RN/27

13.21

Bundesrat Michael Bernard (FPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Vizekanzler! Damen und Herren Minister! Herr Staatssekretär! Liebe Kollegen im Bundesrat! Sehr geehrte Damen und Herren im Saal und vor den Bildschirmen! Die teuerste Regierung aller Zeiten nach den längsten Verhandlungen aller Zeiten mit dem schlechtesten Programm aller Zeiten (Zwischenrufe der Bundesräte Ruf [ÖVP/OÖ] und Ruprecht [ÖVP/Stmk.]) – das ist die Kurzzusammenfassung; aber es ist ja wahrlich eine Meisterleistung, und darauf können Sie stolz sein. 

Man wundert sich, was in der heutigen Zeit alles möglich ist. Wir haben es eh schon gehört: 14 Minister, sieben Staatssekretäre, und das in einer Zeit, in der sich die Bevölkerung aufgrund der letzten Wahnsinnsregierung – ÖVP und Grüne –, aufgrund der Rekordteuerungen das Leben nicht mehr leisten kann. Wir haben schon gehört, die Arbeitslosigkeit steigt und steigt – 430 000 Menschen –, es gibt 18 bis 20 Firmenpleiten pro Tag, das dritte Jahr in Folge in der Rezession. Überhaupt: Es gibt kein Licht am Ende des Tunnels. Man sieht es nicht. 

Da möchte man doch auch als Staatsbürger meinen, dass man eigentlich jeden Cent und jeden Euro zusammenkratzen müsste, um das Ruder irgendwie herumzureißen und um dieses Land aus der Misere herauszubringen. Diese Bundesregierung agiert aber nach dem Motto des Bundesrates Thoma von der ÖVP: Ja nicht in den Rückspiegel schauen, ja nichts aus den Fehlern der Vergangenheit lernen! Koste es, was es wolle! (Zwischenruf des Bundesrates Thoma [ÖVP/Vbg.].) Weiter milliardenschwere Fehlentscheidungen treffen! (Beifall bei der FPÖ.) 

Was aber macht der nächste Bundeskanzler namens Stocker? Erwähnung nur nebenbei: nach Schallenberg, dem sogenannten Zügelstraffer, und nach Nehammer, den ja kein einziger Wähler in diesem Land aber auch nur annähernd in die Nähe der Funktion gebracht hat, die er eingenommen hat. – Er verhöhnt die österreichische Bevölkerung weiter und teilt mit, dass diese aufgeblähte Regierung ja eh nur 25 Millionen Euro zusätzlich kostet.

Ja, Herr Kanzler Stocker, Ihre Glaubwürdigkeit und die Ihrer Partei ist beim sprichwörtlichen Teufel angekommen. Die Menschen haben ja nicht vergessen, was nach der Wahl alles ans Tageslicht getreten ist. (Zwischenruf des Bundesrates Ruf [ÖVP/OÖ].) Plötzlich war es da, das Milliardenloch. Frage an Bundesratskollegen Zauner: Wer hat jetzt Butter am Kopf: die ÖVP, die den Finanzminister gestellt hat – wer war derjenige? (Zwischenruf des Bundesrates Himmer [ÖVP/W]) –, oder die Grünen, die auch mitregiert haben? Man hat es bei all diesen Verdrehungen, Verrenkungen, Verwindungen, diesen Schwenks am laufenden Band aber eh gesehen: Manche haben ein Rückgrat und manche halt einen Gartenschlauch im Körper eingebaut. (Beifall bei der FPÖ.) 

Herr Kanzler, ist es nicht ein Verrat an Ihren eigenen Grundsätzen, den Sie sich jetzt als Kompromiss schönzureden versuchen, wenn zwei Wirtschaftsparteien, eine konservative und eine neoliberale, jetzt den Teppich für den Marxismus im Finanzministerium ausrollen? Jetzt sitzt er drinnen, im Finanzministerium, der fleischgewordene, personifizierte Klassenkampf, den diese beiden Wirtschaftsparteien angeblich immer bekämpft haben. (Zwischenruf des Bundesrates Schreuder [Grüne/W].) Unehrlichkeit, Besitzstandsdenken, Postenschacher, Reformverweigerung, EU-Hörigkeit, Unfreiheit, Asyldesaster, Wohlstandsverlust, Belastungen, Neutralitätszerstörung, Prinzipienlosigkeit und Stillstand: Das ist das Allerletzte, was die österreichische Bevölkerung jetzt braucht und was die Österreicher wollen. (Beifall bei der FPÖ.)

Dieses Regierungsprogrammpapier ist ja nichts anderes als eine inhaltliche Leermeldung. Keine Rede von Strukturreformen – wo sind die, wo sind die Entlastungsimpulse? –, von der Beseitigung von Zwängen, ungerechtfertigten Privilegien – nichts davon ist da; kein wirklicher Stopp der illegalen Zuwanderung, kein echter Grenzschutz, keine Quote null, keine Remigration, kein Kappen des Zugangs für Asylanten zur Staatsbürgerschaft und zur Mindestsicherung, keine Festung Österreich. 

Restriktive Asylpolitik hindert uns nicht daran, zu importieren und zu exportieren – das sieht man ja an der Festung Dänemark –, aber sie schützt unsere Bevölkerung vor täglich mehrfachen Einzelfällen. Zu Kollegen Schennach, der gerade wieder einmal schläft (Bundesrat Schreuder [Grüne/W]: Es wird nicht besser!), nur dazugesagt: Wo soll man sich das Positive heraussuchen, wenn täglich Kinder, Jugendliche, Männer, Frauen abgestochen werden, vergewaltigt werden und so weiter? (Zwischenruf des Bundesrates Ruprecht [ÖVP/Stmk].) Wo soll man sich das Positive heraussuchen? (Beifall bei der FPÖ. – Bundesrat Schennach [SPÖ/W]: In den Spitälern zum Beispiel!)

Es gibt ja in dem Regierungsprogramm auch kein Verbotsgesetz gegen den politischen Islam. – Ja, bitte schön, warum einfach, wenn es kompliziert auch geht? Da machen Sie lieber die Massenüberwachung für alle Österreicher. Herr Minister Karner wartet schon in den Startlöchern. (Zwischenruf des Bundesrates Schreuder [Grüne/W].) Wichtig wäre, aber darüber hört man nichts: Es gibt keine Sanierung des Gesundheitssystems. Ihre Ambitionen hinsichtlich Pflegeproblematik sind wie ein Ledlamperl im Anfangsstadium – aber überhaupt keine Entwicklung in Richtung Leuchtturm, von dem ihr immer sprecht. (Beifall bei der FPÖ.)

Belohnung von Leistung, das brauchen wir jetzt, nicht vielleicht irgendwann einmal am Sankt-Nimmerleins-Tag unter Budgetvorbehalt. Gerade die in den letzten Jahren extrem hohe Inflation, der die Österreicher ausgesetzt sind und waren, hatte darüber hinaus indirekt auch Auswirkungen auf die vielen Wirtschaftstreibenden und Unternehmer und die von ihnen zu zahlenden Zwangsbeiträge. Durch die Teuerungen erhöhten sich auch die der Berechnung der Kammerumlagen zugrunde liegenden Bemessungsgrundlagen, die unter anderem auf der dem Kammermitglied in Rechnung gestellten Umsatzsteuer beziehungsweise der Lohnsumme beruhen. Somit erhöhten sich mit jeder Teuerung auch die den Kammermitgliedern in Rechnung gestellten Kammerbeiträge. Ein diesbezüglicher Antrag der FPÖ betreffend „keine Mehrbelastungen für Zwangsmitglieder der Wirtschaftskammern Österreich durch infolge der Teuerung steigende Kammerbeiträge“ wurde von den damaligen Regierungsparteien sowie auch von der SPÖ im Nationalrat am 17. November 2022 selbstverständlich abgelehnt. 

Der Blick auf die Zahlen offenbart, in welchem Ausmaß die Wirtschaftskammern von dieser Entwicklung profitieren. Die gesamten, überwiegend aus Pflichtbeiträgen lukrierten Einnahmen stiegen um 2,3 Prozent und beliefen sich im Jahr 2023 auf 1,3 Milliarden Euro. Damit steigen auch die Reserven der gesetzlichen Interessenvertretung auf ein Allzeithoch: Die aus Bundeswirtschaftskammer, Landeskammern und Fachgruppen bestehende Wirtschaftskammerorganisation hortet inzwischen den unglaublichen Betrag von 2 Milliarden Euro an Reserven für schlechte Zeiten. 

Aus Sicht der unterfertigten Abgeordneten steht außer Streit, dass Unternehmer eine Interessenvertretung benötigen; aber die Interessenvertretung muss sich an den Bedürfnissen und der ökonomischen Situation ihrer Mitglieder orientieren und vor allem auf Freiwilligkeit beruhen. (Beifall bei der FPÖ.) Im Interesse der Unternehmer würde dadurch auch Wettbewerb zwischen Interessenvertretungen entstehen, was sich unter anderem positiv auf Kundenorientierung, Qualität und Serviceleistung auswirken würde – ein Wettbewerb im Übrigen, dem die Unternehmer und Wirtschaftstreibenden tagtäglich ausgesetzt sind. (Präsidentin Eder-Gitschthaler übernimmt den Vorsitz.)

Wir bringen daher den nachstehenden Entschließungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der Bundesrät:innen Michael Bernard, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Zwangsmitgliedschaft zur Wirtschaftskammer abschaffen / Opting Out ermöglichen“

Der Bundesrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat und dem Bundesrat umgehend eine Regierungsvorlage zuzuleiten, mit welcher eine ‚Opting out‘-Möglichkeit von der Pflichtmitgliedschaft in der Wirtschaftskammer für Unternehmer geschaffen wird.“ 


(Beifall bei der FPÖ.)

13.30

Der Gesamtwortlaut des Antrages ist unter folgendem Link abrufbar: 

RN/27.1

TOP1 Unselbständiger Entschließungsantrag: Zwangsmitgliedschaft zur Wirtschaftskammer abschaffen / Opting Out ermöglichen-Image von Michael Bernard

Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Der von den Bundesräten Michael Bernard, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend „Zwangsmitgliedschaft zur Wirtschaftskammer abschaffen / Opting Out ermöglichen“ ist genügend unterstützt und steht damit mit in Verhandlung.

Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Simone Jagl. – Bitte, Frau Bundesrätin, ich erteile es Ihnen.