RN/61

14.09

Bundesrätin Dr. Manuela-Anna Sumah-Vospernik (NEOS, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Ich zitiere:

„Ob Sie es glauben oder nicht: Das, was im Haus – und es ist angesprochen worden – zur Bekämpfung des Antisemitismus begonnen wurde, wird sicher fortgesetzt, und sollten Teile der jüdischen Gemeinschaft in Wien und ganz Österreichs einen Dialog mit mir wie bisher verweigern, sodass der Besuch wichtiger Veranstaltungen im Parlament, wie die Veranstaltung gegen Gewalt und Rassismus im Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus oder das Gedenken an die Pogromnacht 1938, vom jüdischen Leben boykottiert wird, so stehe ich nicht an, als Person zur Seite zu treten und nicht aus Bestemm oder Eitelkeit die Teilnahme zu verhindern. Es wird mit meinen Stellvertretern, mit den beiden Präsidenten, ganz bestimmt eine Lösung dafür geben.“ – Ende des Zitats aus der Antrittsansprache von Walter Rosenkranz am 24.10.2024. 

Der Präsident des Nationalrates, die Person, die das zweithöchste Amt unserer Republik innehat und für uns alle – für das Parlament, aber auch für die Österreicherinnen und Österreicher – parteiübergreifend und ideologiefrei tätig sein sollte, war leider wider Erwarten bisher nicht in der Lage, dieses Amt angemessen zu bekleiden. Und da rede ich nicht von Mitgliedschaften in fragwürdigen Burschenschaftsverbänden, die seit Jahrzehnten bestehen und die man natürlich umgehend hätte zurücklegen müssen, wenn man dieses hohe Amt mit Würde hätte bekleiden wollen; da rede ich auch nicht von irgendwelchen alten Wortmeldungen, die die Öffentlichkeit nicht vergessen hat. Da geht es um ganz aktuelle Dinge.

Seit Amtsantritt empört und verärgert der Präsident des Nationalrates unser Land mit unangebrachtem, stark parteiideologischem Verhalten, sei es beim Staatsbesuch von Viktor Orbán – es wurde erwähnt –, bei dem nicht nur die EU-Fahne umgehend demontiert, alle anderen Fraktionen ausgeschlossen und das Hohe Haus auch gleich für alle Österreicherinnen und Österreicher gesperrt wurde, sei es das Festhalten an seinem Büroleiter trotz bereits eingeleiteter staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen gegen diesen – Kollegin Gruber-Pruner hat es ausgeführt.

Entgegen seiner soeben zitierten verbindenden Antrittsrede hier im Hohen Haus war die bisherige Amtsführung von Walter Rosenkranz leider genau nicht von Überparteilichkeit, Fairness und der nötigen Würde für das Amt, sondern im Gegenteil von Aufregungen und Skandalen geprägt. Es überrascht daher auch nicht, dass die Opferverbände eine Teilnahme des amtierenden Nationalratspräsidenten im Kuratorium des Nationalfonds nicht wünschen, denn worum es im Kern geht, ist klar: Es ist die mangelnde Übernahme von geschichtlicher Verantwortung, das mangelnde menschliche Gespür für die Opfer des NS-Regimes, für die – und nur für die – der Nationalfonds vor genau 30 Jahren gegründet wurde. 

Der Nationalfonds ist unter anderem für Leistungen an Opfer des Nationalsozialismus zuständig, er unterstützt die wissenschaftliche Erforschung des Nationalsozialismus sowie den Gedenkdienst, zum Beispiel in Yad Vashem, die Besorgung der administrativen Aufgaben des Fonds zur Instandsetzung der jüdischen Friedhöfe in Österreich, die Stiftung Auschwitz-Birkenau, die Verleihung des Simon-Wiesenthal-Preises und die Kunstrückgabe.

Am 27. April jährt sich die Wiedererrichtung unserer Republik zum 70. Mal, und eigentlich ist es traurig, dass wir heute dieses Anlassgesetz beschließen müssen. Es ist traurig, dass wir nicht alle gemeinsam, wie wir hier sitzen, denselben Blick auf unsere geschichtliche Verantwortung haben, die sich bis in unsere Gegenwart zieht. 

Die Hoffnung bleibt, dass der Präsident des Nationalrates seine Amtsführung an die Ankündigungen in seiner Antrittsansprache noch anpassen wird und sich daher freiwillig im Kuratorium des Nationalfonds vertreten lässt. Auch diese Möglichkeit schafft das Gesetz, und die Aufregung der FPÖ verwundert anlässlich der zitierten Antrittsrede ein bisschen. 

Österreich braucht einen verlässlichen, einen historisch sensitiven Nationalratspräsidenten, der eigene Befindlichkeiten dem Allgemeinwohl des Landes unterordnet und konsensorientiert handelt. Bekanntlich ist es ja so, dass jemand, der seine Meinung nicht ändert, nie etwas ändert. – Es ist noch nicht zu spät, sehr geehrter Herr Präsident Rosenkranz, zu einem solchen Präsidenten zu werden. Wir werden weiter warten. – Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen.)

14.13

Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Klara Neurauter. – Bitte, Frau Bundesrätin, ich erteile es Ihnen.