RN/60
13.48
Bundesrätin Irene Partl (FPÖ, Tirol): Danke, Frau Präsidentin! Geschätzte Kollegen! Frau Staatssekretärin! Herr Staatssekretär! Liebe Zuseher! Der Bericht des Bundesministers für Wirtschaft, Energie und Tourismus zu den EU-Vorhaben 2025 zeichnet ein Bild von ambitionierten Zielen: Digitalisierung, Nachhaltigkeit, Wettbewerbsfähigkeit.
Außerdem habe die Europäische Kommission eine neue Strategie „für einen nachhaltigen Tourismus angekündigt. Österreich unterstütze den Fokus auf die Schwerpunkte, die im Einklang mit dem österreichischen ‚Plan T – Masterplan für Tourismus‘ stünden. Für Österreich sei es besonders wichtig, dass die Kommission die Besonderheiten des Tourismus in anderen Politikbereichen ebenso umfassend berücksichtigt, etwa im Hinblick auf Entbürokratisierung, Deregulierung und Vereinfachung.“
Doch während auf europäischer Ebene von großen Plänen zumindest gesprochen wird, stehen unsere heimischen Betriebe vor anderen großen Herausforderungen. Die österreichische Tourismus- und Gastronomiebranche steht seit Jahren unter massivem wirtschaftlichen Druck. Fachkräftemangel, steigende Betriebskosten und eine überbordende Bürokratie belasten die Unternehmer zunehmend.
Maßnahmen wie die Allergenverordnung, das generelle Rauchverbot oder Coronalockdowns haben insbesondere kleine und mittelständische Betriebe an ihre wirtschaftlichen Grenzen gebracht. Ganz brisant ist die aktuelle Diskussion zur Besteuerung von Trinkgeld. Was jahrzehntelang als steuerfreies Zeichen der Wertschätzung galt, wird nun von der Österreichischen Gesundheitskasse ins Visier genommen. Betriebe sehen sich mit teils existenzbedrohenden Nachforderungen konfrontiert, weil Trinkgeld als sozialversicherungspflichtiges Einkommen gewertet wird, insbesondere jenes, das mittels Kartenzahlung erfasst wird. (Beifall bei der FPÖ.)
Folgendes: Trinkgeld ist eine Anerkennung der Dienstleistung durch den Gast. Kein Gast wird wohl wollen, dass von 5 Euro gegebenem Trinkgeld mindestens 2 Euro in staatliche Systeme fließen. Trinkgeld ist ein wesentlicher Arbeits- und Leistungsanreiz für unsere fleißigen Mitarbeiter. Leistung und Dienstleistungsorientierung müssen sich lohnen. Arbeitgeber haben mit dem Trinkgeld eigentlich nichts zu tun, außer den Abrechnungsaufwand im Rahmen der Lohnverrechnung. Trotzdem tragen Arbeitgeber die Kosten für allfällige Systemanpassungen; die Mitarbeiter interessiert im Rahmen der Lohnverrechnung ganz einfach, was unter dem Strich rauskommt. Trinkgelder sind eine finanzielle Anerkennung im Hier und Jetzt und brauchen nicht zu einer Mehrpension von 5 Euro im Monat in 30 bis 40 Jahren zu führen. (Beifall bei der FPÖ.)
Sogar die ÖGK hat durch Obmann Peter McDonald genau das erkannt und bestätigt, dass die Sozialversicherung für Trinkgeld aktuell weniger als ein halbes Promille des Beitragsaufkommens ausmacht. Auch der Arbeiterkammerpräsident Tirols Erwin Zangerl – er ist ja auch Vizepräsident im Bund – hat sich positioniert und fordert die Beibehaltung der Steuerfreiheit auf Trinkgeld. Jetzt braucht es noch Klarheit durch den Finanzminister, dass Trinkgeld in keiner Konstellation und Höhe steuerpflichtig wird. Trinkgelder dürfen nicht als zusätzliche Steuerquelle missbraucht werden, sondern müssen im Gegenteil zu 100 Prozent von Abgaben befreit sein. Die Steuerfreiheit von Trinkgeld verbessert nicht nur die finanzielle Situation der Arbeitnehmer, sondern stärkt auch nachhaltig die Attraktivität von Berufen in der Gastronomie und Hotellerie. Es braucht eine Entlastung der arbeitenden Bevölkerung sowie der heimischen Wirtschaft, weshalb die vollständige Steuer- und Abgabenbefreiung von Trinkgeldern notwendig ist.
Werte Kollegen, wir bringen einen Dringlichkeitsantrag ein, der für Hunderttausende Beschäftigte in unserem Land von enormer Bedeutung ist. Trinkgelder müssen steuerfrei bleiben, ohne Wenn und Aber. Dass wir diese Forderung überhaupt diskutieren müssen, ist bereits ein Skandal, und dass ein entsprechender Antrag unseres Kollegen Christoph Steiner im Nationalrat einfach abgeschmettert worden ist, ist ein schallender Schlag in das Gesicht aller (Bundesrat Himmer [ÖVP/W]: Der hat sicher mit viel diplomatischer Feinfühligkeit versucht, die anderen Fraktionen ...!), die tagtäglich in der Gastronomie, im Tourismus und im Dienstleistungsbereich hart arbeiten. (Beifall bei der FPÖ. – Bundesrat Himmer [ÖVP/W]: Der Herr Steiner ist ja sehr verbindend! ... immer, die Leute zusammenzubringen!)
RN/60.1
Und ganz direkt an die ÖVP: Wem glaubt ihr eigentlich noch verpflichtet zu sein: euren eigenen Funktionären oder dem Finanzminister auf Steuerjagd, denn es war die Sparte Tourismus (zwei Ausdrucke in die Höhe haltend; einen mit der Überschrift: „Offener Brief der Tourismusobleute für ein steuer- und abgabenfreies Trinkgeld“ und einem Text darunter, einen anderen nur mit der Überschrift: „Offener Brief der Tourismusobleute für ein steuer- und abgabenfreies Trinkgeld“), in der alle neun Spartenobmänner der Bundesländer – alles ÖVP – einen offenen Brief unterzeichnet haben mit der glasklaren Forderung: Hände weg vom Trinkgeld! (Beifall bei der FPÖ.)
Wenn ihr das heute im Bundesrat ignoriert, verratet ihr nicht nur eure eigene Basis, sondern ihr verratet auch das Vertrauen der Wirte, der Kellner, der Hotelangestellten – der gesamten Branche. Ich bringe folgenden Entschließungsantrag ein:
Entschließungsantrag
der Bundesrät:innen Irene Partl, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Finger weg vom Trinkgeld – Abgabenfreiheit zu 100 Prozent“
Die unterfertigten Bundesräte stellen [...] nachstehenden Entschließungsantrag
Der Bundesrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat und dem Bundesrat umgehend eine Regierungsvorlage zuzuleiten, mit der sichergestellt wird, dass Trinkgelder – unabhängig von der Zahlungsart oder dem Verteilungsweg – als persönliche Zuwendungen von Gästen an Dienstleistungsangestellte definiert werden und auch künftig dauerhaft steuer- und abgabenfrei bleiben.“
Ich bin besonders gespannt auf das Abstimmungsverhalten meiner Kollegen der ÖVP aus Vorarlberg. Ihre seid beide in leitender Funktion im Wirtschaftsbund eures Bundeslandes: einer ist Direktor, eine ist Obmannstellvertreterin. – Schauen wir! (Beifall bei der FPÖ.)
13.56
Der Gesamtwortlaut des Antrages ist unter folgendem Link abrufbar:
RN/60.2
Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Der von den Bundesräten Michael Bernard, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend „Finger weg vom Trinkgeld – Abgabenfreiheit zu 100 Prozent“ ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.
Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Christoph Thoma. – Bitte, Herr Bundesrat, ich erteile es Ihnen.