RN/46
12.36
Bundesrat Stefan Schennach (SPÖ, Wien): Danke schön, Herr Präsident! Sehr geschätzter Herr Vizekanzler! Ja, lieber Marco Schreuder, eineinhalb Jahre hat die vorhergehende Koalition die Reparatur liegen lassen. Seit dem 5. Oktober 2023 gibt es das Verfassungsgerichtshofurteil oder -erkenntnis, um das genauer zu sagen, mit dem klaren Ziel, das bis 2025 zu reparieren.
Uns war es wichtig, lieber Marco Schreuder, dass die Gremien, die ja dadurch eigentlich verfassungswidrige Organe sind, repariert sind; und das machen wir heute. Es ist uns insofern wichtig, weil diese Koalition, und da traue ich mich für alle drei zu sprechen, ein ganz klares Bekenntnis zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk und Fernsehen abgibt. (Beifall bei der SPÖ, bei Bundesrät:innen der ÖVP sowie der Bundesrätin Sumah-Vospernik [NEOS/W].)
Ein öffentlich-rechtliches Rundfunk- und Fernsehwesen bedarf einer Finanzierung. In Österreich ist seit der Ravag-Zeit, seit dem Erwachsen des Öffentlich-Rechtlichen nach Kriegsende immer wieder das duale System verwendet worden – das heißt, ein Teil ist werbefinanziert, ein Teil ist gebührenfinanziert. Beim jetzt folgenden großen Punkt streite ich mich ja leider mit dem rechten Flügel dieses Hauses seit ewiger Zeit, aber ich werde das jetzt wiederholen: Die Haushaltsabgabe ist eine sehr intelligente und eine sehr richtige Maßnahme (Beifall bei SPÖ und Grünen, bei Bundesrät:innen der ÖVP sowie der Bundesrätin Sumah-Vospernik [NEOS/W]), denn ein öffentlich-rechtliches Unternehmen gehört uns allen, es gehört nicht der Regierung. Und es gehört nicht in den Spielraum einer Regierung, zu fragen: Wie gestalten wir denn ein Budget und wie viel Geldmittel lassen wir in einem Budget für Fernsehen und Radio über? – Ein solches Unternehmen muss Planungssicherheit haben – und das ist auch richtig so. Deshalb sagen wir ein klares Ja zur Haushaltsabgabe.
Der ORF als das Flaggschiff im Medienbereich in Österreich, muss man sagen, hat in all seinen verschiedenen Sendern – ich weiß nicht, Isabella Theuermann von der FPÖ, in welchem Land du lebst? (Bundesrätin Doppler [FPÖ/Sbg.]: Carinthia!) – Sendungen – jetzt sage ich einmal „Kreuz und quer“, „Orientierung“ –, die mit europäischen Preisen ausgezeichnet wurden. (Beifall bei der SPÖ, bei Bundesrät:innen der ÖVP sowie der Bundesrätin Sumah-Vospernik [NEOS/W]. – Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: Das ist so, wie wenn ein ÖVP-Minister den Nehammer lobt!) – Nein, eine Kirchensendung hat gar nichts mit der ÖVP oder mit der SPÖ zu tun (Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: Das ist eine interne ...!), sondern das ist einfach eine klare Sache der Philosophie, Herr Kollege, und das sollte man vielleicht auch verstehen.
Nun aber eine kleine Anleihe bei Kollegen Schreuder: Ein öffentlich-rechtliches Unternehmen leistet zwei Dinge: Zunächst einmal holt es die Welt nach Hause: Wir haben ein wirklich großartiges Korrespondent:innennetz. Jetzt sage ich einmal, jemand, den man euch (in Richtung FPÖ) zurechnen kann, ein Christian Wehrschütz, den ich immer wieder im Ausland treffe, leistet fantastische Arbeit, muss man sagen. Er hat sich wirklich zu einem ganz großartigen Korrespondenten entwickelt.
Und dann noch etwas: Der Sender Ö1 trägt das Prädikat, weltbester Radiosender zu sein. Darauf müssen wir einmal stolz sein! (Beifall bei der SPÖ, bei Bundesrät:innen der ÖVP sowie der Bundesrät:innen Schreuder [Grüne/W] und Sumah-Vospernik [NEOS/W].)
Ich habe den Europarat sehr häufig in der European Broadcasting Union vertreten. Das ist jenes Gremium, in dem alle öffentlich-rechtlichen Sender in Europa vereinigt sind. Viele von Ihnen kennen es: Wenn es am Beginn einer Sendung Eurovision heißt, dann ist das das öffentlich-rechtliche Fernsehen in Europa. Dort wird in der Debatte immer wieder betont: Ja keine öffentlich-rechtliche Finanzierung über Staatsbudgets! Bitte nicht über Staatsbudgets, denn wir haben gesehen: Wenn bestimmte autoritäre Regierungen an die Macht kommen, geht es immer dem öffentlich-rechtlichen Fernsehen zu Leibe.
Noch etwas, liebe Frau Kollegin Theuermann: Ich muss ihn einfach in Schutz nehmen, er ist nicht von meiner Partei, aber Generaldirektor Roland Weißmann als einen Kopf eines linken Projekts zu bezeichnen – da schaut sogar Kollege Zauner aus Niederösterreich (Heiterkeit bei Bundesrät:innen der ÖVP) und wird sagen: Nie und nimmer ist Roland Weißmann ein geheimes Mitglied eines linken Netzwerkes! – Das darf man doch so sagen, oder? (Beifall bei SPÖ und ÖVP, bei Bundesrät:innen der Grünen sowie der Bundesrätin Sumah-Vospernik [NEOS/W].)
Was hier für ein bisschen Aufregung gesorgt hat, ist der Transparenzbericht über Einkommen. Das ist richtig und wichtig, es ist ein öffentlich-rechtliches Unternehmen, deshalb gehört so etwas auch auf den Tisch. Ich bin sehr froh, dass unser Vizekanzler, der dafür zuständig ist, in einer ersten Reaktion gesagt hat: Über diese Gehälter und Einkommen müssen wir für die Zukunft reden. Ich sage auch: Wir müssen darüber reden, wir müssen eine Pyramide schaffen.
Vielleicht können sich einige noch dunkel daran erinnern, warum wir bei den Politikern und Politikerinnen eine Pyramide geschaffen haben: weil wir nämlich draufgekommen sind, dass ein ÖVP-Bürgermeister und ein FPÖ-Bürgermeister, nämlich jene von Innsbruck und von Graz, deutlich mehr verdienen als der Bundespräsident (Bundesrätin Doppler [FPÖ/Sbg.]: Dafür haben wir einen Vizekanzler, der sich selber angestellt hat, mit drei Gehältern!), und weil wir draufgekommen sind, dass ein Direktor eines gar nicht so konkurrenzfähigen Unternehmens mehr verdient als der Bundespräsident. Da haben wir gesagt, wir machen eine Pyramide und oben steht der Bundespräsident. Machen wir also eine Pyramide im ORF, und oben steht einmal der Generaldirektor, und dann kann man das alles auch entsprechend ordnen – ich bin ganz sicher, dass der Herr Vizekanzler da Druck machen kann –, aber diese Pyramide – mein Kollege Schmid wird dann später auch dazu reden – muss beim Bauch ein bisschen breiter werden. Es geht also nicht um die Spitze, sondern es geht da – gewerkschaftlich gesehen – vor allem um den Bauch, dieser muss breiter werden. (Beifall bei der SPÖ.)
Natürlich gibt es bei einem Medienunternehmen, das in internationaler Konkurrenz steht, mit der Veröffentlichung von Gehältern von Leistungsträgern und Quotenbringern ein Problem. Nicht umsonst sind so viele Österreicher und Österreicherinnen am deutschen Medienmarkt in Spitzenpositionen und – wo ist Frau Schwarz-Fuchs? – so viele Vorarlberger und Vorarlbergerinnen in Wien – die Medienlandschaft in Wien ist ja stark vorarlbergerisch dominiert. (Bundesrat Schreuder [Grüne/W]: Keine Verschwörungserzählung, Herr Schennach!) – Das ist keine Verschwörungserzählung, mein Lieber, das ist so.
Im Ressort unseres Vizekanzlers sind aber noch zwei, drei Dinge, die für ein öffentlich-rechtliches Fernsehen und Radio ganz, ganz wichtig sind. Ich kann mich erinnern, der frühere Landeshauptmann Pühringer hat einmal aufgezählt, wie viele Menschen der ORF über die „Lange Nacht der Museen“ erreicht. Die Museen können in fünf Jahren nicht so viele Menschen erreichen, wie der ORF in einer Nacht erreicht. Oder die von Kollegen Schreuder schon angekündigten Theater- und Opernübertragungen: Man braucht ein öffentlich-rechtliches Fernsehen als starken Partner in der Kultur, bei Festivals, beim Sport. (Bundesrat Schreuder [Grüne/W]: Beim Film!) Und du (in Richtung Bundesrat Schreuder) wirst den Eurovision Song Contest ohne einen starken öffentlich-rechtlichen Rundfunk niemals wieder nach Österreich kriegen. Wobei: Österreich greift jetzt auf zwei Seiten an: Deutschland geht mit zwei österreichischen Künstler:innen ins Rennen und Österreich mit eigenen.
Jetzt kommt der letzte Punkt: Die österreichische Filmindustrie würde ohne einen starken öffentlich-rechtlichen Partner nicht existieren. Das ist die österreichische Filmindustrie, die auch immer und immer wieder Preise und so weiter bekommt.
Deshalb vielleicht einmal zur Übersetzung – wer hat das gesagt?, ah ja, Kollege Schreuder! –: Es gab einmal einen Caritas-Präsidenten aus der Steiermark namens Küberl. Richtig? (Bundesrat Schwindsackl [ÖVP/Stmk.]: Ja!) Herr Küberl, ein aufrechter Kämpfer für die Caritas, hat immer die Kirchen im Publikumsrat vertreten. Und weil er ein so unabhängiger Mensch war, hat ihn der Publikumsrat auch immer in den Stiftungsrat entsandt. Ich würde Herrn Küberl keiner Regierung zuordnen, er hat die Interessen unterschiedlicher Kirchenströmungen und -gliederungen vertreten. Er hat das gut gemacht; also in Erinnerung an seine Arbeit. Insofern, lieber Kollege Schreuder, ist der Antrag der SPÖ ein bisschen erfüllt, nämlich hinsichtlich der Gremienreform, weil - - (Zwischenruf des Bundesrates Schreuder [Grüne/W].) – Jetzt horch einmal zu! Du musst es aushalten, jetzt bist du Opposition und da musst du lernen, dir ein bisschen ein dickeres Fell zuzulegen und nicht so dünnhäutig zu sein. (Beifall bei Bundesrät:innen der SPÖ. – Bundesrat Schreuder [Grüne/W] – erheitert –: Keine Sorge, mein Lieber, keine Sorge!) – Na, ich sage es nur.
Vom Publikumsrat werden 14 direkt bestellt und 14 über repräsentative Bereiche – da gehören zum Beispiel die Kirchen dazu. (Bundesrat Schreuder [Grüne/W]: Es ist vier, vier, eins!) - Jetzt horch einmal zu! Du kannst mich immer unterbrechen, aber erlaube mir, nur einen Satz fertigzusprechen! (Bundesrat Schreuder [Grüne/W]: Natürlich!) Der Publikumsrat wird eine entsprechende Beschickung vornehmen. Und eines ist ganz wichtig – und jetzt kannst du einmal sagen: Gott sei Dank! -, nämlich dass nach einer Regierungsbildung Stiftungsräte nicht mehr abberufen werden können, übrigens auch nicht auf Landesebene. Das hast du verschwiegen, aber das ist eine wichtige Gremienreform. (Bundesrat Schreuder [Grüne/W] – erheitert –: Ich bin ja Opposition!) Und – das sage ich in der Länderkammer ganz bewusst –: Die Landesdirektoren werden am Ende dieser Legislaturperiode keine Zustimmungspflicht der jeweiligen Landeshauptleute mehr haben. Das haben wir jetzt noch nicht, aber das steht im Regierungsprogramm. (Bundesrat Schreuder [Grüne/W]: Das ist gut!) – Ja, schau, manche heißen Thomas, und die nennt man die Ungläubigen. Mein Vater hieß auch Thomas, und so weiter. Um einen biblischen Vergleich zu zitieren: Du wirst es noch sehen, und du kannst dann deine Hand auf das Papier legen, in dem das drinnen geschrieben steht.
In diesem Sinne: Wir stimmen natürlich dieser ersten Reform zu. Wir sind froh, dass diese Koalition in der Lage war, einen verfassungswidrigen Zustand relativ schnell zu sanieren. In diesem Sinne: Danke schön, Herr Vizekanzler! (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie der Bundesrätin Sumah-Vospernik [NEOS/W].)
12.49
Vizepräsident Markus Stotter, BA: Zu Wort gemeldet hat sich Vizekanzler Andreas Babler. Ich erteile dieses.