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10.05

Bundesministerin für europäische und internationale Angelegenheiten Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES: Danke vielmals. – Ich möchte ein bisschen auf das hier Gesagte eingehen, zunächst auf das Thema internationale Organisationen – von denen wir glücklicherweise einige hier in Wien beheimaten dürfen –: Es ist die OSZE angesprochen worden, wir sind aber auch UNO-Sitz. Darüber hinaus sind noch über 50 andere internationale Organisationen in Wien beheimatet, und das ist gut, wichtig und richtig so.

Vielleicht ganz konkret zur OSZE: Die OSZE ist eine wichtige Organisation, wie ich glaube, die im Moment aber, da muss man ehrlich sein, nicht sehr handlungsfähig ist. Warum ist das so? – Weil sie im Konsens entscheidet und – das ist eigentlich gut in so einer Situation – sowohl Russland als auch die USA als auch die Ukraine dort Mitglied sind. Wichtig ist, solch eine internationale Organisation nicht abzuschreiben, wenn sie in der derzeitigen Kriegssituation nicht zu einstimmigen Beschlüssen kommen kann, sondern sich aktiv vorzubereiten – und das habe ich letzthin mit dem Generalsekretär besprochen –, dass natürlich die OSZE dereinst, wenn wir hoffentlich einen langen, gerechten und anhaltenden Frieden in der Ukraine haben, eine Rolle einnehmen kann und soll. Ich bitte Sie, das auch zu unterstützen. (Beifall bei der ÖVP, bei Bundesrät:innen der SPÖ sowie der Bundesrätin Sumah-Vospernik [NEOS/W].)

Ich freue mich, dass der Europarat in diesem Zusammenhang angesprochen wurde. Das ist auch ein Beitrag zur Friedenssicherung oder zur Unterstützung der Ukraine, da es in unserem, im ureigensten Interesse Österreichs ist, dass die, die Gesetze brechen, auch bestraft werden. Ich freue mich sehr, dass wir in Österreich sehr maßgeblich daran beteiligt waren, gemeinsam mit dem Europarat ein Sondertribunal für das Verbrechen der Aggression gegen die Ukraine auf den Weg zu bringen. Für alle, die es interessiert: Nehmen Sie sich das Römer Statut und daraus den Artikel betreffend Verbrechen der Aggression her. Lesen Sie sich das durch und sagen Sie mir, welches der dort genannten Kriegsverbrechen Russland eigentlich nicht begangen hat. Sie werden keines finden. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen sowie der Bundesrätin Sumah-Vospernik [NEOS/W].)

Ich höre aus den Redebeiträgen aber auch etwas sehr Positives heraus, nämlich ein Bekenntnis zur umfassenden Landesverteidigung. Denn auch wenn man sagt: Nein, wir wollen nicht Mitglied der Europäischen Union sein!, und das entnehme ich den Redebeiträgen der FPÖ – ich meine, wir sind Mitglied der Europäischen Union, die gemeinsame Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik steht in unserer Verfassung, wie auch der Beitrag zu einer Verteidigungsunion; das gefällt Ihnen (in Richtung FPÖ) nicht, Sie wollen den Austritt, das ist in Ordnung; ich finde das nicht gut, ich glaube, das würde uns ärmer, schwächer und weniger geschützt machen (Beifall bei Bundesrät:innen der ÖVP sowie der Bundesrätin Sumah-Vospernik [NEOS/W]) –, wenn man als Insel, als neutrales Österreich über umfassende Landesverteidigung spricht, dann bedeutet das sehr wohl, dass man in die Verteidigungsfähigkeit investieren muss – und das ist nun einmal militärisch. Das mag einem gefallen, lieber Herr Kollege Schennach, oder nicht. Mir wäre es auch lieber, wir würden das Geld im Sinne einer Friedensdividende in Bildung investieren. (Beifall der Bundesrätin Sumah-Vospernik [NEOS/W].) Wobei: Das tun wir übrigens, diese Bundesregierung investiert mehr in Bildung, als das Vorgängerregierungen getan haben. Die Zeiten sind aber nun einmal nicht so.

Verteidigung braucht es aber nicht nur militärisch, sondern auch wirtschaftlich, Stichwort einseitige Abhängigkeit von einem Gaslieferanten in Russland. Und auch geistige Landesverteidigung braucht es, und deshalb freue ich mich auch, dass wir das Thema der Resilienz und auch der Wehrhaftigkeit in diesen Foren, in den Bundesländern, auch diskutieren werden, weil eine Stärkung der Wehrhaftigkeit der Bevölkerung nur gemeinsam mit der Bevölkerung möglich ist.

Was ich jetzt schon noch einmal ansprechen möchte, ist das Thema, das Sie (in Richtung Bundesrat Samt [FPÖ/Stmk.]) angesprochen haben: unsere Haltung im Ukrainekrieg. Ihre Aussage, man brauche eine gemäßigte Reaktion auf Russland, müssen Sie einmal den Ukrainerinnen und Ukrainern erklären (Beifall bei Bundesrät:innen von ÖVP, SPÖ und Grünen sowie der Bundesrätin Sumah-Vospernik [NEOS/W]), deren Kinder verschleppt wurden, deren Mütter und Väter ermordet wurden. Dort werden Zivilisten auf Spielplätzen zerbombt – erst letzte Nacht, vorletzte Nacht, die Nächte davor mit Drohnen, mit Raketen, durch einen Bombenhagel. Und da sagen Sie: Na, bitte, es braucht eine gemäßigte Reaktion auf den Aggressor! – Das kann ich beim besten Willen nicht nachvollziehen, und das ist übrigens auch nicht im Einklang mit der UN-Charta. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen sowie der Bundesrätin Sumah-Vospernik [NEOS/W].)

Dann kommen Sie daher und sagen – und damit machen Sie ja russische Propaganda –: Die Sanktionen wirken nicht, die schaden uns mehr! – Ich weiß eh, das will ja der Kreml gerne, dass ihr das hier erzählt. (Bundesrat Zauner [ÖVP/NÖ]: Freundschaftsvertrag!) Aber das Gegenteil ist der Fall! Das Gegenteil ist der Fall! Selbstverständlich wirken die Sanktionen (Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: Genau! Weil alles so billig geworden ist ...! Weil die Energie so billig geworden ist! ..., ihr seid eine echte Wirtschaftspartei!) wirtschaftlich. (Beifall bei Bundesrät:innen von ÖVP, SPÖ und Grünen sowie der Bundesrätin Sumah-Vospernik [NEOS/W].) Russland ist am absteigenden Ast, hat enorm hohe Zinsen zu zahlen, und was wir brauchen, ist Geduld. (Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: Ja, genau!) Was wir aber auch brauchen, ist – es ist angesprochen worden – Einigkeit in Europa beim Thema Verschärfung der Sanktionen, und das ist mit Ungarn sehr schwierig, weil diese Sanktionen umgangen werden. Jetzt sage ich Ihnen, wie sie zum Beispiel umgangen werden: indem Russland Schiffe, die nicht gewartet werden, mit Rohöl befüllt und dann unter falscher Flagge versucht, die Sanktionen zu umgehen. 

Dagegen sind wir als Europäische Union jetzt gerade entschieden vorgegangen. Ich halte das für wichtig und richtig, weil wir nicht die Kriegsmaschinerie von Putin finanzieren wollen, und andererseits, sage ich Ihnen auch, eine ökologische Katastrophe drohen kann, wenn da irgendwelche Schiffe, die seit 20 Jahren nicht gewartet wurden, im Baltischen Meer mit Rohöl herumfahren und dann vielleicht lecklaufen. Das ist kluge Politik, und ich sage Ihnen ehrlich: Sie verrennen sich hier komplett. (Beifall bei ÖVP und Grünen, bei Bundesrät:innen der SPÖ sowie der Bundesrätin Sumah-Vospernik [NEOS/W].)

Ein Letztes noch, weil Sie unsere Friedenseinsätze und den UN-Sicherheitsrat gelobt haben: Ja, das tun wir, und wir sind stolz darauf – Friedenssicherung, auch Friedensschaffung, aber Friedenssicherung. Im Rahmen der UNO tun wir das, und ja, das kostet Geld. Das gibt es auch nicht zum Nulltarif. Sie müssen sich schon entscheiden: Entweder ist Ihnen die UNO wichtig, Friedenssicherung wichtig, dann muss man das ordentlich und gescheit machen und braucht eine gesamtstaatliche Anstrengung – ich lade Sie gerne dazu ein –, oder man lässt es und begibt sich in den Isolationismus. – Danke vielmals. (Beifall bei der ÖVP, bei Bundesrät:innen der SPÖ sowie der Bundesrätin Sumah-Vospernik [NEOS/W].)

10.11

Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Vielen Dank für die Stellungnahme.

Ich mache nun darauf aufmerksam, dass die Redezeit aller weiteren Teilnehmer:innen an der Aktuellen Stunde nach Beratung in der Präsidialkonferenz 5 Minuten nicht übersteigen darf. 

Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Mag.a Manuela-Anna Sumah-Vospernik. – Bitte, Frau Bundesrätin, ich erteile es Ihnen.