21.24

Bundesrat Mag. Sascha Obrecht (SPÖ, Wien): Frau Präsidentin! Werter Herr Finanzminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Geschwindigkeit der Reden, zumindest der letzten, hat deutlich zugenommen. Es könnte fast sein, dass nebenher ein anderes Programm läuft. (Bundesrat Schreuder: Überhaupt nicht! Gar nicht! – Heiterkeit des Redners so­wie bei Bundesrät:innen von ÖVP, SPÖ und Grünen.)

Ich werde versuchen, den Trend nicht abreißen zu lassen, ich muss aber ein paar Dinge zu diesem Gesetz sagen: Ich war als kleiner Bub immer sehr fasziniert von einer bestimmten Sendung im ORF, sie hat „Money Maker“ geheißen – ich weiß nicht, ob Sie sie kennen. Die Leute sind in eine Glaskabine hineingegan­gen, Geld wurde in der Luft herumgewedelt, die Leute haben es an sich genommen, sie wurden praktisch damit überschüttet.

Das Problem ist, diese Faszination, die man mit „Money Maker“ hatte, scheint auch die Bundesregierung ergriffen zu haben. Sie hat ein Vehikel erfun­den, nämlich die Covid-19-Finanzierungsagentur, mit dem sie Leute – im über­wiegenden Fall ÖVP-Spender (Ruf bei der FPÖ: Zufall, Zufall!) – mit Geld überschüttet hat (Bundesrat Himmer: Was ist das für ein Blödsinn?): René Benko – Geldkübel drüber, Pierer von KTM – Geldkübel drüber.

Nicht nur das: Es waren ja nicht nur Personen, es waren ja auch Konzer­ne, die das getroffen hat. Es waren richtig große Konzerne wie zum Beispiel Starbucks, die viele, viele Steuern natürlich nicht in Österreich zahlen. Dann hat man Konstrukte gefördert, dank derer einzelne Filialen Geld abgeholt haben, Mediamarkt zum Beispiel hat das getan.

All diese Unternehmen haben extrem viel Geld bekommen, insgesamt 20 Mil­liarden Euro, und das Ganze ging vorbei an der parlamentarischen Kontrolle. Wir wollten immer wissen: Wer hat dieses Geld bekommen? Wir haben es nicht erfahren. Warum? – Weil die Covid-19-Finanzierungs­agentur am Parlament vorbei agiert hat. Wäre das das Finanzministerium ge­wesen, hätten wir es erfragen können, der Finanzminister hätte uns diese Auskunft geben müssen. Er wollte das natürlich nicht, die Regierung hat ganz bewusst einen anderen Weg genommen.

Sie hat eine Agentur gegründet, und dort wurden ehemalige Kabinetts­mitarbeiter von ÖVP-Ministerien reingesetzt. Die haben ein viel zu hohes Honorar bekommen – das beurteile nicht nur ich so, auch der Rech­nungshof hat gesagt, dass das Honorar viel zu hoch war. Es war viel zu hoch, es war völlig unangemessen. Der Verfassungsgerichtshof hat gesagt, er ver­steht gar nicht, warum das überhaupt gemacht wurde.

Die Covid-19-Finanzierungsagentur hatte im Grunde überhaupt keine Daseins­berechtigung und keine Kompetenzen. Warum? – Weil all die Informatio­nen, die es gebraucht hat, ohnehin im Finanzministerium liegen. Die Finanzbe­amten konnten das überprüfen und haben es schlussendlich in vielen Fäl­len auch getan. Warum haben Sie das also wirklich gemacht? Warum haben wir in einer Krisensituation mehrere Millionen an Beratungsgeldern für die Etablierung der Covid-19-Finanzierungsagentur aufgewendet? Warum haben wir das gemacht? Warum haben wir nicht auf das Finanzministerium zurückgegriffen?

Es gibt keinen ersichtlichen Grund dafür, und deswegen haben wir von Tag eins an kritisiert, dass das gemacht wurde. Wir haben Ihnen vorgehalten, dass es ein Problem ist, wenn man so etwas so intransparent macht, dass es ein Pro­blem ist, wenn man wie bei „Money Maker“ so viel Geld über diese Leute drüberschüttet.

Jetzt kommen wir zum letzten Akt – oder zum vielleicht letzten Akt, wir wissen ja nicht, was noch kommt –, jetzt soll das Ganze abgewickelt werden, jetzt kommt der Vorhang drüber, damit wir nicht mehr herausfinden können, was konkret passiert ist. Das ist eine Sache, bei der wir nicht mitgehen.

Der Punkt ist – wenn man sich das überlegt –: Was haben wir mit diesen 20 Mil­liarden Euro gemacht? – Wir haben einen Teil der Zukunft der nächsten Generationen zerstört. Wir haben Geld der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler genommen, das wir dringend für Infrastrukturmaßnahmen brauchen – über die wir heute debattiert haben –, fürs Bildungssystem, fürs Gesundheits­system, fürs Sozialsystem, und es irgendwelchen Konzernen in den Rachen gesteckt. Die waren schon davor dick und fett wie Michelin-Männchen, wir haben trotzdem nachgeschossen. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir haben noch einmal nachgeschossen, haben noch einmal den Geld­kübel drübergekippt, und dieses Geld fehlt uns jetzt. Wir haben einen Finanz­minister, der die Maastrichtkriterien verfehlen wird. Wenn wir das ma­chen würden, würde es heißen: Die SPÖ kann nicht haushalten! (Bundesrat Himmer: In Wien zum Beispiel! In Wien haben wir jedes Jahr ein Plus! Jedes Jahr ein Riesenplus!)

Wir haben hier einen Finanzminister sitzen, der als Schuldenminister in die Geschichte eingehen wird. 3,1 Prozent Staatsschulden – das sagt das Wifo, nicht wir. 3,1 Prozent des BIP – Sie werden die Maastrichtgrenze verfehlen, und das wird bedeuten, dass wir auf mehreren Ebenen Probleme bekommen werden. Wenn wir als Republik Österreich am Finanzmarkt Geld bekommen wollen, werden wir Probleme bekommen. Wir werden ein schlechteres Rating haben. Wir werden einen Kassensturz machen müssen. (Bundesrat Himmer: Wien wird immer Geld bekommen!)

Ich habe es beim letzten Mal gesagt und ich sage es jetzt wieder: Sagen Sie vor der Wahl, woher Sie das Geld für die Zukunft holen wollen! Wenn Sie keine neuen Steuern einführen wollen, wenn Sie nicht über Erbschafts­steuern reden wollen, wenn Sie nicht über Millionärssteuern reden wollen: Sagen Sie den Leuten, wo Sie kürzen wollen! Das ist nämlich das, was uns bevorsteht. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Himmer: Sag das den Genossen in Wien auch! Die Genossen in Wien wollen das auch wissen!)

Diese 20 Milliarden Euro, die da klammheimlich in die Cofag gegangen sind – geflossen sind 15,3 Milliarden Euro nach dem letzten Bericht des Finanz­ministeriums; es werden schon noch mehr werden –, sind dort verpufft, und zwar vorbei an der parlamentarischen Kontrolle.

Sie als Regierungsparteien können sich hundertmal an die Brust heften, dass Sie in dieser Krisensituation schnell haben handeln müssen: Warum aber nicht über unsere staatlichen Strukturen? Warum über ein solch zwielichtiges Konstrukt?

Wir werden uns die Finger sicher nicht schmutzig machen, wir werden Ihnen sicher nicht die Zustimmung dafür erteilen, dass Sie das, was Sie da ge­macht haben, auch noch vertuschen. (Beifall bei SPÖ und FPÖ.)

21.29

Vizepräsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Christoph Stillebacher. – Bitte, ich erteile es Ihnen.