RN/17
10.18
Bundesrätin Mag. Christine Schwarz-Fuchs (ÖVP, Vorarlberg): Vielen Dank. – Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Frau Bundesministerin! Herr Staatssekretär! Die heutige Gesetzesvorlage klingt auf den ersten Blick vielleicht wenig spektakulär. Es geht um eine Änderung des Staatsvertrages aus dem Jahr 1960, wie wir bereits gehört haben, zwischen Österreich und Liechtenstein. Konkret geht es um einen Grundstückstausch, es geht nur um ganze 239 Quadratmeter, eine kleine Grenzbereinigung im Bereich des Egelsees.
Man könnte meinen, es sei eine Nebensache, jedoch möchte ich diesen Moment nutzen, um etwas breiter über die Bedeutung solch scheinbar unspektakulärer Beschlüsse zu sprechen, denn gerade darin zeigt sich, wie gute Nachbarschaft funktionieren kann, wenn man auf Augenhöhe diplomatisch und mit gegenseitigem Respekt handelt.
Als Vorarlbergerin habe ich zu Liechtenstein naturgemäß eine andere Beziehung als wahrscheinlich viele andere hier bei uns im Haus. Für uns in Vorarlberg ist das Fürstentum Liechtenstein kein unbekannter Fleck auf der Landkarte (Bundesrat Schennach [SPÖ/W]: Für uns auch nicht!), sondern ein unmittelbarer Nachbar, mit dem wir wirtschaftlich, kulturell, aber auch menschlich eng verflochten sind.
Ich erinnere mich gerne daran: Vor drei Jahren waren bei Bundesrat im Bundesland einige Kollegen aus dem Bundesrat dabei. Sie sind nach Vorarlberg gekommen und wir sind auch nach Liechtenstein zu einem Austausch im dortigen Parlament, im liechtensteinischen Landtag gefahren. Auf dem Weg dorthin habe ich auch ein paar Facts über Liechtenstein erzählt, und ich möchte auch heute nur kurz drei Facts einbauen – das gibt der heutigen Gesetzesvorlage einfach etwas mehr Kontext.
Ich lasse die Menschen, wenn sie mich fragen, wie groß Liechtenstein ist, wie viele Einwohner Liechtenstein hat, oft schätzen, aber eigentlich liegen alle Schätzungen immer um einiges höher als die tatsächlichen Werte. Also: Liechtenstein hat nur rund 40 000 Einwohnerinnen und Einwohner, also weniger als die Stadt Dornbirn, in der ich lebe. Die Fläche des Landes Liechtenstein beträgt 160 Quadratkilometer, das ist in etwa so groß wie ein Drittel des Bezirks Bregenz.
Die Geschichte Liechtensteins ist generell eng mit unserer Geschichte verbunden, mit der Habsburgermonarchie. 1719 wurde das Gebiet offiziell zum Reichsfürstentum erklärt, benannt nach der Adelsfamilie Liechtenstein, und seit 1806 ist Liechtenstein ein souveräner Staat.
Trotz seiner Kleinheit ist Liechtenstein heute ein moderner, wohlhabender Staat mit starker Industrie, einem Finanzplatz, hoher Innovationskraft und mit einer funktionierenden Demokratie.
Der bestehende Grenzvertrag mit Liechtenstein stammt, wie bereits erwähnt, aus dem Jahr 1960, und seither hat sich einiges verändert – nicht nur technisch, auch landschaftlich. Der Egelsee, um den es hier jetzt bei der Grenzbereinigung geht, entstand durch einen Hochwasserrückhalteweiher, der erst zwischen 2011 und 2013 errichtet wurde – davor gab es diesen Egelsee an dieser Stelle nicht. Es hat früher einmal in der Nähe einen anderen Egelsee gegeben, der dann trockengelegt wurde, aber dieser Egelsee, wie es ihn heute gibt, ist ein Hochwasserrückhalteweiher, der erst 2013 fertig war.
Die bisherige Grenzlinie verlief noch durch einen einfachen Graben – der natürlich auch nicht gerade war, sondern zickzack verlief. Dieser Graben existiert nicht mehr, weil er jetzt unter diesem See liegt. Was nun passiert, ist eine technisch präzise und beidseitig einvernehmliche Anpassung des Grenzverlaufs.
Ziel ist es, die Grenzurkunden auf den aktuellen Stand zu bringen, den Verlauf klar zu definieren und künftig die Zusammenarbeit der Behörden auch zu erleichtern. Auch das Bauverbot entlang der Grenze wird praxisnah von 10 auf 1 Meter reduziert. All das ist Ausdruck guter Nachbarschaft und effizienter, moderner Verwaltung.
Ich möchte Folgendes betonen: So unspektakulär diese Grenzkorrektur auch erscheinen mag, ist sie doch ein Beweis dafür, wie internationaler Austausch gut gelingen kann, und zwar auf friedliche und partnerschaftliche Weise. Wir erleben heute in Europa in der Ukraine, aber auch an vielen anderen Grenzen dieser Welt, wie gefährlich es sein kann, wenn Staaten sich über Grenzfragen nicht einig sind, wenn es keine gemeinsame Basis für Dialog, keinen gegenseitigen Respekt und keine verlässlichen Verträge gibt. Konflikte, die daraus entstehen, können manchmal leider auch nicht am Verhandlungstisch enden, sondern auf dem Schlachtfeld. Umso wichtiger, finde ich, ist es, das Unspektakuläre wertzuschätzen.
Dass wir heute über diese Grenzbereinigung abstimmen, die durch einvernehmliche Gespräche, eine funktionierende Grenzkommission und diplomatisches Miteinander zustande gekommen ist, ist keine Selbstverständlichkeit, sondern eine Errungenschaft unserer Zeit.
Gute Nachbarschaft ist kein Zufall, sie ist das Ergebnis guter Politik, und in diesem Sinne bitte ich Sie alle, mit Überzeugung für diese Gesetzesvorlage zu stimmen. Pflegen wir weiterhin die guten Beziehungen zu unserem kleinen, aber sehr wertvollen Nachbarstaat Liechtenstein, und seien wir stolz darauf, dass in Mitteleuropa Grenzfragen heute am Verhandlungstisch und nicht wie erwähnt wie in manchen Ländern am Schlachtfeld gelöst werden! – Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen sowie der Bundesrätin Sumah-Vospernik [NEOS/W].)
10.24
Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dominik Reisinger. – Bitte, Herr Bundesrat, ich erteile es Ihnen.