12.39
Bundesrätin Korinna Schumann (SPÖ, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Ich möchte wegen der Aktualität der Frage noch einmal auf das Thema Hochwasser zu sprechen kommen.
Ich glaube, dass man – und das über alle Fraktionsgrenzen hinweg – die Schäden, die dieses Hochwasser angerichtet hat, das Leid, das dieses Hochwasser vor allen Dingen für die Betroffenen angerichtet hat, gar nicht in Worte fassen kann. Wir haben Todesopfer zu beklagen. Diese Starkwetterlagen waren ja nicht nur in diesem Moment, sondern die waren schon vorher, die werden auch in Zukunft sein, und da gilt es von uns aus, hinzusehen.
Es gilt auch hinzusehen, wenn vielleicht die Kameras nicht mehr da sind, denn jetzt stehen die Leute in ihren Häusern, in ihren Wohnungen, räumen weg, sehen, dass die Böden kaputt sind, sehen, dass ihre Heizung kaputt ist, versuchen, das irgendwie zu ordnen. Das ist der allerallerschwierigste Teil, und jede Hilfe, die schnell kommt, ist eine ganz, ganz wichtige.
Wir sagen Danke, großen Dank an die Einsatzkräfte, die da gearbeitet haben, vor allen Dingen an die freiwilligen Kräfte. Da waren viele Feuerwehrleute, die geholfen haben, die aber selbst vom Hochwasser betroffen waren. Also in dieser Doppelsituation kann man sich gar nicht genug vor diesen unglaublichen Leistungen verneigen. (Allgemeiner Beifall.)
Uns ist es jetzt wichtig, dass gerade diese Freiwilligen eine Absicherung bekommen. Es ist ja 2019 schon gelungen, dass zumindest die Arbeitgeber für all jene, die Freiwilligentätigkeit leisten, einen Entgeltersatz bekommen. Uns ist das aber zu wenig, wir brauchen einen Rechtsanspruch für die Freistellung jener, die freiwillig helfen. Die müssen die Sicherheit haben, dass sie helfen können. Der Entgeltersatz ist bereits da. – Das wäre der erste Teil.
Der zweite Teil: Wir bräuchten auch ganz dringend einen pauschalen Ersatz für den Einkommensausfall für Selbstständige. Auch das ist ein wichtiger Punkt.
Der dritte Punkt, der uns wichtig ist: Wir brauchen auch die Sicherheit, dass jene Menschen, die jetzt das, was sie halt noch haben, aufräumen, alles wieder einrichten, so gut es halt geht – Sie, die aus den Bundesländern kommen, kennen ja wahrscheinlich auch viele dieser Personen; das sind junge Leute, die vielleicht erst vor drei Jahren ein Haus gebaut haben, das jetzt in einem höchst desolaten Zustand ist; da herrscht wirklich Verzweiflung –, dass diese Menschen nicht auch noch die Angst haben müssen, dass sie ihren Arbeitsplatz verlieren, weil sie jetzt eben schauen müssen, wie sie ihr Hab und Gut wieder irgendwie in Ordnung bringen können. Darum wäre es uns wichtig, dass man da Rechtssicherheit schafft, dass diese Personen nicht gekündigt werden können, wenn sie für die Nacharbeit aufgrund der furchtbaren Schäden Zeit brauchen.
Daher stelle ich folgenden Entschließungsantrag:
Entschließungsantrag
der Bundesrät:innen Korinna Schumann, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Einsatzkräfte und Betroffene beim Katastropheneinsatz im Beruf absichern und rasch und unbürokratisch finanzielle Soforthilfe leisten!“
Der Bundesrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Arbeit wird aufgefordert, umgehend dem Nationalrat und dem Bundesrat eine Regierungsvorlage zur Beschlussfassung zu übermitteln, mit der ein Rechtsanspruch auf Freistellung und Entgeltfortzahlung für im Katastrophenschutzeinsatz stehende Einsatzkräfte geschaffen wird. Zugleich ist sicherzustellen, dass für im Einsatz befindliche ehrenamtliche Einsatzkräfte, auch eine pauschale Abgeltung etwaiger Verdienstausfälle aus selbstständiger Tätigkeit erfolgt.
Für von Katastrophen Betroffene soll Rechtssicherheit durch einen Schadensbeseitigungs-Freistellungsanspruch geschaffen werden.
Der Bundeskanzler wird darüber hinaus aufgefordert, in Abstimmung mit den Ländern dafür Sorge zu tragen, dass den von den Katastrophenschäden Betroffenen rasch und unbürokratisch finanzielle Soforthilfe geleistet wird.“
*****
Ich kann nur bitten: Gehen Sie bei diesem Antrag mit!
Jetzt noch einen Satz zum Thema Hochwasser: Ich war schon bestürzt, ganz ehrlich, dass Kollege Spanring sozusagen sagt: Da steht ein Bürgermeister, der sagt: Ich habe ein riesiges Finanzierungsproblem, denn meine Brücke ist eingestürzt, ich kann das jetzt nicht finanzieren und ich weiß nicht, wie ich ein Budget machen soll. Daraufhin stellt sich Kollege Spanring her und sagt: Na ja, hättest halt gescheit gewirtschaftet! – Also das ist schon nicht ohne. Ich verstehe sehr wohl, dass der Fraktionsvorsitzende dann rasch herausgeeilt ist, um das klarzustellen, denn so geht man miteinander nicht um, und schon gar nicht mit den Sorgen eines Bürgermeisters. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Bundesrät:innen von ÖVP und Grünen.)
Jetzt zur Dienstrechts-Novelle: Natürlich werden wir als Sozialdemokratie dieser Dienstrechts-Novelle zustimmen, das ist ja gar keine Frage, und zwar vollumfassend, denn es sind erstens viele wirkliche Verbesserungen für die Beschäftigten im öffentlichen Dienst drinnen – sowohl für die Pädagog:innen als auch für die Justizwachebediensteten als auch für die Polizei oder die Verwaltung. Also da ist ja eh etwas da. Sagen kann man: Spät ist sie halt gekommen und sie wird auch zu spät in Kraft treten, aber es ist etwas da, und dem stimmen wir zu, keine Frage.
Wir als Sozialdemokratie sagen natürlich, da wäre schon ein bisschen mehr gegangen. Wir brauchen für die Pädagoginnen und Pädagogen einfach mehr Unterstützungspersonal, das ist so. Wir brauchen für die Beschäftigten bei der Polizei einfach mehr Polizeikräfte. Wir brauchen für sie eine Nachtzeitgutschrift, unter anderem eine Ausweitung auf 2 Stunden, die Nachtzeit von 19 Uhr bis 7 Uhr und in dieser Zeit auch den Anspruch auf Nachtdienstzulage. Wir brauchen auch bessere Absicherungen und einen besseren Schutz für die jungen Polizisten vor der Definitivstellung. Also da ist noch eine Menge zu machen. Auch in der Verwaltung braucht es besoldungsrechtlich zukünftig eine bessere Angleichung zwischen den Einkommen der Vertragsbediensteten und der Beamten. All das wäre noch zu tun.
Weil es jetzt ja sozusagen den Diskussionspunkt und Aufregungspunkt gab, dass man da ein Verfassungsgerichtshofurteil in der Gleichstellung umsetzt: Also warum es da Aufregung gibt, kann ich wirklich nicht verstehen. Das Geschlecht bleibt gleich, das heißt Frauen und Männer, es geht nur um eine Präzisierung im Schutz vor Diskriminierung. Um nichts anderes geht es da. Ganz ehrlich: Hätten Sie sich wirklich starkgemacht, was die Gleichstellung von Frauen und Männern angeht, hätten Sie sich da mehr bemüht, das wäre notwendig gewesen. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesrät:innen der Grünen.)
Es gibt einen Einkommensunterschied von 18 Prozent, es gibt ein Ansteigen der Teilzeit auf 52 Prozent, es gibt einen Unterschied bei den Pensionen von 40 Prozent – da muss man hinschauen, da muss man etwas machen, dazu ist man absolut aufgerufen! Diskriminierung ist – das hat ein internationaler Experte in diesem Parlament vor wenigen Tagen gesagt – wie eine Krankheit, eine Krankheit, die bekämpft werden muss. Das ist eindeutig richtig. Wir wollen nicht, dass diskriminiert wird, in diesem Land soll jeder und jede frei leben können.
Es gibt nicht jemanden, der sagt, was normal und was nicht normal ist. Wenn ich nicht jemandem anderen schade, dann ist nicht festzulegen, was normal und was nicht normal ist. (Beifall bei der SPÖ, bei Bundesrät:innen der Grünen sowie der Bundesrätin Sumah-Vospernik.)
Gerade eine Partei, die sich die Freiheit auf die Fahnen schreibt (Zwischenruf bei der FPÖ): Da würde ich einmal gut nachdenken, ob man den Freiheitsbegriff nicht etwas zu sehr eingeengt hat. Für uns ist es wichtig, auf die Dinge zu schauen, die problematisch sind. Natürlich, wir haben einen guten Arbeitsmarkt für die 144 000 öffentlich Bediensteten in diesem Land. Die haben gute Bedingungen und haben zum Beispiel im Gegensatz zur Privatwirtschaft eine Einkommensschere von 8,1 Prozent. Also da könnte man schon einmal hinschauen und sagen: Ui, was macht denn da der öffentliche Dienst so richtig? – Durch die Bewertung der reinen Arbeitsplätze haben wir einfach weniger Einkommensunterschied.
Da ist hinzuschauen, da muss man hin, und dafür lohnt es sich, zu kämpfen, denn wir alle wollen nicht, dass Frauen Armut leiden. Wir alle wollen, dass Frauen ein existenzsicherndes gutes Einkommen haben. Das ist Gerechtigkeit und das ist Gleichstellung. So schaut’s aus! (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesrät:innen der Grünen. – Bundesrat Schennach: Richtig, jawohl!)
Lassen Sie mich noch einen Punkt sagen: Wir sprechen vom Arbeitsmarkt des öffentlichen Dienstes, aber ganz ehrlich gesagt mache ich mir große, große Sorgen, was den Anstieg der Arbeitslosigkeit angeht. Ganz ehrlich! Das glaube ich jetzt nicht nur in der Frage, welche Parteiwie agiert hat, sondern wir haben sie jetzt. Wir haben diesen Anstieg der Arbeitslosigkeit, wir haben plus 18 Prozent in der Industrie, wir haben plus 12 Prozent beim Handel und wir haben ein Plus von 13,5 Prozent beim Bau, und das macht wirklich Sorge.
Wir sehen anhand der Zahlen: Es wird sich nicht verbessern, weil die Wirtschaftslage derzeit eine so derartig schwierige ist. Da muss gehandelt werden. Wir wollen nicht, dass die Arbeitslosigkeit steigt. Das darf auf keinen Fall sein, denn das heißt einfach für die Menschen – das Arbeitslosengeld wurde von dieser Regierung nicht erhöht –: 55 Prozent Nettoersatzrate. Und das heißt, man hat größte Schwierigkeiten, auch weiter das Leben fristen oder alle Rechnungen bezahlen zu können. (Zwischenruf des Bundesrates Steiner.)
Nein, es geht jetzt nicht um die Frage des politischen Kleingelds, sondern es geht darum, hinzuschauen und zu sagen: Wir haben ein Problem und wir können uns nicht darüber hinwegschummeln, sondern es muss gehandelt werden, Arbeitslosigkeit muss bekämpft werden.
Wir haben auch einen Anstieg bei den Unternehmen, die keine Lehrlinge mehr ausbilden. Auch das ist ein Problem. Wir müssen in der Lehrlingsausbildung etwas tun, ganz, ganz dringend, um das wieder zu attraktivieren. Wenn wir nach Fachkräften rufen – berechtigt! –, dann müssen wir aber bitte auch ausbilden, sonst kann das nicht funktionieren.
Das heißt, diese kommende Regierung, wie auch immer sie zusammengesetzt ist – und natürlich ist der Wähler:innenwille absolut in Demut und Realität zur Kenntnis zu nehmen; Wählerinnen und Wähler haben immer recht; sie haben gewählt und sie haben gesagt, wie sie ihre Stimme abgeben –, muss die Zukunft gestalten. Die Zukunft wird nicht mit Hass und nicht mit Krawall gestaltet werden. Da sind Herausforderungen, die riesengroß sind, Belastungen, die sehr groß sind – und die müssen ordentlich und gut bewältigt werden, da darf niemand unter die Räder kommen. Das ist die Aufgabe der Politik. Dafür werden wir gewählt und dafür müssen wir arbeiten. – Vielen Dank. (Beifall bei SPÖ und Grünen sowie der Bundesrätin Sumah-Vospernik. – Zwischenruf des Bundesrates Steiner. – Bundesminister Kogler – in Richtung der sich zu ihrem Sitzplatz begebenden Bundesrätin Schumann –: Danke!)
12.50
Vizepräsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Der von den Bundesrät:innen Korinna Schumann, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend „Einsatzkräfte und Betroffene beim Katastropheneinsatz im Beruf absichern und rasch und unbürokratisch finanzielle Soforthilfe leisten!“ ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.
Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Dipl.-Ing. Dr. Maria Huber. – Bitte, Frau Bundesrätin, ich erteile es Ihnen.