RN/23

10.32

Bundesrat Stefan Schennach (SPÖ, Wien): Danke sehr, Herr Präsident! Sehr geschätzter Herr Minister! Frau Staatssekretärin! Normalerweise, Herr Bundesminister, wenn eine Ministerernennung erfolgt ist, ist der Kanzler oder der Vizekanzler hier. Ich finde es vom aktuellen Kanzler jetzt nicht gerade elegant und fair, dass Sie hier beim ersten Mal alleine im Bundesrat sind. Wir haben gerade - - (Heiterkeit bei der ÖVP. – Bundesrat Schwindsackl [ÖVP/Stmk.]: Er ist schon selbstständig! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Ja, es ist so! De facto gehört ein Minister durch den Kanzler vorgestellt und macht das nicht selbst. (Beifall bei der SPÖ.)

Man könnte es auch umgekehrt sagen: Es ist vielleicht die Geringschätzung eines Kanzlers für einen Minister aus der Beamtenschaft. Aber nichtsdestotrotz, wir haben da keine Geringschätzung, wir haben das heute auch schon zum Ausdruck gebracht. Nur eine einzige kleine Anmerkung, Herr Bundesminister, auch wenn Sie sich selbst als einen Finanzminister aus der Beamtenschaft bezeichnen, der ein Übergangsminister ist: So vehement die Politik Ihres Vorgängers rechtfertigen, wie Sie das heute gemacht haben, müssen Sie nicht. Zumindest ein bisschen eine eigene Handschrift sollten Sie schon haben, sonst kommen Sie in das Fahrwasser, dass Sie voll und ganz im Dienste einer Partei agieren. (Beifall bei Bundesrät:innen der SPÖ.)

Die Tatsachen sprechen für sich. Das verheerende Präsent, das uns Finanzminister Magnus Brunner, auch wenn er aus unseren Reihen hier im Bundesrat kam, hinterlassen hat, wird uns über die nächsten Jahre, wenn nicht gar ein Jahrzehnt lang nahezu erwürgen.

Es geht aber um Geldwäsche, es geht um die Bekämpfung der Terrorismusfinanzierung. Also lieber Kollege Kofler, was das mit der derzeitigen Wirtschaftskrise in Österreich zu tun hat, das frage ich mich. Es geht um dreckiges Geld der organisierten Kriminalität, und es geht nicht um KTM und es geht nicht um die Regierungspolitik. 

Es geht um eines: Dieses Gesetzespaket kommt ein bisschen spät. Vielleicht kann uns ja seitens der Grünen jemand aufklären, bei wem es denn so lange in dieser Regierung gehangen ist, dass es so spät daherkommt. Ich halte es jedenfalls für extrem richtig und wichtig, dass die Übergangsregierung dieses Paket jetzt fünf vor zwölf noch durch das Parlament bringt; denn die FATF beginnt jetzt mit der nächsten Überprüfung, und wenn Österreich da auf die graue Liste kommen sollte, würde uns das sehr, sehr viel Geld kosten. 

Ich erinnere daran: Es gibt ja nicht nur die Financial Action Task Force, sondern es gibt seitens des Europarates Moneyval, ein Gremium von Expertinnen und Experten, die sehr, sehr genau prüfen. Bei der letzten Prüfung haben sie Österreich 40 Vorschläge dazu gebracht, wie man die Geldwäsche in den Griff bekommt, aber nur 18 wurden umgesetzt. Da ist noch eine Differenz. (Zwischenruf des Bundesrates Spanring [FPÖ/NÖ].) Mit dem heutigen Paket werden es einige mehr, aber das wird genauer angeschaut. 

Dann gibt es noch die EU-FIUs-Plattform, Financial Intelligence Units’ Platform, das ist die Plattform der EU-Kommission in diesem Bereich. 

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es geht hier um völkerrechtliche Aspekte, denn es ist ein völkerrechtliches Anliegen, der Geldwäsche, die ja ein Verbrechen ist, und der Terrorismusfinanzierung, die ebenfalls ein Verbrechen ist, das Wasser abzugraben. Deshalb ist das so wichtig. 

Worum geht es denn? – Was wir heute hier beschließen, ist, wie der Kollege schon gesagt hat, einmal die Veränderung der Zuständigkeit. Entschuldigung dafür, was ich jetzt sage: Die Zuständigkeit der Nationalbank für völkerrechtliche Sanktionen, das ist verrückt gewesen, weil die gar nicht die Kapazitäten gehabt haben. Und was haben die gemacht? – Die haben Honorarverträge, Rahmenverträge mit Wirtschaftsprüfern abgeschlossen, damit das geprüft wird. Künftig macht es die Finanzmarktaufsicht. Das ist richtig, das ist wichtig, dort gehört das hin. (Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Ich weiß nicht, liebe FPÖ, was ihr da für ein Problem habt. Ich habe die Debatte im Nationalrat zu diesem Thema verfolgt. Den Russlandgeschäftevorwurf mache ich jetzt nicht, aber dass Geldwäsche wahnsinnig viel mit Russland zu tun hat, sollte nicht überraschend sein. (Beifall bei der SPÖ sowie der Bundesrätin Sumah-Vospernik [NEOS/W].)

Nehmen wir einmal so einen Fall her, nehmen wir Niederösterreich, Niederösterreich bietet sich an: Eine Bank in Mödling, eine Regionalbank, bekommt 4,7 Millionen Euro aus Panama überwiesen. Der Mödlinger Bank fällt nichts auf. Es gibt weltweit die Debatte über die sogenannten Panamapapers – also Geld, das zur Steuerhinterziehung oder zur Steuerschonung und so weiter versteckt wird, dem Staat und der Steuergerechtigkeit entzogen wird –, aber die Bank in Mödling hat überhaupt keine Meldung gemacht!

Infolge der heutigen Gesetzesänderung würde das nicht so schnell verjähren. Wir hatten ja bisher das Problem, dass das verjährte. Versucht einmal, in all diese Konten – diese Machenschaften – hineinzukommen! Bisher konnte man da wegen der Verjährungsfristen nicht arbeiten, und vor allem gab es bestimmte Hemmungen für die Untersuchung. 

Wichtig ist auch, dass wir jetzt auch noch die Versicherungsunternehmen, die Kryptowertedienstleister und auch die Wertpapierfirmen da mit hineinbekommen, weil da ja wahnsinnig viel Kreativität im Spiel ist.

Ich kann nur eines sagen: Dreckigem Geld gehört immer die Substanz entzogen! Wenn wir das Jahr 2021 hernehmen: Wie hoch war der Aktenanfall in Österreich betreffend Verdachtsmomente in Bezug auf Geldwäsche? – 5 952, das ist keine Kleinigkeit. Das ist eine Steigerung im Vergleich zum Vorjahr von über 20 Prozent. Das sind Meldungen an die Geldwäschemeldestelle. Deshalb ist es so wichtig, dass wir in diesem Bereich agieren. 

Man muss ja immer den Vorbau sehen: Der Vorbau sind die Abgabenhinterziehung und die Scheinfirmen. Wenn wir uns heute die Niederlande anschauen: Tausende Scheinfirmen, keine Beschäftigten, aber fette Firmenschilder an Hauswänden. Wenn wir Madeira anschauen, eines der irren Schlupflöcher – okay, selbstverschuldet von der EU, dass sie diese Regelung seinerzeit gemacht hat –: In Madeira ist es dasselbe. Das heißt, all diese Scheinfirmen sind ein Einfallstor. 

Wenn man schon ein bisschen länger in der Politik ist, dann weiß man auch, dass die Antimafiakommission Italiens – und die hat sich jetzt im Fall Sigma (Bundesrat Himmer [ÖVP/W]: Signa! Mit N!) eingeschaltet – Österreich zigfach und händeringend ersucht hat: Ändert eure Treuhandkonstrukte! Die Mafia Italiens weiß, wie sie am besten das Geld wäscht: über die österreichische Treuhandgesellschaft. Da hat sich zwar aus österreichischer Sicht einiges verbessert, aber wir sind aufmerksam gemacht worden, dass die Mafia österreichische Strukturen für Geldwäsche benützt. Solche Zahlen – nahezu 6 000 Fälle in einem Jahr – kommen also nicht von ungefähr, und deshalb ist das wichtig. 

Ehrlich gesagt bin ich jetzt ein bisschen ratlos: Liebe Frau Theuermann, bei aller Sympathie, ich habe nicht herausgehört, warum Sie dagegen sind; bei Herrn Kofler habe ich gehört, warum er dagegen ist, aber da ist er am falschen Dampfer.

Eines muss man vielleicht zu KTM sagen, wenn ein Management falsche Entscheidungen trifft und nicht sieht, dass man zum Beispiel in den USA keine Motorräder kauft, sondern least, und munter weiterproduziert, eine ganze Jahresproduktion nicht verkauft – weil eben in einem anderen Land geleast wird –: Keine Regierung kann das Kaufverhalten oder das Leasingverhalten in Amerika abschaffen. Man muss also schon ein bisschen auch die Unternehmenspolitik im Auge haben, nicht an allem ist die Politik schuld.

Liebe ÖVP, zu euren vorherigen Redebeiträgen: Mit Sicherheit ist nicht an allem in dieser Republik die Aggression gegen die Ukraine schuld. Die KöSt-Abschaffung habt ihr selbst zustande gebracht, das hat nicht Putin gemacht. (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn wir dieses Budgetdefizit und dieses riesige Magnus-Brunner-Loch im Budget anschauen: Da gibt es viele Dinge, die mit Sicherheit nicht nur der aktuellen Weltlage geschuldet sind, sondern extrem hausgemachte Fehler sind. Der Ökobereich, lieber Kollege Spanring, macht in diesem Defizit das Geringste aus, weil es da nämlich eine Gegenfinanzierung gibt. (Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: So ein Blödsinn!)

Danke schön, wir stimmen zu. (Beifall bei der SPÖ.)

10.43

Vizepräsident Dominik Reisinger: Danke. 

Ich darf noch eine Begrüßung nachholen: Inzwischen hat unsere Frau Staatssekretärin Mag.a Susanne Kraus-Winkler auf der Regierungsbank Platz genommen. – Herzlich willkommen im Bundesrat. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen.)

Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Maria Huber. Ich erteile ihr dieses.