17.42
Bundesrat Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross (Grüne, Vorarlberg): Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Frau Minister! Vorab muss ich jetzt schon etwas zu Ihren Ausführungen sagen, Frau Kollegin Lancaster, und zwar zum Ersten zur „Brechstange“: Also mir ist noch keine Brechstange aufgefallen. Die ökologische Steuerreform, zu der wir heute schon die Debatte hatten und der Sie nicht zustimmen, ist keine Brechstange, sondern eigentlich ist das Gegenteil der Fall. Das ist ein planbares Instrument, im Parlament beschlossen.
Auch das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz ist ein planbares Instrument, im Parlament beschlossen.
Wir haben reihenweise exzellente Förderungen – ich habe das hier herinnen schon oft erwähnt – zur Unterstützung insbesondere von Haushalten, aber auch von Wirtschaft, Landwirtschaft, um den ganzen Umbau vollziehen zu können. Auch das ist, denke ich, ziemlich das Gegenteil einer Brechstange. Maximal ist es ein Hebel, aber sicher keine Brechstange. (Beifall bei den Grünen.)
Mutig finde ich die Aussage, es würde Frust über die Politik fördern, demokratiepolitischen Schaden zu unterstellen. Ich kann mich noch gut an Rot-Schwarz erinnern. Jahrelang war es fast zum Fremdschämen, da zuzuschauen.
Etwas möchte ich schon noch anmerken, weil es vor Kurzem dermaßen heftig zugegangen ist und ein Kollege von Ihnen eine wirklich völlig unfassbare Beleidigung mir gegenüber ausgesprochen hat: Man solle mich abschaffen. – Bis jetzt gab es keine Entschuldigung. Wissen Sie, dann spricht er von Skandal, weil ich Ihnen gegenüber Kritik geäußert habe. Das habe ich, ja. Nur: Der Unterschied ist, ich halte Kritik aus (Bundesrätin Schumann: Nein, das glaube ich nicht! – Ruf bei der SPÖ: Nein, das halten Sie eben nicht aus!), auch die, die Sie geäußert haben, aber Sie halten die Kritik nicht aus. Ich erwarte mir nach wie vor eine dezidierte Entschuldigung hier heraußen. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesrät:innen der ÖVP.) Auch das zum Demokratieverständnis. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Ich muss auch einiges aushalten. (Bundesrätin Schumann: Aber wir auch!) – Ja, aber ich bin nicht so eine Mimose. (Bundesrätin Grimling: Nein!)
Zum Gesetz jetzt: Also ich gebe zu, dass ich mir zuerst nicht gedacht hätte, dass es gelingt, dieses Gesetz durchzusetzen, und dass endlich ein Teil der Verantwortung für eine sichere Gasversorgung dort definiert wird, wo sie hingehört, wo Geld mit dem Handel verdient wird und wo auch Profite gemacht werden, nämlich bei den Gasversorgern. Schließlich sind es auch die Gasversorger – das ist in den letzten Jahren ein bisschen untergegangen –, die die Verträge mit den Lieferanten abschließen. Das macht ja nicht der Bund, jedenfalls macht es nicht das BMK, und wenn doch, dann im Auftrag, um die strategische Reserve zu befüllen.
Es ist seitens der Regierung, vor allem seitens des BMK, wirklich viel unternommen worden, um die Gasversorgung vor dem Hintergrund der völkerrechtswidrigen Aggression Putins gegen die Ukraine zu sichern. Das ist ein furchtbarer Krieg mit gigantischen Zerstörungen, der jetzt schon über zwei Jahre dauert. (Bundesrat Leinfellner: Nur, weil ihr ihn finanziert!) – Ich komme eh noch auf Sie zurück. Es gibt Auslöschungen ganzer Städte, Zehntausende Tote, unfassbareres Leid, Millionen Menschen haben ihr Zuhause verloren, und der Despot im Kreml finanziert seinen Krieg maßgeblich mit dem Export von Gas und Öl, von Blutgas und Blutöl.
Betreffend gesetzte Maßnahmen erinnere ich nur an die strategische Gasreserve in den Speichern. Die Kollegin hat es erwähnt, ich habe auch noch einmal nachgeschaut: Es sind über 82 Prozent – im Juni wohlgemerkt und nicht im Oktober. Wir haben die Use-it-or-lose-it-Regelung eingeführt. Sie wissen, man kann nicht einfach Speicherkapazität buchen, wie es die russische Gasgesellschaft gemacht hat. Dann verliert man die, dann ist sie weg. Das darf nicht leer bleiben.
Es gibt auch ein Gasdiversifizierungsgesetz, und wir haben eine Reihe von Fördermaßnahmen auf den Weg gebracht, um aus Gas auszusteigen. Das zeigt auch Wirkung, der Gasverbrauch ist nämlich deutlich gesunken. Wir hatten von 2018 bis 2022 im Schnitt 91 Terawattstunden, und jetzt sind wir bei 75 Terawattstunden, das ist ein Minus von 17 Prozent.
Noch immer – das ist ja klar, und das bestreitet wirklich niemand, wir ganz bestimmt nicht – ist aber die Abhängigkeit von Russland viel zu groß. Da herauszukommen ist eine gemeinsame Aufgabe – ich möchte das betonen – aller Gebietskörperschaften, auch der Wirtschaft, der Industrie, aber auch von uns Bürger:innen, indem wir die Heizungen umstellen, aber eben auch der Gasversorger. Diese werden nun verpflichtet, einen konkreten Maßnahmenplan vorzulegen, was sie denn zu tun gedenken, wenn der größte Einzellieferant ausfällt. Das ist derzeit oftmals Russland. Dieser Plan ist der Regulierungsbehörde vorzulegen, die sich das dann anschaut.
Das ist eine, denke ich, völlig normale Vorgangsweise. Da geht es ja um so viel. Also selbstverständlich muss das Hand und Fuß haben, es geht um die Versorgungssicherheit.
Nicht nur das: Die Gasversorger müssen darlegen, wie sie ganz generell forcieren werden, aus der Abhängigkeit von Gasimporten aus Russland zu gelangen. Also das ist eine Supersache, gegen die man, meinen wir jedenfalls, im Interesse der über eine Million Haushalte und der Wirtschaft vernünftigerweise, sofern man Hausverstand hat – um dieses Wort auch einmal zu verwenden –, nicht sein kann.
Man kann nicht permanent – und da schaue ich jetzt nach rechts außen – Abfederungsmaßnahmen fordern und dann ebenso permanent dagegen sein, wenn wirksame Maßnahmen gesetzt werden. Das geht halt nicht zusammen, außer man ist ein Freund Putins und nimmt halt gern Unterstützungsleistungen von derartigen Despoten entgegen und außer man will keine Versorgungssicherheit. Dann sagen Sie das auch einmal deutlich genug: Ja, wir wollen keine Versorgungssicherheit! (Beifall bei den Grünen.)
Erzählen Sie auch keine falschen Geschichten, was den WAG-Loop betrifft! Da ist aber schon gar nichts verzögert worden. Ich habe mir die Mühe gemacht, mit Gas Connect Austria, die das plant und auch umsetzt, ein Gespräch zu führen, und die versichern, es ist keine Woche, kein Tag verloren worden. Die Planungen gehen planmäßig voran. Wie Sie wissen, gibt es seitens der Bundesregierung eine finanzielle Garantie. Dieser WAG-Loop wird gebaut und dient vor allem dazu, gesetzt den Fall, dass die russischen Lieferungen ausbleiben, auch unsere östlichen Nachbarn zu versorgen.
Spannend finde ich ja, dass Herr Bernard das irgendwie bedauert, weil es ja gerade Sie sind, die weiterhin Gas aus Russland beziehen wollen. Also haben Sie Angst, dass es doch nicht kommen könnte? Das finde ich sehr erstaunlich. Sie sollten sich irgendwann auf eine Position festlegen.
Richtig ist es natürlich auch, die strategische Gasreserve zu verlängern, in diesem Fall bis 2027. Nach unseren Zielsetzungen sollte bis dahin ohnehin ein kompletter Ausstieg aus russischem Gas vollzogen sein. Die Konzepte hierfür – ich betone das ein weiteres Mal – liegen vor, sogar sehr detailliert und von Fachorganisationen. Die muss man nur nachlesen.
Ich möchte eines noch einmal sagen: Auch wenn die Preise im Moment sehr niedrig sind – das sind sie; an der Börse ist der Gaspreis bei unter dreieinhalb Cent –, möge sich bitte niemand etwas vormachen und sich verleiten lassen. Die Gasversorgung ist weiterhin nicht sicher.
Also ist Vorsorge eine Pflicht und der Ausstieg aus Gas ein Gebot, wofür wir, wie erwähnt, wahrlich exzellente Förderungen bereitgestellt haben, eine Reihe von gesetzlichen Rahmenbedingungen, nie dagewesene Budgetmittel, um allen den Umstieg auf Erneuerbare möglich zu machen. – Danke. (Beifall bei den Grünen sowie der Bundesrätin Eder-Gitschthaler.)
17.50
Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Vielen Dank, Herr Bundesrat.
Zu einer Stellungnahme zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesministerin Leonore Gewessler. Ich erteile ihr das Wort.