10.51

Bundesrat Mag. Harald Himmer (ÖVP, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Sehr geehrte Damen und Herren vor den Bildschirmen! Hohes Haus! Ich darf zuallererst dem Herrn Bundeskanzler gratulieren und dafür danken, dass er diese wichtige Aufgabe übernommen hat. Alexander Schallenberg ist ein exzellenter Diplomat, ein großartiger Außenminister und ein sehr, sehr würdiger Bundeskanzler. Danke, dass du diese Verantwortung übernimmst! (Beifall bei der ÖVP.)

Wir haben heute ja schon einiges dazu gehört, wie es zu dieser Übergangsregierung gekommen ist. Eigentlich wollte ich die Möglichkeit, die man ja viel öfter nützen sollte, hier nutzen, um über einen politischen Mitbewerber auch einmal etwas Positives zu sagen. Ich habe mir in den letzten Tagen und Wochen viel Positives über die NEOS gedacht. Das ist jetzt wieder einigermaßen relativiert, aber ich möchte trotzdem das Positive, das ich anbringen wollte, sagen: Ich erachte es als positiv, dass sie sich wirklich bemüht haben, dass sie tatsächlich etwas verändern wollten und dass sie tatsächlich geglaubt haben, dass sie, wenn sie in eine Verhandlung gehen, mit Argumenten etwas bewirken können. 

Das war natürlich von manchen ein bisschen zu positiv gedacht, denn in der Politik gibt es natürlich auch Menschen, die einfach stereotyp bei ihrem Standpunkt bleiben und da ganz stur sind. Dieser Block, durch den die NEOS nicht durchkommen konnten, aber natürlich auch die Volkspartei nicht – wir sind ja bekanntlich bei diesen Verhandlungen auch dabei gewesen –, ist ein Block, den ich als Babler-Ludwig-SPÖ bezeichnen möchte; es gibt ja mehrere Flügel innerhalb der SPÖ. (Bundesrätin Schumann [SPÖ/W]: Waren Sie bei den Verhandlungen dabei?) 

Babler ist der Parteivorsitzende, Ludwig ist der Vorsitzende der stärksten Landesgruppe, und dieses Babler-Ludwig-Gemisch ist eigentlich jenes Gemisch, das diesem Land gegenwärtig politisch so stark schadet. Wäre es diesem Babler-Ludwig-Block so wichtig gewesen, den bösen Herbert Kickl zu verhindern, dann hätte man sich in diesen Verhandlungen ja ein Stück weit bewegen können. (Bundesrätin Schumann [SPÖ/W]: Sie waren ja gar nicht bei den Verhandlungen dabei!) Damit sind wir bei all den klassischen linken Standpunkten wie Vermögensteuern, Gewinnbesteuerung und so weiter, bei denen es keine Bewegung gegeben hat. (Bundesrätin Schumann [SPÖ/W]: Bankenabgabe! – Bundesrat Schreuder [Grüne/W]: Bankenabgabe!) 

Sie sind im Übrigen die großartigen Demokraten. Wenn auch in anderen Bereichen die Standpunkte sehr weit auseinander liegen, kann man doch festhalten, dass betreffend Standort, Wirtschaftspolitik und Besteuerungen die Freiheitliche Partei, die Volkspartei und auch die NEOS – auch wenn sie in diesem Zusammenhang vielleicht nicht genannt werden wollen – trotzdem ähnliche Standpunkte haben. Es wäre ja mit den Sozialdemokraten nicht gescheitert, wenn Herr Babler bei den Verhandlungen flexibler gewesen wäre. (Bundesrat Schreuder [Grüne/W]: Sie waren ja nicht dabei!) Er hätte auch gegenüber seinen eigenen Wählern vertreten können, dass er jetzt einen Bundeskanzler Kickl verhindert hat (Bundesrätin Grimling [SPÖ/W]: Na geh!), aber trotzdem in Fragen der Standort- und Wirtschaftspolitik eben auf Meinungen, die von der Volkspartei, von den Freiheitlichen und von den NEOS sehr stark vertreten werden, einfach ein Stück weit zugegangen ist, weil diejenigen, die diese Meinungen vertreten, in diesem Land sehr stark in der Mehrheit sind. 

Natürlich hätte auch eine solche Zuckerlregierung die Strömungen, die politisch in der Zustimmung zur Freiheitlichen Partei abgebildet sind, in ihr Programm ein Stück weit mit hineinnehmen müssen. Das ist nicht geschehen, weil die Sozialdemokratie nicht bereit war, sich zu bewegen, weil die Sozialdemokratie nicht bereit war, zu arbeiten, nicht bereit war, Verantwortung zu übernehmen. In Wien macht ihnen das Arbeiten eigentlich auch keinen Spaß mehr, sie wollen jetzt nicht mehr. (Beifall bei der ÖVP.)

Auch in Wien wollen sie nicht mehr arbeiten, aber nicht deshalb, weil sie in Wien so viel weitergebracht haben. In Wien ist die Arbeitslosigkeit am höchsten, das Wifo prognostiziert für 2025 eine Arbeitslosigkeit von 11,9 Prozent. Da müsste die Gewerkschaftsvorsitzende normalerweise schon ganz nervös werden. – Nein. Da müsste man eigentlich arbeiten und etwas dagegen tun. Arbeitet die SPÖ dagegen? – Nein, das tut sie nicht, sie geht in Neuwahlen. (Bundesrat Schreuder [Grüne/W]: So viel tut der Mahrer aber auch nicht!)

Oder die Zuwanderung in das Sozialsystem: Kein Bundesland hat so viele Mindestsicherungsbezieher wie Wien. In Wien gibt es über 170 000 Mindestsicherungsbezieher. Das sind mehr als Innsbruck Einwohner hat und bald einmal so viele wie Linz Einwohner hat. Das sind in Wien nur die Mindestsicherungsbezieher! Arbeitet die Sozialdemokratie an diesem Problem? Löst die Sozialdemokratie diesbezüglich etwas? – Nein, sie geht in Neuwahlen! Sie können das Problem nicht lösen, daher gehen sie lieber in Neuwahlen. (Zwischenruf der Bundesrätin Hahn [SPÖ/NÖ].)

Hat die Sozialdemokratie an den Schulen irgendetwas weitergebracht? Der Zustand an den Wiener Schulen ist katastrophal. 15 000 Schüler kommen in die Schule und können nicht Deutsch, obwohl zwei Drittel davon in Wien beziehungsweise in Österreich geboren sind. Diese können den Ausführungen der Lehrerinnen und Lehrer nicht folgen, weil sie nicht Deutsch können. Das ist eine Politik, die die Sozialdemokratie zu verantworten hat. Haben sie Lösungsansätze? (Bundesrat Peterl [SPÖ/NÖ]: Habt ihr Lösungsansätze? – Zwischenruf der Bundesrätin Grimling [SPÖ/W].) Arbeiten sie daran? Würden sie dieses Arbeitsjahr dafür verwenden, diese Probleme zu lösen? – Nein, sie lösen die Probleme nicht, sie flüchten in Neuwahlen. 

Daher ist eines klar, wenn man jetzt den Notstand der Demokratie ausruft und sagt: All das darf ja nicht sein, die Demokratie ist gefährdet! – Man muss doch die Kirche einmal im Dorf lassen und anerkennen, dass es unterschiedliche Standpunkte gibt. Es gibt Standpunkte, die mehr in der Mitte sind, es gibt Standpunkte, die mehr rechts sind, und es gibt Standpunkte, die mehr links sind. Es ist aber nicht so, dass nur linke Standpunkte demokratische Standpunkte sind. Das muss man schon einmal ganz klar zum Ausdruck bringen. (Beifall bei der ÖVP.)

Wenn man jetzt die Demokratie in Gefahr sieht, dann finde ich das schon bemerkenswert, denn man muss eines auch bedenken – das haben wir immer und mehrfach klargemacht, auch der Herr Bundeskanzler hat es hier noch einmal klargemacht, und es ist eigentlich fast müßig, dass man das dazusagen muss –: Es ist völlig klar, dass Österreich auf starken demokratischen Grundpfeilern steht, an denen sich überhaupt nicht rütteln lässt. Und wenn in einer Demokratie die beiden bei der letzten Wahl als Stärkste hervorgegangenen Parteien – das darf man schon auch einmal sagen – miteinander eine Regierungsbildung verhandeln, dann ist die Demokratie aufgrund der Wahl nicht in Gefahr. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesrät:innen der FPÖ.) Die Demokratie ist nicht in Gefahr, wenn die zwei stärksten Parteien miteinander eine Regierungsbildung verhandeln. (Zwischenruf bei der SPÖ.)

Was politische Inhalte betrifft, kann es sein, dass linke und grüne politische Inhalte bei dieser Regierungskonstellation eine geringere Rolle spielen. Ja, das wird wohl so sein, aber auch das ist Demokratie, meine Damen und Herren. 

Daher möchte ich hier im Rahmen dieser Debatte – eigentlich führen wir eine Debatte über die Regierungsumbildung – schon klarmachen: Wir sind eindeutig in einer Situation, in der es darum geht, Verantwortung für Österreich zu übernehmen. Wir stehen als Republik Österreich vor großen Herausforderungen. (Bundesrätin Schumann [SPÖ/W]: Und vor ein paar Schuldenbergen!) Diese großen Herausforderungen werden wir nur lösen können, wenn wir aufeinander zugehen. Wir sind unterschiedliche Parteien, wir haben unterschiedliche Standpunkte, das wird sich mit Wahlen auch immer wieder einmal verschieben. (Zwischenruf der Bundesrätin Hahn [SPÖ/NÖ].) Nach den Wahlen wird es aber, wenn es keine absoluten Mehrheiten gibt, immer wieder notwendig sein, dass man aufeinander zugeht, inhaltliche Lösungen findet und die Verantwortung für dieses Land übernimmt. Dazu ist diese Übergangsregierung bereit – die Republik liegt bei unserem Bundeskanzler Schallenberg in guten Händen – und dazu ist auch die Österreichische Volkspartei in den Regierungsverhandlungen bereit. Das machen wir nicht für die Partei, sondern für Österreich. (Beifall bei der ÖVP.)

11.00

Vizepräsident Michael Wanner: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Bundesrat Stefan Schennach

Die angezeigte Rede ist noch nicht nach § 65 Abs. 2 GO-BR autorisiert.