10.09

Bundesrätin Claudia Hauschildt-Buschberger (Grüne, Oberösterreich): Herr Präsident, auch von der grünen Fraktion noch einmal alles Gute für die künftige Präsidentschaft und nochmals einen Dank an die ausgeschiedene Präsidentin, Frau Margit Göll. (Beifall bei Grünen und ÖVP sowie der Bundesrätin Sumah-Vospernik.)

Sehr geehrter Herr Landeshauptmann Stelzer! Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Werte Zuseherinnen und Zuseher via Livestream! Im Februar 2020 – damals noch in der Hofburg, wie sich einige Kolleg:innen erinnern – bin ich auch am Redner:innenpult gestanden und habe im Rahmen der Debatte anlässlich der Übernahme des Vorsitzes von Oberösterreich einige Aspekte aus grünpolitischer Sicht beleuchtet. Inzwischen sind tatsächlich mehr als vier sehr ereignisreiche Jahre vergangen, und leider – ich muss sagen: leider – beobachte ich so manche Entwicklung mit großer Sorge – Sorge, die für mich schon bei Adam und Eva beginnt.

Nun fragen sich sicher einige, warum ich unsere biblischen Urahnen bemühe, aber Adam und Eva heißen auch die ersten größeren in Oberösterreich in Betrieb genommenen Windkraftanlagen, die im Innviertel seit 1997 gute Dienste leisten. Der Ausbau der Windenergie ist von immenser Bedeutung zur Erreichung unserer Klimaziele, nur leider passiert dazu in Oberösterreich so gut wie gar nichts mehr. Die Umstellung auf erneuerbare und saubere Energien ist der Schlüssel zum Schutz des Klimas, und folglich dient der Ausbau der erneuer­baren Energien letztendlich auch dem Schutz der Artenvielfalt.

Im Mühlviertel, am Saurüssel, in Oberösterreich und überall auf der Erde – jedes Zehntelgrad mehr bedroht Mensch, Tier und die gesamte Artenvielfalt nämlich unvergleichbar mehr als jedes Windrad. Jeden Tag, an dem wir es nicht schaffen, ein Windrad oder eine PV-Anlage ans Netz zu bringen, läuft ein Gas- oder Kohlekraftwerk weiter und heizt unseren Planeten weiter auf. In Oberösterreich sind derzeit 31 Großwindkraftanlagen in Betrieb, die großteils nämlich schon zwischen 1996 und 2003 errichtet wurden. In den letzten acht Jahren wurde tatsächlich nur ein zusätzliches großes Windrad errichtet.

Oberösterreich nutzt derzeit nur etwa 2 Prozent seines derzeit möglichen Windkraftpotenzials von 2 300 Megawatt und erzeugt so rund 80 Gigawatt Strom pro Jahr. Oberösterreich soll bis 2030 zumindest 20 Prozent seines Windkraftpotenzials nutzen. Dieses Ziel bis 2030 in Oberösterreich ist erreich­bar – mit der Erneuerung bestehender und der Errichtung zusätzlicher Groß­windkraftanlagen. (Beifall bei den Grünen.) In Summe würden dann bis 2030 rund 100 Großwindräder stehen.

Auf Bundesebene wurde 2021 mit dem Beschluss des Erneuerbaren-Ausbau-Gesetzespakets und nachfolgender Durchführungsverordnung sowie Förderprogrammen ein wirklich guter Rahmen für die Beschleunigung des Ausbaus erneuerbarer Energien geschaffen. Mit dem Bundes-Energie­effizienzgesetz und dem Erneuerbare-Wärme-Gesetz wurde der Bundesrahmen für die Energiewende weiter verbessert. Der Bund hat damit für den weiteren Windkraftausbau eine gute Grundlage gelegt – und der Handlungsbedarf besteht jetzt tatsächlich in Oberösterreich. Windenergie ist eine der sichersten, umweltfreundlichsten und günstigsten Formen der Elektrizitätserzeugung. (Beifall bei den Grünen.)

Daher ist es hoch an der Zeit, dass Adam und Eva weitere Nachfahren erhalten, weil sonst der Fortbestand von Flora und Fauna auf diesem Planeten aufgrund des Klimawandels und der Nichtumsetzung der Klimaziele in große Bedrängnis geraten.

Das bringt mich gleich zum zweiten Punkt, der mir in Oberösterreich Sorge bereitet, und das ist tatsächlich der Flächenfraß: Jeden einzelnen Tag im Jahr – also auch heute, während ich hier spreche – werden in Oberösterreich Agrar­flächen verbraucht, indem sie für Gebäude und Verkehrszwecke in Anspruch genommen werden. Wenn man unser schönes Oberösterreich durchquert, kann man kaum noch unterscheiden, ob man sich in Attnang-Puchheim oder in Mondsee befindet, überall bietet sich ein ähnliches Bild: Einkaufszentren an den Ortseinfahrten, Leerstände im Ort und eine unverhältnismäßig große Zer­siedelung. Das muss nicht sein, und vor allem darf das nicht so weitergehen. (Beifall bei den Grünen.)

Die Maßnahmen, die hiezu seitens des Landes getroffen werden, sind nicht in dem Ausmaß, dass sich wirklich Fortschritt zeigt. Es braucht klare Vorgaben, und ja, manchmal ist es unangenehm, aber es ist in der Sache notwendig. Von den 1,2 Millionen Hektar Landesfläche in Oberösterreich sind lediglich 684 000 Hektar Dauersiedlungsraum, also überhaupt für uns nutzbar. Davon sind 588 000 Hektar Agrarland. Das sind 3 800 Quadratmeter pro Oberösterreicher:in. Davon sind wiederum nur 233 000 Hektar beste Agrarböden. Das sind dann nur noch 1 500 Quadratmeter pro Oberösterreicher:in. Wenn wir jetzt wissen, dass der:die durchschnittliche Europäer:in rund 4 000 Quadratmeter Agrarland alleine für den Anbau von Lebensmitteln beansprucht, dann wissen wir: Es gibt ein Problem.

Aktiver Bodenschutz ist die Grundlage unseres Lebens und unserer Nahrungs­mittelsicherheit – du hast es schon sehr richtig angesprochen, Kollegin Miesenberger. Ein unrühmliches Beispiel – ich möchte das Gesagte nicht ohne Beispiel stehen lassen – ist etwa das Projekt in Ohlsdorf, das uns Oberöster­reicher:innen sehr bekannt ist, wo sinnloserweise unter dem Deckmantel – ich nenne es jetzt einfach einmal Deckmantel –, Arbeitsplätze zu schaffen, eine unglaublich große Waldfläche gerodet und in Betriebsbaugebiet umgewidmet wurde.

Der Bericht des Oberösterreichischen Landesrechnungshofes zeigt deutlich, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Rodungsbewilligung in Ohlsdorf nicht vorgelegen sind. Weiters gab es zum Zeitpunkt des Rodungsbescheides kein konkretes Bauvorhaben, und es wurde auch nicht geprüft, ob die angekün­digten 600 Arbeitsplätze überhaupt realistisch sind.

Ja – und da stimme ich meinen Vorrednern und insbesondere dem Herrn Landes­hauptmann zu – Arbeitsplätze sind von immenser Bedeutung, denn Oberöster­reich ist ein Industrieland, und tatsächlich sichern diese Arbeitsplätze unseren Wohlstand und bringen auch soziale Sicherheit. Innovation und Technik, das ist sicher ein Aushängeschild von Oberösterreich, aber dazu braucht es auch eine aktive und zukunftsorientierte Energie- und Bodenpolitik.

Ich möchte aber nicht hier stehen und nur jene Dinge beleuchten, die aus grüner Sicht deutliches Verbesserungspotenzial haben. Nein – und wir haben es heute auch schon mehrfach gehört –, Oberösterreich bietet auch eine Menge an Kultur. Gerade in diesem Jahr mit der Europäischen Kulturhauptstadt Bad Ischl zeigt Oberösterreich seine Vielfalt, und schon vorgestern und auch heute haben wir im Rahmen des Oberösterreichempfangs viel über das Anton-Bruckner-Fest gehört. Zahlreiche Gemeinden beteiligen sich an wirklich beeindruckenden Veranstaltungen, und auch bei der Europäischen Kulturhauptstadt Bad Ischl wirkt eine ganze Region mit. Da möchte ich ganz besonders die erste Salz­kam­mergut-Pride erwähnen, die am 15.6. in Bad Ischl stattgefunden hat und tatsächlich ein lautes Zeichen für Weltoffenheit im ländlichen Raum gesetzt hat. (Beifall bei den Grünen, bei Bundesrät:innen der SPÖ sowie der Bundesrätin Sumah-Vospernik. Bundesrat Schreuder – einen regenbogenfarbenen Fächer schwin­gend –: Yesss!)

Zum Schluss – das Beste kommt natürlich immer zum Schluss – möchte ich Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Zuseherinnen und Zuseher, sehr, sehr herzlich zur Sommerfrische an den Attersee einladen. Diese Sommerfrische genoss einst schon Gustav Klimt (Bundesrat Himmer: Wo genau sollen wir da hinkommen?), und am Freitag letzter Woche wurde dort das Klimt-Zentrum auf Initiative des örtlichen Klimt-Vereins wiedereröffnet. (Beifall der Bundesrät:innen Huber und Schreuder.) Es wurde dort eine beeindruckende Ausstellung geschaffen, die mehr als sehens- und erlebenswert ist. (Bundesrat Spanring: Wie viel Fläche wurde dafür verbaut?) Es würde mich freuen, wenn Sie ganz einfach mit der Bahn und dem Regionalzug – ich mag den Namen auch noch nennen, er heißt Kammerer Hansl – klimafreundlich zum Attersee kommen und die Schönheit Oberösterreichs dort genießen. – Danke. (Beifall bei den Grünen sowie der Bundesrätin Miesenberger.)

10.18

Präsident Mag. Franz Ebner: Vielen Dank, Frau Bundesrätin.

Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Sumah-Vospernik. Ich erteile ihr das Wort.