RN/17

10.09

Bundesrat Michael Wanner (SPÖ, Salzburg): Frau Präsidentin! Herr Bundeskanzler! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Kolleginnen, Kollegen! Und vor allem alle, die uns heute zuhören und zusehen! 

Herr Bundeskanzler, nach Ihrer Rede muss ich echt sagen, ich verstehe, warum Sie der voraussichtlichen nächsten Bundesregierung nicht mehr angehören wollen (Beifall bei SPÖ und Grünen) und, wie Sie am 2.7.2023 auch gesagt haben, nicht mehr angehören werden. Allerdings ist das mit dem Glauben nicht so leicht, weil es hier herinnen ein paar gibt, die schon viel gesagt haben und sich dann nicht daran gehalten haben. Ihnen nehme ich das ab, allerdings haben Sie zum Schluss gesagt, Sie werden der Republik noch weiterhin dienen. Jetzt wissen wir nicht ganz genau, wie Sie das gemeint haben. (Bundesrat Tiefnig [ÖVP/OÖ]: Positiv! Positiv gemeint!)

Was ich allerdings vorausschicken will (in Richtung Präsidentin Eder-Gitschthaler): Liebe Präsidentin, ich wünsche dir für deine Präsidentschaft alles Gute und ein gutes Geschick, weil – wir haben es heute schon gesehen –: Ganz so einfach ist das nicht. 

Nach der Erklärung des Bundeskanzlers geht mir da allerdings schon ein bisschen etwas ab, nämlich die Erklärung des Landeshauptmannes. Wo ist er denn? Ich meine, seid mir nicht böse: Da übernimmt das Bundesland Salzburg den Vorsitz und stellt die Präsidentin im Bundesrat, das weiß man schon seit, glaube ich, fünf Jahren, fünf Monaten, wie auch immer, und der Herr Landeshauptmann ist nicht hier. Ich weiß auch die Antwort: Na klar, der muss momentan seine Regierung in Salzburg retten – er muss sie für Karoline Edtstadler retten –, hat wahrscheinlich schon vor Monaten genau gewusst, was kommen wird, und hat diese Regierungsklausur genau an diesem Tag angesetzt. Du tust mir echt leid (in Richtung Präsidentin Eder-Gitschthaler), weil du dich bemühst, du hast geschaut, dass das zustande kommt. Wir werden den Landeshauptmann vielleicht das nächste Mal sehen, wenn nicht wieder etwas dazwischenkommt. (Bundesrat Ebner [ÖVP/OÖ]: Ganz sicher!)

Er rettet diese Regierung von einer Mitte-rechts- zu einer Rechts-rechts-Koalition mit Karoline Edtstadler, und das Ganze – wir sagen das in Salzburg so, schade, dass Silvester Gfrerer nicht da ist, der würde mir jetzt zustimmen – mit einem Kuhhandel. Da werden Ehrlichkeit, Anstand über Bord geworfen, da werden Ressorts hin und her verschoben, nur damit Marlene Svazek die Zustimmung für diese Regierung gibt.

Svazek hat immerhin über eine ehemalige Ministerin gesagt, Edtstadler ist es nicht wert, dass eine Koalition aufgekündigt wird. (Ruf bei der ÖVP: Sie ist noch Ministerin!) Komischerweise ist sie es wert, dass man sie – ich bin jetzt im FPÖ-Jargon – zum Landeshauptmann macht. – Wir würden sagen: zur Landeshauptfrau.

Die FPÖ wird mit Ressorts abgefertigt, wird eingekocht und mit Regierungsgoodies betraut. Das ist reinster Kuhhandel – nicht nur in Salzburg. (Beifall bei der SPÖ.)

Und es ist ja ein Bestbeispiel dafür, wie schnell eine FPÖ ihre Maske ablegt, ihren Januskopf hervorholt und auf einmal in einer biederen Art und Weise als machtgierige Systempartei dasteht. Wir haben das bei der FPÖ ja schon öfter erlebt – Ibiza, so manche Verurteilungen und so weiter –: Sie sind eine Systempartei, in dem System, gegen das Sie immer kämpfen. Sie sagen: Ich, FPÖ, kämpfe gegen das System! Was ist das System? Demokratie? Parlamentarismus? Unsere Werte? Gegen das kämpft ihr? Also viel Spaß, ÖVP, wenn ihr euch darauf einlasst. Da kämpfen welche gegen die Demokratie.

Und jetzt das Nächste: Die da oben! – Freunde, die sind in fünf Landesregierungen drinnen – die da oben! –, sie waren auch in Bundesregierungen drinnen – die da oben! –, und Sie machen jetzt mit denen da oben einen Koalitionspakt. Also wenn das nicht witzig ist, was ist es dann sonst? (Beifall bei der SPÖ.)

Jetzt wird es allerdings gefährlich für uns, jetzt wird es gefährlich für Österreich, und ich gehe von Salzburg aus: Der Heizkostenzuschuss wurde mit Schwarz-Blau zurückgefahren. (Bundesrätin Doppler [FPÖ/Sbg.]: Das stimmt ja gar nicht!) Die Communitynurses wurden zu 50 Prozent gekürzt, trotz Regierungsbeschluss – (in Richtung Bundesrätin Doppler [FPÖ/Sbg.]) du darfst eh nachher! (Bundesrätin Doppler [FPÖ/Sbg.]: Wenn du so einen Blödsinn redest!) – in der Landesregierung. Die Wohnbauförderung steht noch immer nicht. Die arbeiten jetzt, glaube ich, zwei, zweieinhalb Jahre, aber du hättest heute Zeitung lesen sollen, was für ein Schwachsinn das schon wieder wird. (Zwischenruf des Bundesrates Spanring.) Und es gibt Einsparungen noch und nöcher. Die Einzigen, die wirklich drankommen, sind Wolf und Otter, die werden wir vernichten, in ganz Salzburg und sonst noch wo. 

Aber wir können ja weitergehen, in die Bundespolitik: ÖVP und FPÖ – damals gemeinsam, Kickl Innenminister – haben unsere innere Sicherheit und die äußere Sicherheit aber so etwas von strapaziert. Nein, sie waren Gefährder der österreichischen Sicherheit, ich denke nur an den BVT-Skandal, sie haben damals die Krankenkassen zerschlagen und ein Milliardenloch in das Budget hineingeschlagen. Das wird wahrscheinlich alles weitergeführt, und natürlich gibt es da noch andere Bösartigkeiten – und das Ganze wegen eines PR-Gags, hahaha! 

Eine Zweiklassenmedizin wurde eingeführt. Seid mir nicht bös: Da geht man her und gibt den Privatspitälern einen Haufen Geld, ohne dass man das österreichische Gesundheitssystem weiter ausbaut. Wir wissen aber eh, wo das Geld hingeflossen ist und wer da die Hände drinnen gehabt hat. 

Es gab Pensionskürzungen, das Pensionsantrittsalter wurde hinaufgefahren. Die 12-Tage-Woche (Heiterkeit bei der FPÖ), ah, die 12-Stunden-Woche (Heiterkeit und Zwischenrufe bei der FPÖ) – ja, schreibt ihn auf, den Versprecher, dann könnt ihr im Klublokal darüber lachen (Beifall bei der SPÖ) –, der 12-Stunden-Tag wurde eingeführt und Konzernen wurde Steuer geschenkt. Die Gewinnsteuer wurde herabgesetzt. Man spricht ja schon – das hört übrigens die ÖVP nicht gern – von der FPÖ als Vorfeldorganisation der Industriellenvereinigung, aber so dürfte es halt sein.

Die ÖVP sitzt in ihrer Not da und spielt leider – leider, aber das wissen einige von euch aus Gesprächen am Wirtshaustisch oder in den Klubs – die Steigbügelhalter der Rechten. So ist es. (Ruf bei der SPÖ: Buh!) In mehreren Bundesländern habt ihr es dazu gebracht. Jetzt macht ihr es wieder, und eure Glaubwürdigkeit in all dem, was eure Chefs oder ihr gesagt habt, leidet wirklich. Ihr seid Wendehälse in manchen Sachen. (Beifall bei der SPÖ.) Wenn der jetzige Chef sagt, die ÖVP hat an Glaubwürdigkeit verloren, dann kann ich sagen: Was man nicht hat, kann man nicht verlieren. (Beifall bei der SPÖ.)

So, und das sage jetzt aber nicht nur ich, dass das ein Desaster ist, was in Österreich momentan abläuft, sondern ich zitiere den CDU-Chef Friedrich Merz. Die ÖVP-Strategie gegen die FPÖ ist gescheitert, hat Merz in Davos beim Weltwirtschaftsforum gemeint. „Sie haben versucht, sie gemäßigter zu machen und sie in die demokratische Mitte zurückzubringen, indem sie ihnen Regierungsämter gegeben haben.“ Und was ist passiert? – Genau das Gegenteil.

Einige Zitate – ihr werdet wahrscheinlich wissen, von wem sie sind –: „Mit der Einführung der Impfpflicht ist es eigentlich rechtswidrig, in Österreich zu wohnen und nicht geimpft zu sein, und daran können sich auch andere Konsequenzen knüpfen.“ (Bundesrätin Doppler [FPÖ/Sbg.]: Ihr habt ja mitgestimmt bei der Impfpflicht! Bundesrat Pröller [FPÖ/OÖ]: Ihr habt mitgestimmt!) – Ja, aber ihr wisst, wer das gesagt hat! Die macht ihr jetzt zur Frau Landeshauptmann! (Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)

„Die Vorstellung eines Herbert Kickl als Bundeskanzler ist für mich erschreckend. Für mich persönlich ist es nicht denkbar, mit Herbert Kickl und einer von ihm geführten Partei, die so agiert, zu koalieren“, sagt eine führende Kraft aus euren Reihen in der „Kleinen Zeitung“. (Zwischenruf der Bundesrätin Doppler [FPÖ/Sbg.].) „Wir müssen die Menschen davon überzeugen, dass es die Kraft der Mitte braucht.“ Das, was Sie jetzt gemeint haben, Herr Bundeskanzler, hat Frau Edtstadler auch gesagt: „Für mich sind Freiheitliche, die Putins Propaganda im Nationalrat propagieren, einer ‚Orbanisierung‘ Österreichs das Wort reden, von einer Festung Österreich sprechen, ein Schreckgespenst. Wir dürfen nicht den Fehler machen, vor dem Schreckgespenst in die Knie zu gehen.“ – Sie haben das getan. (Beifall bei der SPÖ.)

10.20

Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Andreas Spanring. – Bitte, Herr Bundesrat, ich erteile es Ihnen.