15.31
Staatssekretärin im Bundeskanzleramt Claudia Plakolm: Herr Vorsitzender! Geschätzte Mitglieder des Bundesrates! Ich darf heute in Vertretung unseres Bundeskanzlers die Beantwortung Ihrer Dringlichen Anfrage vornehmen (Zwischenruf der Bundesrätin Schartel) oder, ich möchte es anders formulieren: Ich möchte heute ganz klar gegen diese Anti-EU-Anfrage der FPÖ Stellung beziehen – für ein starkes und besseres Europa. (Beifall bei der ÖVP.)
In der Aktuellen Stunde heute hier im Bundesrat haben Sie schon genug Gelegenheit gehabt, sich über die Wichtigkeit der Europäischen Union auszutauschen: die Wichtigkeit für unseren Wirtschaftsraum, für unseren Standort, den Wohlstand – auch in Österreich. Ich möchte aber gerne noch einmal darauf eingehen, warum für uns in Österreich – im Herzen der Europäischen Union – eine starke Europäische Union so wichtig ist und warum wir uns auch weiterhin dafür starkmachen, wie das, denke ich, doch in einigen Parteien auch der Fall ist.
Ein kleines Beispiel dazu: Ich bin im Mühlviertel aufgewachsen, mein Heimatbezirk grenzt an die Tschechische Republik, und wenn ich mit den Menschen in meiner Heimatregion über die Zeit von vor mehr als 35 Jahren rede, als der Eiserne Vorhang auch den Großteil der Grenzen unseres Landes Österreich gebildet hat, dann erkenne ich, es ist für meine Generation und die kommenden Generationen unvorstellbar, was diese Zeit auch nachhaltig in Europa, auf unserem Kontinent angerichtet hat.
Ich bin 1994 geboren, ich kenne Österreich nur als Mitglied der Europäischen Union, ich kenne den Eisernen Vorhang nur mehr aus der Geschichte und aus Erzählungen von Zeitzeuginnen und Zeitzeugen. Diese mechanische Barriere, die einen ganzen Kontinent in zwei Teile getrennt hat, ist Gott sei Dank geschichtlich auch schon sehr, sehr weit weg von uns, und ich bin froh, dass wir diese Grenzen überwunden haben. Daher ist es umso bedenklicher, dass wir überhaupt wieder von Festungen sprechen müssen. (Beifall bei der ÖVP.)
Österreich ist heute in der Mitte, im Herzen Europas und auch der Europäischen Union. Damals waren wir am Rand Europas, damals hat bei uns in Wahrheit der ganze Kontinent aufgehört. Wir wissen, was auf der anderen Seite des Stacheldrahtzauns passiert ist: Dort hat Kommunismus geherrscht, der viel Elend ausgelöst hat (Rufe bei der FPÖ: Was ist mit dem Babler?! ... Babler!), der auch viele Menschenleben gekostet hat – und Freiheit war damals ein großes Fremdwort. Wenn ich mir diese Dringliche Anfrage der FPÖ durchlese – der Freiheitlichen Partei, die Freiheit eigentlich nur im Namen trägt, weil Sie in Wahrheit für Isolation und Abschottung stehen (Bundesrat Spanring: Lockdown, wer ...? Lockdown ...!) –, dann muss ich mich schon fragen, wie sehr man die Augen vor der Realität und insbesondere auch vor der Geschichte verschließen kann. (Beifall bei der ÖVP.)
Das ist eine Partei, die nach wie vor einen Freundschaftsvertrag mit Putin pflegt, die nach wie vor die rechtsextreme AfD verteidigt und in ihrem Wahlprogramm eigentlich nur einen einzigen Inhalt hat: die Europäische Union und Europa zu zerstören. Bevor wir uns aber diesen vielen Schwarzmalereien, denen wir jetzt minutenlang zuhören mussten (Ruf bei der FPÖ: 1 Stunde!), hingeben, ist es besser, die Gelegenheit zu nutzen, das hervorzuheben, was aus der Europäischen Union in diesen Jahrzehnten geworden ist: ein Zusammenschluss von mittlerweile 27 Staaten (Zwischenruf bei der FPÖ), die sich darauf verstehen, dass in Europa Friede, Sicherheit, Demokratie und Freiheit herrschen (Bundesrat Spanring: Echt? Echt? Friede? Sicherheit? Echt jetzt?!); eine Wirtschafts- und Währungsunion, die gemeinsam auf eine stabile Entwicklung unserer Länder (Zwischenruf des Bundesrates Leinfellner) und unseres Standortes hinarbeitet; und eine Gemeinschaft, die es ermöglicht, sich innerhalb der europäischen Grenzen frei zu bewegen, zu reisen, zu arbeiten oder vielleicht sogar zu studieren. Das ist in Zeiten, in denen direkt vor den Toren der Europäischen Union Krieg herrscht, alles andere als selbstverständlich – und es ist bald 30 Jahre her, dass die österreichische Bevölkerung sich mehrheitlich für den Beitritt zur Europäischen Union ausgesprochen hat und in einem Vertrauensvotum ein Bekenntnis dazu abgegeben hat.
Heute sieht man in allen Bundesländern Österreichs, welche Vorteile der Beitritt zur Europäischen Union mit sich gebracht hat: Es sind unsere starken Unternehmen – 6 von 10 Euro werden in Österreich durch Exporte erwirtschaftet. Jeder zweite Arbeitsplatz in Österreich hängt mit der Europäischen Union zusammen und wurde überhaupt erst dadurch ermöglicht, dass wir Teil eines großen gemeinsamen Wirtschaftsstandorts sind. (Bundesrat Steiner: ... vernichtet Arbeitsplätze!) Wir sind ein starkes Tourismusland – im Winter wie im Sommer, nicht nur aufgrund der schönen Landschaft, die unser Land prägt. Es sind auch regionale Projekte, die den ländlichen Raum stärken und die von der Europäischen Union maßgeblich mitfinanziert werden.
Die Europäische Union ist aber definitiv nicht perfekt, das möchte ich auch betonen. Sie kann und muss in vielen Bereichen auch weiterhin besser werden, und wer an einer starken und besseren Europäischen Union interessiert ist, der darf auch gewisse Vorschläge kritisieren, beispielsweise wenn es um die überbordende Regulierung geht.
Was Sie aber wollen, liebe Kolleginnen und Kollegen von der FPÖ, ist etwas anderes: Sie wollen, dass wir uns von der Europäischen Union isolieren, Sie wollen eine Spaltung herbeirufen. Es geht aber vielmehr darum, an der Union zu arbeiten und sich nicht ständig nur an ihr abzuarbeiten. Das ist der Zugang unseres Bundeskanzlers und der Zugang von uns als Partei der Mitte, als Volkspartei: Wir wollen Europa besser machen! (Beifall bei der ÖVP.) Wir stehen für Zusammenarbeit, für eine starke Europäische Union, in der Österreich nicht nur im Herzen liegt, sondern in dieser auch aktiv mitarbeitet und sich einbringt.
Bevor ich nun zur Beantwortung Ihrer Fragen komme, möchte ich auch die Gelegenheit für einen Appell nutzen: Am 9. Juni finden bei uns in Österreich die Wahlen zum Europäischen Parlament statt. Ich ersuche Sie: Machen Sie von Ihrem Stimmrecht Gebrauch, wenn es darum geht, welche 20 Österreicherinnen und Österreicher unsere Anliegen in Brüssel und Straßburg vertreten!
Ich darf nun zur Beantwortung Ihrer Fragen kommen:
Zur Frage 1:
Wir haben ein Bündel an Maßnahmen ergriffen, um illegale Migration und Schlepperwesen zu bekämpfen: Verstärkung der Grenzraum- und Grenzpunktkontrollen zu Slowenien, Ungarn, Tschechien und der Slowakei; Unterstützung des Grenzschutzes am Balkan und in Ungarn, Verstärkung der Frontex-Einsätze an den Außengrenzen sowie weitere Maßnahmen zur Schleppereibekämpfung wie die Operation Fox in Ungarn; die Führung von schnellen Verfahren bei Personen mit geringer Anerkennungswahrscheinlichkeit, Verstärkung der Rückführungen.
Wir sehen an den Zahlen, dass diese Maßnahmen auch Wirkung zeigen und Schlepper nun einen Bogen um Österreich machen. (Ruf bei der FPÖ: Ja!) Das bedeutet einen Rückgang der Aufgriffe um 60 Prozent, und im Burgenland gab es bis Ende April lediglich rund 230 Aufgriffe. (Bundesrat Leinfellner: ... nach Rumänien verschifft ...!)
Zur Frage 2:
Der Asyl- und Migrationspakt ist ein erster Schritt in die richtige Richtung, da er Maßnahmen enthält, um die illegale Migration nach Europa einzudämmen und damit den Druck auf die EU und Österreich reduzieren zu können. Dazu gehören insbesondere verpflichtende Asylverfahren an den Außengrenzen, inklusive Screening und Haftmöglichkeiten. Wir werden uns weiterhin auf EU-Ebene dafür einsetzen, dass das europäische Asyl- und Migrationssystem auf neue Beine gestellt wird. Dafür braucht es unter anderem verstärkte Zusammenarbeit mit sicheren Drittstaaten für verbesserte Rückkehrkooperationen, Asylverfahren in sicheren Drittstaaten sowie Rückführungen, ebenso in sichere Drittstaaten. Österreich hat sich in den Verhandlungen immer gegen eine verpflichtende Verteilung eingesetzt und auch erreicht, dass es diese so nicht gibt, sondern die Möglichkeit, Solidaritätsleistungen zu erbringen, wie zum Beispiel die Unterstützung eines Mitgliedstaates beim Grenzschutz.
Zur Frage 3:
Um illegale Migration nachhaltig einzudämmen und entschlossen gegen Menschenhandel und Schlepperei vorzugehen, braucht es auch internationale Kooperationen wie neue Rückübernahmevereinbarungen, zum Beispiel mit Indien, Marokko oder dem Irak, um illegal Aufhältige konsequent in die Herkunftsländer abzuschieben.
Da hat Österreich 2023 einen Rekord an Abschiebungen mit 12 900 Personen erreicht. Durch die Einschränkung der Visafreiheit in Serbien für Tunesier und Inder wurde ein drastisches Sinken der Zahl dieser Asylanträge erwirkt. Unterstützung von Bosnien und Herzegowina bei Rückführungen ist wichtig, damit illegal Aufhältige noch vor den Toren der EU abgeschoben werden.
Weiters wurden Kooperationen mit Drittstaaten zur Eindämmung illegaler Migration eingegangen, beispielsweise mit Tunesien oder Ägypten.
Wir werden uns weiterhin mit gleichgesinnten Mitgliedstaaten dafür einsetzen, dass Asylverfahren in sicheren Drittstaaten ermöglicht werden.
Zudem wurden Investitionen in Hilfe und Unterstützung vor Ort, zum Beispiel nach dem Erdbeben in der Türkei und in Syrien, getätigt, um eine Migration in Richtung Europa zu verhindern.
Der Abschluss von bi- und multilateralen Projekten in Herkunfts- und Transitstaaten, beispielsweise zur Stärkung des Grenzschutzes in Tunesien, sowie die Verstärkung der Schleppereibekämpfung durch die internationale Taskforce unter Führung des österreichischen Bundeskriminalamtes seien auch genannt.
Zur Frage 4:
Wie bereits erwähnt zeigen unsere Maßnahmen Wirkung. Schlepper machen einen Bogen um Österreich. Das sieht man auch an der Anerkennungsquote. Diese wurde im Vergleich deutlich reduziert: unter FPÖ-Innenminister Kickl 2018: 47,6 Prozent; 2023 unter ÖVP-Minister Gerhard Karner: 22,6 Prozent. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Bundesrates Spanring.)
Mehr schnellere Asylverfahren: Wir haben bei den Asylverfahren auch an Tempo gewonnen: 2018: nur 740 Entscheidungen; 2023: 8 400.
Es gibt weniger Geld für Asylwerber: 2018 unter Innenminister Kickl: 142 Euro pro Kopf und Tag für Flüchtlinge; 2023: 80 Euro. (Beifall bei Bundesrät:innen der ÖVP.)
Im Ergebnis gibt es weniger Schutzgewährungen beispielsweise für Afghanen: unter Herbert Kickl: 7 400; unter Gerhard Karner: 2 900.
Zur Frage 5:
Wenn es um die Rolle und die Souveränität der Mitgliedstaaten in der EU geht, hat sich Österreich stets für eine EU ausgesprochen, die sich auf die großen Herausforderungen konzentriert und den Mitgliedstaaten in anderen Fragen die Freiheit lässt, diese auf nationaler oder regionaler Ebene zu lösen. Die EU muss Lösungen für große Herausforderungen anbieten, wie etwa bei den Themen Migration, Sicherheit und Wettbewerbsfähigkeit, und sollte sich in anderen Fragen, in denen die Mitgliedstaaten oder Regionen selbst besser entscheiden können, zurückziehen. Sich auf die großen Herausforderungen zu konzentrieren heißt auch, mehr Wert auf die effektive Umsetzung bestehender Regelungen zu legen, als neue Regulierungen zu schaffen.
Gelebte Subsidiarität garantiert, dass Entscheidungen so nahe wie möglich am Bürger getroffen werden, und stärkt damit das Vertrauen der Bevölkerung und sorgt für eine breite Akzeptanz für getroffene Entscheidungen, die Grundvoraussetzungen für funktionsfähige und souveräne Demokratien darstellen.
In diesem Sinne bringen wir uns durchgängig und systematisch in allen relevanten EU-Gremien ein und werden uns auch weiterhin dafür einsetzen.
Zur Frage 6:
Ich möchte an dieser Stelle betonen: Österreich ist neutral, und das wird auch so bleiben.
Die Entwicklung im Nahen Osten zeigt, wie wichtig es ist, dass wir auf europäischer Ebene die Sicherheit selbst in die Hand nehmen. Die Teilnahme Österreichs am Schutzschirm Europas, am European Sky Shield, ist daher ein notwendiger und wichtiger Schritt, um die Fähigkeitslücken im Bereich der Luftverteidigung zu schließen und damit unser Österreich und unsere Neutralität zu schützen.
Zur Frage 7:
Österreich ist weltweit als Plattform und Ort des Dialogs bekannt, wo alle zusammenkommen. Der Multilateralismus ist Teil der österreichischen DNA. Wir bieten Österreich aktiv als Ort für Verhandlungen an, beispielsweise für strategische Gespräche zwischen den USA und China, für Annäherungen zwischen Armenien und der Türkei, für Gespräche zur Wiederaufnahme des Wiener Atomabkommens.
In Bezug auf die Ukraine beteiligen wir uns aktiv an Friedensbemühungen. So wird unser Bundeskanzler Karl Nehammer am Friedensgipfel Mitte Juni in der Schweiz Österreich vertreten. Unsere Position ist klar: Krieg kann nur am Verhandlungstisch beendet werden. Wir brauchen eine nachhaltige Friedenslösung für die Ukraine.
Es wäre aber nicht zielführend, wenn nur westliche Wertegemeinschaften bei den Verhandlungen präsent wären, denn jegliche Lösung muss international breit aufgestellt sein. Dafür braucht es mehr als die EU und die Nato. Deshalb müssen wir Länder wie China, Indien oder Brasilien an Bord holen, nicht nur als Zierde, sondern damit dauerhafte Friedenslösungen gelingen können.
Zur Frage 8:
Die FPÖ beweist wieder ihr vollkommen falsches Verständnis der österreichischen Neutralität. Neutral zu sein bedeutet nicht, sich ins außenpolitische Schneckenhaus zurückzuziehen. Österreich war, ist und bleibt weiterhin neutral, wie ich es bereits vorhin in der Beantwortung erwähnt habe. Neutralität kann, soll und wird auch einen Mehrwert haben, gerade in der multipolaren Welt. (Beifall bei der ÖVP.)
Militärisch neutral bedeutet aber nicht, wertneutral zu sein. Wir müssen aktiver und solidarischer Partner in Europa und der Welt bleiben. Aktive Neutralitätspolitik ist und bleibt deswegen ein großer Bestandteil unserer Außen- und Sicherheitspolitik.
Zur Frage 9:
Eine kurze Antwort: 1,5 Milliarden Euro bis Ende 2023.
Zur Frage 10:
Mir ist wichtig, zu betonen, dass ein Ende der Unterstützung für die Ukraine ein Ende der Ukraine, wie wir sie kennen, bedeuten würde. Das ist nicht im Sinne des Sicherheitsinteresses Österreichs oder der Europäischen Union.
Augenscheinlich ist die FPÖ die einzige Partei in Österreich, die kein Problem damit hätte, wenn Russland bis auf 500 Kilometer an die österreichische Grenze heranrückte. Wir stehen hingegen für die Sicherheit der Österreicherinnen und Österreicher, und die beginnt nicht erst an der Landesgrenze, sondern in unserer Nachbarschaft.
Wir werden weiterhin humanitäre Hilfe liefern (Bundesrat Spanring: Ihr liefert Waffen! Das versteht ihr ...!) und der Ukraine bei Reformen auf dem europäischen Weg zur Seite stehen. Wir werden aber in Zukunft keine Waffen und keine Munition liefern beziehungsweise das nicht finanzieren. Das ist sowohl der Ukraine als auch den EU-Partnern klar. Bei entsprechenden EU-Beschlüssen enthalten wir uns auch entsprechend. Im Rahmen der Europäischen Friedensfazilität wurden seit Beginn des russischen Angriffskriegs 5,5 Milliarden Euro an die Ukraine bezahlt. Der österreichische Anteil beträgt rund 158 Millionen Euro.
Zur Frage 11:
Bis 2027 143,5 Millionen Euro.
Zur Frage 12:
Die Kontrolle der Zahlungen im Rahmen der Ukrainefazilität wird von der Europäischen Kommission durchgeführt. Diese wiederum berichtet an die EU-Mitgliedstaaten und an das Europäische Parlament. Zudem haben das Europäische Amt für Betrugsbekämpfung, der Europäische Rechnungshof und die Europäische Staatsanwaltschaft Kontrollbefugnisse. Bei Unregelmäßigkeiten kann die Europäische Kommission Unterstützungsleistungen kürzen oder einbehalten.
Informationen zur Makrofinanzhilfe und Ukrainefazilität sind öffentlich auf der Website der Kommission und in der EU-Datenbank des österreichischen Parlaments einsehbar.
Mit dem Durchführungsbeschluss des Rates vom 14. Mai 2024 wurde der Ukraineplan genehmigt, welcher Maßnahmen für sektorale und strukturelle Reformen und öffentliche Investitionen in der Ukraine vorsieht. Diese Maßnahmen umfassen unter anderem Strukturreformen, Investitionen zur Ankurbelung des Wirtschaftswachstums, Reformen der öffentlichen Verwaltung, die Modernisierung der Wirtschaft sowie Maßnahmen zur Stärkung der Rechtsstaatlichkeit.
Zu den Fragen 13 und 20:
Die Stärkung des europäischen Marktes und der Wettbewerbsfähigkeit ist eines der wichtigsten Themen auf europäischer Ebene. Es geht dabei um die Frage, wie wir den europäischen Wohlstand erhalten und im besten Fall noch weiter ausbauen können. Dafür ist es notwendig, dass wir die Deregulierung in den Mittelpunkt stellen.
Derzeit verlieren wir gegenüber den großen Konkurrenten USA und Asien an Wettbewerbsfähigkeit, und deswegen braucht es ein neues Denken in der Union: weg von Verboten, hin zu Innovations- und Forschungsfreundlichkeit sowie Deregulierung.
Es braucht eine rasche und umfassende Umsetzung der von der Europäischen Kommission angekündigten Reduktion der Berichtspflichten um 25 Prozent. Das Ziel muss sein, unsere Unternehmen und auch die Landwirtschaft viel stärker von EU-Bürokratiepflichten zu entlasten – der gute Zweck heiligt nicht die falschen Mittel –, dafür werden wir uns weiterhin einsetzen.
Die Reduzierung der administrativen Belastungen ist auch ein zentraler Punkt des von Wirtschaftsminister Martin Kocher und Europaministerin Karoline Edtstadler im März vorgelegten Zehnpunkteplans für die Zukunft des EU-Binnenmarktes.
Zur Frage 14:
Die finalen Änderungen gingen zwar in die richtige Richtung, jedoch sind weiterhin viele Fragen, insbesondere der potenziell negativen Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit, die KMUs, aber auch auf betroffene Märkte und mögliche Verdrängungseffekte, nicht zufriedenstellend gelöst und beantwortet. Aus diesem Grund hat Österreich nicht zugestimmt.
Zur Frage 15:
Europa muss auf die Innovationskraft der Wirtschaft und auf Technologieoffenheit setzen. Eine zukunftsfähige Verkehrspolitik muss die Bedürfnisse sowohl urbaner als auch ländlicher Gebiete berücksichtigen. Deswegen muss die Erreichbarkeit von ländlichen Gebieten verbessert, muss die Bahninfrastruktur verstärkt, müssen Investitionen in umweltfreundliche und effiziente Bahnverbindungen gesetzt werden.
Österreich ist ein Autoland, und das Auto wird auch weiterhin primäres Fortbewegungsmittel sein, um den Alltag der Bevölkerung in ländlichen Gebieten mobil und effizient zu gestalten. Zudem gilt es, Arbeitsplätze zu sichern und die jetzige Infrastruktur an E-Tankstellen auszubauen. Generell müssen wir da über den Tellerrand schauen, weiter denken und auf die Weiterentwicklung von Wasserstoff und E-Fuels setzen. Deswegen müssen wir das Verbrennerverbot überdenken, denn eine reine E-Mobilität könnte zu einer Einbahnstraße mit Sackgasse führen.
Zur Frage 16:
Wir setzen uns auf EU-Ebene massiv dafür ein, dass es wieder einen verstärkten Fokus auf die Wettbewerbsfähigkeit gibt, dass die neue EU-Kommission eine neue Strategie für den Industrial Deal vorlegt, welche in Augenhöhe mit dem European Green Deal umgesetzt wird.
Dabei stellt sich der Letta-Bericht grundsätzlich als eine gute Basis dar. In diesem Zusammenhang werden jedoch jegliche neue Berichtspflichten bei den neuen legistischen Vorhaben abgelehnt und besteht die Notwendigkeit der Prüfung bei bereits bestehenden Gesetzen.
Zusätzlich müssen bei der nationalen Umsetzung der kürzlich beschlossenen Green-Deal-Maßnahmen alle Spielräume ausgereizt werden, um bürokratische Belastungen für Wirtschaft und Bauern zu minimieren.
Zur Frage 17:
Der von Bundesminister Norbert Totschnig initiierte Strategieprozess Vision 2028 plus über die Zukunft der Landwirtschaft und des ländlichen Raumes hat gezeigt, dass der Green Deal mit seiner überbordenden Bürokratie von den Bäuerinnen und Bauern als größte Herausforderung für die Zukunft ihres Betriebes gesehen wird. Es braucht deswegen einen engagierten ganzheitlichen Ansatz und eine Kurskorrektur hin zu einer EU-Politik mit Hausverstand wie die Vorstöße zur Entwaldungsverordnung.
Damit die Bäuerinnen und Bauern mit ihren Herausforderungen nicht alleingelassen werden, setzt die Bundesregierung aktiv Maßnahmen zur Unterstützung. Um nur beispielhaft einige zu nennen: ein auf den Weg gebrachtes Impulsprogramm für die Landwirtschaft – insgesamt 360 Millionen Euro schwer; ein 300 Millionen Euro umfassendes Paket für eine wettbewerbsfähige Land- und Forstwirtschaft; 120 Millionen Euro Stromkostenzuschuss für die Landwirtschaft; 110 Millionen Euro Teuerungsausgleich sowie die temporäre Agrardieselrückvergütung.
Damit zeigt sich klar, die österreichische Bundesregierung steht auf der Seite der Landwirtinnen und Landwirte. (Beifall bei der ÖVP.)
Zur Frage 18:
Die Bundesregierung hat Vorkehrungen getroffen und zudem erst kürzlich im Ministerrat ein umfassendes Paket zu leistbarer und sicherer Energie beschlossen, das unter anderem den Bau des WAG-Loop, der Pipeline aus dem Westen, sowie die Beschleunigung des Ausbaus erneuerbarer Energien beinhaltet.
Zudem wurden die strategische Gasreserve und die Bereitstellung von Mitteln zur Unterstützung der Beschaffung von nichtrussischem Gas verlängert. Viele Unternehmen haben auch Vorkehrungen getroffen, um die Versorgungssicherheit sicherzustellen. Die E-Control hat bestätigt, dass die Gasversorgung sichergestellt ist.
Zur Frage 19:
Sollten damit die bisherigen und nunmehr überarbeiteten EU-Fiskalregeln gemeint sein, so sei darauf hingewiesen, dass diese vorläufig ausgesetzt waren und es so den Mitgliedstaaten ermöglicht haben, die umfassenden Krisenhilfen zu leisten, die zur Bekämpfung der wirtschaftlichen Folgen der Pandemie notwendig waren.
Österreich hat sich im Zuge der Überarbeitung der Fiskalregeln dafür eingesetzt, dass die Schuldentragfähigkeit der nationalen Haushalte wieder im Mittelpunkt stehen muss und hohe Schuldenquoten auf einen rückläufigen Pfad gebracht werden müssen, denn klar ist, dass Schulden zurückgezahlt werden müssen.
Frage 20 habe ich bereits zuvor mit Frage 13 beantwortet, wenn ich es richtig in Erinnerung habe.
Abschließend zur Frage 21:
Österreich bekennt sich auch in dieser Frage selbstverständlich zu seiner verfassungsmäßigen militärischen Neutralität. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)
15.52
Vizepräsident Dominik Reisinger: Danke.
Wir gehen nunmehr in die Debatte ein.
Ich mache darauf aufmerksam, dass gemäß § 61 Abs. 7 der Geschäftsordnung die Redezeit jedes Bundesrates mit insgesamt 20 Minuten begrenzt ist.
Als Erste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Isabella Theuermann. Ich erteile dieses.