RN/14

10.33

Bundesrat Marco Schreuder (Grüne, Wien): Vielen Dank, Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Sehr geehrte Frau Ministerin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Besucherinnen und Besucher! Ganz kurz – da können Sie jetzt gar nichts dafür, Frau Ministerin – zur Präsidiale, an die Mitglieder der Präsidiale, die hier im Raum sind: Findet ihr das wirklich gescheit, das bei der Aktuellen Stunde so umzudrehen? (Bundesrat Schennach [SPÖ/W]: Ja, ... gescheit!) Bis jetzt waren wir selbstbewusste Parlamentarier und Parlamentarierinnen, haben gesagt, was uns wichtig ist, und ein Minister, eine Ministerin konnte auf uns replizieren. Das ist jetzt vorbei. Warum habt ihr das gemacht? Ich kann jetzt Wünsche äußern, aber es gibt keine Rede mehr. – Sie können gar nichts dafür, Frau Ministerin. Wir kennen uns eh schon lange genug, dass wir uns austauschen können; aber ich finde das für den Parlamentarismus grundfalsch. Ihr habt den Parlamentarismus weiter ausgehöhlt. (Beifall bei den Grünen. – Bundesrat Himmer [ÖVP/W]: Tosender Applaus!)

So, jetzt aber zur Sache, zur Außenpolitik: Wir stehen ja wirklich vor einer kritischen Phase in der Welt, die Eingewöhnungsphase – wir haben kurz darüber geredet – war natürlich kaum vorhanden. In diesem Augenblick stehen die Herausforderungen, egal in welchem europäischen Land man Außenminister oder Außenministerin wird, haushoch vor der Tür. Das ist eine enorme Aufgabe. Die Kernfrage, die entscheidende Frage, die wir als Österreich uns stellen müssen, ist: Wer sind wir in der Welt, welche Rolle hat Österreich in der Welt? Diesbezüglich habe ich in diesem Raum schon auch eine gewisse Dissonanz in dieser Koalition wahrgenommen, zum Beispiel wenn es um den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte geht. Diesbezüglich teile ich die Ansicht von Herrn Stefan Schennach, und ich würde mir tatsächlich wünschen, auch vonseiten der Außenministerin, dass es da ein ganz klares Bekenntnis zur Europäischen Menschenrechtskonvention und zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gibt. 

Es gibt aber auch andere Punkte, und es ist halt unsere Aufgabe als Opposition, jene Punkte zu sagen oder zu benennen, wo wir uns eine andere Politik wünschen würden – neben vielen Dingen, die gut gemacht werden, das möchte ich hier natürlich auch betonen und sagen; wir haben bei der Rede vorhin gehört, welche andere Außenpolitik möglich wäre, die kein Mensch haben wollen kann, nämlich die der Freiheitlichen (Beifall bei den Grünen, bei Bundesrät:innen der SPÖ sowie der Bundesrätin Sumah-Vospernik [NEOS/W]–: die Kürzungen, die Österreich derzeit bei der humanitären Hilfe, der Entwicklungszusammenarbeit und dem Auslandskatastrophenfonds macht. Das sind 70 Millionen Euro weniger. Eines muss man schon auch sagen, weil das dann hier auch in den Reden gesagt wird: Wenn man kürzt, kürzt man damit auch bei einem globalen Sicherheitsfaktor. Österreich ist gerade in diesem Bereich – beim Auslandskatastrophenfonds, bei der Entwicklungszusammenarbeit – für viele Partnerländer ein verlässlicher Partner. Diese Verlässlichkeit aufs Spiel zu setzen, bedeutet dann am Ende für diese Länder weniger Solidarität, weniger Stabilität, weniger Verantwortung, die wir übernehmen, weniger Ansehen und weniger Verlässlichkeit. Das halte ich für nicht sehr gescheit. 

In einer Zeit, in der die Konflikte und die sogenannte Nachkriegsordnung absolut über den Haufen geworfen werden, müssen wir uns natürlich auch die Frage stellen, welche Rolle Österreich in dieser Welt spielt. Welche Rolle spielt die Neutralität in dieser Welt? Welche Rolle kann Österreich im Rahmen einer Architektur, die Europa ja eindeutig braucht, spielen? 

Europa braucht ja eindeutig eine Architektur, die uns als Europa auch absichert, denn eines darf man nicht vergessen – das haben wir vielleicht in den letzten Jahrzehnten übersehen –: Es gibt außer Europa niemanden, der die Europäische Union haben will. Die Kräfte, die die Europäische Union zerstören wollen, sind enorm. Niemand auf der Welt will die Europäische Union. Wir – wir! – sind dafür zuständig, ob wir diese Architektur und dieses größte Friedensprojekt aller Zeiten, das es jemals auf diesem Planeten gegeben hat, absichern oder nicht. Das ist nämlich unsere Aufgabe. (Beifall bei den Grünen, bei Bundesrät:innen der SPÖ sowie der Bundesrät:innen Schwindsackl [ÖVP/Stmk.] und Sumah-Vospernik [NEOS/W].)

Neutralität kann auf gar keinen Fall das bedeuten oder so zu verstehen sein, wie die Freiheitliche Partei es definiert – zwei von drei Affen, sage ich immer (beide Hände zunächst über die Augen, danach über die Ohren legend) –: nichts sehen wollen, nichts hören wollen, aber halt leider viel reden wollen, nämlich viel reden wollen ohne irgendein Lösungsprojekt. 

Schon Kreisky hat gesagt, dass Neutralität nicht bedeuten kann, dass man bei internationalen Verbrechen wegschaut. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesrät:innen der SPÖ.) Österreich hat immer hingeschaut. Österreich hat immer gesagt – wenn Völkerrecht verletzt wird, wenn humanitär auf der Welt etwas schiefläuft –: Das ist unsere Aufgabe, auch in einer gemeinsamen europäischen Architektur! Ich sehe da einen Platz für Österreich, und wir sollten diesen Platz selbstbewusst einnehmen, wir sollten diesen Platz stark einnehmen.

Ein Thema muss ich zum Schluss natürlich noch ansprechen: Auch die Klimapolitik ist eines der wichtigsten politischen Themen unserer Zeit. Kein Klimaschutz ist das Teuerste, was wir machen können. Wir müssen gemeinsam in einer globalisierten Welt den Klimaschutz angehen. Das ist die größte ...

10.38

Vizepräsident Michael Wanner: Herr Bundesrat, ich weise darauf hin, dass die 5 Minuten zu Ende sind. (Bundesrat Schreuder [Grüne/W]: Ich bin auch zu Ende, danke schön! – Beifall bei den Grünen sowie der Bundesrät:innen Himmer [ÖVP/W], Mertel [SPÖ/Ktn.] und Sumah-Vospernik [NEOS/W] für den das Redner:innenpult verlassenden Bundesrat Schreuder [Grüne/W].)

Danke schön. 

Die Aktuelle Stunde ist somit beendet.