9.53

Bundesrat Philipp Kohl (ÖVP, Burgenland): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zusehe­rinnen und Zuseher! Während ich jetzt meine Augen kurz schließe, stelle ich mir vor, nicht im Plenarsaal, sondern draußen in der freien Natur zu stehen, und dort hinten, wo Sie die Marmorvertäfelungen sehen, stelle ich mir einen riesigen Wasserfall vor. An diesem fast schon schönen, lauwarmen Sommertag, an dem ich vor diesem Wasserfall stehe, höre ich dieses Gemurmel der Kollegen und nehme es als Rauschen des Wassers wahr.

Man könnte fast meinen, das ist eine idyllische Situation, und man möchte da verweilen. Wenn ich aber genauer hinhöre und hinschaue, höre ich auf einmal Schreie und Rufe, und ich sehe, dass Kinder und Jugendliche diesen Wasserfall hinunterspringen, hinunterstürzen. In meiner ersten Reaktion ziehe ich mir die Schuhe aus, werfe mein Sakko weg, springe in das Wasser und versuche, diese Kinder und Jugendlichen zu retten. Ich erwische ein paar und schaffe es mit ihnen ans Ufer, aber ich merke sehr schnell, dass es fast keinen Zweck hat, diese Kinder und Jugendlichen da herauszufischen, weil es immer mehr und mehr werden. Ich stelle mir dann die Frage: Warum eigent­lich springen diese Kinder und Jugendlichen dort hinunter? Warum springen sie diesen Wasserfall hinunter? Ginge es nicht vielleicht darum, sie oben aufzu­halten, ihnen zu sagen, dass sie nicht hineinspringen sollen, und dafür zu sorgen, dass sie eben nicht hinunterhüpfen?

Meine sehr geehrten Damen und Herren, diese Geschichte ist eine Metapher, und genau da kommt auch der Bundesminister ins Spiel. In dieser Geschichte erkennt er die Situation und schafft es, die Kinder und Jugendlichen oben davon abzuhalten, ins Wasser zu springen. Das macht er auch beim Thema Gewalt in der Schule mit den entsprechenden Maßnahmen. Er setzt Maßnahmen präventiv und packt damit das Problem an der Wurzel an. (Beifall bei der ÖVP sowie der Bundesrätin Hauschildt-Buschberger.)

Meine Vorredner haben bereits ausführlich darüber gesprochen, ich habe in meiner Geschichte genau hingeschaut und ich habe in der Debatte auch genau hingehört: Ja, viele dieser angesprochenen Probleme sind nicht schönzureden. Sie reichen eben von psychischer Gewalt bis hin zu körperlich gewalttätigen Handlungen. Fakt ist aber, Kinder und Jugendliche müssen in einer gewaltfreien Umgebung aufwachsen. Deswegen halte ich diese Maßnahmen für richtige Schritte in die richtige Richtung.

Wir haben in diesem Haus bereits sehr oft schon über Gewalt in verschiedenen Formen gesprochen. Es ist immer besser, vorher zu agieren als nachher reagieren zu müssen. Das Thema der Aktuellen Stunde, das „Hinschauen statt Wegschauen“, präventive Maßnahmen gegen Gewalt in der Schule, das wird auch der Jahres­schwerpunkt für das kommende Schuljahr werden. Es ist gut, dass sich die Schule mit diesem Thema befasst und dieses Thema behandelt, aber wir müssen aufpassen und wir müssen alle mitwirken, damit das funktioniert. Da denke ich mir: Was kann ich dazu beitragen? Was kann ich machen oder was können wir machen, um da mitzuwirken? Da muss man sich selber Gedanken machen: Was kann ich tun? Oder: Was sollte ich nicht tun? Was sprechen wir aus? Und vor allem: Wie vermitteln wir es?

Wir als Bundesrätinnen und Bundesräte sind Meinungsmacher, Meinungsträger, Vorbilder, manchmal sogar Reizfiguren. Deswegen fängt jede Handlung und Tat mit unseren Gedanken an. Gedanken werden oft vielleicht vorschnell, vielleicht unüberlegt ausgesprochen. Wenn wir mit unseren Worten provozieren, Gewalt verharmlosen oder sogar fördern, dann dürfen wir uns nicht wundern, wenn mit Gewaltaktionen geantwortet wird. Wer Gewalt sät, wird Gewalt ernten.

Ich bedanke mich hiermit bei allen Pädagoginnen und Pädagogen für ihre hervor­ragende Arbeit in der Schule und möchte mit einem Zitat von Mahatma Gandhi enden und gleichzeitig eine Botschaft mitgeben: „Gutes kann niemals aus Lüge und Gewalt entstehen.“ – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundes­rät:innen der Grünen.)

9.57

Präsident Mag. Franz Ebner: Vielen Dank, Herr Bundesrat.

Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Daniela Gruber-Pruner. Ich erteile das Wort.