RN/88

18.26

Volksanwältin MMag. Elisabeth Schwetz: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Bundesrät:innen! Als derzeit Vorsitzende der Volksanwaltschaft bedanke ich mich im Namen von uns drei Volksanwälten sehr herzlich für die Einladung. Wie Sie wissen, wurde die Volksanwaltschaft gegründet, um Bürger bei der Wahrnehmung ihrer Rechte gegenüber den österreichischen Behörden zu unterstützen. Die Volksanwaltschaft geht jeder zulässigen Beschwerde nach und überprüft, ob behördliche Entscheidungen den Gesetzen und den Grundsätzen einer bürgernahen Verwaltung entsprechen. Dabei kann es sich um eine Untätigkeit, eine nicht dem Gesetz entsprechende Rechtsansicht oder eine grobe Unhöflichkeit handeln. Wenn die Volksanwaltschaft einen Missstand vermutet, kann sie auch ein amtswegiges Prüfverfahren einleiten.

Der vorliegende Bericht – das haben wir ja schon gehört – behandelt das Jahr 2023. In diesem Jahr haben sich tatsächlich 23 124 Menschen mit einem Anliegen an die Volksanwaltschaft gewandt. Das bedeutet, dass im Schnitt rund 94 Beschwerden pro Arbeitstag eingelangt sind – unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind tatsächlich beschäftigt! Davon betrafen 16 655 die öffentliche Verwaltung. Mehr als 6 000 Anfragen lagen leider außerhalb des Prüfauftrags der Volksanwaltschaft. In diesen Fällen informierten wir aber die Betroffenen zur Rechtslage. 

Die Prüftätigkeit der Volksanwaltschaft umfasst die gesamte öffentliche Bundesverwaltung, haben wir gehört. Gestiegen gegenüber dem Vorjahr ist die Zahl der Prüfverfahren im Bereich der inneren Sicherheit mit plus 14 Prozent. Sie betrafen mit 2 064 Akten die meisten Verfahren. Ich komme darauf später noch zurück, weil das in meinen Geschäftsbereich fällt.

Neben der Bundesverwaltung kontrolliert die Volksanwaltschaft die Landes- und Gemeindeverwaltung in sieben Bundesländern, mit Ausnahme von Tirol und Vorarlberg. Im vorliegenden Berichtsjahr wurde in knapp einem Fünftel der Fälle ein Missstand in der Verwaltung festgestellt. 

Im Jahr 2023 haben insgesamt 145 Sprechtage mit den Volksanwälten in den Ländern stattgefunden. Uns ist ein niederschwelliger Zugang zur Volksanwaltschaft sehr wichtig. Anliegen können aber ebenso persönlich in der Singerstraße 17 im 1. Wiener Gemeindebezirk, schriftlich, per E-Mail oder per Telefon an uns herangetragen werden.

Auch die Tätigkeit der sogenannten Rentenkommission ist in der Volksanwaltschaft beheimatet. Wer zwischen 1945 und 1999 als Kind oder Jugendlicher in bestimmten Anstalten untergebracht war und während dieser Zeit Opfer eines Gewaltaktes wurde, kann einen Antrag auf Heimopferrente stellen.

Seit dem 1. Juli 2012 ist die Volksanwaltschaft auch für den Schutz und die Förderung der Menschenrechte zuständig. Verletzungen von Menschenrechten sollen durch regelmäßige Kontrollen verhindert werden. Dafür werden öffentliche und private Einrichtungen überprüft, in denen es zu Freiheitsbeschränkungen kommt oder kommen kann. Im Auftrag der Volksanwaltschaft besuchen sieben Kommissionen Justizanstalten, Polizeiinspektionen, Polizeianhaltezentren, Alten- und Pflegeheime, wie wir gehört haben, psychiatrische Abteilungen, Einrichtungen für Menschen mit Behinderung und der Kinder- und Jugendhilfe. Im Berichtsjahr 2023 wurden insgesamt 505 Kontrollen durchgeführt, davon 481 in Einrichtungen und 24 bei Polizeieinsätzen.

Der zahlenmäßig größte Bereich der Prüfverfahren ist der Vollzugsbereich des Bundesministeriums für Inneres mit mehr als 2 000 Geschäftsfällen im Berichtsjahr in meinem Geschäftsbereich. Über 77 Prozent der Beschwerden bezogen sich auf das Asyl-, Niederlassungs- und Fremdenpolizeirecht. Die restlichen Fälle betrafen die Polizei, Anliegen zum Melderecht, Dienstrecht, Personenstandsrecht, Waffen-, Pass- und Vereinsrecht sowie die Vollziehung des Wahlrechts und Pyrotechnikgesetzes – eine breite Palette.

Die Beschwerden über die Dauer von Aufenthaltstitelverfahren sind immer noch hoch, gingen aber zum zweiten Mal leicht zurück. Nach wie vor bezieht sich der Großteil der 734 Beschwerden auf die Bundeshauptstadt. Seit vielen Jahren zeigt die Volksanwaltschaft Mängel bei der Vollziehung des Niederlassungs- und Aufenthaltsrechtes auf. Personalaufstockungen und Organisationsverbesserungen der zuständigen Behörde MA 35 wurden zwar in den letzten Jahren vorgenommen, aber es gehen nach wie vor viele Beschwerden bei der Volksanwaltschaft ein. Vor allem Beschwerden über die Dauer der Staatsbürgerschaftsverfahren stiegen 2023 erneut an. Außerdem stiegen Beschwerden über das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl stark an, Schwerpunkt war da die Dauer der Asylverfahren.

Ich darf noch einen konkreten Beschwerdefall aus meinem Geschäftsbereich im Wasserrecht vorstellen: Es ist kein komplizierter rechtlicher Fall, sondern es geht um die Kommunikation zwischen der Behörde und einem Mann. Ein Mann hat sich wegen einer Verwaltungsstrafe von der BH Korneuburg wegen Übertretung des Wasserrechtsgesetzes bei der Volksanwaltschaft beschwert. Die Volksanwaltschaft hat festgestellt, dass die Bezirkshauptmannschaft das Straferkenntnis wegen der Reinigung eines Motors mit einem Hochdruckreiniger erlassen hat. Das in der Folge angerufene Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat das Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren mit der Begründung eingestellt, dass die BH eine falsche Bestimmung des Wasserrechtsgesetzes herangezogen hatte. 

Das Landesverwaltungsgericht hat aber auch festgestellt, dass eine Strafe wegen Übertretung einer anderen Norm möglich ist. Das neuerliche Verwaltungsstrafverfahren hat die BH in der Folge auch eingeleitet. Der Betroffene hat dann ein Schreiben an die Bezirkshauptmannschaft mit dem Ersuchen um dienstrechtliche Schritte aufgrund der fehlerhaften Entscheidung im eingestellten Verwaltungsstrafverfahren gerichtet. Diese Eingabe hat die BH aber gar nicht beantwortet. Nach Meinung der BH besteht keine Rechtsgrundlage, den Mann über dienstrechtliche Schritte zu informieren. Auch aus Sicht der Volksanwaltschaft hat der Mann tatsächlich keine Parteistellung im dienstbehördlichen Verfahren. 

Nach Auffassung der Volksanwaltschaft kann jedoch dessen ungeachtet jede Person, wenn sie sich nicht mutwillig an eine Behörde wendet, eine Antwort der Behörde auf ihre Eingabe erwarten. Dass der Mann gar keine Antwort erhalten hat, hat die Volksanwaltschaft kritisiert. Das entspricht nicht der bürgerfreundlichen Verwaltung, die man sich von den österreichischen Behörden zu Recht erwarten darf. – Danke. (Allgemeiner Beifall.)

18.32

Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Eine weitere Stellungnahme wird jetzt Frau Volksanwältin Gaby Schwarz abgeben. – Bitte schön, Frau Volksanwältin. 

Die angezeigte Rede ist noch nicht nach § 65 Abs. 2 GO-BR autorisiert.