RN/32
11.23
Bundesrat Stefan Schennach (SPÖ, Wien): Herr Präsident! Sehr geschätzter Herr Bundesminister! Liebe Kollegen und Kolleginnen! Lieber Kollege Himmer, ich weiß nicht, die wievielte Therapiesitzung zu deiner Vergangenheit das heute war. (Heiterkeit bei Bundesrät:innen der SPÖ sowie der Bundesrätinnen Kittl [Grüne/W] und Sumah-Vospernik [NEOS/W].) Der Bundesrat hat deine Diversion zur Kenntnis genommen. Wir äußern uns dazu nicht, du aber äußerst dich permanent dazu. (Bundesrat Schreuder [Grüne/W]: Ja, ja, genau!) Deshalb würde ich sagen: Akzeptieren wir jetzt einfach einmal die Situation (Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: Warum? Wenn das nicht stimmt, was er gesagt ...?) und kümmern uns um die Gesetzeslage, die vor uns liegt – die ist nämlich wichtig genug. (Neuerlicher Zwischenruf des Bundesrates Spanring [FPÖ/NÖ].) – Bitte? Was ist los? (Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: War es richtig inhaltlich oder nicht? Wir würden gern die sozialdemokratische Einstellung wissen!) – Darf ich weiterreden? Dann wirst du sie hören. Gut. (Beifall bei der SPÖ.)
Die sozialdemokratische Einstellung zum sogenannten Handysicherstellungsgesetz, lieber Herr Spanring (Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: Ja?), unterscheidet sich grundsätzlich von jener von euch. (Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: Das stimmt!) Wenn es nach euch ginge, würde man ab 1. Jänner 2025 weder eine effiziente Strafverfolgung noch eine effiziente Kriminalitätsbekämpfung haben. Wir haben von Anfang an, über ein halbes Jahr, auf die abgewählte Koalition eingewirkt, diesen Gesetzentwurf – jetzt sage ich einmal so –, den Frau Bundesministerin Zadić sicher im besten Willen vorbereitet hat, zu öffnen.
Allerdings hatte er ein großes Manko, statt eines ordentlichen Begutachtungsverfahrens war ein Schnellverfahren von zwei Wochen vorgesehen, wovor sowohl Journalisten und Journalistinnen, Staatsanwälte und Staatsanwältinnen, Richter und Richterinnen als auch Polizisten und Polizistinnen gewarnt haben, dass das so nicht sein kann. Im Unterschied zur ÖVP, Kollege Himmer, hat die Bundesministerin für Justiz das Problem erkannt und hat mehrfach gesagt, sie werde diesen Entwurf öffnen. Ein gewisser Bundesminister Karner, der sich vorhin hier verbreitet hat, und Bundesministerin Edtstadler haben aber ständig dazwischengefunkt.
Eines ist klar: Da der Verfassungsgerichtshof im Jahre 2023 diese Regelung aufgehoben hat und eine ganz klare Vorgabe bis Ende 2024 gegeben hat, müssen wir, um eine verfassungskonforme Korrektur zu beschließen, miteinander reden. Die FPÖ hat sich ausgeklinkt, NEOS und SPÖ haben mit der abgewählten Koalition geredet. So ist es zu einer Verlängerung des Verfahrens gekommen. Anschließend ist es zu einer, Kollege Spanring, deutlichen Verbesserung gekommen (Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: Trotzdem ist es noch schlecht!), nämlich - - (Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: Na, es ist aber noch immer schlecht!) – Bitte! Was bist du denn so nervös? Was bist du denn so nervös?
Es ist nun wesentlich komplizierter, aufwendiger und komplexer. Wir sprechen heute nicht mehr von Sicherstellen – insoferne ist es ja Teil des Tagesordnungspunktes –, sicherstellen tun wir jetzt nicht mehr, wir beschlagnahmen. Das heißt, wir sprechen ab sofort eigentlich von der Beschlagnahme und der Sicherungskopie. Kollege Spanring, es kann, weil der oder die Richterin entscheidet, über welchen Zeitraum eine Untersuchung erfolgt, auch Zufallsfunde geben, die sind möglich und die können auch miteinbezogen werden.
Jetzt ist es so, wie es ist, wir haben eine verfassungskonforme Lösung, der letztlich die Anwender und Anwenderinnen, die Rechtsanwälte, Richter:innen, Staatsanwält:innen – wobei die Staatsanwälte und -anwältinnen gemeint haben: bitte überprüfen wir es! – im Wesentlichen zugestimmt haben. Dazu kann ich vonseiten der SPÖ nur sagen: Ein Gesetz, das so tief eingreift, gehört auch wieder überprüft. Die wesentlichen und gröbsten Bedenken, lieber Kollege Spanring, die wir gehabt haben, sind in diesem Gesetzentwurf, dem wir heute die verfassungsmäßige Zustimmung auch erteilen, auf jeden Fall ausgeräumt worden.
Es gibt aber in diesem Gesetzentwurf, der ein bisschen umfangreichere Regelungen enthält als nur jene betreffend die Beschlagnahmung von Handys, auch noch ein paar andere Punkte, die dazugekommen sind. Ich will nur zwei oder drei erwähnen: das ist die Verbesserung des Opferschutzes, Opfer können sich nun gegen Anzeigenrücklegungen wehren und dagegen vorgehen; Minderjährige bekommen ab sofort eine psychosoziale und juristische Prozessbegleitung; bei Hass im Netz wurde die Zuständigkeit viel besser geklärt. Das alles sind Aspekte dieses Gesetzentwurfes, das soll zeigen, was wir hier insgesamt vorliegen haben.
Ich verbleibe jetzt noch 1 Minute bei der Handybeschlagnahmung: Vor wenigen Tagen hatte ich – im Fernsehen – eine unterirdische Erscheinung: Altkanzler Kurz war zu Gast im deutschen Fernsehen, stellte sich auf dieselbe Stufe wie der frisch gewählte Präsident Trump und sagte, er und Trump seien Opfer der politischen Justiz. – Sie verstehen, dass ich das als unterirdisch bezeichne. (Beifall bei SPÖ und Grünen sowie der Bundesrätin Sumah-Vospernik [NEOS/W].)
Gleichzeitig, liebe Kolleginnen und Kollegen, möchte ich jetzt etwas Ungewöhnliches tun. Heute kommt es in Frankreich zu einem Urteil: 51 angeklagte Männer werden in Avignon wegen jahrelanger Massenvergewaltigung verurteilt. Dass das heute möglich ist, hat zwei Gründe: Erstens hat man auf einem Datenträger die Filme der Vergewaltigungen gefunden. Deshalb ist es so wichtig, dass diese Dinge möglich sind.
Zweitens: Das Opfer Gisèle Pelicot hat sich von Anfang an dagegen gewehrt, dass das ein Prozess unter Ausschluss der Öffentlichkeit wird, und darauf bestanden, dass alles, auch diese Filme, öffentlich gemacht wird. Die Männer sind mit Masken zur Verhandlung gekommen, und sie ist immer mit offenem Gesicht dort gesessen, und sie hat einen Satz geprägt: „Die Scham muss die Seite wechseln.“ (Allgemeiner Beifall.)
Heute in der Früh hat die Frauenbewegung in Frankreich in vielen Städten riesige Plakate mit dem Spruch „Merci Gisèle“ enthüllt, weil sie allen betroffenen Frauen ein Vorbild dafür war, wie man kämpfen muss und kämpfen kann. Ich will einfach dieses „Merci Gisèle“ heute auch hier in diesem Haus wiederholen. (Allgemeiner Beifall.)
11.32
Vizepräsident Dominik Reisinger: Danke.
Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Elisabeth Kittl. Ich erteile ihr das Wort.