16.38

Bundesrat Mag. Bernhard Ruf (ÖVP, Oberösterreich): Geschätzter Herr Minis­ter! Werte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herzlich willkommen im nächsten Akt der Dramapartei, der fatalistischen Partei Öster­reichs (Ruf bei der FPÖ: Nein!), die vorgibt, die Partei der Patrioten zu sein, die aber permanent die Resilienz und vor allem die Leistungsträger:innen unserer Gesellschaft schlechtredet und unsere Heimat anpatzt. (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie der Bundesrätin Sumah-Vospernik. – Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Unser Schulsystem - - (Rufe bei der FPÖ: Herr Oberlehrer! Oberlehrer) – Ja, ich war einmal Lehrer, sagt Herr Professor zu mir. (Allgemeine Heiterkeit. – Beifall bei der ÖVP sowie der Bundesrätin Sumah-Vospernik. – Bundesrat Steiner: Das ist die ÖVP! Genau so seid ihr! Genau so! – Zwischenruf des Bundesrates Span­ring. – Bundesrat Steiner: Ein Spiegelbild der ÖVP steht da! – Ruf bei der FPÖ: Ja­wohl, wunderbar!)

Herr Kollege Steiner! (Bundesrat Steiner: Ja?) Das sagt einer zu mir, der heute hier die Frau Ministerin in Sachen Präpotenz belehrt hat (Bundesrat Steiner: Ja!), wobei ich mir gedacht habe: Der weiß, wovon er redet (Bundesrätin Doppler: Genau!), bei all dem, was da an den Tag gelegt wird. (Bundesrat Steiner: Was denn? Was, was?)

Unser Schulsystem ist eines der besten Europas (Zwischenruf des Bundesrates Steiner), und unsere Lehrerinnen und Lehrer – und ich rede aus über zehn­jähriger intensiver Unterrichtserfahrung – leisten täglich Übermenschliches (Rufe bei der FPÖ: Ja, müssen sie ja!) und verdienen unseren vollen Respekt, unseren Dank und unsere Anerkennung. (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie der Bundesrätin Sumah-Vospernik.)

Ihr habt ja in eurer Dringlichen Anfrage des Öfteren das Buch „Macht­kampf im Ministerium“ von Susanne Wiesinger und Jan Thies zitiert. Das Vor­wort hat dazu der Philosoph Konrad Paul Liessmann geschrieben, und ich darf jetzt zitieren:

„Was der Bildungsbereich dringend benötigt, sind Sachkenntnis und Nüchtern­heit. Überzogene Utopien, Hoffnungen und Erwartungen an das Bildungs­system helfen ebenso wenig wie apokalyptische und kulturpessimis­tische Ängste. In vielen Bereichen arbeiten Österreichs Schulen und engagierte Lehrpersonen ausgezeichnet, in anderen Bereichen gibt es einen Problem­druck, der seine Ursachen in gesellschaftlichen Entwicklungen hat und nicht dem Versagen von Bildungseinrichtungen zugerechnet werden kann. Schulen, das wissen wir, sind genötigt, in einer modernen Gesellschaft viele soziale, integrative, therapeutische und pädagogische Aufgaben zu übernehmen, die über die Vermittlung von Wissen und Fertigkeiten weit hinausgehen.“ – Zitatende.

Wenn Sie, liebe Fail-Partei Österreichs, hier gemäß Herrn Liessmann „apokalyp­tische und“ vor allem „kulturpessimistische Ängste“ schüren, ist das völlig kontraproduktiv, ja, destruktiv. (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie bei Bundesrät:in­nen der SPÖ.) Nur so nebenbei: Ihre Anfrage enthält übrigens einige Recht­schreib-, Grammatik- und Formulierungsfehler. (Heiterkeit und Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen. – Bundesrat Spanring: Die haben wir extra geschrieben, dass du eine Aufgabe hast! – Bundesrat Schennach: Weil sie abgeschrieben wurde!)

Ich war in den letzten Wochen bei vielen Schulveranstaltungen, bei Maturabäl­len, bei Zertifikatsverleihungen und bei der Abschlussfeier unserer Mittel­schule. Ich muss euch sagen, alle diese Begegnungen mit Schülern, mit Lehrern, mit Eltern haben mich sehr (Bundesrat Spanring: Dann gehst einmal nach Wien, nicht Bad Hall! Schau einmal nach Wien, mein Freund!)  ich komme noch dazu! – hoffnungsvoll, positiv und zuversichtlich gestimmt. Besonders zuversichtlich hat mich beim Maturaball die Begegnung mit einer Familie aus dem Irak gemacht, die im Jahr 2015 in Österreich gelandet ist und die privat in unserem Haus Unterschlupf fand. Die Tochter, die erst acht Jahre in Österreich ist, hat die Matura erfolgreich absolviert und möchte jetzt Medizin studieren. Neben der Schule arbeitete sie am Wochenende bei uns im Eurospar-Markt an der Frischwarentheke. (Bundesrat Spanring: Ja, das gibt es alles! Herzlich willkommen! – Bundesrat Steiner: Ja, super, das passt einmal!) Ihre Eltern sind beide im größten Industriebetrieb unserer Stadt tätig. Kinder lernen schnell, und Zweisprachigkeit ist ein hohes Gut. (Bundesrat Spanring: Das trifft jetzt auf alle zu?) Dass die Partei, deren Jugendpar­tei die österreichische Nationalmannschaft ob ihrer Buntheit kritisiert, das nicht so sieht, ist klar, aber sehr bedauerlich. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen sowie der Bundesrätin Sumah-Vospernik.)

Besonders positiv hat mich die Abschlussfeier der vierten Klassen unserer Mit­telschule beeindruckt, weil dort die Schüler:innen gemeinsam verschie­dene Tänze aus der jeweiligen Heimat der Kinder zur Aufführung brachten. (Bundesrat Spanring – erheitert –: War das der Pudertanz?) Ein Musik­kollege hat aus jungen Pubertierenden, die meist Migrationshintergrund haben, einen Chor zusammengestellt, der „You’ve Got a Friend in Me“ gesun­gen hat. Darunter war auch der Sohn eines Schneidermeisters aus Syrien, der unsere Stadt mit seinem Handwerk massiv bereichert und noch lebens­werter macht.

Ja, wir haben Zuzug. Wir brauchen aber auch Zuzug, weil wir ein sehr satter Kon­tinent sind, der sich nicht gerade durch eine gesellschaftlich weit verbrei­tete Kinderfreundlichkeit hervortut, die in anderen Kulturen viel ausgeprägter vorhanden ist.

In unseren Volksschulen werden viele Deutschförderklassen angeboten. Diese tragen erfolgreich zur sprachlichen Integration der Kinder mit Migrations­hintergrund bei. Dadurch lernen eben die Kinder sehr schnell und un­kompliziert die Sprache ihrer zweiten Heimat. Falls es Sie interessiert: Aus meiner Erfahrung als Deutschlehrer weiß ich, dass auch für viele, die einen der vielen wunderbaren österreichischen Dialekte sprechen, Deutsch anfangs eine zweite, relativ unbekannte Sprache ist. (Heiterkeit bei Bundesrät:in­nen der ÖVP.)

Natürlich gilt auch da: Wien ist anders. Natürlich hat die Bundeshauptstadt durch ihre nicht akkordierten höheren Förderungen für Asylwerber:innen eine gewisse Anziehung entwickelt. (Widerspruch bei der SPÖ. – Bun­desrätin Schumann: Kennen wir uns aus in Wien?) Diese wird darüber hinaus dadurch verstärkt, dass die Millionenstadt Wien für viele Geflüchtete das mit Blick auf deren Heimat gewohntere Umfeld ist. Da muss man dann auch lokale Maßnahmen setzen. Ich bin mir sicher, dass in Wien genauso hart an den Herausforderungen im Bildungsbereich gearbeitet wird wie in Bad Hall, wo wir gerade noch zwei Volksschulklassen, zwei Hortgruppen und eine Kindergartengruppe unterzubringen versuchen.

Aber noch einmal: Unsere Schulen sind ein vielfältiger, bunter Kosmos, der un­sere Kinder und damit unsere Zukunft bestmöglich auf das Leben vorbe­reitet. Diese gesellschaftlich so wichtigen Bildungsstätten durch polarisierende, parteipolitisch motivierte und undifferenzierte Anfragen wie die Ihre zu untergraben und zu diskreditieren, das erweist unseren Schulen einen Bärendienst und hat noch dazu den Effekt, die Motivation der Menschen zu untergraben, den so wichtigen Lehrerberuf zu ergreifen. Dabei brau­chen wir hier die besten Leute, denn die Schulen sind Abbild unserer Gesell­schaft; und es werden in den Klassen wie in unserem Zusammenleben diejenigen mehr, die verhaltenskreativ sind – was sich ja auch hier im Bundesrat mani­festiert, denn der Einheitsbrei der Szenen, die Sie hier liefern, ist mehr als schräg. (Heiterkeit bei Bundesrät:innen der ÖVP. – Bundesrat Spanring: Habts nur so gelacht oder habt ihr es verstanden auch? – Bundesrat Steiner: Ich glaube, der Bau­ernbund hat es nicht verstanden!)

Abschließend will ich Ihnen einen kleinen Spruch von mir in Ihr Stamm­buch schreiben, liebe FPÖ, so von Schulfreund zu Schulfreund (Bundesrat Span­ring: Ohne Rechtschreibfehler!): Es gibt in unserem Land unzählige Men­schen, darunter viele Lehrer, die haben das Herz am rechten Fleck (Bundesrat Spanring: Gott sei Dank!), und es gibt Menschen, die haben das Herz im rechten Eck, und damit ist leider auch die Menschlichkeit im Eck – schade. (An­haltender Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei der FPÖ.)

16.46

Vizepräsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Als Nächste zu Wort gemel­det ist Frau Bundesrätin Doris Hahn. – Bitte, Frau Bundesrätin, ich erteile Ihnen das Wort.