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13.30

Bundesrätin Simone Jagl (Grüne, Niederösterreich): Danke schön, Frau Vorsitzende! Frau Präsidentin! Werte Mitglieder der Bundesregierung! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Herr Vizekanzler! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen – Besucher:innen haben wir gerade nicht –, Zuseherinnen und Zuseher zu Hause! Wenn ich mir die Reden der FPÖ so anhöre, die langen, ausführlichen Reden – und wir alle müssen das (Zwischenrufe bei der FPÖ–, dann frage ich mich wirklich, ob das alles ernst gemeint ist oder ob man das schon unter politische Satire oder Kabarett einordnen kann. (Beifall bei der SPÖ.) Es ist wirklich schon erstaunlich, was ihr da manchmal vorbringt.

Vieles von dem, Kollege Bernard, wird nicht richtiger, auch wenn man es noch so oft wiederholt. Da muss ich auch Kollegen Zauner recht geben, der vorhin gesagt hat: Was ihr von euch gebt, ist einfach nur ein Blick nach hinten. Das ist nur ein Draufhauen, das ist überhaupt nicht konstruktiv – das ist destruktiv, kann man da nur sagen. (Beifall bei Grünen, ÖVP und SPÖ sowie der Bundesrätin Sumah-Vospernik [NEOS/W].)

Bei all dem Getöse und Gepolter wird mir aber eines noch klarer: Es wird klar, wie wichtig es ist, eines zu würdigen, nämlich dass wir jetzt eine stabile und proeuropäische Regierung haben. Dazu gratuliere ich herzlich und ich sage auch ganz ausdrücklich Danke, denn wir wissen, es hätte anders kommen können. Dem Volkskanzler Kickl sind wir nur knapp entgangen. (Beifall bei Grünen, ÖVP und SPÖ sowie der Bundesrätin Sumah-Vospernik [NEOS/W]. – Ruf bei der FPÖ: Die nächste Psychose!– Nein, nein, keine Psychose, keine Sorge!

Was dieser Volkskanzler gerade in dieser weltpolitischen Lage bedeutet hätte, ist uns allen klar, und den meisten von uns hier im Saal ist auch klar, dass das nichts Gutes bedeutet hätte. Es hätte einen Kanzler bedeutet, der Europa geschwächt hätte, anstatt es widerstandsfähiger zu machen, einen, der auch in Brüssel mit fanatischer Begeisterung Öl ins Feuer gießt, genauso wie er es in Österreich auch tut. Da möchte ich auch eines noch wirklich ganz aufrichtig würdigen: die Kompromissbereitschaft, die Sie dann doch an den Tag gelegt haben, die wir auch eingefordert haben, und auch den Mut, einen zweiten Anlauf zu wagen und das Ganze dann doch noch zu landen, das verdient wirklich aufrichtige Anerkennung. – Danke schön. (Beifall bei Grünen, ÖVP und SPÖ sowie der Bundesrätin Sumah-Vospernik [NEOS/W].)

Wir Grünen haben in der Vergangenheit, glaube ich, oft genug bewiesen, dass wir konstruktiv zusammenarbeiten können, auch aus der Opposition heraus (Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: Österreich zerstören! Das eigene Land zerstören!), und wir werden das jetzt auch wieder tun. Gleichzeitig werden wir die Dinge da, wo es angebracht und notwendig ist, kritisch betrachten. Da haben wir schon auch ein paar Punkte zu den Vorhaben der neuen Regierung, und das ist auch der Grund, warum wir dem Entschließungsantrag so natürlich nicht zustimmen können.

Grundsätzlich ist es ja so, dass es im Regierungsprogramm einiges gibt, das im Prinzip eine Fortführung dessen ist, was wir in den letzten fünf Jahren schon begonnen haben, mit einem anderen Mascherl, damit man es natürlich besser als neu verkaufen kann. Das ist ja auch verständlich. Es gibt aber auch vieles, was fehlt, was ungenügend ist, und auch Dinge, die einfach – sagen wir einmal – vergessen wurden. 

Zum Beispiel beim Thema Arbeit: Da freuen wir uns natürlich, dass viele Dinge, die wir in den letzten fünf Jahren schon auf den Weg gebracht und erreicht haben, fortgesetzt beziehungsweise zum Teil sogar ausgebaut werden. Da sage ich nur ein paar Dinge: das Pflegestipendium, die Umweltstiftung, der erhöhte Bildungsbonus. All das sind Investitionen in die Zukunft und da sind wir natürlich weiter dabei.

Was aber fehlt, sind wirkliche Verbesserungen für Menschen in sozialen Berufen. Da ist die Frage: Wo bleibt der nächste Schritt für bessere Arbeitsbedingungen für Pflegekräfte, für Pädagog:innen, für die Menschen, die unsere Gesellschaft am Laufen halten? – Da ist noch viel Luft nach oben. Wir werden genau darauf schauen, dass das nicht unter den Tisch fällt. Da zählen wir doch dann ganz besonders auf die SPÖ. 

Zum Thema Bildung: Der Herr Bildungsminister ist leider nicht mehr da. Ich fand es interessant, dass er heute eigentlich nichts dazu zu erzählen hatte. Wir Grünen werden auch in diesem Bereich die Arbeit dort unterstützen, wo es im Sinne unserer Kinder ist, aber auch einmahnen, wenn es notwendige Reformen nicht gibt, wenn diese verschleppt werden, gerade Reformen, die besonders die NEOS seit Jahren zu Recht gefordert haben und für die Herr Bundesminister Wiederkehr jetzt zuständig ist.

Kinder sind unsere Zukunft, da sind wir uns hoffentlich einig. Sie sollten sich entfalten und angstfrei lernen können. Und ja, sie müssen gut Deutsch sprechen können. Chancengleichheit ist da der Schlüsselbegriff. Immer noch finden aber viele Eltern keinen adäquaten Kinderbetreuungsplatz oder können sich Nachhilfe nicht leisten, Nachhilfe, die eigentlich gar nicht notwendig sein sollte. Unsere engagierten Lehrerinnen und Lehrer geben wirklich ihr Bestes und das teilweise unter wirklich schwierigsten Bedingungen – an dieser Stelle ein herzliches Danke an die Pädagoginnen und Pädagogen, die wirklich tagtäglich für unsere Kinder ihr Bestes geben! (Beifall bei Grünen, ÖVP und SPÖ sowie der Bundesrätin Sumah-Vospernik [NEOS/W].)

Ich kenne viele Pädagoginnen und Pädagogen, die aufgrund der Umstände nach wenigen Jahren Unterrichts frustriert, massiv überlastet und ausgebrannt aufgeben.

Eine andere Sache ist auch, dass unser Bildungssystem gnadenlos aussortiert. Volksschulkinder, teilweise schon Sechs-, Sieben-, Achtjährige erleben wirklich enormen Druck, weil teilweise eine einzige Note über ihre Zukunft entscheidet. Es ist beschämend, dass wir Kinder schon so früh so sehr unter Druck setzen. (Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: Nur keine Leistung!) Der Ball liegt jetzt beim Herrn Bildungsminister. (Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: Da kommen lauter Grüne raus!) Fünf Jahre lang war er in Wien für Bildung zuständig. Da hat es oft geheißen: Na ja, der Bund ist zuständig! – Diese Ausrede gilt jetzt nicht mehr. Die Herausforderungen sind gewaltig. Wir stehen wie gesagt bereit, konstruktiv mitzuarbeiten, insbesondere bei Projekten, die wir als Grüne gestartet haben: Quereinstieg in den Lehrberuf zum Beispiel, Chancenbonus, die Sommerschulen. All das sind Initiativen, die fortgesetzt werden müssen.

Auch ein wichtiger Punkt – Kollege Schreuder hat es schon erwähnt, aber ich möchte es trotzdem auch noch einmal erwähnen, weil es einfach so ein wichtiger Punkt ist – ist die Kindergrundsicherung, die jetzt kommt und die auf vielen Vorarbeiten von Johannes Rauch aufbaut. Es freut uns natürlich sehr, dass das jetzt kommt. Die Kindergrundsicherung muss aber auch tatsächliche Verbesserungen bringen. Eine reine Umbenennung bereits bestehender Leistungen alleine genügt natürlich nicht. Da werden wir schon auch genau darauf schauen.

Zum Schluss das Thema Klimaschutz – ich werde nicht müde, das zu betonen –: Klimaschutz ist für die Menschheit essenziell und damit auch für die Menschen in Österreich. Das ist überlebenswichtig. Klimaschutz ist Menschenschutz. Dass diese größte Herausforderung unserer Zeit eine derart untergeordnete Rolle in der neuen Regierung spielen dürfte, ist schon besorgniserregend und eigentlich auch zutiefst verstörend. Da sind wir ehrlich gesagt gerade von der SPÖ ein bisschen enttäuscht. Klimaschutz ist kein Luxus, sondern eine Notwendigkeit. Es macht uns wirklich Sorgen, dass das von der Regierung offensichtlich anders gesehen wird. Wenn ich mir nur anschaue: Förderungen für Fotovoltaik und erneuerbare Energien werden gekürzt, Menschen, die ihre Heizungen klimafreundlich umrüsten wollen, werden mehr oder weniger im Regen stehen gelassen, für das Dieselprivileg und andere klimaschädliche Subventionen ist aber weiter Geld da.

Klimaschutz ist wirklich keine Frage der Ideologie, so wie es uns manche von rechter Seite, aber auch von konservativer Seite einreden wollen, Klimaschutz ist einfach Vernunft, was wir gerade dann erkennen, wenn wir uns anschauen, was jetzt schon passiert. Vielen dürfte nicht bewusst sein, was wir gerade erleben, aber wir erleben gerade eine Dürre. Eine moderne Dürre ist ein bisschen anders als die biblische Dürre, von der wir die Geschichten kennen, bei der man irgendwie den Eindruck hat, dass da von heute auf morgen Menschen verhungert sind. Unsere Supermärkte sind noch gefüllt mit frischem Obst und Gemüse, aber die Felder vertrocknen, die Reben vertrocknen. Im Burgenland wird es heuer keinen Eiswein mehr geben, auch heuer nicht. Die Landwirtinnen und Landwirte haben zu kämpfen, weil es so trocken ist, und das nicht nur in Österreich, sondern in ganz Europa.

Was heißt das? – Produziert wird vermehrt in Glashäusern, in Gewächshäusern, die teuer betrieben werden müssen, teuer vor allem fürs Klima, nur damit quasi weiterhin frisches Obst und Gemüse in den Supermarktregalen vorhanden ist, damit wir einerseits natürlich die Versorgung sicherstellen, aber auch bis zu einem gewissen Grad den Schein aufrechterhalten können, dass eh alles normal ist. Normal ist das, was passiert, aber schon lange nicht mehr. Die Dürre wird anhalten, wird auch heuer Schäden verursachen. Bei den nächsten Extremwetterereignissen ist die Frage nicht, ob sie stattfinden werden, sondern wann. All das findet unserer Meinung nach in der neuen Regierung nicht genügend Beachtung, das ist einfach nicht zu verstehen, ja das ist bis zu einem gewissen Grad Zukunftsvergessenheit. Klimaschutz ist keine Option mehr, sondern eine Pflicht. (Beifall bei den Grünen. – Zwischenruf des Bundesrates Spanring [FPÖ/NÖ].)

Und eines möchte ich schon noch sagen: Klimaschutz darf auch nicht gegen soziale Gerechtigkeit ausgespielt werden. Klimaschutz ist eine zutiefst soziale Frage. (Bundesrätin Doppler [FPÖ/Sbg.]: Mir ist der Umweltschutz lieber!) Ich kann es nicht oft genug betonen, ich habe es hier schon öfter betont: Gerade sozial benachteiligte Menschen – und das müsstet gerade (in Richtung FPÖ) ihr eigentlich verstehen – werden von den Auswirkungen von zu wenig Klimaschutz am härtesten getroffen – jetzt schon.

Eines ist sicher: Diese Regierung ist nicht die FPÖ-geführte Katastrophe, die uns mit einem Volkskanzler Kickl gedroht hat, das ist gut für das Land, aber das alleine ist natürlich nicht genug. Wir Grüne stehen bereit, wie wir schon mehrmals gesagt haben (Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: Das wissen wir! Wir stehen bereit! „Wir Grüne stehen bereit“!), um konstruktiv an sinnvollen Reformen mitzuarbeiten, aber wir werden auch nicht zögern, laut und klar Kritik zu äußern, wenn soziale Gerechtigkeit oder Bildungschancen aufs Spiel gesetzt werden oder wenn der Klimaschutz unter die Räder kommt. (Bundesrätin Doppler [FPÖ/Sbg.]: Umweltschutz!) Es braucht klare soziale und nachhaltige Politik für alle Menschen in Österreich. Dafür werden wir uns weiter einsetzen und dafür wünsche ich der neuen Regierung auf jeden Fall gutes Gelingen. – Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei den Grünen sowie bei Bundesrät:innen von ÖVP und SPÖ.)

13.41

Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Sebastian Forstner. – Bitte, Herr Bundesrat, ich erteile es Ihnen.

Die angezeigte Rede ist noch nicht nach § 65 Abs. 2 GO-BR autorisiert.