13.08
Bundesrat Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross (Grüne, Vorarlberg): Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Frau Minister! Erneuerbares-Gas-Gesetz, das klingt vielleicht ein bisschen technisch, ist – oder man muss ja eigentlich sagen: wäre –ein wirklich zentraler Baustein für den Ausstieg aus der Abhängigkeit von russischem Gas, deren Folgen wir nun wirklich leidlich erlebt haben.
Es wäre ein zentraler Baustein für die Versorgungssicherheit und die Preisstabilität. Es wäre ein zentraler Baustein für Planungssicherheit für alle Beteiligten und natürlich ein zentraler Baustein für Klimaschutz, und es verfolgt einen neuen, spannenden Ansatz. Es soll nämlich nicht so sein wie im Ökostrombereich, wo jede erzeugte Kilowattstunde über ein Fördersystem gefördert wird, sondern es soll eine Verpflichtung für die Gaswirtschaft geben, für die Gashändler, die verpflichtet werden, wenn das Gesetz dann kommt, in steigendem Ausmaß Biogas zu beziehen.
Was heißt das? – Diese müssten sich dann darum kümmern, dass sie dieses auch bekommen. Sie werden also zu Produzenten gehen, Produzenten suchen und in aller Regel mit diesen Bezugsverträge abschließen. Das ist dann vor allem eine Chance für die Landwirtschaft – eine große Chance! – und für die lebensmittelverarbeitenden Betriebe. Die Verpflichtung der Gashändler führt dazu, dass die Endkunden nicht direkt mit Beträgen belastet werden, etwa mit einem Grüngasförderbeitrag.
Sehr viel Arbeit wurde investiert: allgemein in die Entstehung, aber vor allem auch in die Abschätzung der möglichen Aufbringung in Österreich. Das ist ja wichtig, und auch das liegt diesem Gesetz zugrunde, da es Aufbringungsziele formuliert. Mehrere Studien wurden dazu angefertigt. Gemeinsam mit den Ländern hat es auch im Rahmen der Wärmestrategie einen Grüngasbericht gegeben. Die Diskussionen mit den Stakeholdern kann man, glaube ich, gar nicht mehr zählen.
Konsens ist, dass es ein beschränktes, aber sehr relevantes Potenzial gibt. Das sind etwa 20 Terawattstunden, das scheint bis 2040 realistisch zu sein. Das ist schon beachtlich, wenn man bedenkt, dass der Gasverbrauch letztes Jahr in Österreich 75 Terawattstunden betrug. Er ist übrigens – man kann es nicht oft genug sagen – massiv gesunken. Vorher waren es 90, 95 Terawattstunden, jetzt sind es dank der vielen Maßnahmen, die gesetzt wurden, 75 Terawattstunden. Natürlich steht aber immer noch eine viel zu starke russische Abhängigkeit dahinter. Deswegen ist es auch wichtig – das so als Nebenbemerkung –, diese Lieferverträge der OMV jetzt endlich genauer anzuschauen und unabhängig, von völlig unumstrittenen Expertinnen und Experten, prüfen zu lassen und letztlich festzustellen, wie man da aussteigen kann und was wir daraus lernen können.
Wichtig ist das Erneuerbares-Gas-Gesetz vor allem auch wirtschaftspolitisch. Es gibt Betriebe, die hinsichtlich ihrer Prozesse auf Methan angewiesen sind, und gerade für diese Betriebe ist es wirklich essenziell, dass sie sich darauf verlassen können, dass dieses eben aus erneuerbaren Quellen zur Verfügung steht – wenn nicht, haben sie natürlich ein veritables Problem bei der Dekarbonisierung und auch mit steigenden Preisen.
Biogas ist, zumindest jetzt noch, teurer als Gas aus Russland, das stimmt, aber es ist regional verfügbar, es stärkt die regionale Wertschöpfung, gerade auch im ländlichen Raum, es ist in einen Stoffkreislauf eingebunden, da entstehen keine Abfälle, die entsorgt werden müssen – ganz im Gegenteil, übrig bleibt wertvoller Dünger.
Noch etwas zu den Kosten, zur Kostenumlegung – weil das auch immer sehr stark debattiert wurde, möchte ich schon zwei Bemerkungen dazu machen; und das hat jetzt auch noch die Zustimmung seitens der SPÖ verhindert –: Das Teuerste ist schon, das nicht zu tun. (Ruf bei der SPÖ: Na, um das geht’s nicht!) Das Teuerste ist, in der Abhängigkeit von fossilem Gas zu bleiben, vor allem auch mit einem Blick in die Zukunft. Fossiles Gas wird teurer werden, mit Sicherheit. Fossiles Gas wird wahrscheinlich bei der nächsten Gaspreiskrise enormen Preisschwankungen unterliegen, und die nächste Krise wird kommen, davon kann man einmal ausgehen. Die CO2-Maßnahmen auf europäischer Ebene werden greifen und werden andere Energieträger, biogene, erneuerbare Energieträger konkurrenzfähiger machen.
Ich habe einmal ausgerechnet, worüber wir da reden: 2025 zum Beispiel soll bereits 1 Prozent aufgebracht werden. Das macht umgelegt auf die verkaufte Kilowattstunde – von 70 Terawattstunden ausgehend, also noch einmal reduziert –, auf den Energiepreis 0,06 Cent aus. Das ist also einfach vernachlässigbar, und die kleinste Preisänderung am Markt ist ein Vielfaches davon. Insofern ist es sehr schade, dass das jetzt nicht funktioniert hat.
Noch dazu gibt es, um die Kosten beim Hochlaufen zu reduzieren, eine Reihe von Förderungen. Diese Rechnung ist also sowieso nur eine theoretische, die die Förderungen gar nicht miteinbezieht, denn in Wirklichkeit sind die Kosten noch geringer. Es gibt Förderungen für Investitionen, für den Neubau von Biogasanlagen, es gibt Förderungen für die Umrüstung von Biogasanlagen, es gibt Verpflichtungen für die Gasnetzbetreiber, Leitungen auf ihre Kosten zu legen, und so weiter. Man tut da also schon sehr, sehr viel, um auch beim Hochlaufen eine allfällige Kostenbelastung im untersten Bereich zu halten – wenn es sie überhaupt gibt.
Das Erneuerbares-Gas-Gesetz ist aber noch mehr: Es ist Teil eines Strukturwandels. Ich denke, das wurde auch noch ein bisschen zu wenig gesehen. Das Gasnetz wird sich in den nächsten Jahren massiv verändern. Verstärkt muss darauf geschaut werden, dass wir erneuerbares Methan dorthin leiten, wo es unabdingbar ist. Das heißt, sukzessive wird es bei der Raumwärme zu einem Ausstieg aus Gas kommen. Das bestreiten inzwischen nicht einmal mehr die Gasversorger, und das ist eine gute Nachricht für die Konsument:innen, denn es bedeutet Versorgungssicherheit und Unabhängigkeit von unsicheren Blutgasimporten aus Russland und es schützt vor mit Sicherheit kommenden Preisanstiegen bei fossilem Gas.
Ich habe es erwähnt: Das EGG hat schon eine lange Entstehungsgeschichte, und leider ist sie noch nicht zu Ende. Ich hoffe sehr, dass es im Herbst noch gelingen wird, dieses wichtige Gesetz über die Bühne zu bringen, denn es ist schlichtweg unverzichtbar. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesrät:innen der ÖVP.)
13.15
Präsident Mag. Franz Ebner: Vielen Dank, Herr Bundesrat.
Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Viktoria Hutter. Ich erteile ihr das Wort. – Bitte.