RN/40
11.57
Bundesrätin Bernadette Geieregger, BA (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Vizepräsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseher! Es geht heute um einen Zweckzuschuss, der notwendig geworden ist, weil dieses Jahr – und das werden sicher alle wissen – vor allem in Niederösterreich eine ganz schlimme Hochwasserkatastrophe passiert ist, durch die viele verheerende Schäden entstanden sind: 21 000 Objekte in 350 Gemeinden waren betroffen, Milliardenschäden sind entstanden, und leider gab es sogar einige Todesopfer. Es sind bis zu 400 Liter Regen pro Quadratmeter in Niederösterreich gemessen worden. (Vizepräsidentin Eder-Gitschthaler übernimmt den Vorsitz.)
Wir als Politiker haben die Verpflichtung, da schnelle und auch langfristige Hilfe zur Verfügung zu stellen. Ich bin selbst Bürgermeisterin – einige werden es ja wissen –, und meine Gemeinde ist in der Tat mit einem blauen Auge davongekommen. Wir haben ein vermeintlich zu groß gebautes Retentionsbecken, das aber auch diesmal übergegangen ist, und ein Baum ist auf die Straße gestürzt. Wir arbeiten an einem Projekt, nämlich einem Hochwasserschutzprojekt, das schon seit 15 Jahren geplant wird, aber noch nicht begonnen wurde. In diesem Bereich musste quasi in einer Nacht-und-Nebel-Aktion ein meterlanger Ablauf gegraben werden, weil wir nicht wussten, ob sich das dort ausgehen wird oder nicht. Glücklicherweise wird dieser Hochwasserschutz im kommenden Jahr aber gebaut.
Eine Gemeinde weiter, in der Gemeinde Wienerwald, hat die Welt schon ein bisschen anders ausgesehen, in Grub stand ganz plötzlich, denn es kam ja auch sehr plötzlich, das Wasser eineinhalb Meter hoch in den Häusern des Bürgermeisters und des Vizebürgermeisters. Man kann sich vorstellen, wie schlimm es dort war.
In den Bezirken Tulln und Sankt Pölten und vielen anderen Bezirken gibt es Häuser, die bis heute noch immer nicht bewohnbar sind.
Was braucht es in solch schwierigen Zeiten? – Es ist aus meiner Sicht vor allem die rasche Hilfe. Niederösterreich kann dabei als Vorbild für andere Regionen dienen. Die Ersatzrate, die ursprünglich 20 Prozent ausgemacht hat, wurde rasch auf 50, bei Härtefällen teilweise sogar auf 80 Prozent erhöht. An dieser Stelle möchte ich unserer Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner und unserem Bundeskanzler Karl Nehammer noch einmal ein großes Dankeschön aussprechen. (Beifall bei der ÖVP.)
Diese unbürokratische Hilfe kam rasch. Gerade in solchen wirklich prekären Situationen ist vor allem die rasche Hilfe ganz besonders wichtig.
Heute geht es um eine Gesetzesinitiative zur nachhaltigen Absicherung von finanziellen Unterstützungen. Der Bund gewährt aufgrund der schlimmen Katastrophe einmalig einen Zweckzuschuss. Es geht darum, jenen Ländern und Gemeinden unter die Arme zu greifen, die an ihre finanziellen Grenzen gestoßen sind, denn eines ist klar: Die Folgen dieser Katastrophe können nicht allein von den betroffenen Regionen getragen werden. Es braucht das gemeinsame Bemühen von Bund und Ländern und womöglich auch die Unterstützung der Europäischen Union.
Aus meiner Sicht gibt es drei Herausforderungen, die wir dabei bewältigen müssen. Erstens müssen wir die Soforthilfen sichern. Betroffene dürfen nicht dadurch verunsichert werden, dass sie nicht wissen, woher das Geld kommt – kommt es vom Bund, kommt es vom Land oder der Gemeinde? Das Wichtigste für die Betroffenen ist, dass sie Unterstützung bekommen. Sie sollen sich nicht damit herumschlagen müssen, woher genau das Geld kommt. Diese Unterstützung muss auch garantiert sein. Niemand darf mit seinen Sorgen und seiner Not alleingelassen werden. (Beifall bei der ÖVP sowie der Bundesrätin Jagl [Grüne/NÖ].)
Mein zweiter Punkt betrifft einen zukunftsorientierten Hochwasserschutz. Der Bund, die Länder und die Gemeinden müssen da in die Verantwortung genommen werden, aber auch die Grundeigentümer. Gerade das ist oft auch eine große Herausforderung – so wie im Fall meiner eigenen Gemeinde im Zusammenhang mit dem Hochwasserschutz, den ich schon angesprochen habe, der fast schon seit Jahrzehnten geplant wird und der wahrscheinlich 3,5 Millionen Euro kosten wird. Meine Gemeinde, als Gemeinde mit wenig Einnahmen aus der Kommunalsteuer, könnte sich das alleine niemals leisten. Doch nun gibt es eine Aufteilung: 57 Prozent übernimmt der Bund, 15 Prozent das Land und 28 Prozent die Gemeinde, die sich zusätzlich aber auch noch um die Angelegenheiten mit den Grundstückseigentümern kümmern muss. Für eine, wie schon gesagt, finanziell schwache Gemeinde wie Kaltenleutgeben ist das eine Mammutaufgabe. Hochwasserschutz spart aber langfristig vor allem Kosten, deswegen müssen wir diesen Bereich auch immer weiter forcieren.
Der dritte Punkt, den ich gerne ansprechen möchte, ist der Umgang mit dem Klimawandel. Die Klimaveränderung stellt uns vor neue Realitäten. Die Wetterextreme nehmen leider immer mehr zu und die vermeintlich hundertjährlichen Hochwasser gibt es nicht mehr alle hundert Jahre, sondern alle zwanzig Jahre, alle zehn Jahre. Dieser Herausforderung müssen wir uns auf jeden Fall stellen. Es braucht deswegen Investitionen in Retentionsbecken, in Bodenschutz und natürliche Überschwemmungsräume.
Ganz besonders wichtig ist auch der Zusammenhalt. An dieser Stelle möchte ich mich bei allen Einsatzkräften bedanken – sei es von der Feuerwehr, vom Zivilschutz, von der Rettung –, bei den Freiwilligen, bei allen Blaulichtorganisationen, die in diesen schwierigen Tagen im Einsatz waren – ich weiß, wovon ich spreche, denn ich war auch einige Male pitschnass und habe nicht mehr gewusst, welche Jacke ich anziehen soll, weil ich einfach keine mehr hatte –, ihnen allen möchte ich heute wirklich ausdrücklich meinen Dank aussprechen. (Beifall bei der ÖVP, bei Bundesrät:innen der SPÖ sowie der Bundesrät:innen Jagl [Grüne/NÖ] und Sumah-Vospernik [NEOS/W].)
Gerade in so schwierigen Zeiten ist der Zusammenhalt wichtig. Deswegen müssen wir auch in der Politik das Gemeinsame vor das Trennende stellen. Ich habe das selber miterlebt: Meine Schwester wohnt in einer Siedlung, in deren Nähe ein Bach fließt, der in der Tat normalerweise nur ein Bach ist. Der ist schon mehr als übergegangen, und dort ist wirklich jeder aus der Nachbarschaft aus den Häusern heraus, und gemeinsam haben sie dort eine Barriere gebaut, damit das Wasser nicht in die Keller der Nachbarn fließt. Dieser Zusammenhalt ist so wichtig und diesen Zusammenhalt brauchen wir in so schwierigen Situationen.
Es ist unsere Verpflichtung als Politiker, zu schützen, zu helfen und zu sorgen. Deswegen fassen wir heute diesen Beschluss. Es wird heute auch noch einen Entschließungsantrag dazu geben, den ich zur Einordnung kurz erklären möchte.
Das Hochwasser im September hat gezeigt, dass rasche und vor allem rasche finanzielle Hilfe wichtig ist. Es ist aber auch wichtig, bestehende Instrumente entsprechend zu nutzen und gegebenenfalls zu adaptieren; ganz konkret spreche ich das kommunale Investitionspaket 2025 an. Investitionen, die aufgrund des Hochwassers notwendig geworden sind, sollen ebenfalls von diesen Mitteln profitieren. Wichtig zu wissen ist, dass diese hohen Investitionskosten gerade in der Infrastruktur keine Peanuts sind. Das möchte ich sagen, weil wir alle wissen: Infrastruktur ist einfach extrem teuer. Die Verwendung der KIP-Mittel würde den Gemeinden die Finanzierung erleichtern, wenn sie Brücken bauen müssen, Straßen sanieren müssen oder diverse öffentliche Einrichtungen wiederherstellen müssen.
Zum Schluss möchte ich noch den Appell aussprechen, diesem Antrag zuzustimmen, denn wir dürfen die Betroffenen nicht alleinlassen. Wir setzen heute ein starkes Zeichen für ein solidarisches und zukunftsorientiertes Österreich. Gemeinsam stärken wir unsere Gemeinden für heute, für morgen und für die Zukunft. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesrät:innen der Grünen.)
12.06
Vizepräsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Ich darf ganz herzlich Herrn Bundesminister für Finanzen Dr. Gunter Mayr bei uns im Bundesrat begrüßen. (Beifall bei der ÖVP, bei Bundesrät:innen der SPÖ sowie des Bundesrates Schreuder [Grüne/W].)
Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Christian Fischer. – Bitte, Herr Bundesrat, ich erteile es Ihnen.