12.42

Bundesrätin MMag. Elisabeth Kittl, BA (Grüne, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseher:innen hier und vor den Bildschirmen! Ja, ich kann mich erinnern, ich habe sehr oft gehört, sie würden ja gerne eine Leerstandsabgabe einheben, aber Sie können es kompetenzrechtlich nicht. Jetzt, ab Verlautbarung des Gesetzes, das wir heute beschließen, werden es die Länder in der Landeskompetenz können.

Ich freue mich sehr, dass dieser Meilenstein – es ist ein wohnungspolitischer Meilenstein – nach der Abschaffung der Maklergebühren auf grüne Initiative, aber gemeinsam mit der ÖVP, auch auf den Weg gebracht worden ist. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesrät:innen der ÖVP.)

Es wurde sehr wohl auch im gemeinnützigen Wohnbau, der sehr stark durch das Wohnbaupaket gefördert worden ist – nämlich Sanierung und auch Neubau, aber dazu später –, viel gemacht und viel Geld investiert. Die Leerstandsabgabe macht Wohnen günstiger. Warum? – Das würde ich jetzt gerne kurz erläutern. In Wien zum Beispiel stehen – dazu gibt es auch Erhebungen der Statistik Austria – etwa 80 000 Wohnungen leer. Ich muss aber zugeben, es ist sicher für ganz Österreich wichtig, ein gutes Leerstandstool zu erarbeiten.

Wir haben gestern eine Veranstaltung über Bodenschutz statt Flächenfraß gemacht. Dort wurde auch gesagt, es gibt im Privatbereich zum Beispiel vom AIT das City Intelligence Lab und den Ansatz, mit denen zusammenzuarbeiten, um Wohnungen, um Wohnungsleerstand zu erheben. Das wäre sicher wichtig.

Es gibt in Wien also mindestens oder in etwa 80 000 Wohnungen, die leer stehen, die von niemandem genutzt werden. Auch wenn darüber gestritten wird, wie viel Zigtausende oder Hunderttausende Wohnungen in Österreich leer stehen: Es ist es fast egal, denn jede Wohnung, die leer steht, ist eine zu viel. Das Wichtige ist, je mehr Wohnungen auf dem Markt angeboten werden, desto günstiger werden sie. Leerstand im großen Stil – auch das kennen wir aus Wien sehr gut – ist ein Problem, und zwar dann, wenn oft ganze Zinshäuser als Spekulationsobjekte leer stehen und verkommen, dann abgerissen und durch einen Neubau mit Eigentumswohnungen, die eben nicht mehr mietzinsbeschränkt werden, ersetzt werden.

Eigentum, Herr Kollege von der FPÖ, steigt oft schon im Wert, ohne es vermieten zu müssen. Deswegen stehen auch sehr viele Anlagewohnungen leer. Auch das vermeidet die Leerstandsabgabe, sie ist damit natürlich ein Anreiz, zu vermieten.

Mit dem Ausweiten in Wien gab es auch auf Initiative der Grünen noch ein paar andere Maßnahmen: die Erweiterung der Schutzzonen und höhere Abrisserfordernisse. Das hat dem Abriss von Altbauten entgegengewirkt. Die Leerstandsabgabe kann nun eine weitere Maßnahme sein, um eben genau gegen den spekulativen Leerstand vorzugehen. Wohnungen sind zum Wohnen da, auch widmungskonform, und nicht zum Spekulieren. Wenn ungenutzte Wohnfläche etwas kostet, wird Vermieten dann doch wohl die attraktivere Option.

Diesbezüglich komme ich auch zu einem sehr aktuellen Fall in Wien, nämlich zur Harmoniegasse 10, die gerade wegen einer Hausbesetzung in den Medien gewesen ist. Es ist ein Stiftungshaus der Stadt Wien, also es gehört nicht der Stadt Wien, sondern der Stiftung, aber es wird von der Stadt Wien verwaltet. Es ist ein sehr schönes Haus in bester Lage im 9. Bezirk, angeblich sogar von Otto Wagner geplant. Das Haus verkommt seit Jahrzehnten, fast alle Wohnungen in dem Haus – in Verwaltung der Stadt – stehen leer. Anstatt leistbaren Wohnraum zu schaffen, wurde offenbar entschieden – das ergab eine Anfrage unseres grünen Wiener Gemeinderates, Sprecher für Wohnen, Georg Prack –, dieses Haus zu verkaufen.

Wird dieses Haus, das eigentlich in einer der besten Lagen für leistbaren Wohnraum zur Verfügung stehen könnte, verkauft, landet es natürlich, weil es eben in so guter Lage ist, am Spekulationsmarkt, und es werden daraus wieder Luxuseigentumswohnungen. Das ist eigentlich absurd, denn gerade in Wien braucht man mehr leistbaren Wohnraum und die Stadt kann der Spekulation ja am besten Einhalt gebieten.

Ein weiterer positiver Punkt für die Einführung der Leerstandsabgabe ist, dass sie den Gemeinden nicht ganz unwesentliche Einnahmen bringt, die dann, wenn sie zweckgewidmet sind, natürlich wieder für leistbares Wohnen im Bestand eingesetzt werden könnten. Wenn man jetzt sogar die geringste Schätzung von 35 000 leer stehenden Wohnungen in Wien heranziehen und durchschnittlich 50 Quadratmeter pro Wohnung annehmen würde, würde das im Jahr – man rechnet an die 5 Euro pro Quadratmeter pro Monat – 100 Millionen Euro bringen. Wenn man nur das Doppelte nimmt, also 70 000 Wohnungen, würde das 200 Millionen Euro bringen. Das ist extrem viel, was eben für sozialen und leistbaren Wohnraum eingesetzt werden könnte. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesrät:innen der ÖVP.)

Ich habe es am Anfang kurz angesprochen: Sozialer Wohnbau darf natürlich nicht gegen Klimaschutz und Bodenerhaltung ausgespielt werden. Wir müssen auf alle Fälle davon weg, auf der grünen Wiese oder am fruchtbaren Feld zu bauen, denn wir brauchen jeden Zentimeter Boden. (Zwischenruf der Bundesrätin Schartel.) Wir brauchen ihn für den Artenschutz, für die Abkühlung, für die Erholung, für das Klima. Statt auf der grünen Wiese zu bauen, müssen wir den Bestand besser nutzen, wir dürfen nicht zulassen, dass die Städte und die Orte an den Rändern zerfransen, Orte und ungenutzte Häuser müssen wiederbelebt werden. Es gibt Unmengen an ungenutzten Häusern, manche sprechen sogar davon, dass es so viele sind, wie derzeit im Wohnungsbestand als Wohnnutzfläche genutzt werden. Es sind jedenfalls sicher wohl einige Tausende Hektar. Ein ungenutzter Bestand ist eben auch die Harmoniegasse 10.

Greenpeace hat erst vor Kurzem – vielleicht lesen Sie auch ein bisschen die Nachrichten – von 230 000 leeren Wohnungen in Österreich gesprochen. Wenn man sich das vor Augen hält: Man könnte ganz Graz in diesen 230 000 leeren Wohnungen beherbergen. Die Leerstandsabgabe wird wahrscheinlich nicht alle Wohnungen aktivieren, es gibt immer Schlupflöcher, aber sie wird zig Hektar an wertvollem Boden retten. (Zwischenruf des Bundesrates Steiner.)

Diese leeren Wohnungen zu nutzen und – wir haben das gestern gehört, das war ein guter Satz – drinnen statt draußen zu bauen, heißt, wir nutzen den Leerstand und stoppen die Versiegelung. (Zwischenruf der Bundesrätin Schartel.) Ich freue mich, wenn ich vom Kollegen aus Wien höre, dass Wien an so einer effektiven Leerstandsabgabe arbeiten wird. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen.)

12.51

Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Vielen Dank, Frau Bundesrätin.

Zu einer Stellungnahme hat sich Frau Bundesministerin Karoline Edtstadler zu Wort gemeldet. Ich erteile ihr dieses.