14.31

Bundesrätin Doris Hahn, MEd MA (SPÖ, Niederösterreich): Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Staatssekretärin! Werte Zuseher:innen zu Hause via Livestream! Werte Kolleginnen und Kollegen hier im Bundesrat! Grundsätzlich – und das möchte ich vorweg festhalten – ist es natürlich sehr wohl zu begrüßen, dass man mit der vorliegenden Änderung des Gesetzes zumindest einmal versucht, aufgrund des Krieges aus ihrer Heimat vertriebene Menschen aus der Ukraine schneller und leichter in den Arbeitsmarkt zu integrieren, indem sie nun eben diese Rot-Weiß-Rot-Karte plus erhalten sollen, wenn sie die entsprechenden Voraussetzungen dafür erfüllen.

Wir wissen, eine Entspannung der Lage in der Ukraine und damit ein Ende des Kriegs scheint zum aktuellen Zeitpunkt noch in weiter Ferne. Somit ist durchaus zu erwarten, dass nun vermehrt Menschen auch dauerhaft im österrei­chischen Arbeitsmarkt verbleiben wollen oder auch müssen, weil eine Rückkehr in ihre Heimat nicht möglich ist. Somit sind die Möglichkeiten, die durch die Rot-Weiß-Rot-Karte plus gegeben sind, für beide Seiten positiv – es gibt nämlich sowohl für die Menschen selbst als auch für die Arbeitgeber eine gewisse Planungssicherheit, die natürlich von immenser Wichtigkeit ist. Insofern ist wie gesagt durchaus positiv, was vorliegt.

Positiv ist auch, dass jetzt auch Minderjährige zu einer Rot-Weiß-Rot-Karte plus kommen können. Das schließt aus meiner Sicht auch die Lücke zwischen der Vollendung der Schulpflicht und der Volljährigkeit – insofern auch wieder etwas Positives.

Wie schaut es jetzt aber mit den Voraussetzungen ganz konkret aus? Welche Voraussetzungen sind von den Betreffenden zu erfüllen? – Die Men­schen müssen zumindest in den letzten 24 Monaten zwölf Monate voll­versichert, also über der Geringfügigkeitsgrenze beschäftigt, gewesen sein. Sie müssen Deutschkenntnisse auf Niveau A2 vorweisen können, also das Modul eins der Integrationsvereinbarung innerhalb von zwei Jahren erfüllen und nachweisen. Da sind wir so weit einmal d’accord, da können wir auch noch einigermaßen mitgehen. Auf der anderen Seite muss man aber sehen, dass die Hürden, eine Rot-Weiß-Rot-Karte plus zu erhalten, nach wie vor ver­gleichsweise hoch sind.

Man muss sich schon anschauen: Wer sind denn eigentlich die Men­schen, die aus der Ukraine zu uns kommen? – Das sind zu einem großen und weit überwiegenden Teil Frauen und ihre Kinder, das zeigen die Zahlen des Ministeriums ganz deutlich.

Wir wissen, gerade für Frauen kann es mitunter extrem schwierig sein, die nö­tigen Unterhaltsmittel vorweisen zu können. Das entspricht jetzt in die­sem ganz konkreten Fall beispielsweise etwa 1 800 bis 1 900 Euro netto pro Monat für eine Mutter mit zwei Kindern. Vor allem, wenn man bedenkt, in welchen Bereichen, in welchen Branchen die Frauen beschäftigt sind und arbeiten – nämlich zu einem großen Teil in der Gastronomie, im Touris­mus, in der Pflege, in der Reinigung –, muss man sagen, es schaut mit dem vo­rausgesetzten Nettoeinkommen in der Realität oftmals ganz, ganz schlecht aus.

Dann muss man natürlich auch noch dazusagen, dass es oftmals für die Frauen gar nicht möglich ist, eine Vollzeitbeschäftigung anzunehmen, weil sie zum Beispiel auch noch Betreuungstätigkeiten für ihre eigenen Kinder übernehmen müssen – daher auch aus meiner Sicht eine zu hohe Hürde. Gerade jetzt, wo wir in Österreich gefühlt tagtäglich vom Fachkräftemangel hören, lesen, da­rüber diskutieren und auch in diesem Haus nach Lösungen suchen, scheint mir das schlicht und einfach viel zu wenig nachhaltig und in Wahrheit gänzlich an der Realität vorbeigedacht.

Eine weitere Voraussetzung soll auch noch der Nachweis eines Rechtsan­spruchs auf eine Wohnung – sprich eines Mietvertrags – sein. Das ist aus unse­rer Sicht aus der Grundversorgung heraus oftmals ganz, ganz schwer möglich und eine weitere Hürde, die es zu bewältigen gilt. Daher können wir dem Gesetzentwurf in dieser Form nicht zustimmen, vor allen Dingen, wenn man eines bedenkt: Grundsätzlich ist die potenzielle Zielgruppe, an die er gerichtet ist, die man damit erreichen möchte, von Haus aus schon über­schaubar groß. Das Ministerium spricht von etwa 7 000 Personen, die in den Genuss des Anspruchs kommen könnten.

Mit den nötigen Voraussetzungen können dann aber vermutlich nur verschwindend wenige Menschen in den Anspruch kommen, also von dieser Gesetzesänderung dann auch tatsächlich profitieren. Das kritisieren allerdings nicht nur wir, sondern auch diverse NGOs, zum Beispiel Caritas und Diakonie, die mit ihrer Meinung auch auf unserer Linie liegen. (Beifall bei der SPÖ.)

Außerdem bleibt für uns nach wie vor unklar, welches Aufenthaltsrecht Ukrainerinnen und Ukrainer ab Februar 2025 dann erhalten, wenn sie die Rot-Weiß-Rot-Karte nicht bekommen sollten, aus welchen Gründen auch immer. Das Aufenthaltsrecht gemäß der Vertriebenenrichtlinie läuft ja aus. (Bun­desrätin Hauschildt-Buschberger: Das ist verlängert worden!) Was inner­staatlich betreffend des Vertriebenenstatus angedacht ist, weiß man nicht, da werden wir auch noch weiter im Unklaren gelassen.

Somit in aller Kürze noch einmal zusammengefasst: Ja, die Intention für diese Gesetzesänderung ist grundsätzlich als positiv zu bewerten, das habe ich somit auch ausgeführt. Aber nichtsdestotrotz: In einigen Bereichen lässt einfach die Umsetzung zu wünschen übrig und ist aus meiner Sicht viel zu kurz­sichtig und nicht zu Ende gedacht. Daher wird es seitens der Sozialdemo­kratie auch keine Zustimmung dazu geben. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

14.37

Präsidentin Margit Göll: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Philipp Kohl. Ich erteile ihm dieses.