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Bundesrat Michael Wanner (SPÖ, Salzburg): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Landeshauptmann! Herr Staatssekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen und alle, die uns hier zusehen! Bei mir sind zwei Aussagen von Ihnen hängen geblieben, und ich weiß noch immer nicht ganz, wie ich damit umgehe; in der Vorbereitung habe ich mich aber schon entschieden.
Altes geht zu Ende, Neues beginnt – Habeck. So, jetzt war die Überlegung: Gehe ich auf den Alten ein oder gehe ich auf die Neue ein? (Bundesrat Schreuder [Grüne/W]: Wer ist der Alte und wer ist der Neue?)
Das zweite Zitat, das jetzt hängen geblieben ist: Nicht zurückschauen, sondern nach vorne schauen! – Ich habe mich dafür entschieden, auf den Istzustand zu schauen, denn das ist der, der uns momentan berührt, der uns momentan auch beschäftigt. Nach vorne schauen können wir dann als Salzburger mit der neuen Landeshauptfrau. Und ich finde es wirklich klass, wenn man von WM und von Festspielen redet, die toll sind; letzten Endes geht es aber bei uns um die Nöte der Menschen, die Nöte der Menschen draußen, die teilweise nicht wissen, wie sie ihr Leben bestreiten sollen. (Beifall bei der SPÖ.)
Weil die politischen Ränder von Ihnen angesprochen wurden: Es war nicht die SPÖ, die die politischen Ränder in die Politik hereingeholt hat oder hereinholen wollte. In Salzburg war es die ÖVP, die die Freiheitlichen hereingeholt hat und mit ihnen jetzt eine rechtsrechte Politik betreibt.
Was mir bei Ihrer Rede ein bisschen abgegangen ist: Sie haben von Weltpolitik gesprochen – ja, die können wir vielleicht beeinflussen –, aber für mich haben Sie etwas zu wenig über die Landespolitik gesprochen. Sie sind Landeshauptmann – noch –, und da gibt es eigentlich ganz, ganz viele Dinge, die zu besprechen wären, die zu lösen wären und die über diesen Schatten hinaus, den Sie angesprochen haben – lassen wir den anderen auch einmal gelten, mit Anträgen und so weiter –, durchaus auch gemeinsam zu machen wären. Bei der Opposition in Salzburg ist es ja nicht so, dass man Sie nicht will, Herr Landeshauptmann; Sie werden von mir persönlich, aber auch insgesamt in der SPÖ sehr geschätzt.
So, zwei Jahre Salzburger Landesregierung, Schwarz-Blau: Was nach außen gedrungen ist – ich glaube, da werden mir alle recht geben –, sind der Otter- und der Wolfsabschuss und vielleicht noch die Salzburger Au, die Antheringer Au, die 37 Millionen Euro gekostet hat. Ich werde nachher noch einmal auf genau das zurückkommen, nämlich auf Ihre Aussage, die Sie am 8. Mai im Salzburger Gemeinderat getätigt haben: Ich habe oft den Eindruck, dass es in der Politik nur um „Machterlangung“, Machterhalt, „Machtausbau“ geht. „Das ist völlig verfehlt.“ Es werde eine „große Aufgabe sein, die vorhandenen begrenzten Mittel richtig und sparsam einzusetzen“. – 8. Mai 2024, zum Thema Antheringer Au.
Herr Landeshauptmann, Sie waren bei der letzten Sitzung, bei der unsere Frau Präsidentin ihre Antrittsrede gehalten hat, nicht hier. Das ist eigentlich ganz, ganz selten, dass ein Landeshauptmann bei der ersten Sitzung nicht anwesend ist. Es war uns aber schon klar, Sie haben damals die Salzburger Koalition retten müssen, und genau aufgrund dieses Machterhalts, den Sie bekritteln, haben Sie einen Deal – ich habe es das letzte Mal schon als Kuhhandel bezeichnet, und Silvester Gfrerer weiß, was ein Kuhhandel ist – gemacht und der FPÖ die weitere Beteiligung an dieser Regierung abgekauft. Das ist der Machterhalt, den Sie bekrittelt haben.
Ich verstehe die Freiheitlichen eh, dass sie gegen Edtstadler sind, denn die hat ja immerhin zur Impfpflicht gesagt, dass es „mit Einführung der Impfpflicht eigentlich rechtswidrig ist, in Österreich zu wohnen und nicht geimpft zu sein“. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) „Und daran können sich natürlich auch andere Konsequenzen“- - (Ruf bei der FPÖ: Herr Kollege! Mitgemacht!) – Ja, ja, aber wir haben das so nicht gesagt. Das war jemand anderer. Ihr habt euch in Salzburg genau dieses abkaufen lassen: mit Posten, mit Ressorts und so weiter. (Zwischenrufe bei der FPÖ.)
Und seitdem hat halt – und das werden wir uns ja dann noch anschauen – die FPÖ das Feindbild Karoline Edtstadler herausgearbeitet, hat gewusst, gegen wen sie ist. Dann ist im Nachhinein ja noch ein kleines Foul dazugekommen, nachdem man sich bei dieser Regierungsverhandlung schon geeinigt hatte, als wir deine (in Richtung Präsidentin Eder-Gitschthaler) Rede besprochen haben: „Edtstadler ist es nicht wert“, dass eine Koalition aufgekündigt wird. Herr Landeshauptmann, Sie haben recht: Mit zwei Bussi-Bussi ist das alles wieder erledigt – Sie haben das auch im ORF, glaube ich, so gesagt.
Jetzt noch einmal: Ich habe den Eindruck, dass es in der Politik nur um „Machterlangung“, um Machterhalt und um „Machtausbau“ geht. (Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: ... SPÖ ...!) „Das ist völlig verfehlt.“ Es wird eine „große Aufgabe sein“, begrenzt vorhandene „Mittel […] sparsam einzusetzen“.
Jetzt kommen wir zu den begrenzten Mitteln, und ich als Salzburger Abgeordneter beziehe mich da auf Salzburg. Es tut mir leid für alle anderen, aber wenn ich heute den Vorsitzenden der Landeshauptleutekonferenz hier habe, dann schlägt dessen Meinung durchaus auf alle anderen Bundesländer durch, und deswegen gehe ich hier auf Salzburg ein und darauf, was dort passiert.
Kindergärten: Die zuständige Vizelandeshauptfrau winkt bei der Erhöhung der Kostenersätze für den Gratiskindergarten – für den Vormittag – ab, sagt, das gehe sie nichts an. Ich sage: FPÖ und ÖVP in Salzburg fahren ein Verarmungsprogramm – kein Zukunftsprogramm, sondern ein Verarmungsprogramm. Die Gemeinden werden im Stich gelassen, und ich komme nachher noch auf ein paar Beispiele betreffend die Gemeinden zurück. – Das ist eigentlich erschütternd.
Wir haben das letzte Mal auch das Thema Herdprämie gehabt (Zwischenruf bei der FPÖ): Frauen, die zu Hause bleiben und ihre Kinder betreuen, bekommen 80 Euro im Monat. Leute, das ist eigentlich ein Wahnsinn, das ist ein Verarmungsprogramm für Frauen – Frauen, die im Leben stehen, Frauen, die erwerbstätig sind und vor allem Frauen in der Pension! Das ist ein Verarmungsprogramm, was Sie da in Salzburg fahren (Beifall bei der SPÖ), anstatt Betreuungsplätze zu schaffen, Pädagog:innen zu binden und auszubilden.
Am 7.2., das ist noch gar nicht so lange her, ist in der SN gestanden, dass 1 Million Euro an Einsparung kommen soll, obwohl man in jeder Sonntagsrede hört: Die Kinder und Jugendlichen sind das höchste Gut unserer Gesellschaft. – Und genau in der Kinder- und Jugendförderung sparen wir in Salzburg 1 Million Euro ein – gratuliere! Das zu der Aussage: Es ist wichtig, das Geld richtig einzusetzen. – Bei Kindern zu sparen, Herr Landeshauptmann, das tut schon weh. (Beifall bei der SPÖ.)
Kommen wir zum nächsten Bereich: Der Heizkostenzuschuss wurde in Salzburg von 600 Euro auf 250 Euro reduziert. Die Leute, die das brauchen, denen kalt ist, sitzen da und sagen: Klasse! Voriges Jahr habe ich mir das Heizen leisten können, jetzt nicht mehr. – Wenn das kein Verarmungsprogramm ist?! Seien Sie mir nicht böse!
Community-Nurses: Nachdem die EU die Zahlungen für die Weiterfinanzierung eingestellt hat – und das sage ich jetzt schon: zum Leidwesen der pflegenden Angehörigen –, hat man in Salzburg nichts anderes gemacht, als zu sagen: Wir zahlen jetzt auch nichts mehr! – So, wer leidet darunter? – Die zu Pflegenden, die Pflegenden, die zu Hause sind. Mehrere Anträge, die wir gestellt haben, dass man pflegende Angehörige im Land anstellt, so wie es das Burgenland grandios macht, wurden immer wieder vertagt oder man hat gemeint: Nein, das wollen wir nicht, das kann man nicht. – Warum? Das ist doch genau das, Herr Landeshauptmann, bei dem man sich gemeinsam hinsetzen und sagen kann: Machen wir etwas Neues, denken wir anderes an! – Letzten Endes werden 50 Prozent dieser Nurses wahrscheinlich gekündigt werden müssen. Das ist ein Verarmungsprogramm gegenüber den Pflegenden, gegenüber unserem Sozialsystem! (Beifall bei der SPÖ.)
Ich kann jetzt weitergehen zu Pflegeheimen, die stockweise leer sind, weil es dort keine ausgebildeten Pfleger gibt. Ja, eh klar: Mit der FPÖ wird man keine ausländischen Pfleger hereinholen können – aber da hätten Sie (in Richtung Landeshauptmann Haslauer) halt einen anderen Partner suchen müssen. Faktum ist wieder: Es ist ein Verarmungsprogramm, das Sie dort mit der FPÖ fahren, aber das geht eh nur mit der FPÖ.
Familienbeihilfe: Einsparungen bei Familienbeihilfe und Familienberatung ist auch etwas, das alle von uns trifft, egal welcher Couleur man angehört.
Und jetzt kommen wir zur Wohnbauförderung – ich fasse es zusammen –: Die Wohnbauförderung ist dazu da, dass sich Menschen, die nicht so viel Geld haben wie wir zwei (in Richtung Landeshauptmann Haslauer), Wohnungen leisten können und dass man diese unterstützt. Und was passiert? – In den letzten Jahren sind 172 Millionen Euro der Wohnbauförderung ohne Zweckwidmung in den Landeshaushalt zurückgeflossen. Man hat dort den Haushalt mit der Wohnbauförderung saniert. Gott sei Dank gibt es jetzt Bestrebungen, dass die Wohnbauförderung zweckgebunden sein soll. Das hätte man damals mit einem Antrag schon längst machen können, Herr Landeshauptmann. Wir als SPÖ haben ihn gestellt.
Jetzt kommen wir zu den Gemeinden – boah, da wird es hart, denn da müssen hier jetzt ein paar die Hände unter den Tisch halten und nicht mit mir mitklatschen, weil hier ja sehr viele Bürgermeister der ÖVP sind –: Den Gemeinden steht das Wasser bis zum Hals. „Das ist keine Jammerei – es brennt finanziell“. – Das hat nicht der Wanner gesagt, das hat nicht ein sonstiger SPÖler gesagt, sondern der ehemalige Landtagsabgeordnete, der Bürgermeister aller Bürgermeister in Salzburg, Manfred Sampl, ÖVP-Bürgermeister und Gemeindeverbandsvorsitzender. 15 bis 20 Gemeinden werden den Ausgleich des Budgets nicht mehr schaffen. – Freunde, und dann sitzt eine Landesregierung da und sagt zu Anträgen der SPÖ, dass man sich gemeinsam überlegen soll, langfristige Absicherungen der Gemeinden zu überdenken: Das machen wir sicherlich nicht!?
Aber was macht man als Landesregierung? – Man schnürt ein ganz tolles Gemeindepaket über 20,5 Millionen Euro. Und jetzt zuhören – ganz genau zuhören! –: Von diesen 20,5 Millionen Euro sind 16,5 Millionen Euro aus dem GAF herausgenommen worden. Das ist Geld, das eh schon den Gemeinden gehört. Also das ist ja wohl ein Treppenwitz! Der Rest ist dann draufgepackt worden.
Und dass dann überhaupt noch weitergeredet wird! Herr Landeshauptmann, der Rechnungshof sagt, dass jährlich zwischen 6,9 und 8,4 Millionen Euro – je nach Jahr – aus dem Gemeindeausgleichsfonds an Dritte ausbezahlt werden, wie zum Beispiel an den Verkehrsverbund, der in Summe 10 Millionen Euro erhält. Da wird den Gemeinden das Geld weggenommen – weggenommen! –, das ihnen zusteht! Das ist ein Verarmungsprogramm gegenüber Gemeinden, und dagegen hätte man etwas tun sollen. Ich bin neugierig, ob es zukünftig Tätigkeiten gibt, damit man das verbessert.
Das, was mir am meisten wehtut, Herr Landeshauptmann, das ist schon, dass die Demokratie im Landtag geschwächt wird. Da werden bei der Akteneinsicht seitenweise Akten geschwärzt, Einschränkungen bei Anfragen sind jetzt im Gespräch: Weil diese böse Opposition viel zu viel fragt und lästig ist, will man jetzt die Anzahl der Anfragen bei uns reduzieren. – Ich bin neugierig, ob man so etwas überhaupt machen wird, aber diskutiert wird es. Die Klubgelder sind gekürzt worden, aber die Gelder der Regierungsmitglieder sind erhöht worden. Das ist eine Gefahr für die Demokratie im Land, aber wahrscheinlich geht das Ganze eh nur mit der FPÖ.
Und ich sage es jetzt noch einmal – betreffend eingesetzte Gelder –: 37 Millionen Euro für eine Sumpflandschaft, die Antheringer Au, die noch dazu, wie unsere Karin Dollinger herausgefunden hat, auf einer Müllhalde liegt – und dieser Müll muss erst entsorgt werden, das ist aber in dem Kaufpreis noch gar nicht inbegriffen –, das werden wir uns in Salzburg noch einmal ganz genau anschauen. Es ist eigentlich eine Umverteilung von Geldern der Allgemeinheit hin zu einem ehemaligen – unter Anführungszeichen – „Baron“.
Herr Landeshauptmann, zum Abschluss noch einmal: Sie als Person schätze ich, Ihre Politik aber sehe ich teilweise sehr, sehr kritisch. (Landeshauptmann Haslauer: Oha!) – Das haben wir im Landtag nie gehabt, gell? Schauen wir einmal, ob Karoline Edtstadler da vielleicht eine andere Richtung einschlägt. (Bundesrat Schennach [SPÖ/W]: Genau, genau, sicher!) Da ich sie von der Bundespolitik kenne, befürchte ich, dass sie das nicht tut.
Für Ihre Pensionierung wünsche ich Ihnen alles Gute, und ja, vielleicht können Sie ein bisschen etwas weitergeben, damit sich etwas ändert. Sie haben es nicht immer zusammengebracht. (Beifall bei der SPÖ.)
Herr Landeshauptmann, danke. (Bundesrat Wanner reicht Landeshauptmann Haslauer die Hand.)
10.01
Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Marlies Doppler. – Bitte, Frau Bundesrätin, ich erteile es Ihnen.