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14.31

Bundesrätin Mag. Christine Schwarz-Fuchs (ÖVP, Vorarlberg): Danke sehr. – Da die Vorrednerin, Kollegin Partl, auf Tirolerisch geredet hat, kitzelt es mich jetzt in den Fingern, dass ich vielleicht doch einmal eine Rede auf Lustenauerisch halte (den Satz im Lustenauer Dialekt zu Ende führend), denn dann versteht ihr wahrscheinlich auch nicht viel (Heiterkeit bei der ÖVP), aber wenn ihr davon ausgeht, dass wir hier alle verstehen müssen: Vielleicht versteht ihr mich ja auch!

Aber ich gehe jetzt wieder (Heiterkeit der Rednerin) zu Hochdeutsch zurück: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werter Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Besucherinnen und Besucher und Zuschauer via Livestream! Wir leben in einer Welt des Wandels, in einer Zeit, in der globale Krisen, geopolitische Verschiebungen und neue Machtkonstellationen unser aller Leben beeinflussen. In dieser Welt im Umbruch ist Außenpolitik kein entfernter Begriff für Diplomaten – wie vielleicht früher – oder für internationale Gipfeltreffen. Sie ist zur direkten Mitgestalterin unserer Sicherheit, unseres Wohlstandes und unserer Zukunft geworden.

Gerade für ein kleines Land wie Österreich – neutral, exportorientiert und tief eingebettet in Europa – sind außenpolitische Bemühungen von zentraler Bedeutung. Der EU-Vorhabensbericht des Bundesministeriums für europäische und internationale Angelegenheiten für das Jahr 2025 gibt uns einen klaren und fundierten Überblick über die zentralen Themen, die Europa in den kommenden Monaten beschäftigen werden. Im Mittelpunkt stehen dabei drei große Zielsetzungen: die Sicherheit, der Wohlstand und die Wettbewerbsfähigkeit sowie die Verteidigung unserer europäischen Werte, nämlich von Freiheit und Demokratie. Wir sehen uns heute mit geopolitischen, wirtschaftlichen und ökologischen Herausforderungen konfrontiert, die ein gemeinsames entschlossenes europäisches Handeln erfordern.

Wirtschaftlich steht die Europäische Union unter Druck: Der weltweite Wettbewerb verschärft sich, unser Anteil am globalen Markt schrumpft und steigende Energiekosten belasten unsere Wirtschaft. Die Antwort darauf muss sein: mehr Innovation, weniger strategische Abhängigkeiten. Wir brauchen daher eine gezielte Wirtschaftspolitik. Österreich ist ein exportorientiertes Land. Der Anteil der Bruttoexporte an der Gesamtwertschöpfung liegt bei über 50 Prozent. Das bedeutet, dass viele unserer Arbeitsplätze direkt oder indirekt vom Export abhängen. Unser Wohlstand basiert also maßgeblich darauf, dass wir unsere Produkte und Dienstleistungen erfolgreich auf internationalen Märkten anbieten können. Daher unterstützt Österreich auf europäischer Ebene konsequent ambitionierte und faire Handelspolitik.

Ein besonderer Hebel für Österreichs wirtschaftlichen Erfolg ist auch die Initiative Refocus Austria, die im Bericht ausdrücklich hervorgehoben wird. Gerade für ein exportstarkes Land wie Österreich ist die gezielte Erschließung neuer Auslandsmärkte essenziell. 2024 fanden im Rahmen von Refocus Austria über 790 Veranstaltungen in 90 Ländern statt, von denen mehr als 4 400 österreichische Unternehmen direkt profitiert haben. Diese internationale Vernetzung stärkt nicht nur unsere Exportwirtschaft, sondern sichert langfristig Arbeitsplätze in unserem Land und damit auch Wohlstand – ein wichtiger Pfeiler in Zeiten globaler Unsicherheiten. 

Ich möchte hier noch kurz darauf eingehen, was Bundesrat Kofler vorhin gesagt hat. Sie haben gesagt: Unsere Unternehmen verlieren aktuell Märkte. – Ja, das stimmt. Und genau darum sind ja auch die im Bericht erwähnten Vorhaben sehr wichtig. Aber das, was Sie eigentlich wollen und was die FPÖ will, ist: Sie wollen sich ja von der EU abkapseln. (Widerspruch bei der FPÖ.) Das würde den Unternehmen noch viel mehr schaden, wenn wir vom Binnenmarkt wegkommen. (Beifall bei der ÖVP, bei Bundesrät:innen der SPÖ sowie der Bundesrätin Sumah-Vospernik [NEOS/W].)

Das Verhältnis zu den USA wird seit dem Amtsantritt von Präsident Trump durch Protektionismus und Zölle auf die Probe gestellt. Dieses transatlantische Band ist aber auch in Zukunft von zentraler Bedeutung, sowohl wirtschaftlich als auch außenpolitisch. Im vorliegenden Bericht wird darauf hingewiesen, dass die EU einerseits ihre Interessen im Handelsbereich verteidigen müsse und zum anderen konkrete außenpolitische Kooperationen mit den USA anstreben solle. 

Ein abgestimmtes Auftreten erwartet die EU im Verhältnis zu China, dem Nahen Osten oder dem Westbalkan. 

Und besonders in Bezug auf den russischen Angriffskrieg in der Ukraine ist ein transatlantischer Schulterschluss unerlässlich. Ein zentrales Thema bleibt in diesem Zusammenhang auch die Unterstützung der Ukraine. Seit dem Überfall Russlands im Februar 2022 steht die EU geschlossen an der Seite der Ukraine: politisch, humanitär und finanziell. Mit 134 Milliarden Euro, die die EU bisher geleistet hat, ist sie auch der größte Unterstützer weltweit. Für die Jahre 2024 bis 2027 wurde nun mit der Ukraine-Fazilität ein weiteres Zeichen gesetzt: 50 Milliarden Euro für Stabilität, Reformen und Wiederaufbau.

Österreich leistet auch einen aktiven Beitrag als sechstgrößter ausländischer Investor. Mit rund 1 000 heimischen Unternehmen in der Ukraine tragen wir zum Wiederaufbau bei. In den kommenden fünf Jahren sollen Exportförderungen in Höhe von 500 Millionen Euro österreichischen Unternehmen helfen, sich am Wiederaufbau zu beteiligen.

Der vorliegende Bericht widmet sich auch den Beziehungen zum Vereinigten Königreich: Nach dem Brexit bleibt es im Interesse aller, tragfähige Beziehungen aufrechtzuerhalten – sei es durch ein Jugendmobilitätsabkommen, durch Kooperationen in Sicherheit und Verteidigung oder durch die Weiterentwicklung wirtschaftlicher Partnerschaften.

Ich möchte nun noch ein weiteres Kapitel aus dem Bericht speziell erwähnen. Es sind dies die makroregionalen Strategien. Österreich engagiert sich da besonders stark, etwa in der Donauraumstrategie oder der Alpenraumstrategie. Warum ist das wichtig für Österreich? – Weil diese Kooperationsplattformen es kleinen Ländern ermöglichen, gemeinsam mit Nachbarn große Herausforderungen zu bewältigen. Ob es um nachhaltige Mobilität, Umweltschutz, Digitalisierung oder Bildung geht: Makroregionale Strategien bringen Regionen zusammen, fördern gezielte Investitionen und stärken die wirtschaftliche und soziale Verflechtung der beteiligten Regionen.

Abschließend lässt sich sagen: Europa muss angesichts globaler Umbrüche resilienter, wettbewerbsfähiger und international handlungsfähiger werden. Es geht darum, unsere Werte zu schützen, unseren Wohlstand zu sichern und unsere Interessen in einer zunehmend multipolaren Welt selbstbewusst zu vertreten.

Der EU-Vorhabensbericht 2025 zeigt uns nicht nur die Herausforderungen, er zeigt auch den Weg: einen Weg, der auf Kooperation, auf Entschlossenheit und auf gemeinsamen Werten basiert. Lassen Sie ihn uns mit Mut und Weitblick gehen! – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP, bei Bundesrät:innen der SPÖ sowie der Bundesrätin Sumah-Vospernik [NEOS/W].)

14.39 

Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Thomas Karacsony. – Bitte, Herr Bundesrat.