RN/61
13.56
Bundesrat Christoph Thoma (ÖVP, Vorarlberg): Geschätzte Frau Präsidentin! Frau Staatssekretärin! Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Jetzt habe ich wieder das Problem, dass ich die vorbereitete Rede zerreißen könnte (Bundesrat Samt [FPÖ/Stmk.]: Um Gottes willen! Nicht schon wieder!), aber ich tue es halt nicht. Ich habe meinen Fraktionsobmann, Herrn Himmer, gebeten und gesagt, ich möchte einmal sachlich reden dürfen, aber leider ist das nach den beiden Reden von Herrn Bernard und vor allem von Frau Partl kaum mehr möglich. (Neuerlicher Zwischenruf des Bundesrates Samt [FPÖ/Stmk.])
Ich werde ein paar Themen dennoch anreißen müssen: Herr Bernard, was mich schon ärgert – was mich wirklich ärgert! –, ist einfach dieses Bekenntnis zu Nichtbildung, zu Nichtlesen, wenn Sie hier heraußen stehen und über den Green Deal reden und einfach immer noch nicht verstanden haben, dass dieses Thema Geschichte ist. Es gibt den Clean Industrial Deal, und der hat mit dem Green Deal nichts mehr zu tun, also fangen Sie endlich an zu lesen, lesen, lesen. Dann wird vieles leichter. (Zwischenruf des Bundesrates Bernard [FPÖ/NÖ].) – Das ist das Erste. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen sowie der Bundesrätin Sumah-Vospernik [NEOS/W].)
Das Zweite ist, wie Sie gleich am Anfang von diesem Bericht zur Wirtschaftspolitik zur Kriminalität kommen. (Bundesrat Schennach [SPÖ/W]: Das schafft er locker!) Zu den Gründungsgedanken der EU: Der Gründungsgedanke von Robert Schuman, dem damaligen französischen Außenminister, im Jahre 1950 war eine enge Zusammenarbeit der Nationalstaaten – also dann der EG und weiß Gott, was alles, und dann der EU –, und ich bin froh – gerade in Anbetracht des Beitritts Österreichs zur Europäischen Union, der vor 30 Jahren stattgefunden hat, und des morgigen Europatages –, dass wir Teil dieser 27 Nationen sind. Das ist unsere Zukunft! (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen sowie der Bundesrätin Sumah-Vospernik [NEOS/W].)
Gerade die Wirtschaft, gerade der Wirtschaftsstandort Österreich hat in den letzten 30 Jahren massiv profitiert. Ich weiß nicht, wo Sie gearbeitet haben oder arbeiten – dort, wo ich das mitbekomme, profitieren die Menschen von diesem Wohlstand, den Europa geschaffen hat. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen sowie der Bundesrätin Sumah-Vospernik [NEOS/W].)
Was damit einhergeht, ist auch ein vollkommen klarer europapolitischer Kurs für Europa, und ich möchte ein paar Gedanken zum Thema Wirtschaftspolitik aufgreifen, weil wir definitiv ein starkes, innovatives, international wettbewerbsfähiges Europa und eine ökologische, digitale, unternehmerisch zukunftsfähige Tourismuspolitik brauchen. Wenn man sich das Papier genau durchliest, sieht man: Allein in Österreich trägt der Tourismus direkt 7 Prozent zum BIP bei; er ist ein Rückgrat der Wertschöpfung und des gesellschaftlichen Miteinanders. Ich spreche nur all die Gasthäuser im ländlichen Raum an, was das für kulturelle Treffpunkte für die Menschen sind. (Zwischenruf des Bundesrates Samt [FPÖ/Stmk.].) Ich glaube, da sind wir uns sogar einig, liebe Kollegen von der FPÖ, Herr Samt, oder? Sind wir da einer Meinung? (Neuerlicher Zwischenruf des Bundesrates Samt [FPÖ/Stmk.].) – Wunderbar, super!
Und trotzdem stehen wir vor einem tiefgreifenden Wandel im Tourismus, und die Europäische Union geht da mit der Agenda 2030 und mit dieser Nachhaltigkeitsstrategie und dem Plan von einem resilienten Tourismus gut voran. Der Plan T, der Masterplan für den österreichischen Tourismus, unterstützt das Ganze, und damit werden wir uns in dieser Debatte einbringen.
Noch etwas: Wie war denn das vorhin? – Das Thema Corona haben Sie, Frau Partl, auch erst nach 7 Minuten gebracht – okay, das ist in Ordnung. (Zwischenruf der Bundesrätin Partl [FPÖ/T].) Die Wörter Klimaresilienz, Klimapolitik sind heute noch gar nicht wirklich gefallen. Was Lebensqualität für die Einheimischen ist, bedeutet auch Qualität für die Gäste. Stichwort Digitalisierung, Arbeitskräfte: Das sind auch Themen, bei denen wir draufbleiben müssen, und zwar mit Nachdruck, gerade im Tourismus.
Wir werden auch über den Zuzug von Facharbeitern in den Arbeitsmarkt nachdenken müssen. Ihre Festung Europa, Ihre Grenzen, die dichten Grenzen, werden im Tourismus nicht funktionieren. Wenn ich durch Vorarlberg laufe – ich nehme an, in den anderen Bundesländern ist es gleich –, merke ich: Wir brauchen im Tourismus händeringend Arbeitskräfte. Da werden wir auch gemeinsame Lösungen erarbeiten.
Übrigens, auch das einheitliche EU-Zugsystem ist klimagerechte Mobilität, liebe Kollegin von den Grünen. Auch da setzt man auf dem auf, was wir gemeinsam erarbeitet haben. Wir setzen es dann vielleicht ein bisschen anders um, aber es wird dennoch effizient, digital und bürgernah sein. Auch das sind für uns smarte Lösungen für den Tourismus.
Dieser europäische Tourismusdatenraum – haben Sie das gelesen, Herr Bernard? (Zwischenruf des Bundesrates Spanring [FPÖ/NÖ]); ich weiß gar nicht, ob Sie das gefunden haben – ist angedockt an die Austria-Experience-Data-Hub-Initiative. Österreich ist also eh schon Vorreiter, wenn es um Datengenerierung geht. Daten sind das Um und Auf für den Tourismus in den kommenden Jahren. Da werden wir auch massiv investieren müssen und die Frau Staatssekretärin wird sicherlich gemeinsam mit den Stakeholdern die richtigen Lösungen erarbeiten.
Ich habe noch ein paar Minuten. Wettbewerbsfähigkeit (in den Unterlagen blätternd) – jetzt muss ich den Zettel rausnehmen. Sorry, wenn ich mich jetzt da herlehne (sich auf das Redner:innenpult lehnend). Wir hatten gestern im EU-Ausschuss eine Diskussion zur europäischen Automobilindustrie. Da ist momentan massiv etwas im Gange. Es werden von der Europäischen Union 3,5 Milliarden Euro in die Automobilindustrie investiert – sehr bewusst, weil wir einen Strukturwandel brauchen. Wir setzen natürlich auf die Elektromobilität, da bekennen sich alle dazu. (Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: Wer ist alle? Wer ist alle? – Weiterer Zwischenruf des Bundesrates Samt [FPÖ/Stmk.].) Dieser Kurswechsel ist ein industriepolitisches Zukunftspaket, das den Standort Österreich voranbringen wird, das haben Sie noch nicht verstanden. (Ruf bei der FPÖ: Ja, ja, ja!) Wir leben von der Zulieferindustrie. Gerade Sie Grazer, Sie Steirer, müssen doch verstehen, dass Sie das brauchen, aber Sie verstehen es nicht. (Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: Wir reden von Steuergeldern, das kapiert ihr nicht! Steuergelder!)
Vernetzte Mobilität, innovative KI-Anwendungen, Wettbewerbsdruck, tiefgreifender Strukturwandel – damit müssen wir uns auseinandersetzen. Das passiert und das ist auch richtig so; diese Transformation werden wir in den kommenden Jahren gemeinsam gestalten. (Zwischenruf des Bundesrates Spanring [FPÖ/NÖ].)
Übrigens: Damit geht auch Forschung und Entwicklung einher. Herr Bernard, Sie haben die Bildungspolitik angesprochen. Wir müssen in die Bildung investieren – investieren! –, nicht darüber nachdenken. Wir investieren, und zwar auf europäischer Ebene und auf österreichischer Ebene. Wenn wir das nicht tun, machen wir unser ganzes System kaputt. Diese Menschen sind unser Kapital in den kommenden Jahren. Wenn Sie das nicht verstehen, dann weiß ich nicht, wo Sie leben. Ich will, dass Menschen, Kinder, junge Leute Bildung, Bildung, Bildung bekommen. Das ist eines unserer Zukunftsthemen. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen sowie der Bundesrätin Sumah-Vospernik [NEOS/W].)
Es ist auch gut so, dass in dem Papier von der Europäischen Union die Euroskills und die Worldskills erwähnt werden. Da geht es auch um Lehrlinge, auch das ist Teil unseres Systems. Das ist großartig.
Geschätzte Damen und Herren: Arbeit, Soziales, Sicherheit, Wohlstand – dieses Papier der Europäischen Union, dieser Bericht zeigt uns, dass die Europäische Union diese Zukunftsthemen schon längst als ihre definiert hat und wir in Österreich froh und dankbar sein müssen, dass wir vor 30 Jahren weise Menschen gehabt haben – das ist schon länger her –, insbesondere die Großkoalitionäre, die das damals erkannt haben, gemeinsam, Herrn Vranitzky und Alois Mock, und wie sie alle geheißen haben, die dieses europäische Projekt nach Österreich gebracht haben. Das war ein Meilenstein für Österreich. Einmal mehr, liebe Kollegen von der FPÖ: Wir brauchen die Europäische Union, alleine sind wir zu schwach. (Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: ... zu schwach!) Mit Grenzen werden wir unseren Staat kaputt machen und das wollen Sie. – Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen sowie der Bundesrätin Sumah-Vospernik [NEOS/W].)
14.03
Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Ich begrüße sehr herzlich den ehemaligen Bundesrat und Bürgermeister von Pötting Peter Oberlehner im Bundesratssaal. (Allgemeiner Beifall.) – Schön, dass du da bist!
Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Mag.a Claudia Arpa. – Bitte, Frau Bundesrätin, ich erteile es Ihnen.