssen. Das können der Steuerzahler und die Steuerzahlerin nicht alleine tragen, das müssen natürlich die Unternehmen tragen, und diesen müssen wir diese Möglichkeit der Investitionen geben – im Sinne dessen, dass wir Dinge bis zum Ende durchdenken müssen. – Danke. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

11.14

Vizepräsident Dominik Reisinger: Vielen Dank.

Es liegt eine weitere Wortmeldung von Bundesrat Sascha Obrecht vor. Ich erteile ihm dieses.