10.11
Bundesrat Marco Schreuder (Grüne, Wien): Frau Präsidentin, ich möchte mich im Namen der grünen Fraktion herzlich für die Vorsitzführung bedanken. Es hat sich wieder einmal gezeigt, mitunter wird in der Politik auf Frauen anders reagiert als auf Männer, und das finde ich sehr bedauerlich. (Beifall bei Grünen und ÖVP sowie bei Bundesrät:innen der SPÖ.)
Des Weiteren möchte ich natürlich Kollegin Grossmann auch von meiner Fraktion alles Gute in Brüssel und in Straßburg wünschen, denn am Ende des Tages geht es um die besten Lösungen. – Viel Erfolg dabei!
Grüße Sie, Herr Außenminister! Liebe Zuschauer und Zuschauerinnen! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Es geht um Außenpolitik, und nach der etwas faschingshaften Rede von vorhin (Ruf bei der FPÖ: Was? – Zwischenruf des Bundesrates Leinfellner), möchte ich daran erinnern, dass gerade Bruno Kreisky derjenige war, der immer gesagt hat: Neutralität bedeutet auch, dass man Verbrechen beim Namen nennt, wenn international Verbrechen passieren! (Bundesrat Spanring: Impfpflicht!)
Internationale Neutralitätspolitik bedeutet natürlich nicht, dass das Völkerrecht außer Kraft gesetzt wird, sondern dass man gerade als neutraler Staat das Völkerrecht ganz besonders beachtet. Wenn man nur eine Partei, wie es Kollege Leinfellner gemacht hat, nämlich die Ukraine, als Kriegspartei nennt und Russland mit keinem Wort erwähnt und damit eigentlich die Kriegspartei, die wahre Kriegspartei sozusagen, die ein anderes Land überfällt, völlig verschweigt, dann ist das nicht Neutralität, dann ist das eine Unterwerfung; ihr habt ja mit dem Kreml einen Freundschaftsvertrag geschlossen. Das ist das Gegenteil von Neutralität, das ist die wahre Kriegstreiberei, weil sie aggressive Antidemokraten einlädt, ihre Nachbarländer zu überfallen. (Beifall bei den Grünen, bei Bundesrät:innen der ÖVP sowie der Bundesrätin Grossmann. – Zwischenrufe bei der FPÖ.)
Außenpolitik ist allerdings eine große Herausforderung. Ich möchte mein Augenmerk daher auf ein paar Themen lenken, die schon genannt, aber nur am Rande erwähnt worden sind: China. Ich glaube, sowohl Europa als auch wir als Österreich haben tatsächlich die Aufgabe, eine klarere Chinastrategie zu entwickeln; das halte ich für dringend notwendig. Wir wissen, dass China mittlerweile eine sehr, sehr andere Außenpolitik fährt als noch vor einigen Jahren.
China war ein recht ruhiges Land, das kann man so sagen, mittlerweile sind die Spionagetätigkeiten gestiegen. Bei der AfD sind zum Beispiel Mitarbeiter verhaftet worden, die ganz klar für China Spionage im Europaparlament betrieben haben. Wir wissen, dass China illegal Polizeistationen in anderen Ländern hat, wir wissen, dass es das auch in Österreich gibt. Da eine klarere Politik, eine Chinastrategie zu haben, das halte ich für eine ganz wichtige Aufgabe ganz oben auf der To-do-Liste.
Wir haben es schon gehört: Die Nachkriegsordnung, wie wir sie gewohnt waren, nach dem Krieg, ist unter Druck geraten, ist verrutscht. Das ist tatsächlich der Fall. Autokratien und Länder, die die liberalen, demokratischen Werte, unsere Werte von Freiheit und Demokratie nicht teilen, kämpfen global um Gunst. Wir sind da sehr stark unter Druck geraten.
Zu diesen autokratischen Ländern gibt es natürlich diplomatischen Kontakt, wir arbeiten mit ihnen zusammen. Das sind große, wichtige Staaten, wir müssen ja auf irgendeine Art und Weise mit ihnen zusammenarbeiten – das ist nicht die Frage. Wenn man aber zum Beispiel an die menschenrechtliche Situation der Uiguren in China denkt oder eben daran, wie – Minderheitenrechte – Russland die LGBTIQs, die Zeugen Jehovas verfolgt und wie Russland ein Nachbarland einfach überfällt: Das sind Perspektiven, die wir nicht haben wollen.
Dann gibt es Länder, die tatsächlich noch dazwischen liegen. Wir waren ja mit einer Delegation des Bundesrates in Georgien, und wir haben dort gesehen, dass für die Bevölkerung Georgiens Europa das Versprechen von Freiheit, von Demokratie, vom Entfalten des eigenen Lebens ist. Und es ist so wichtig, dass man das unterstützt, dass wir diesen Ländern diese europäische Perspektive auch tatsächlich eröffnen, so schwierig es auch oft ist, mit diesen Regierungen zu verhandeln.
Ich möchte mich deswegen auch ganz herzlich bei Ihnen bedanken, Herr Außenminister, weil Sie das, gerade was den Westbalkan betrifft, tun. Serbien ist ein gutes Beispiel, das sozusagen auch noch zwischen prorussisch und proeuropäisch schwankt. Da müssen wir ein ganz klares Signal setzen, ein proeuropäisches Signal setzen. Wir müssen auch die Herzen der Menschen erobern. Das ist ein ganz wichtiger Punkt, und da haben Sie auch einen wichtigen Teil gemacht.
Ich möchte auch noch einmal – Herr Kollege Buchmann hat es bereits getan – an den Sudan erinnern. Dort findet ein tatsächlicher Genozid statt – da gibt es leider keine Protestcamps. Dort ist das Wort Genozid wirklich angebracht, und da müssen wir auch dringend international aktiv werden.
Wir sehen, es gibt so viel zu tun, wir dürfen keine Ruhe geben. Eines aber müssen wir immer tun: unsere Freiheit und unsere Demokratie verteidigen, denn auch das ist Neutralitätspolitik. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen, bei Bundesrät:innen der ÖVP sowie der Bundesrätin Grossmann.)
10.16
Präsidentin Margit Göll: Für ihre erste Rede zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Dr. Manuela-Anna Sumah-Vospernik. Ich erteile ihr dieses.