11.14
Bundesrätin Andrea Michaela Schartel (FPÖ, Steiermark): Frau Vizepräsidentin! Guten Morgen, Herr Minister! Werte Kollegen! Liebe Frau Kollegin Schumann, ich kann Ihnen gerne auf Ihre Fragen Antworten geben. Ich darf Sie daran erinnern, es ist zum Beispiel darum gegangen, dass man die Karenzzeiten von Frauen endlich für sämtliche Anwartschaften anrechnet. (Bundesrätin Schumann: Beantworten Sie die Fragen! Beantworten Sie die Fragen!)
Die Sozialpartnerschaft hat es nicht zusammengebracht (Bundesrätin Schumann: Was, das ist nicht das Thema!), im Gegenteil: Ich kann mich erinnern, weil ich damals im Nationalrat im Ausschuss gesessen bin (Bundesrätin Hahn: Schon wieder eine Themenverfehlung!), dass der Obergewerkschafter Beppo Muchitsch uns angefleht hat, dass wir das gesetzlich regeln. (Bundesrätin Schumann: Themenverfehlung! Themenverfehlung! Themenverfehlung!) Das haben wir gemacht, und so werden wir auch in Verantwortung für Arbeitnehmer immer die besten Gesetze und die besten Regelungen treffen. Darauf können Sie Gift nehmen. (Beifall bei der FPÖ. – Bundesrätin Schumann: 60-Stunden-Woche! – Bundesrat Schennach: Die neoliberale ...!)
Jetzt zur Aktuellen Stunde: Die Aktuelle Stunde im Bundesrat ist ja eigentlich das Instrumentarium, dass man mit dem zuständigen Minister eine Aussprache halten kann, weil wir ja im Gegensatz zum Nationalrat diese Möglichkeit im Fachausschuss nicht haben, und dass man auch auf bestimmte Fragen zu aktuellen Themen Antworten bekommt.
Was ich wieder einmal sehr traurig und sehr schade finde, Herr Minister Kocher: Seit Sie die Agenden des Wirtschaftsministeriums dazubekommen haben, muss ich Ihnen wirklich den Vorwurf machen, dass Sie als Arbeitsminister einfach abgetaucht sind und in dieser Funktion nicht zur Verfügung stehen.
Auch das heutige Thema der Aktuellen Stunde: „Für eine nachhaltige, wettbewerbsfähige Europäische Union – Standortimpulse für Europa“ ist wieder so eine typische Geschichte. Okay, Sie haben gesagt, Sie sind halt in erster Linie immer in Ihrer Funktion als Wirtschaftsminister da; aber, Frau Kollegin Schumann hat das auch schon angesprochen: Wir haben eine sehr angespannte Situation in Österreich, die Situation unseres Wirtschaftsstandorts ist ganz dramatisch, wir haben hohe Arbeitslosenzahlen, sie steigen immer mehr.
Mir ist schon klar: Natürlich müssen Wirtschaft und Mitarbeiter, Arbeitnehmer immer miteinander funktionieren, es muss ein Miteinander sein. Ich kann aber ehrlich sagen: Wenn ich jetzt an Ihre Amtszeit zurückdenke, dann bleibt bei mir Folgendes hängen: wesentliche positive Verbesserungen für Großkonzerne, die mehr oder minder beschlossen worden sind. Und wenn ich denke: Was ist für die Arbeitnehmer passiert? – Da fällt mir sofort ein: Kürzung der Karenzzeit für Mütter, Abschaffung der geblockten Altersteilzeit, Neuregelung der Bildungskarenz nach Elternkarenz, oder – das haben wir auch alle noch im Ohr – Ihre Gedankenspiele, dass man sagt: Na ja, bei jenen Frauen, die Teilzeit arbeiten, weil sie keine Kinderbetreuung zur Verfügung haben, sollte man einmal überlegen, ob man nicht bestimmte Sozialleistungen kürzen kann.
Da muss ich sagen: Es gäbe ja wirklich sehr viel zu tun, und wir reden immer, bei jeder Bundesratssitzung, und auch im Nationalrat hört man immer wieder: Es ist eine große Herausforderung, wir werden das für die Zukunft schaffen, alles rund um Betreuung und Pflege. Es wäre so wichtig, dass man diesen Arbeitnehmern, diesem Personenkreis signalisiert: Wir erkennen diese Arbeit, die ihr leistet, an. Warum gibt es bis heute noch keine Gesetzesvorlage, dass die endlich in die Schwerarbeiterregelung hineinkommen? (Beifall bei der FPÖ.)
Ich kann Ihnen garantieren – wir wissen ja, wenn der Nationalrat sich sozusagen auflöst, weil eben am 29. September gewählt wird –: Wenn Sie den Mut aufbringen und für Arbeitnehmer noch positive Entscheidungen treffen, haben Sie unsere Stimmen sicher, diesen Dingen werden wir sicher zustimmen.
Es ist halt leider auch, muss ich ehrlich sagen, ein Missverhältnis zwischen den Unternehmern, die sagen, sie suchen dringend Personal, und dem Anstieg der Arbeitslosenzahlen. Das heißt, man müsste sich auch diesen Bereich einmal sehr genau anschauen: Warum kann man jene Menschen, die in der Arbeitslosigkeit sind, nicht an jene Firmen vermitteln, die händeringend Personal suchen?
Die Prognosen für das Wirtschaftswachstum in Österreich werden leider fast wöchentlich nach unten revidiert, mittlerweile spricht man schon von einer Rezession. Was wird das heißen? – Das wird wieder heißen: Die Arbeitslosigkeit steigt. Dann muss ich mit Entsetzen – Frau Kollegin Lancaster hat es in ihrer Stellungnahme zur Landeshauptleutegeschichte gesagt – bemerken, dass sogar die AMS-Mittel gekürzt werden. Das ist einfach der falsche Weg.
Ich finde immer, dass auch das größte Problem – und das ist ein Riesenproblem – dieser Regierung ist: Sie schaut nicht in die Zukunft und trifft keine Entscheidungen, die vielleicht länger wirken und jetzt schon auf später vorbereiten, nein, wir reparieren immer ein Stück dort, ein Stück da. So viele Reparaturgesetze, wie wir sie in diesen fünf Jahren gehabt haben, hat es, glaube ich, in dieser Republik noch nie gegeben.
Wenn Sie mit Unternehmern reden, merken Sie: Die Stimmung ist dramatisch schlecht, das heißt, die Wirtschaft ist verunsichert. Großkonzerne und Großbetriebe können es sich leisten, dass sie ins Ausland gehen. Der geht her und sagt: Mir ist es wurscht. Ich verlege meine Produktion nach Slowenien, nach Ungarn, in die Tschechei. Die Hauptader unserer Wirtschaft und die Masse der Arbeitgeber sind aber eigentlich Klein- und Mittelbetriebe. Die können sich das nicht leisten. Die haben einfach Angst, dass sie demnächst zusperren müssen.
Was vor allem ein ganz großes Problem ist, ist, dass die familiäre Nachfolge nicht mehr geregelt werden kann, weil die Kinder das mitbekommen und sagen: Nein, also unter diesen Rahmenbedingungen tue ich mir das gar nicht an. Vielleicht suche ich mir einen Job im Ausland und muss mich um nichts kümmern. Das bedeutet wiederum zusätzlich sehr, sehr viele Arbeitslose.
Deshalb wäre es eigentlich für mich ein Gebot der Stunde, Herr Minister Kocher, dass man heute diese Aktuelle Stunde dazu genutzt hätte, dass man sich ernsthaft gemeinsam überlegt, welche Konzepte es gibt, dass man versucht, Maßnahmen miteinander zu besprechen, wie man diesem Trend gegensteuern kann.
Ich habe aber das Empfinden und merke es auch an Ihrer Reaktion, mit welcher Aufmerksamkeit Sie meiner Rede zuhören: In Wirklichkeit haben Sie, glaube ich, schon mit Ihrer Funktion als Minister abgeschlossen, bereiten sich innerlich schon auf Ihre neue Aufgabe vor.
Deshalb, liebe Österreicher: Wenn ihr wirklich wollt, dass es eine Änderung gibt, dann machen wir das gemeinsam am 29. September, denn mit einem Volkskanzler Herbert Kickl gibt es einen guten Standort Österreich und bessere Gesetze für die Arbeitnehmer. (Beifall bei der FPÖ. – Oh-Rufe bei ÖVP und SPÖ.)
11.21
Vizepräsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Dipl.-Ing. Dr. Maria Huber. – Bitte, Frau Bundesrätin.