9.44
Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung Dr. Martin Polaschek: Geschätzte Mitglieder des Bundesrates! Sehr geehrter Herr Präsident! Herzlichen Dank, dass ich die Möglichkeit habe, mit Ihnen heute dieses wichtige Thema zu diskutieren. Schule ist ein Ort des Lehrens und des Lernens. Schule ist ein Ort der Unterstützung und der Förderung. Sie ist ein Ort, an dem Wissen gelehrt und Talente entdeckt werden. Schule ist aber auch ein Ort, an dem das Leben, der Alltag – die sozialen Kontakte der Kinder und Jugendlichen – stattfindet. Deshalb muss Schule auch ein Safe Space sein. Schule muss ein Ort sein, an dem sich die Kinder und Jugendlichen sicher fühlen und wohlfühlen können.
Wie sieht die Situation an unseren Schulen aus? – Durchwachsen, wenn man den Medienberichten glaubt. Ich sehe die Medienberichte zum Teil als überzogen, denn es gibt sehr wohl auch Schulen, an denen es sehr, sehr gut funktioniert. (Bundesrat Spanring: Katholische Privatschulen! Stimmt!) Es gibt bestimmte Problembereiche, und dort müssen wir ansetzen. (Zwischenrufe bei der FPÖ.)
Gewalt, Mobbing, Suspendierungen, mangelnde Deutschkenntnisse: All diese Herausforderungen haben in den letzten Jahren aus verschiedenen Gründen deutlich zugenommen. (Neuerliche Zwischenrufe bei der FPÖ.) Gewalt ist kein spezifisches Integrationsproblem, deshalb müssen wir die Herausforderungen auch breit angehen.
Mit Schönreden ist niemandem geholfen, deshalb diskutieren wir heute hier auch darüber. Mit dem Schönreden tun wir weder den Schülerinnen und Schülern noch den Lehrerinnen und Lehrern etwas Gutes. Wir müssen die Probleme ansprechen und Lösungen anbieten. (Bundesrat Steiner: Lösen, nicht ansprechen!) So habe ich es beim Lehrkräftebedarf getan. (Bundesrat Steiner: Lösen!) Dank der Initiative Klasse Job sind wir in der Lage, auch heuer wieder alle Schulstunden abzuhalten. Das Berufsbild der Lehrerin und des Lehrers ist wieder attraktiv geworden. (Bundesrat Steiner: Lösen, nicht schwafeln!) Das zeigen nicht zuletzt auch die steigenden Studierendenzahlen gerade beim Lehramtsstudium und das zeigt auch die ungebrochene Nachfrage nach einem Quereinstieg ins Schulsystem.
Genau so, wie wir diese Herausforderungen haben meistern können, muss es auch im Bereich des Gewaltschutzes sein. Das Thema Gewaltprävention ist deshalb für dieses Jahr der Schwerpunkt im Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung. Hinschauen statt wegschauen bedeutet: hinschauen bei Gewalt, bei sexuellem Missbrauch, bei Mobbing, bei psychischen Problemen der Kinder und Jugendlichen – herzlichen Dank deshalb auch noch einmal für die Möglichkeit, dies hier heute zu diskutieren.
Gerade dort, wo es besonders große Gewalt gibt, gerade dort, wo auch die Suspendierungszahlen gestiegen sind, müssen wir uns noch mehr Gedanken darüber machen, was wir tun können, um diese Kinder zu unterstützen, um diese Probleme zu bewältigen.
Wir setzen bereits zahlreiche Maßnahmen, um die Lehrerinnen und Lehrer zu entlasten und um die Schülerinnen und Schüler gut zu begleiten. Gemeinsam mit der Gewerkschaft habe ich ein umfassendes Entlastungspaket ausgehandelt und lange für dessen Umsetzung gekämpft. (Bundesrätin Hahn: In einem Jahr! Das kommt in einem Jahr!) Der Nationalrat konnte diese wichtigen Entlastungsmaßnahmen für die Lehrkräfte und die Schulleitungen im Rahmen der Dienstrechts-Novelle nun endlich beschließen; es freut mich, dass die Novelle nun auch heute bei Ihnen auf der Tagesordnung steht. (Beifall bei der ÖVP. – Bundesrat Steiner: Das ist das, wo man versehentlich die Geschlechter abgeschafft hat, oder?! – Rufe und Gegenrufe zwischen Bundesrät:innen von FPÖ und ÖVP.)
Herzstück des Pakets ist die Schaffung der neuen Funktion einer pädagogisch-administrativen Fachkraft an allen Pflichtschulen. Damit werden sowohl Schulleitungen als auch Lehrkräfte an Pflichtschulen bei vielen pädagogisch-administrativen Aufgaben unterstützt.
Der Jahresschwerpunkt Hinschauen statt Wegschauen soll dazu führen, dass wir gemeinsam gegen Gewalt und Aggression und für eine sichere Schule eintreten. Wir müssen schauen, dass unsere Kinder und Jugendlichen zu resilienten und verantwortungsbewussten Erwachsenen werden, die selbst auch hinschauen statt wegschauen.
Wir müssen aber auch – ja – dafür Sorge tragen, dass wir ausreichend Maßnahmen setzen, um die psychische und physische Gesundheit der Schülerinnen und Schüler zu gewährleisten, und dafür müssen wir alle an einem Strang ziehen: Lehrkräfte und Schulleitungen, Eltern und psychosoziale Fachkräfte. Die Ziele, die ich deshalb verfolge, sind insbesondere die Stärkung des Kinderschutzes am Schulstandort, Zero Tolerance, also kein Platz für Gewalt in der Schule, mehr Maßnahmen zur Prävention von Gewalt und Mobbing und noch mehr Maßnahmen, um die physische und psychische Gesundheit der Schülerinnen und Schüler zu stärken.
Hervorheben möchte ich die Erstellung von Kinderschutzkonzepten am jeweiligen Schulstandort im Laufe dieses Schuljahres. Dafür haben wir in den letzten Monaten entsprechende Handreichungen entwickelt, die diese Woche an die Schulen versendet worden sind. Diese Handreichungen sind Hilfestellungen für die Erstellung und Umsetzung von Kinderschutzkonzepten.
Als zweiten konkreten Punkt möchten wir verstärkt multiprofessionelle Teams an den Schulen einsetzen. Wir haben in den letzten Jahren den Personalstand für die Schulpsychologie um 20 Prozent erhöht, das psychosoziale Unterstützungspersonal verdoppelt. Zukünftig sollen Personen für Schulpsychologie und Sozialarbeit sowie Beratungslehrpersonen oder speziell ausgebildete Lehrpersonen als multiprofessionelle Teams noch besser zusammenarbeiten.
Ja, Frau Bundesrätin Hahn, wir müssen da noch besser werden. Wir müssen uns da noch besser abstimmen. Zu den Suspendierungen, die Sie auch angesprochen haben: Ja, wir müssen da noch besser werden, wir müssen uns da besser abstimmen. (Bundesrätin Hahn: ... viel zu lang!) Die Schulsuspendierungen sind nur eine Ultima Ratio, und ja, Sie haben recht, die Verfahren sind langwierig. Deshalb haben wir jetzt auch ein Pilotprojekt in der Steiermark laufen, um diese Suspendierungen durch eigene Teams aus der Bildungsdirektion besser zu begleiten und zu beschleunigen.
Ja, wir brauchen neue dienstrechtliche Modelle, um besser – und anderes – Personal in die Schulen zu bringen. Deshalb habe ich mich auch bis zuletzt dafür eingesetzt; das ist leider nicht gelungen. Wir werden aber weiter daran arbeiten, weil wir andere Personen mit anderen Kompetenzen brauchen, die wir vermehrt in die Schulen bringen müssen – völlig richtig.
Ein wichtiger Bereich ist auch die Kooperation mit dem Bundesministerium für Inneres. Wir haben die Landespolizeidirektionen entsprechend informiert, wir haben die Bildungsdirektionen entsprechend informiert, um ausreichend Kapazitäten für eine erfolgreiche Umsetzung zu gewährleisten. Besonders betont sollen dabei auch die Konsequenzen werden, welche die Kinder und Jugendlichen zu gewärtigen haben. Denken Sie an falsche Bombendrohungen: Das sind keine Telefonstreiche. Es geht nicht nur darum, dass man Menschen, viele Menschen in Angst und Schrecken versetzt, sondern es geht auch um die Kosten des Einsatzes. Da kommen, wenn es hart hergeht, auf die Jugendlichen, aber auch auf die Eltern Kostenersätze bis hin in den fünfstelligen Bereich zu.
Unsere bereits sehr etablierten Workshops unter dem Motto Extremismusprävention macht Schule wurden weiter ausgebaut. In den nächsten drei Jahren sollen so 160 000 Schülerinnen und Schüler erreicht werden. Wir arbeiten gerade im Bereich des Schulklimas gemeinsam mit den Schulpartnern an neuen Broschüren. Wir erarbeiten neue Maßnahmen, etwa auch, indem wir die Gewaltprävention durch sportliche Aktivitäten unterstützen. All diese Maßnahmen werden wir in den nächsten Wochen ausrollen und weitere zusätzliche Schritte vorstellen.
Abschließend möchte ich die Gelegenheit nützen, um mich bei allen in der Bildung Tätigen sehr herzlich zu bedanken: bei den Schulleitungen, bei den Lehrkräften, beim Schulqualitätsmanagement, aber auch beim administrativen Personal, die sich allesamt jeden Tag von Neuem für die Schülerinnen und Schüler engagieren, aber auch bei den Schulpartnern für die gute Zusammenarbeit. Ich darf allen ein gutes und erfolgreiches Schuljahr wünschen. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesrät:innen der Grünen.)
9.52
Präsident Mag. Franz Ebner: Vielen Dank, Herr Bundesminister.
Ich mache darauf aufmerksam, dass die Redezeit aller weiteren Teilnehmerinnen und Teilnehmer an der Aktuellen Stunde nach Beratung in der Präsidialkonferenz 5 Minuten nicht überschreiten darf.
Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Philipp Kohl. Ich erteile dieses.