11.00

Bundesrat Stefan Schennach (SPÖ, Wien): Danke sehr, Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Ja, ich weiß, Umfaller sind immer schwer zu argumentieren. Da braucht man blumige, wortgewandte Ausführungen. (Beifall bei der SPÖ sowie der Bundesrätin Kittl [Grüne/W].) 

Lieber Kollege Himmer, zwischen einem Gartenschlauch und einem Rückgrat ist aber ein Riesenunterschied. (Heiterkeit bei Bundesrät:innen der SPÖ.) Sie sind der Inhaber eines Gartenschlauchs und keines Rückgrates. (Beifall bei SPÖ und Grünen.)

Sie haben ja auch eine enorme Wandlungsfähigkeit in Ihrem Leben bewiesen: wenn ich an die Zeiten denke, als es in Wien noch hieß: Himmer wählen, Bonzen quälen! (Bundesrat Himmer [ÖVP/W]: Umgekehrt! Umgekehrt!) – oder „Bonzen quälen, Himmer wählen“, wie auch immer; er erinnert sich noch, das ist ja immerhin schon etwas –, und wenn man Sie heute so hört. 

Offensichtlich waren Sie Chefverhandler der versuchten Dreierkoalition seitens der ÖVP. Sie haben so unglaubliches Insiderwissen hier breitgetreten (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ – Bundesrat Himmer [ÖVP/W]: Ich weiß, wer der Babler ist, ich weiß, wer der ... ist! Das wissen wenige!), dass ich Sie direkt bitte, mit Ihrer Biografie schön langsam anzufangen, damit wir das alles nachvollziehen können. 

Wenn wir uns nämlich zurückerinnern, was Kollege Himmer gesagt hat, aber auch was Herr Spanring gesagt hat – das ist übrigens ziemlich wortident, wobei Spanring im Gegensatz zu Himmer nicht am Verhandlungstisch saß; der war noch außerhalb –: Es war doch so, dass sowohl die Vermögensteuer als auch die Erbschaftssteuer als auch die Schenkungssteuer, die an die Erbschaftssteuer gebunden ist, längst vom Tisch waren. Das Einzige, was auf dem Tisch lag, war die Bankenabgabe. Ich danke, liebe FPÖ, dass ihr diese wichtige Idee der Sozialdemokratie neu in die Verhandlungen einbringt. (Beifall bei der SPÖ.)

Unsere neu gewählte Präsidentin – die ich noch nicht sehe, um ihr zu gratulieren – hat gesagt: Unverhältnismäßig belasten darf man die junge Generation nicht!

Der bisherige Finanzminister hat sich ja vertschüsst. Zu Herrn Spanring noch gesagt: Ein Monat hat es gedauert, Kollege Spanring, dass ihr für eure Verhandlungen die Zahlen aus dem Finanzministerium bekommen habt, wie es mit der Budgetlage wirklich ausschaut! Das Finanzministerium war nicht in der Lage, zu sagen, wie hoch das Defizit Österreichs ist. Wisst ihr, wer das liefern musste? – Brüssel musste das liefern. Es hat nur blöderweise ein Monat gedauert. 

Jetzt ist es ein bisschen schneller gegangen, weil eben drei Parteien diese Zahlen geliefert haben. Bei einem Monat fragt sich aber jeder: Wie kann das sein? Man hat einen hoch bezahlten Finanzminister, ein riesiges Ministerium, und man hat keine Ahnung, wie es um das Budget steht. Das ist ja ein Irrsinn! 

Jetzt schaut es so aus, dass die Zahlen da sind, und jetzt kommt es: Ja, FPÖ, es ist richtig, es wird eine Bankenabgabe geben müssen, weil wir in diesem Land nicht alles zusammenstreichen können. Wir können weder im Sozialen noch in der Kultur noch in der Bildung alles ratzeputz für diese Milliarden zusammenstreichen, die ja nur heuer mit über 6 Milliarden Euro so klein ausschauen. 

Nächstes Jahr wird es bitter. Womöglich fangen wir dann noch an, als Nächstes im Bereich des Arbeitsmarktservice umfangreich den Sparstift anzusetzen. (Zwischenruf des Bundesrates Spanring [FPÖ/NÖ].) Ihr seid auf dem besten Weg, jene islamistischen Kreise zu unterstützen, die am liebsten Frau und Kinder zu Hause haben, damit keine Integration passiert. Dafür bekommen sie künftig auch noch bezahlt. Die Herdprämie ist die größte Erfindung des Unsinns, seit es Unsinn gibt. (Beifall bei SPÖ und Grünen. – Zwischenruf des Bundesrates Spanring [FPÖ/NÖ].) – Nein, es geht darum (Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: Ziemlich rassistisch! ...! ) – komm, Herr Kollege Spanring! –, worum es immer geht: dass wir Integration nur schaffen können, wenn die Kinder möglichst früh in die Kindergärten kommen. (Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: Das funktioniert in Wien sehr gut!) Das solltest du wissen. Das ist wichtig, da passiert die Integration, und dann gibt es auch die Möglichkeit für Deutschkurse für Frauen. Das ist etwas ganz substanziell Wichtiges. 

Kommen wir aber zurück zu der heutigen Rede! Lieber Kollege Wanner, ich würde gerne in deiner Rede eine Person austauschen: Du hast Merz zitiert, ich würde lieber Fischler zitieren. Was gestern im Deutschen Bundestag geschehen ist – gerade 80 Jahre nach der Befreiung von Auschwitz –, ist der Einbruch dessen, worauf sich Europa verständigt hat: nie wieder rechtsradikalen Kreisen eine Bühne zu geben. Diese gestrige Beschlussfassung im Deutschen Bundestag ist eine Schande und ein Einbruch. Dafür wird Merz noch geradestehen müssen. Deshalb denke ich mir, in der ÖVP hat Franz Fischler klare, richtige und mutige Worte gesagt.

Sehr geehrter Herr Bundeskanzler und Außenminister, wenn ich auf Ihre Worte zurückkommen darf: Sie haben ein paar Grundprinzipien genannt. Ein Grundprinzip werden Sie nicht halten können. Prof. Trappel sagt: „Die FPÖ ist die größte Bedrohung der Medienfreiheit in der Zweiten Republik“. Das ist ein Fakt. (Beifall bei SPÖ und Grünen.)

Ich kann von hier aus nur noch einmal alle bitten, die in Sorge sind: Unterstützen Sie die Petition betreffend den ORF! Eine weitere Zerschlagung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks wäre eine Katastrophe für die österreichische Medienlandschaft. Warum ist das wichtig? (Unruhe bei der FPÖ.) – Das wollen Sie nicht hören, Sie können ruhig rumoren.

Warum ist die Haushaltsabgabe so wichtig? – Weil der ORF als unabhängige öffentlich-rechtliche Medienanstalt in den Händen der Bürger und Bürgerinnen ist (Ruf bei der FPÖ: Unabhängig? – Ha, ha!) und nicht in den Händen einer Regierung. (Beifall bei SPÖ und Grünen.)

Wir wollen keine Mediensituation wie in Ungarn. In Ungarn ist im Grunde die Medienvielfalt zerstört. In ganz Europa versuchen rechtsextreme Regierungen, das öffentlich-rechtliche Rundfunkgeschehen zu zertrümmern, indem man immer wieder sagt: Das muss ins Budget! – Wenn das im Budget ist, dann ist das die größte Gefahr für alle solche Anstalten. Deshalb wird zum Beispiel auch die BBC, die Mutter des Öffentlich-Rechtlichen, nicht aus dem Budget, sondern über Gebühren finanziert, und deshalb ist es auch ganz, ganz wichtig, dass wir die Finanzierung des ORF nicht ins Budget stecken, damit nicht jährlich herumverhandelt wird. 

Und man darf eines nicht vergessen: Der ORF hat in den letzten Jahren bereits 300 Millionen Euro eingespart. Wenn Sie jetzt so weitermachen, dann ist die Substanz des Unternehmens kaputt. Und was bedeutet es, wenn der ORF kaputt ist? - Dann ist ja auch die Filmwirtschaft kaputt, denn eine ganz wesentliche Initiative vom ORF geht auch in den österreichischen Film, und ich glaube, dass das etwas ist, was wir niemals vergessen sollten. (Bundesrat Schreuder [Grüne/W]: Arbeitsplätze!) – Bitte? (Bundesrat Schreuder [Grüne/W]: Viele Arbeitsplätze!) – Ja, es geht um sehr viele Arbeitsplätze, das darf man nicht vergessen, gerade in der Filmwirtschaft, und Österreich hat da eine Tradition.

Wir kommen wieder in die Situation – Herr Bundeskanzler, Sie waren gerade im Ausland, ich komme gerade aus Straßburg –, dass man ständig gefragt wird – und interessanterweise von den Schwesterparteien der ÖVP –: Wie konnte das passieren? Und plötzlich kommt man wie seinerzeit bei Waldheim wieder in die Situation, zu sagen: Ja, aber ich habe die nicht gewählt! – Das ist etwas, das einfach bedrückend ist. Ich kann euch nur sagen: Eure Schwesterparteien von der EVP, der Europäischen Volkspartei, sind angesichts dessen, was hier in Österreich passiert, extrem besorgt, und das wird nicht so einfach sein.

Ein letzter Satz noch, Herr Bundeskanzler: Ich bin froh, dass Österreich seine Zahlungen an die UNRWA wieder aufgenommen hat. Es ist ein schwerer Schlag, dass ab heute das israelische Gesetz in Kraft tritt, wonach alle Kontakte mit der UNRWA abgebrochen werden und alle entsprechenden Stellen verboten werden. Jetzt, da in Gaza bei diesem Desaster apokalyptischen Ausmaßes die Hilfe koordiniert werden muss, kann nur die UNRWA diesen Kontakt mit dem israelischen Militär herstellen. Das kann sie derzeit nicht machen, weil das verboten ist. Österreich hat seine Zahlungen nur kurz ausgesetzt. Das ist richtig und wichtig.

Herr Bundeskanzler, eine Kollegin von Ihnen aus Ihrer Parteifamilie, die frühere griechische Außenministerin Dora Bakogianni, hat vor zwei Tagen einen Bericht zur Notwendigkeit einer erneuerten regelbasierten internationalen Ordnung vorgelegt. Darin schreibt sie, die Zunahme von Autoritarismus, Nationalismus, Isolationismus, Unilateralismus und reine Machtpolitik haben dazu geführt, dass wir all diese Formen der Friedenssicherung, des Handelns und auch der Demokratie immer mehr verlieren. Das ist ein Bericht von Dora Bakogianni, der wirklich Alarm schlägt.

Deshalb noch einmal: Ich bin froh, dass wir im Sommer unsere Zahlungen an die UNRWA wieder aufgenommen haben, aber ich denke, à la longue sollten wir sie auch erhöhen. – Ich danke. (Beifall bei SPÖ und Grünen.)

11.12

Vizepräsident Michael Wanner: Danke schön.

Als Nächste ist Bundesrätin Irene Partl zu Wort gemeldet.

Die angezeigte Rede ist noch nicht nach § 65 Abs. 2 GO-BR autorisiert.