RN/92
18.56
Bundesrätin Mag. Daniela Gruber-Pruner (SPÖ, Wien): Danke schön, Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frauen Volksanwältinnen und Herr Volksanwalt! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuseher:innen! Ich habe jetzt eine doppelt undankbare Rolle: Ich bin die Letzte bei diesem Tagesordnungspunkt, die quasi schauen muss, welche Punkte noch offen sind, und die letzte Rednerin überhaupt – und ich merke, alle schauen schon ein bisschen auf die Uhr –, gönnen Sie es mir trotzdem, noch ein paar Worte zu diesem Bericht der Volksanwaltschaft zu verlieren.
Ich lese diese Berichte wirklich immer extrem gerne; es macht mir Freude, sie zu lesen, auch wenn die Themen keine Freude machen. Allein die Art und Weise, wie beschrieben wird, zeigt die enorme Sorgfalt und das Bemühen, im Interesse der Menschen Lösungen herbeizuführen. Ich möchte auch, weil es mir wirklich aufgefallen ist, auf die sensible Sprache verweisen, mit der beschrieben wird. Es geht immer um vulnerable Gruppen – und diese richtig zu benennen und mit Würde und Respekt über diese Gruppen zu sprechen, zeigt einfach die Haltung, mit der Sie an diese Arbeit herangehen. Dafür auch von mir ein riesiges Dankeschön an Sie und an alle Mitarbeiter:innen. (Allgemeiner Beifall.)
Das, was wir, glaube ich, hier im Haus verändern müssten oder was mir ein großes Anliegen ist: Wir debattieren regelmäßig über Berichte, die schon zumindest zwei Jahre zurückliegen. Ich fände es angebracht, wenn wir da zu einem neuen Rhythmus der Berichterstattung und der Debatte hier im Hohen Haus über diese Berichte kommen, denn wir reden jetzt über einen Bericht von 2023 und da muss man immer diesen Zeitraum dazwischen mitbedenken. Ich schätze, wir sollten es hier im Haus einmal angehen, diesen Rhythmus zu ändern.
Das, was mich zusätzlich freut, ist – und ich habe beim Lesen des Berichtes immer auch gegengecheckt, was jetzt im Regierungsübereinkommen steht (dieses in die Höhe haltend) –: Einige der Punkte, die Sie benennen oder die Sie als Handlungsfelder benennen, kommen tatsächlich auch im Regierungsübereinkommen vor. Ich denke dabei zum Beispiel an die Kinder- und Jugendhilfe, die ein großes Kapitel bekommen hat, an die Pflege. So sind, denke ich, einige Punkte dabei, jetzt auch angegangen zu werden.
Bevor ich kurz auf die Kinder- und Jugendhilfe eingehe, ein Wort noch dazu – es war heute zwei-, dreimal Thema –, dass es in Wien so viele Fälle gäbe: Wien hat mittlerweile 2,2 Millionen Einwohner:innen, dementsprechend gibt es mehr Menschen und mehr Anliegen. Ich denke, das sollte man wahrscheinlich nicht so aufrechnen, sondern das mitberücksichtigen.
Ein Thema, auf das ich jetzt noch eingehen will, weil es bei den Vorredner:innen noch nicht so explizit Thema war, ist die Kinder- und Jugendhilfe selbst. Wir sprechen da von einer Größenordnung – im Jahr 2022 allerdings – von 12 888 Kindern in Österreich, die fremduntergebracht sind. Also das ist schon eine große Gruppe junger Menschen, die nicht in ihren Herkunftsfamilien leben.
Es gibt diesbezüglich Sensibilität und es gibt Verbesserungen, aber auch da ist der Personalnotstand wirklich ein großes Thema. Die Berufsverbände aus der Kinder- und Jugendhilfe kontaktieren uns regelmäßig und berichten von diesem Teufelskreis, denn die Mitarbeiter:innen, die nach wie vor in den Einrichtungen sind und mit wenigen Kolleg:innen arbeiten müssen und diese höheren Belastungen managen müssen, sind mehr gefährdet, in ein Burn-out zu rutschen oder den Beruf zu verlassen. Also dieser Teufelskreis müsste – es ist leichter gesagt als getan – schleunigst durchbrochen werden, die Mitarbeiter:innen in diesem Bereich einfach gut entlohnt und ausgestattet werden, sodass viele Menschen in diesem Berufsfeld arbeiten. (Beifall bei der SPÖ, bei Bundesrät:innen der ÖVP sowie der Bundesrätin Sumah-Vospernik [NEOS/W].)
Eine Empfehlung der Volksanwaltschaft in diese Richtung ist benannt mit dem Ausbau der ambulanten Hilfen, um sozusagen weniger Kinder in die Fremdunterbringung geben zu müssen, sondern mehr im Zuhause zu beginnen, die Familiensysteme zu begleiten. Ich denke, die frühen Hilfen sind da wahrscheinlich so ein Ansatzpunkt, der auch hilft, die Kinder- und Jugendhilfe ein Stück weit vielleicht zu entlasten.
Ein Thema, das neu jetzt auch das ganze System Kinder- und Jugendhilfe beschäftigt, sind die sogenannten Systemsprenger:innen. Ich bin selber Sonder- und Heilpädagogin und weiß ein bisschen, wovon da die Rede ist. Es sind nicht viele junge Menschen, die das betrifft, aber das sind junge Menschen, die mit den herkömmlichen Möglichkeiten, die die Kinder- und Jugendhilfe hat, sozusagen nicht – ich sage jetzt – gebändigt werden können. Da ist man mittlerweile intensiv, glaube ich, in jedem Bundesland daran, über Maßnahmen nachzudenken – auch eine zwischenzeitliche Anhaltung, Beschränkung und trotzdem das Recht der Freiheit mitbedenkend. In diesem Zwiespalt gibt es aktuell eine große Herausforderung in der Kinder- und Jugendhilfe. Sie haben auch erzählt, dass es in anderen Ländern, der Schweiz und Deutschland, Modelle gibt, von denen man sich etwas abschauen kann, aber ich glaube, es ist dringend an der Zeit, auch in Österreich Modelle zu finden, wie mit diesen jungen Menschen rechtskonform umgegangen werden kann.
Damit komme ich zu einem Thema, das wir im Bundesrat schon mehrfach hatten, nämlich das Thema der sozialen Arbeit. Wir brauchen eine gut abgesicherte soziale Arbeit. Die Sozialarbeiter:innen in Österreich warten schon viele, viele Jahre auf ein eigenes Berufsgesetz, das wirklich helfen würde, diesen Berufsstand gut abzusichern. Wir haben das schon debattiert, es wäre jetzt an der Zeit, dass dieser Berufsstand endlich sein Berufsgesetz bekommt. (Beifall bei der SPÖ, bei Bundesrät:innen der ÖVP sowie der Bundesrätinnen Jagl [Grüne/NÖ] und Sumah-Vospernik [NEOS/W].)
Ich lasse jetzt einige Punkte aus, allerdings möchte ich noch einen allerletzten Punkt ansprechen, und der betrifft Menschen mit Behinderungen, und in dem Fall besonders Kinder mit Behinderungen. Ich möchte von einem Projekt erzählen, in das ich aktuell in meinem zweiten Beruf involviert bin: Wir führen zurzeit einen Leuchtturmkindergarten, in dem versucht wird, maximal inklusive Elementarbildung anzubieten. Wir haben in dieser einen Einrichtung eine Warteliste von 85 Familien – Familien, die für ihr Kind mit einer Behinderung einen adäquaten Elementarbildungsplatz suchen. Wir wissen, weil wir uns gut vernetzen, dass es in ganz Österreich tatsächlich Mangelware ist, dass Kinder mit Behinderung einen Kindergartenplatz bekommen.
Ich finde, das ist schon eine Diskriminierung, was dieses Bildungsangebot betrifft. Wir wissen, wenn die Ressourcen passen, wenn die Personalausstattung passt, wenn auch die Barrierefreiheit passt, kann eigentlich jeder Kindergarten auch eine inklusive Einrichtung werden. Ich finde, das Ziel müsste sein: da massive Fortschritte zu machen, um allen Kindern diese Möglichkeit auf einen elementaren Bildungsplatz zu gewähren. (Beifall bei der SPÖ, bei Bundesrät:innen der ÖVP sowie der Bundesrätinnen Jagl [Grüne/NÖ] und Sumah-Vospernik [NEOS/W].)
Die Themen sind vielfältig, die Herausforderungen sind vielfältig. Ich denke, wir werden auch als Regierungsfraktionen mithelfen und mitwirken, dass wir Fortschritte erzielen. – Herzlichen Dank für Ihre Arbeit! Schönen Abend! (Beifall bei SPÖ und ÖVP, bei Bundesrät:innen der Grünen sowie der Bundesrätin Sumah-Vospernik [NEOS/W].)
19.05
Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Es liegt eine weitere Wortmeldung vor.
Bitte, Herr Bundesrat Spanring.
Die angezeigte Rede ist noch nicht nach § 65 Abs. 2 GO-BR autorisiert.