16.04

Bundesrat Michael Wanner (SPÖ, Salzburg): Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Bundesminister Karner hat ja zumindest noch gesagt, es fehlt etwas, man muss sich bemühen, man muss schauen, dass man Personal herbekommt. Er hat nicht so wie Kollege Kohl gesagt, dass eh alles in Ordnung ist. – Da ist nicht alles in Ordnung. (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn ich sehe, dass tatsächlich 4 000 Polizisten fehlen, dass wir 10 Millionen Überstunden haben und dass dann solche Schlagzeilen in einer Abend­ausgabe der „Kronen Zeitung“ österreichweit zu lesen sind (eine Kopie der Titel­seite einer Ausgabe der „Kronen Zeitung“ mit der Schlagzeile „Polizisten immer mehr am Limit“ in die Höhe haltend), dass die Polizisten am Limit sind – und das im März –, dann muss ich sagen, man sollte etwas leiser treten und an der Lösung des Problems mitarbeiten.

Unsere großartigen Polizisten machen eine tolle Arbeit. Ich weiß eh, da applau­dieren wir dann alle, weil die so klass arbeiten, aber letzten Endes ist es wirklich kein Zufall, dass wir über die Sicherheit reden. Es ist eine Notwendig­keit, dass wir darüber reden! (Die Titelseite erneut in die Höhe haltend:) Es ist eine Notwendigkeit, weil die Polizisten am Zahnfleisch daherkriechen (Beifall bei der SPÖ); und das kommt nicht von der SPÖ.

Seien wir froh, dass wir das drittfriedlichste Land sind! Das heißt aber immer noch nicht, dass wir das drittsicherste Land sind.

Jetzt muss ich doch ein bisschen in die Vergangenheit zurückgehen. Wenn jemand fast ein Vierteljahrhundert das Innenministerium hat – und jetzt nehme ich die FPÖ aus; komisch, dass das von mir kommt: Kickl hat zumindest geschaut, dass das Personal nachbesetzt wird (Bundesrat Buchmann: Und die Pferde! – Bundesrätin Doppler: Und die Stichwesten ...!); noch einmal: lobt euch nicht zu viel, freut euch über das, was ich gesagt habe! (Hei­terkeit des Bundesrates Schmid) –, wenn die ÖVP fast ein Vierteljahrhun­dert das Innenministerium hat, ergibt sich: Die ÖVP ist verantwortlich für die Schließungen der Polizeidienststellen unter Strasser. (Beifall bei der SPÖ.)

Daran kann man sich wahrscheinlich gar nicht mehr erinnern: Er hat eine nach der anderen zugesperrt, bis sie ihn dann selber eingesperrt haben. Dann waren da Sobotka, Nehammer (Bundesrat Steiner: Mikl-Leitner!), da ist jetzt Kar­ner, und eine derjenigen, die am meisten zugesperrt haben, war die, die jetzt am meisten nach Sicherheit schreit: Mikl-Leitner (Beifall bei Bundesrät:innen von SPÖ und FPÖ): neun Dienststellen in Salzburg, 21 Dienststellen in Oberösterreich, elf Dienststellen im Burgenland, 22 Dienststellen in Kärnten, 21 in Niederösterreich und 23 in der Steiermark – gratuliere! Und jetzt steht sie da und sagt: Wir brauchen Sicherheit! (Beifall bei Bundesrät:innen von SPÖ und FPÖ.)

25 Jahre – ein Vierteljahrhundert – Polizeiverantwortung, Innenministe­rium, und das ist das Ergebnis. Ich bin mir aber eigentlich ziemlich sicher, dass auch das kein Zufall ist. Es hat bei der ÖVP ja System, dass man zuerst einen Notstand, ein Defizit erzeugt und dann hergeht und sagt: Ich rette euch! – Das hat System.

Ich nenne euch jetzt ein paar Sachen – ich habe es heute Vormittag schon gesagt –: Der öffentliche Verkehr wurde reduziert, bis er fast zusammen­gebrochen ist. Und jetzt seid ihr da und sagt: Wir brauchen einen öffent­lichen Verkehr! – Es gab keine Postbusse mehr in die Länder hinaus, die ÖBB sind heruntergefahren worden.

Ganztagesschulen brauchen wir nicht! Herbstferien werden verhindert. Sie wer­den erst dann eingeführt, wenn man selber sagt: Tralala, jetzt brauchen wir sie!

Energieregulierung: Kostendeckel erst spät  und dann für die, die eure Klientel sind, nämlich die, die das Geld haben. (Ah-Ruf bei der ÖVP.) – Ja, es ist so. Es ist so, denn der einfache Bürger hat sehr wenig davon.

Ich komme jetzt zu Salzburg und ich sage, in Salzburg ist es vom Personalstand her zumindest noch etwas besser, aber laut Umfragen fehlen auch in Salzburg 200 Polizistinnen und Polizisten – bei 633 000 Überstunden; das sind 350 Überstunden pro Polizistin oder Polizist. Wurscht, die werden das schon irgendwie leisten!

Da sind wir jetzt aber noch nicht am Ende. Der Herr Minister hat gesagt, das Rückgrat sind die Dienststellen draußen.

Die komplette Polizeidienstreform geht nur zulasten der Dienststellen, denn für eine Kriminaldienstreform im Bereich Jugendkriminalität wurde noch kein einziger Planposten beschlossen – zur Cyberkriminalität komme ich dann noch, das ist ja sowieso der Witz des Tages –, keine einzige Planstelle wurde da bis jetzt beschlossen, aber die Kriminaldienstreform ist beschlossen.

Das Ganze ist aufgebaut auf einem Stellenplan, der vor 20 Jahren gegolten hat. Man muss sich das vorstellen: Diese Reform ist aufgebaut auf einem Stellenplan aus dem Jahr 2005. Die Bevölkerung, die Zahl der Menschen ist größer geworden, die wirtschaftliche Entwicklung ist anders, die Aufga­ben sind anders gestellt, die Probleme sind andere als vor 20 Jahren (Bundesrat Steiner: Ein Haufen Asylanten sind gekommen!), aber denselben Stellenplan, jenen von 2005, haben wir noch – und nichts geändert.

In den Polizeiinspektionen – da müsst ihr nur einmal bei denen, die dort arbeiten, nachfragen – gibt es Kurzzuteilungen von Bediensteten aus den Inspek­tionen ganz woanders hin, weil man sie dort gerade braucht, sie gehen ab. Da gibt es Karenzierungen, die teilweise nicht bei den nicht Anwesenden eingerechnet werden, es gibt Langzeitkrankenstände, und das Ganze schwächt den Regelbetrieb, das Rückgrat, wie es der Herr Minister vorhin gesagt hat.

Bei so manchen Landstrichen frage ich mich – (in Richtung Bundesrat Gfrerer) ich schaue meinen Kollegen aus Großarl an –: Habt ihr noch eine fixe Polizei? – Keine mehr, gell?! Dieses Gebiet wird von Sankt Johann draußen bedient. Bis die Polizei da hineinfährt! Mittlerweile fahren die Polizisten – in Obertauern ist es ja dasselbe – länger zu ihren Außendienststellen, als sie auf der Straße im Sicherheitsdienst verbringen. (Ruf bei der SPÖ: Wahnsinn!) Ein bisschen Reiseproviant sollten wir ihnen mitgeben, die sind ja wirklich arm. (Beifall und Bravorufe bei der SPÖ.)

Ganze Landstriche sind ohne Polizei. Wenn man dort hinkommt, dann steht draußen: Ich bin im Nachbarort. – Die Burschen und Mädels können aber überhaupt nichts dafür. Das ist die Politik der Vergangenheit. Jetzt kommt man her und sagt: Wir müssen jetzt etwas tun. – Verschlafen habt ihr es! 25 Jahre hättet ihr etwas tun können, nichts habt ihr gemacht.

Jugendkriminalität: Dafür gibt es eine eigene Einsatzgruppe. Planstellen gibt es keine (Heiterkeit des Bundesrates Schmid), aber Cyberkriminalitätscenter. Das ist etwas ganz Neues, das ist ja ganz wichtig (Bundesrat Schennach: Haben wir erst ... beschlossen!), aber nein – pst! –, Bekämpfung von Cyberkrimina­lität bauen wir auf – keine Planstellen! –, und wir schaffen es nicht einmal, dass wir in jeder Polizeidienststelle WLAN haben, mit der Cyberkriminalität aber beschäftigen wir uns. (Beifall und Heiterkeit bei der SPÖ sowie Beifall bei Bundesrät:innen der FPÖ.)

Fragt einmal eure Leute draußen in den Dienststellen! Nicht einmal WLAN bringt ihr hin. (Zwischenruf des Bundesrates Schennach.) Schaut nach! Es ist zum Schreien.

In Summe bräuchte man für das Ganze, das jetzt schon beschlossen ist, circa 700 Planstellen, diese wären notwendig. Ich wünsche dem Herrn Minister viel, viel Erfolg. Er wird ja vielleicht nicht mehr lange da sein, also wird es nicht mehr sein Problem sein, aber letzten Endes ist es so, dass ihr jetzt am Abend draufkommt und aufwacht und dann kurz vor der Wahl sagt: Wir sind eh so gut. – Herr Kollege, da ist nichts gut! (Zwischenruf bei der FPÖ.)

Wir müssen unsere Polizistinnen und Polizisten besser unterstützen. Wir müssen ihnen helfen. Deswegen auch der Aufruf. Ich gehe davon aus, dass es jeder hier herinnen mit der Polizei gut meint und auch das Volksbegehren Polizei – kritischer Personalmangel unterschreiben wird. Das geht ganz einfach mit dem Handy über die ID Austria. Das können wir ja alle, sagt man zumindest. (Heiterkeit der Bundesrätin Schumann.)

Was in Summe einfach nicht schön ist, ist, dass man Zahlen schönfärbt. Jetzt haben wir, glaube ich, schon die fünfte Zahl gehört, die wieder etwas anderes aussagt. Eigentlich haben wir ja mehr Polizisten, als wir überhaupt brauchen (Heiterkeit bei Bundesrät:innen von SPÖ und FPÖ), denn 300 haben wir jetzt schon zu viel, oder?! (Ruf bei der SPÖ: Mehr!) – Das ist komisch.

Freunde, so geht es wirklich nicht. Wir sind kein Selbstdarstellungsverein. (Bundesrat Buchmann: Geh! – Rufe bei der ÖVP: Schau dich an! Ja, schon gut!) Wir sind kein Verein, von dem die Menschen veräppelt werden. Es gibt die subjektive und die objektive Sicherheit – für diese sind auch wir hier herinnen zuständig, vor allem aber der Minister und das Innenministerium.

Ich wiederhole es noch einmal: Diese Polizeisache ist ein schwarz-grünes Dilemma. Es geht um die Sicherheit der Menschen, es geht um die Sicherheit der Bevölkerung, auch um die Sicherheit der Wirtschaft, die Sicherung des Wohlstandes. Es geht um Österreich. Helfen wir denen, die schon nicht mehr können! (Beifall und Bravorufe bei der SPÖ. – Zwischenruf des Bundes­rates Schennach.)

16.15

Vizepräsident Dominik Reisinger: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Matthias Zauner. Ich erteile ihm das Wort.