9.35

Bundesrätin Johanna Miesenberger (ÖVP, Oberösterreich): Geschätzter Herr Präsident, ich darf dir zur Übernahme der Vorsitzführung recht herzlich gratulieren und wünsche dir eine gute Hand für das kommende Halbjahr. (Beifall bei der ÖVP, bei Bundesrät:innen der Grünen sowie der Bundesrätin Sumah-Vospernik.)

Geschätzter Herr Landeshauptmann! Liebe Kolleginnen und Kollegen hier im Bundesrat! Liebe Zuseherinnen und Zuhörer, besonders aus Oberösterreich! „Locus iste“ – dieser Ort – sind die Anfangsworte der lateinischen Motette für einen vierstimmigen gemischten Chor, die von Anton Bruckner 1869 eigens für die Einweihung der Votivkapelle des neuen Doms komponiert wurde und die heuer von 53 Chören aus aller Welt, in einer Videoaufnahme vereint, beim Neujahrskonzert im Brucknerhaus als Start ins Bruckner-Jubiläumsjahr präsen­tiert wurde.

„Locus iste“ zählt sozusagen zu den Welthits von Anton Bruckner. Heuer, 2024, jährt sich zum 200. Mal der Geburtstag von Anton Bruckner. Das ist Anlass genug zum Feiern und natürlich auch Anlass genug, um mit dem Bruckner-Jahr 2024 die erste Kulturexpo Oberösterreich zu initiieren.

Bruckners Musik kennt keine Grenzen und klingt weit über die Grenzen Ober­österreichs hinaus in die ganze Welt und verbindet die Menschen über eine einzigartige Sprache, nämlich die Musik. Verbundenheit mit der Heimat und gleichzeitig weltoffen zu sein und zu wirken, wie Anton Bruckner, ist kein Widerspruch in sich, sondern Voraussetzung für Erfolg und Tatkraft.

Unser Bundesland ist aber nicht nur für unsere Kultur, für unsere wunderbare Musik weit über die Grenzen hinaus bekannt und erfolgreich. Unsere oberösterreichische Industrie, die Handwerksbetriebe sind regional, aber auch international tätig und erfolgreich. Mit unseren Seen und der wunderschönen Berglandschaft sind wir als Erholungs- und Urlaubsziel von unseren eigenen Landsleuten, aber auch von vielen Gästen aus vielen Ländern gerne gebucht, weil wir in Oberösterreich eine Kulturlandschaft haben, die, natürlich von Mutter Natur geschaffen, von den Menschen aber gepflegt und von den Bäuerinnen und Bauern über Generationen hinweg bewirtschaftet wird. Darauf sind wir zu Recht stolz.

Dass das aber so ist und auch so bleibt, ist nicht selbstverständlich. Dazu braucht es nämlich eine stabile politische Kraft im Land, die dafür die bestmöglichen Rahmenbedingungen schafft und auf die sich die Menschen auch verlassen können. Gerade in einem Halbjahr, das von einer richtungsentscheidenden Wahl geprägt ist, könnte das Motto der oberösterreichischen Vorsitzführung nicht besser passen – ich denke, dass es sogar sehr gut gewählt ist –: „Verlässlich fürs Land. Nah bei den Menschen“.

Sicherlich ist das Wechselspiel zwischen Bund und Ländern, das System des Föderalismus, für beide Seiten sehr fordernd. Es ermöglicht uns aber, dass Themen möglichst vor Ort mit Menschenverstand gemeinsam geregelt und die Herausforderungen und Probleme nahe bei den Bürgerinnen und Bürgern gelöst werden können. Ich bin der Meinung, dass eine starke Republik auch starke Bundesländer braucht, die mit stabilen Rahmenbedingungen gemeinsam an einer Weiterentwicklung und an der Lösung wichtiger Zukunftsfragen arbeiten können. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesrät:innen der Grünen.)

Dieses Halbjahr ist eine Chance für uns, Themen, die uns in Oberösterreich beschäftigen, Themen, die wir vorantreiben wollen, Themen, mit denen wir etwas bewegen wollen, hier in die Bundesebene hereinzutragen.

Gemeinsam die Herausforderungen anzunehmen und an Lösungen zu arbeiten hat uns in Oberösterreich als Bundesland besonders stark gemacht. Wir machen Politik – das hat die Vergangenheit schon gezeigt – mit Anstand, Verantwortung und in Zusammenarbeit. Ich denke, die Menschen müssen Vertrauen haben können, dass wir als Verantwortungsträger die Probleme erkennen, nach Lösun­gen suchen und auch vorausschauend handeln. Wir in Oberösterreich haben bewiesen, dass wir mit unserem Landeshauptmann Mag. Thomas Stelzer die Sachpolitik in den Vordergrund stellen – stellen wollen, aber auch stellen können – und für die Menschen in unserem Land arbeiten; denn dafür sind wir auch gewählt und das ist unser klarer Auftrag. (Beifall bei der ÖVP.)

Daher hat unser Bundesland bereits im Jahr 2020 für die nächsten Jahre einen Oberösterreichplan entwickelt. Das ist ein breites Bündel an Maßnahmen, mit denen in allen Regionen und in allen Bereichen in die Zukunft investiert wird. Dabei wird sehr bewusst ein besonderer Schwerpunkt auf die Themen Arbeit und Standort gelegt. Wir haben schon gehört: Betreffend die Wirtschafts­entwicklung, die in den nächsten Monaten, vielleicht sogar Jahren, sehr fordernd sein wird, ist es notwendig, ein solides Umfeld für unsere Unternehmen in Oberösterreich zu bewahren und besonders auch die Arbeitsplätze in den Regionen abzusichern.

Die Arbeit zu den Menschen bringen – und nicht umgekehrt –, das ist unser Motto. Das Ziel ist eine nachhaltige Wirtschaftsentwicklung, die nicht alleine von Wachstumszahlen geprägt ist, sondern die auch die Regionen belebt und dabei diese und die Menschen, die dort wohnen, vor Ort stärkt. Zudem sollen Zukunfts­bereiche wie Forschung, Infrastruktur und Klimaschutz weiter forciert und in diese investiert werden.

Ich denke, eine Chance im Zusammenhang mit der aktuellen Klima- und Nach­haltigkeitsdebatte liegt in der aktiven Landwirtschaft. Die Landwirtschaft in Oberösterreich steht für Vielfalt und Qualität in der Produktion. Unsere bäuer­lichen Familienbetriebe wirtschaften in und mit den Kreisläufen der Natur und des Lebens und sind somit von Natur aus nachhaltig. Gerade beim Thema Klimaschutz – so sehe ich das – ist die Landwirtschaft nicht das Problem selbst, sondern ein großer Teil der Lösung.

Durch die landwirtschaftlich genutzten Flächen – unsere Äcker, unsere Wiesen, unsere Wälder –, die wir aktiv bewirtschaften, wird dreimal mehr CO2 gebunden, als entsteht. Biodiversität entsteht durch die Vielfalt der aktiven Bewirtschaf­tung und nicht durch überzogene Außernutzungstellungs- und Renaturierungs­programme. (Beifall bei der ÖVP.)

Gerade durch ihre verantwortungsvolle Arbeit sichern unsere bäuerlichen Familienbetriebe, unsere Bäuerinnen und Bauern, die Versorgung mit Lebens­mitteln – das haben wir auch in Krisenzeiten gesehen –, die wir täglich auf unserem Tisch haben. Daher, so denke ich, verdienen unsere Bäuerinnen und Bauern nicht den niedrigsten Preis für ihre Produkte und ihre Leistungen, sondern ein faires Einkommen und ehrliche Wertschätzung für ihre Arbeit. (Beifall bei der ÖVP.) Preisdumping, Aktionismus und vor allem bürokratische Hürden kommen uns und vor allem die Umwelt mittelfristig sehr teuer zu stehen.

Nicht nur trägt die Landwirtschaft im Bereich Klima- und Umweltschutz Verant­wortung, die Nutzung von nachhaltigen und erneuerbaren Energiequellen sind auch Teil der Lösung. Da ist Oberösterreich, wie Österreich generell, sehr reich an Ressourcen. Wir sind auch international führend betreffend Energieeffizienz und Nutzung erneuerbarer Energien wie zum Beispiel Biomasse, Sonnenkraft und Wasserkraft. Dazu haben in den letzten Jahren verschiedenste Maßnahmen des Bundes und auch des Landes Oberösterreich beigetragen. Ökonomie und Ökologie sind in sich kein Widerspruch, sondern müssen Hand in Hand gehen. Transformation kann nur nachhaltig und mit Hausverstand angegangen werden.

Eine wesentliche Rolle spielen dabei auch die Veränderung der Mobilität und der Ausbau der Infrastruktur in unserem Land. Um den weiteren Ausbau der Infra­struktur und die Attraktivierung des öffentlichen Verkehrs werden wir nicht umhinkommen. Besonders wichtig ist es auch, die Ballungszentren und die Hauptverkehrsrouten in unserem Land zu entlasten.

Im Gegensatz dazu sind in den ländlichen Gebieten die Straßen und das Auto – besonders für Familien, für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer – sehr oft einfach notwendig und ein wichtiger Teil der Mobilität, denn nicht jedes entlegene Dorf beziehungsweise periphere Gebiet kann mit Schienen oder stündlich mit Linienbussen versorgt werden.

Im Bereich des Güterverkehrs ist auch für uns die Lenkung und der sorgsame Ausbau der Transitrouten enorm wichtig, damit nicht die Ballungszentren im Verkehr ersticken und die Pendlerinnen und Pendler auf dem Weg in die Arbeit unnötig Zeit verlieren. Dabei ist ein wichtiger, sehr, sehr notwendiger Schritt der Ausbau der Regionalstadtbahn Linz, dessen Finanzierung wir gestern im Bundesrat zugestimmt haben.

Weiters möchte ich noch auf einen besonderen Schwerpunkt, nämlich die Pflege, und auf einen für mich sehr wichtigen Punkt, die Generationen, eingehen. Es gibt ein klares Bekenntnis von uns für eine christlich-soziale Verantwortung (Oh-Rufe bei der SPÖ): dass wir jenen helfen, die auch wirklich unserer Hilfe bedürfen.

Es ist unsere Pflicht, für die Schwächeren und die Benachteiligten in unserer Gesellschaft zu sorgen, die nichts – beziehungsweise nicht mehr so viel – leisten können. Es muss für jene, die ein Leben lang für dieses Land, für die Familien, für die Gesellschaft, für sich und auch für andere gesorgt und etwas geleistet haben, gewährleistet sein, dass Altern in Würde möglich ist.

Ich bin sehr froh, dass die Themen Pflege, Familien und Generationen in den letzten Jahren stark angegangen worden sind und mit den vielen Maßnahmen des Landes – aber auch des Bundes – sehr viel weitergebracht worden ist. (Beifall bei der ÖVP.) Wenn ich die Maßnahmen der Pflege hier ansprechen würde, bräuchte ich noch weitere 10 Minuten Redezeit.

Die Familie ist meiner Meinung nach – in all ihren Generationen – die Keimzelle unserer Gesellschaft. Die Pflege von Personen, egal welchen Alters, auch von Personen mit Beeinträchtigungen, die Fürsorge erfolgt größtenteils in der Familie (Bundesrätin Schumann: Von den Frauen, musst du sagen! ... Familie!), aber natürlich auch außerhalb von ihr – und genau dort ist Entlastung und unsere Unterstüt­zung notwendig, denn wir müssen diese wertvolle Arbeit anerkennen und auch schätzen lernen.

Diese von mir angesprochenen Aufgaben und Herausforderungen und noch so viele mehr stehen uns bevor und müssen vorausschauend und mit Vernunft angegangen werden. Dazu ist es notwendig, dass wir dabei die Chancen sehen, dass wir klug investieren und nachhaltig wirtschaften.

Wir, die politisch Verantwortlichen, werden an unseren Taten gemessen und nicht an den Worten und Ankündigungen, die wir von uns geben. (Bundesrat Schennach: Genau!) Oberösterreich und insbesondere unsere Republik Öster­reich standen immer wieder vor neuen Herausforderungen und haben die damit verbundenen Schwierigkeiten auch immer – gemeinsam – gemeistert.

In Zeiten von rasanten Veränderungen und des Wandels sehnen sich die Menschen immer mehr nach Sicherheit und Stabilität. Unsere Verantwortung ist es, dass sich die Menschen in unserem Land geborgen fühlen, dass wir gemein­sam auch für ein gutes Morgen sorgen. Uns sollte bewusst sein, dass wir ein gutes Fundament haben, auf das wir uns verlassen und auf dem wir auch weiter aufbauen können. Dieses Fundament heißt Demokratie: der Nährboden dafür, dass wir in unserem Land und in Europa in Frieden und Freiheit leben können.

Lieber Präsident, du hast dir als Motto für deinen Vorsitz gewählt: Demokratie braucht Zukunft. Zukunft braucht Herkunft. – Leben wir in der Politik, leben wir in diesem Haus Demokratie im Ausdruck gegenseitigen Respekts und gegen­seitiger Wertschätzung vor! Egal wie wir es tun, es wird auf dem Nährboden der Demokratie eine reiche Ernte bringen, nämlich Frieden, Freiheit und Sicherheit für die Menschen. (Beifall bei der ÖVP.)

In diesem Sinne bedanke ich mich nochmals recht herzlich für den gelungenen Oberösterreichabend vor zwei Tagen mit einer wirklich guten Stimmung. Es war ein schöner und gelungener Start in das kommende Halbjahr. – Bei dir, Herr Landeshauptmann, bedanke ich mich fürs Kommen, für deine Worte; Glück auf! – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

9.49

Präsident Mag. Franz Ebner: Vielen Dank, Frau Bundesrätin.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesratsvizepräsident Dominik Reisinger. Ich erteile ihm das Wort.