RN/34
Beschluss des Nationalrates vom 13. Mai 2025 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Tierschutzgesetz geändert wird (77/A und 86 d.B. sowie 11641/BR d.B.)
Vizepräsident Markus Stotter, BA: Wir gelangen nun zum 3. Punkt der Tagesordnung.
Berichterstatterin ist Frau Bundesrätin Mag. Claudia Arpa. – Ich bitte um den Bericht.
RN/35
Berichterstatterin Mag.a Claudia Arpa: Herzlichen Dank, Herr Vorsitzender. – Ich erstatte Bericht über den Beschluss des Nationalrates vom 13. Mai 2025 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Tierschutzgesetz geändert wird.
Lassen Sie mich einmal kurz auf diese Thematik eingehen: Der Beschluss des Nationalrates schließt eine wichtige Gesetzesreparatur ab, die aufgrund eines Urteils des Verfassungsgerichtshofes notwendig geworden ist. Hintergrund ist das bereits 2022 von der damaligen Bundesregierung beschlossene Verbot der Schweinehaltung auf unstrukturierten Vollspaltenböden. Dieses Verbot sah allerdings großzügige Übergangsfristen für bestehende Ställe vor.
Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor.
Es wird der Antrag gestellt, gegen den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.
Vizepräsident Markus Stotter, BA: Danke schön.
Wir begrüßen recht herzlich unsere Staatssekretärin im Bundesministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, Frau Ulrike Königsberger-Ludwig. – Herzliches Grüß Gott. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen sowie der Bundesrätin Sumah-Vospernik [NEOS/W].)
Wir gehen in die Debatte ein.
Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Simone Jagl. Ich erteile ihr dieses.
RN/36
12.13
Bundesrätin Simone Jagl (Grüne, Niederösterreich): Danke schön, Herr Vorsitzender! Werte Kolleginnen und Kollegen! Besucherinnen und Besucher hier bei uns im Haus! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin, willkommen bei uns im Bundesrat! Ich möchte meine Rede heute mit einem Zitat beginnen: „Die Größe und den moralischen Fortschritt einer Nation kann man daran messen, wie sie die Tiere behandelt.“ – Dieses Zitat wird gerne Mahatma Gandhi zugeordnet, das ist aber eher unsicher; doch ungeachtet dessen, wer diese Aussage getätigt hat, ob er es war oder jemand anderer: Es steckt viel Wahrheit hinter dieser Aussage.
Es geht bei diesem Tagesordnungspunkt um ein Thema, das mir persönlich ein großees Herzensanliegen ist, nämlich den Tierschutz, einen besonderen Teilaspekt davon. Im Detail geht es um – ich sage einmal so – ein einigermaßen würdevolles, würdiges Leben von Nutztieren, im Speziellen um die Lebensbedingungen von Schweinen. Bei allem wirklich aufrichtigen Respekt, den ich vor allen Landwirtinnen und Landwirten habe – sie sorgen täglich dafür, dass wir mit gesunden und regionalen Lebensmitteln gut versorgt sind; dafür wirklich ein herzliches Dankeschön (Beifall bei den Grünen sowie des Bundesrates Trinkl [SPÖ/Bgld.]) –, bei allem Verständnis für die Herausforderungen, vor denen viele Landwirtinnen und Landwirte stehen, dürfen wir, glaube ich, nicht vergessen, worum es in der Nutztierhaltung in allererster Linie geht, nämlich um fühlende Wesen, um Lebewesen.
Schweine sind außerordentlich intelligente Tiere. Wer schon einmal Schweine besucht hat – vielleicht nicht in einem Mastbetrieb, aber es gibt ja auch andere Möglichkeiten –, kann das bestätigen. Sie sind wirklich neugierig, sie sind lernfähig, sie sind ausgesprochen sozial, sie erkennen sich zum Beispiel selbst im Spiegel. Sie können Aufgaben lösen, sie können sogar mit Fernbedienungen Spiele bedienen. Sie kommunizieren miteinander. Sie empfinden Freude, sie empfinden aber auch Schmerz und Angst.
Wenn ich mir die mittlerweile wirklich jahrelange Diskussion betreffend Schweinehaltung anschaue, das endlose Hin und Her um ein paar Quadratzentimeter mehr Platz, um etwas mehr Stroh als Beschäftigungsmaterial oder damit die Tiere darauf liegen können oder tatsächlich absurd lange Übergangsfristen – die Übergangsfrist in der letzten Änderung des Gesetzes zum Aus der Vollspaltenböden war wirklich zu lang –, wenn ich an all das denke, dann frage ich mich wirklich, ob die Tatsache, dass es da um lebende, um fühlende Wesen geht, allen Beteiligten immer bewusst ist. (Zwischenruf bei der FPÖ.)
Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf wird der zentrale Punkt des 2022 beschlossenen schrittweisen Aus für die Vollspaltenböden gekippt. Was ursprünglich ab 2040 als verpflichtender Mindeststandard gelten sollte, wurde nicht vorgezogen, die Frist wurde gestrichen. Das Einzige, was nun gesichert ist, ist, dass ab 2034 der sogenannte strukturierte Vollspaltenboden Gesetz wird. Dabei war dieser von Anfang an nur als Zwischenschritt gedacht, weil er das Leid der Tiere nicht wirklich signifikant verringert. Die Liegefläche besteht nämlich weiterhin aus Spaltenboden, nur eben mit ein paar weniger Spalten.
Was heißt das für die Tiere? – Das bedeutet – zusammengefasst –: Leid, Schleimbeutelentzündungen, Verletzungen, Lungenentzündungen, Atembeschwerden; all das bleibt an der Tagesordnung.
Aufgrund des großen Stresses und der fehlenden Beschäftigung kommt es wesentlich häufiger zu Beißverletzungen, das führt wiederum dazu, dass trotz des EU-weiten Verbots im Jahr 1994 routinemäßig die Schwänze kupiert werden. Das ist ein irrer Teufelskreis auf dem Rücken dieser Lebewesen und eigentlich nicht zu akzeptieren. (Beifall bei den Grünen.)
Dabei ist klar im Tierschutzgesetz festgehalten: Tieren dürfen keine ungerechtfertigten Schmerzen oder Leiden zugefügt werden. Auch die Bevölkerung hat da eine ganz klare Meinung: Über 90 Prozent sprechen sich gegen Vollspaltenbodenhaltung aus.
Durch den Wegfall dieser Frist fehlt jetzt jeder Druck, einen neuen Mindeststandard festzulegen. Der Bauernbund hat es ja auch schon bestätigt, in Chatgruppen war da zu lesen, dass es in den nächsten Jahren keine weiteren gesetzlichen Änderungen geben wird. Mit anderen Worten: Die Vollspaltenböden sollen mehr oder weniger wahrscheinlich auf Jahrzehnte einzementiert werden.
Was jetzt gemacht wird, ist keine Reparatur des Gesetzes. – Schweine müssen endlich artgerecht gehalten werden, einigermaßen artgerecht. Wir als Gesellschaft müssen diese Transformation als gemeinsame Aufgabe begreifen. Dazu braucht es ein umfassendes Maßnahmenpaket für eine tiergerechte Schweinehaltung. Konsument:innen müssen transparent informiert werden, damit sie sich bewusst für tiergerechte regionale Produkte entscheiden können. Auch die öffentliche Hand hat wirklich großen Einfluss: Schon jetzt sieht der Aktionsplan nachhaltige Beschaffung 50 Prozent Schweinefleisch aus Mehr-Tierwohl-Betrieben vor. Doch diese Quoten werden bisher nicht eingehalten. Da braucht es einfach wirklich verbindliche Anstrengungen. (Beifall bei den Grünen.) Vor allem die Steuermittel müssen in die Zukunft lenken: zu Investitionen, die die Tierhaltung nachhaltig verbessern, statt Tierleid weiter zu zementieren.
Aus diesem Grund bringen wir einen entsprechenden Entschließungsantrag ein, der Ihnen elektronisch zugegangen ist.
Wir fordern ein verbindliches Maßnahmenpaket für eine tiergerechte Schweinehaltung; darin sind unter anderem klare Kennzeichnungspflichten, die konsequente Verankerung von Tierwohlkritierien in der öffentlichen Beschaffung und die gezielte Unterstützung von Bäuerinnen und Bauern, die ihre Betriebe zukunftsfit machen und tiergerecht führen wollen, enthalten.
Es ist Zeit, dass wir einen klaren, verbindlichen Weg für eine Landwirtschaft, die Mensch, Tier und Umwelt gleichermaßen gerecht wird, einschlagen. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen.)
12.20
Der Gesamtwortlaut des Antrages ist unter folgendem Link abrufbar:
RN/36.1
Vizepräsident Markus Stotter, BA: Der von den Bundesräten Simone Jagl, Claudia Hauschildt-Buschberger, Elisabeth Kittl und Marco Schreuder eingebrachte Entschließungsantrag betreffend „Maßnahmenpaket für eine tiergerechte Schweinehaltung“ ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.
Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Thomas Schmid. Ich erteile ihm dieses.
RN/37
12.20
Bundesrat Ing. Thomas Schmid (SPÖ, Burgenland): Sehr geehrter Herr Vizepräsident! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuhörerinnen und Zuhörer! Wir beschließen beziehungsweise reparieren heute das Tierschutzgesetz.
Um auf das Tierschutzgesetz bezüglich dieses Antrages ein wenig näher einzugehen: Der Großteil der Schweine in Österreich wird in Haltungssystemen mit Vollspaltenbuchten gehalten. Laut einer Befragungsstudie der Hochschule für Agrar- und Umweltpädagogik sind es etwa zwei Drittel, jedoch bei größeren Betrieben 80 Prozent. Trotz Anstiegs in den letzten Jahren werden weiterhin weniger als 10 Prozent des Schweinefleisches in Österreich mit Tierwohlsiegel oder als bio vermarktet. Der Anteil an in Vollspaltenbuchten gehaltenen Tieren könnte also noch deutlich höher liegen.
Vollspaltenbuchten sind Systeme, bei denen der gesamte den Tieren zur Verfügung stehende Bereich mit Spaltenboden versehen ist. Durch diese Haltung leiden die Tiere jedoch unter massiven Gesundheitseinbußen. Schleimbeutelentzündungen, Verletzungen und Lungenentzündungen kommen bei Tieren, die in Vollspaltenbuchten gehalten werden, deutlich häufiger vor als bei Tieren, die auf Stroh oder im Freiland gehalten werden.
Aufgrund des hohen Stresses und der geringen Beschäftigungsmöglichkeiten der Tiere in der konventionellen Haltung in Vollspaltenbuchten kommen Beißverletzungen, wie es bereits angesprochen wurde, an Tieren deutlich häufiger vor als bei Haltung auf Stroh oder im Freiland. Daher sprechen sich mittlerweile über 90 Prozent der Bevölkerung für ein Verbot der Haltung von Schweinen auf Vollspaltenböden aus.
Die letzte Bundesregierung von ÖVP und Grünen einigte sich im Jahr 2022 auf ein Verbot von Vollspaltenbuchten ohne Funktionsbereich mit einer Übergangsfrist bis 2040, einem leicht erhöhten Neubaumindeststandard ab 2023 und dem Auftrag, mit einem Projekt, Ibest plus, die Grundlagen und Empfehlungen für einen langfristigen und zukünftigen gesetzlichen Mindeststandard auszuarbeiten.
Jedoch brachte dann unser Landeshauptmann des Burgenlandes, Mag. Hans Peter Doskozil, einen Antrag an den VfGH ein, die 17-jährige Übergangsfrist auf ihre Verfassungsmäßigkeit hin zu prüfen. Der Verfassungsgerichtshof hob diese Übergangsbestimmungen natürlich auf.
Die Forderungen des Burgenlandes waren, dass die Schweinehaltung in Vollspaltenbuchten komplett verboten wird, in schweinehaltenden Betrieben ein ausreichend großer, tief mit Stroh eingestreuter Liegebereich sowie Zugang zu einem Auslauf vorgeschrieben werden, für alle neu gebauten oder umgebauten Haltungseinrichtungen ein Geltungsbeginn mit 1.9.2025 festgelegt wird sowie für alle bestehenden Haltungseinrichtungen ein Geltungsbeginn mit 1.1.2030 festgelegt wird.
Diese Änderungen im vorliegenden Tierschutzgesetz sind nun natürlich eine Kompromisslösung, bringen aber deutliche Verbesserungen. Es wurde eine Lösung gefunden, die das Wohl der Tiere spürbar verbessert, gleichzeitig aber auch praktikable Rahmenbedingungen schafft. Sie bringt aber vor allem auch Rechtssicherheit und Planungssicherheit mit sich.
Ab 1. Juni 2029 gibt es die Verbesserungen bereits in den bestehenden Ställen. Am 1. Juni 2034 endet die reine Haltung auf Vollspaltenböden. Damit reduzieren wir die ursprüngliche Übergangsfrist von 17 auf neun Jahre, mit ganz wenigen Ausnahmen für rund 170 Härtefälle. Das soll dementsprechend auch so sein.
Nur mit entsprechend hohen Standards können wir sichergehen, dass Schweine, die für die Lebensmittelproduktion gehalten werden, nicht leiden und möglichst viele ihrer Bedürfnisse ausleben können. Nur mit entsprechend hohen Standards besteht die Chance, dass die Schweinehaltung in Österreich auch in 20 oder mehr Jahren noch den gesellschaftlichen Anforderungen an den Tierschutz entspricht. Nur mit entsprechend hohen Standards besteht demnach auch die Chance, dass Bäuerinnen und Bauern nach der jetzt erforderlichen Investition dann einmal für längere Zeit keine Sorge wegen sich verändernder Rahmenbedingungen haben müssen, sondern sich auf die tiergerechte Tierhaltung, die Lebensmittelproduktion und die Erwirtschaftung eines existenzsichernden Einkommens konzentrieren können. Das ist der richtige Ansatz und der klare Weg für unser Österreich. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)
12.25
Vizepräsident Markus Stotter, BA: Zu Wort gemeldet ist Frau Elisabeth Lindner-Wolff, und ich erteile ihr dieses.
RN/38
12.25
Bundesrätin Elisabeth Lindner-Wolff, MSc (ÖVP, Wien): Sehr geehrter Herr Vizepräsident! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Zuseherinnen und Zuseher vielleicht via Livestream! Anhand des jetzigen Beispiels erkennt man den ständigen Wandel bei uns im Bundesrat. Beim Kollegen vor mir war es gerade seine erste Rede, bei mir ist es heute voraussichtlich die letzte Rede im Bundesrat. Ich freue mich sehr, dass ich heute auch noch einmal zu einem landwirtschaftlichen Thema sprechen kann. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen sowie der Bundesrätin Sumah-Vospernik [NEOS/W].)
Ja, mit dem heutigen Gesetz beschließen wir eine neue Regelung der Übergangsfristen für Vollspaltenböden in der Schweinehaltung. Mit 2034 soll die Übergangsfrist für unstrukturierte Vollspaltenbuchten in der Schweinehaltung enden. Das machen wir nicht aus Jux und Tollerei oder weil wir uns gedacht haben, wir wollen dieses Gesetz jetzt schon wieder überarbeiten. Nein, das machen wir, weil dieses Gesetz verfassungsrechtlich einfach nicht standhält und wir es überarbeiten müssen.
Wir haben es geschafft, einen tragfähigen Kompromiss zu finden. Es war wichtig, schnell zu reagieren, sodass die Bäuerinnen und Bauern ab Anfang Juni nicht ohne rechtliche Grundlage dastehen. Das haben wir mit unseren Regierungspartnern, der SPÖ und den NEOS, geschafft, und dafür möchte ich mich auch ganz herzlich bedanken. (Beifall bei der ÖVP, bei Bundesrät:innen der SPÖ sowie der Bundesrätin Sumah-Vospernik [NEOS/W].)
Es ist klar: Wir in der ÖVP und im Bauernbund stehen für die Planungssicherheit in unseren Betrieben, denn nur so kann sichergestellt werden, dass die Betriebe in Österreich auch weiterhin bestehen können. Man muss sich darauf verlassen können, dass das, was wir heute sagen, auch morgen gilt, denn sonst treibt man die Betriebe halt leider an ihre Existenzgrenzen oder darüber hinaus. Die letzten Monate waren gerade in der Schweinebranche wirklich extrem belastend für die Betriebsführerinnen und für die Betriebsleiter: nicht zu wissen, wie es weitergeht. Kann man sich das alles überhaupt noch leisten? Macht es Sinn, die Ställe und die Betriebe in der nächsten Generation weiterzuführen? Das sind leider Fragen, die in letzter Zeit nur zu berechtigt waren.
Es ist unsere Aufgabe als Regierung, uns für stabile Rahmenbedingungen einzusetzen. Das machen wir mit dem heutigen Gesetzesbeschluss.
Innerhalb von 16 Jahren nach Anschaffung, spätestens mit Mitte 2034 – beziehungsweise dürfen ein paar Ausnahmebetriebe ein Jahr länger dafür brauchen –, ist es notwendig, die Investitionen zu setzen, um die Maßnahmen umzusetzen. Das ist die Dauer der Abschreibung, die auch buchhalterisch so vorgesehen ist, und so muss das auch umgesetzt werden.
Wir verfolgen aber auch in der ÖVP und im Bauernbund das Prinzip der ökosozialen Marktwirtschaft. Das spiegelt sich wie in einem Paradebeispiel auch in dem heutigen Gesetzesbeschluss wider. Mit dem heutigen Beschluss ist klar, dass wir uns für mehr Tierwohl auch in den fleischproduzierenden Betrieben und in der Industrie einsetzen.
Eine gute Produktion funktioniert nur Hand in Hand mit den Betrieben und den Konsumentinnen und den Konsumenten. Deswegen beschließen wir mit dem heutigen Gesetz, dass mit 1.6.2029 auch mehr Tierwohl in die Ställe einzieht. Es braucht mit 1.6.2029 geringere Besatzdichten in den Ställen beziehungsweise auch mehr Beschäftigungsmaterial für die Tiere; wir haben es schon gehört.
Ich möchte auch ein bisschen einen Appell an unsere konsumierende Bevölkerung richten, denn Tierwohl, ja, wird in Österreich bereits sehr großgeschrieben. Das zeigt auch eine unabhängige Studie, laut der Österreich mit Schweden und der Schweiz auf Platz eins beim Animal Protection Index steht. Da brauchen wir uns nicht zu schämen, nicht zu verstecken. Das ist so.
Umso wichtiger ist es dann aber, wenn wir die Wahl haben, wenn wir im Supermarkt stehen, dass wir auch zu diesen Produkten greifen. Wer mehr Tierwohl fordert, muss dann aber auch den Preis dafür bezahlen. Derzeit kommen nur 5 Prozent der Produktion von biologischen Strohschweinen. Der Rest wird konventionell produziert. Da müssen wir schon auch ein bisschen aufpassen. Wir können nicht höchste Tierwohlstandards fordern, und dann kauft es niemand, und wir importieren dann eventuell Billigprodukte aus dem Ausland.
Als Konsument, als Konsumentin stellt man sich oft ein Bild einer hochindustrialisierten Landwirtschaft vor, die über gesamte Landstriche hinweg geht. Ich denke da beispielsweise an die Rinderzucht in Argentinien oder an die Hühnerhaltung in den USA. Aber das ist keine Produktion, wie wir sie in Österreich haben. Das ist kein Bild, das wir tatsächlich in Österreich haben und das wir kennen. Wir sind in Österreich geprägt von Familienbetrieben, von mittelständischen und Kleinunternehmen, und die schaffen es auch, die Vielfalt, die wir in Österreich haben und die wir doch auch so schätzen, zu halten. Klar ist auch, dass die Lebensmittelversorgung aus dem eigenen Land ein ganz zentrales Thema der Zukunft sein wird. (Beifall bei der ÖVP.)
Deswegen freue ich mich umso mehr darüber, dass wir mit dem heutigen Beschluss die Betriebe absichern, die tagtäglich die Verantwortung dafür übernehmen, dass wir regionale und gute Produkte auf unsere Teller bekommen. (Beifall bei der ÖVP.)
Abschließend möchte ich, wie ich schon zu Beginn gesagt habe, noch ein paar persönliche Worte an Sie alle richten. Es ist heute voraussichtlich meine letzte Rede hier im Parlament und im Bundesrat nach viereinhalb Jahren, und ich muss wirklich sagen, es war mir eine richtig große Ehre, dass ich hier stehen darf.
Angefangen habe ich in der Hofburg im Redoutensaal, und ja, so kommt alles im Leben vielleicht manchmal wieder: Im Redoutensaal habe ich bereits mein Bachelordiplom überreicht bekommen, ein paar Jahre später durfte ich dann als Rednerin im Bundesrat stehen, und jetzt hatte ich auch noch die Ehre, in den neu renovierten Räumlichkeiten des Parlaments auch noch mitwirken zu dürfen. (Allgemeiner Beifall.)
Ich glaube, man hat es in meinen Reden ein bisschen gemerkt: Es war mir eine wirklich große Ehre, mich hier für die Bevölkerung einzusetzen, und zwar natürlich für die gesamte Bevölkerung, aber ganz speziell für die Landwirtschaft und für die Wiener Landwirtschaft eine starke Stimme zu sein und mich für diese einzusetzen.
Neben all der Arbeit, die wir alle hier im Parlament haben, durfte ich aber auch unglaublich viel erleben, das einfach wirklich nicht selbstverständlich ist. Dafür möchte ich noch einmal einen ganz besonderen Dank aussprechen, einerseits natürlich an alle Mitarbeiter des Parlaments. Ich glaube, ohne sie würde hier keine Sitzung stattfinden und auch keine Aktivität außerhalb dieses Sitzungssaales. Vielen herzlichen Dank dafür, dass Sie sich immer um uns kümmern und dass alles so funktioniert, wie es funktionieren soll! (Allgemeiner Beifall.)
Ein ganz besonderer Dank gilt aber meiner Fraktion. Ich freue mich sehr, dass wir die letzten viereinhalb Jahre gemeinsam, eigentlich wie eine große Familie erleben durften, dass ich so viel mit euch erleben durfte. Das wird mir, denke ich, immer in Erinnerung bleiben. Vielen herzlichen Dank für so eine tolle Zeit! (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen sowie der Bundesrätin Sumah-Vospernik [NEOS/W].)
Auch wenn vom Rednerpult aus der Ton vielleicht manchmal ein bisschen strenger ist – was ja auch gut so ist, denn wir alle haben unterschiedliche Meinungen und vertreten diese Meinungen auch hier ganz öffentlich, dafür sind wir da –, freue ich mich, dass zwischenzeitlich doch auch das eine oder andere gute Gespräch, mit sehr viel Wertschätzung, stattfinden konnte. Ich freue mich darüber, dass das möglich war. Vielen herzlichen Dank! (Allgemeiner Beifall.)
Und last, but not least, ich muss es ganz ehrlich sagen: Mein Amt als Bundesrätin wäre nicht möglich gewesen, wenn nicht meine Familie mir so sehr den Rücken gestärkt hätte, sodass ich sagen konnte: Es ist Sitzung, ich muss weg!, und es stand jemand dort, und der Betrieb war einfach gut betreut.
Auf der anderen Seite möchte ich natürlich auch meinem Mann ganz herzlich Danke sagen dafür, dass er sämtliche Arbeiten im Hintergrund für mich gemacht hat, als mein Fuß nicht so gut funktioniert hat, darauf gewartet hat, dass ich aus dem Parlament komme, um mich abzuholen. Und natürlich möchte ich auch meinen Eltern dafür danken, dass sie mich immer unterstützt und gestärkt haben. Das ist nicht selbstverständlich. Ich glaube, wir alle haben solche Familien, die uns zum Glück teilweise den Rücken stärken, und dafür möchte ich heute ganz laut und öffentlich Danke sagen. (Allgemeiner Beifall.)
Für mich steht jetzt ein neues Kapitel bevor, sowohl familiär als auch im Heurigen, wohin ich jetzt wieder zurückkehren darf und wo ich jetzt ein bisschen mehr wirken darf. Ich möchte nur sagen: So wie die Türen hier im Parlament stehen auch die Türen bei uns im Heurigen wirklich immer offen. (Allgemeine Heiterkeit.) Ich freue mich, das eine oder andere bekannte Gesicht zu sehen und vielleicht auch bei einem guten Achterl Wein über die Zeiten in der Politik zu reden. – Vielen Dank. (Anhaltender allgemeiner Beifall.)
12.35
Vizepräsident Markus Stotter, BA: Liebe Elisabeth, wir wünschen dir natürlich für deinen weiteren Lebensweg von Herzen alles Gute.
Als Nächste ist Frau Bundesrätin Marlies Steiner-Wieser zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihr.
RN/39
12.35
Bundesrätin Marlies Steiner-Wieser (FPÖ, Salzburg): Danke, Herr Vizepräsident! Frau Staatssekretär! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Elisabeth beziehungsweise Kollegin Lindner-Wolff, in meinem Namen und im Namen meiner Fraktion darf ich dir ebenfalls für deine Zukunft alles Gute wünschen, viel Erfolg, viel Kraft und viel Spaß mit den neuen Aufgaben, die auf dich zukommen werden! Danke für die teilweise doch sehr hitzigen und heftigen Diskussionen, die wir miteinander haben durften. (Allgemeiner Beifall.)
Nun zum Thema: Ja, Tierschutz geht uns alle an. Tierschutz ist uns allen wichtig, das erkennt man auch daran, dass 400 000 Menschen das Tierschutzvolksbegehren unterschrieben haben. Auch ich habe es aus Überzeugung unterschrieben. Jeder hat irgendwelche Assoziationen und einen Bezug zum Thema Tierschutz.
Tierschutz muss jedoch mit Maß und Ziel umgesetzt werden und darf vor allen Dingen nicht unsere Landwirte in existenzielle Probleme führen, denn auf unsere österreichischen Schweinebauern kommen jetzt massive finanzielle Belastungen zu, nämlich beim Abbau der Vollspaltenböden. Da wir Freiheitliche Rechts- und Planungssicherheit für unsere Landwirte wollen, stimmen wir auch einer Übergangsfrist zu.
Im Bereich Tierschutz gibt es noch weitere brennende Probleme, die zu lösen wären. Ich nehme mir da ein paar Punkte heraus.
Als Erstes denke ich da an das Schächten, an das betäubungslose Töten von Tieren. (Beifall bei der FPÖ.) Die derzeitige gesetzliche Regelung ist in diesem Bereich viel zu schwammig. Nach wie vor wird in vielen Fällen den Tieren bei vollem Bewusstsein die Kehle durchgeschnitten, sie müssen ausbluten. Die Tiere erleiden bei dieser Tötungsart höllische Schmerzen, sie müssen minutenlang leiden. Alleine schon das Fixieren ist ein einziger Stress und ein Horror für diese armen Tiere.
Aber auch beim Thema Lebendtiertransporte, nämlich zu Schlachtzwecken, nicht zu Zuchtzwecken, ist noch einiges zu tun. Ich denke da an die unnotwendigen, langen Tiertransporte. Immer noch werden Hunderttausende Tiere eng eingezwängt in Lkws quer durch Europa gekarrt, um dann zum Beispiel im arabischen Raum betäubungslos geschlachtet, geschächtet zu werden. Das sind Höllenqualen für die Tiere. Da hat weder die ehemalige schwarz-grüne Bundesregierung genügend Druck auf die EU ausgeübt, noch höre ich von dieser schwarz-rot-pinken Verliererampel einen lauten Aufschrei, dass die Tiere nicht zu Schlachtzwecken quer durch Europa gekarrt werden sollen, um im arabischen Raum geschächtet zu werden. (Beifall bei der FPÖ.)
Aber auch die Regelungen bezüglich der Gebrauchshundeausbildung sind nicht zufriedenstellend. Mit 15. April trat die vom ehemaligen grünen Gesundheitsminister Rauch erlassene Verordnung mit dem Titel Änderung der Verordnung hinsichtlich näherer Bestimmungen über die tierschutzkonforme Ausbildung von Hunden in Kraft. Diese hat zur Folge, dass die Ausübung des Gebrauchshundesports, welcher international ausgeübt wird und höchstes Ansehen genießt, in der Hundeausbildung in Österreich – als einzigem Land weltweit – verunmöglicht wird. Dabei führt ein De-facto-Verbot des Gebrauchshundesports zu groben Nachteilen für das Diensthundewesen, für künftige Diensthunde in Einsatzorganisationen wie Rettung, Bergrettung, Bundesheer, Polizei und vielen mehr.
Diensthunde sind einfach nicht mehr wegzudenken. Wir haben heute ja ein anschauliches Beispiel hier im Haus gehabt. Die Sitzung heute hat später angefangen, weil ein Koffer gefunden wurde. Dieser Koffer musste untersucht werden. Wie ich vernommen habe, waren es Diensthunde, Spürhunde, die diesen Koffer mituntersucht haben. Das können sie aber nur machen, wenn sie den Dienst antreten können, das können sie nur machen, wenn sie die entsprechende Ausbildung haben – und diese entsprechende Ausbildung gibt es nur, wenn die Politik die rechtlichen Rahmenbedingungen dafür schafft. Das heißt, die Diensthundeausbildung abzuschaffen, Gebrauchshundesport abzuschaffen, wäre grob, grob, grob fahrlässig und daneben! (Beifall bei der FPÖ.)
Ich darf jetzt noch ein Wort an die Sozialisten richten: In der Opposition haben ja die Sozialisten in Person von Kollegin Lancaster immer ein offenes Ohr für den Tierschutz gehabt und einigen freiheitlichen Anträgen zugestimmt. Ich hoffe, dass Ihr Engagement bleibt und Sie nicht den Tierschutz auf dem Altar der Machtbesessenheit opfern. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)
12.40
Vizepräsident Markus Stotter, BA: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Gabriele Kolar. Ich erteile ihr dieses.
RN/40
12.41
Bundesrätin Gabriele Kolar (SPÖ, Steiermark): Ich komme wieder zurück zum Thema (Heiterkeit und Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie Beifall der Bundesrätin Sumah-Vospernik [NEOS/W] – Bundesrat Schennach [SPÖ/W]: Sehr gut!), nämlich: Verbot von Vollspaltenböden, Novellierung des Tierschutzgesetzes.
Geschätzter Herr Vizepräsident! Geschätzte Frau Staatssekretärin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuhörerinnen und Zuhörer auf den digitalen Kanälen! Ich möchte meine Rede heute mit einem Bild beginnen, das wir heuer im Frühjahr vor allem in der Steiermark als ganz furchtbar und schrecklich erfahren haben und das nicht aus unseren Köpfen geht: Schweine liegen regungslos in ihrem eigenen Kot, kaum Platz zum Drehen, offene Wunden, kein Licht, kein Stroh, kein Ausweg. Diese Bilder stammen nicht aus fernen Ländern, sondern sie stammen aus einem Betrieb aus dem Bezirk Leibnitz, aufgedeckt heuer, im April 2025. Ein Schweineskandal mitten in der Steiermark! Er hat uns mit voller Wucht vor Augen geführt, was es heißt, wenn ein System versagt, wenn Tiere nur noch als Ware behandelt werden, wenn Kontrolle nicht funktioniert und wenn die Gesetzgebung zögerlich ist.
Heute haben wir die Möglichkeit, das zu ändern. Mit dieser Novelle des Tierschutzgesetzes setzen wir ein klares Zeichen für das Tierwohl, für verbindliche Standards und für eine Landwirtschaft, die Zukunft hat, weil sie auf Qualität und Verantwortung setzt.
Diese Novelle ist – wie wir heute schon einige Male gehört haben – nicht freiwillig entstanden. Sie ist eine Reaktion auf ein Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes, das klargemacht hat: Die bisherige Regelung mit einer 17-jährigen Übergangsfrist war verfassungswidrig, weil sie den Tierschutz nicht ausreichend berücksichtigt hat. Diese Novelle ist nicht vom Himmel gefallen, sie ist das Ergebnis, Frau Staatssekretärin, intensiver politischer Verhandlungen mit vielen unterschiedlichen Positionen – und ja, es war nicht einfach. Es wurde hart gerungen: um Fristen, um Standards, um die Frage, wie man Tierschutz und landwirtschaftliche Realität vereinen kann. Aber genau das ist unsere Aufgabe: Lösungen finden, die halten – vor dem Verfassungsgerichtshof und vor unserer Gesellschaft.
Und heute liefern wir! Die wichtigsten Eckpunkte wurden heute auch schon des Öfteren kundgetan. Ich möchte es noch einmal sagen, damit wir es alle auch weitererzählen können: Das Verbot der unstrukturierten Vollspaltenböden tritt mit 2034 in Kraft. Für etwa 170 Härtefälle gilt eine klare, begrenzte Ausnahmeregelung bis maximal 2038. Schon ab 2029 gelten Verbesserungen in den bestehenden Ställen: mehr Platz pro Tier – 0,8 statt 0,7 Quadratmeter – und verpflichtendes organisches Beschäftigungsmaterial wie Stroh, Seile oder Holz.
Manche mögen vielleicht sagen: 0,1 Quadratmeter mehr Platz, das ist doch kaum der Rede wert!, aber wer schon einmal – und ich weiß, dass dies viele von Ihnen schon einmal getan haben – einen Stall besucht hat, der weiß: Jeder zusätzliche Zentimeter bedeutet mehr Bewegungsfreiheit, weniger Stress und weniger Verletzungsgefahr. Das verhindert Verhaltensstörungen, Aggressionen, Schwanzbeißen und so weiter. Das ist ein echter Fortschritt – kein kosmetischer Eingriff, sondern ein klarer Schritt nach vorne.
Jetzt möchte ich mich ganz bewusst noch einmal an die Frau Kollegin von den Grünen, Frau Kollegin Jagl, wenden: Ich höre Ihre Kritik sehr wohl, dass es wieder zu wenig weit gegriffen ist (Zwischenruf der Bundesrätin Jagl [Grüne/NÖ]), dass Tierschutz sozusagen nicht, von unserer Seite, ordnungsgemäß ist oder weit genug geht, aber ich sage Ihnen ganz offen, geschätzte Frau Bundesrätin: Sie hatten mehr als ein Jahr Zeit, als Regierungspartei selbst zu handeln. (Zwischenruf der Bundesrätin Jagl [Grüne/NÖ].) All diese Forderungen, die auch in Ihrem heutigen Entschließungsantrag stehen, hätten Sie in dieser Zeit locker umsetzen können. (Neuerlicher Zwischenruf der Bundesrätin Jagl [Grüne/NÖ].) Sie hätten dieses Gesetz nach dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes reparieren können, doch Sie haben es nicht getan. Stattdessen wurde 2022 ein Gesetz beschlossen, das so lange Übergangsfristen enthielt, dass der Tierschutz de facto ausgehebelt wurde. (Heiterkeit und Zwischenruf der Bundesrätin Jagl [Grüne/NÖ].) Das war Ihr Gesetz – es wurde aufgehoben, und das zu Recht.
Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen hier im Bundesrat, es wäre schön, wenn wir morgen alles ändern könnten, aber Politik braucht Umsetzbarkeit. Wir brauchen keine Maximalforderungen, die scheitern, sondern realistische Lösungen, die halten. Genau diese schaffen wir heute. Wir handeln für mehr Platz und Würde für die Tiere, für mehr Perspektive für unsere Bäuerinnen und Bauern und für eine Gesellschaft, die sich mit Recht das Tierwohl auf die Fahnen schreibt. (Beifall bei der SPÖ.)
Diese Bundesregierung mit Bundeskanzler Stocker, Vizekanzler Babler und unserer geschätzten Staatssekretärin Ulrike Königsberger-Ludwig, in deren Wirkungsbereich die Verantwortung für den Tierschutz liegt, zeigt Haltung; sie übernimmt, was andere versäumt haben. Sie, geschätzte Frau Staatssekretärin, setzen ein Zeichen mit einem Gesetz, das wirkt.
Wir dürfen nicht vergessen: Das Tierwohl ist ein Spiegelbild unseres gesellschaftlichen Werteverständnisses. Wie wir mit den Schwächsten umgehen, mit jenen, die sich selbst nicht wehren können, sagt viel über unsere Gesellschaft aus. Es geht um Respekt, es geht um Verantwortung und es geht darum, eine Haltung zu entwickeln, die mehr als ein Lippenbekenntnis ist.
Eine artgerechte, gesunde Tierhaltung ist auch die Grundlage für gesunde Lebensmittel. Sie ist ein Gebot des Respekts gegenüber den Tieren, aber auch gegenüber den Menschen, die dieses Fleisch konsumieren, und sie ist ein Teil unserer Verantwortung gegenüber kommenden Generationen, die von uns erwarten dürfen, dass wir nicht nur reden, sondern handeln.
Deshalb gilt abschließend ein großes Dankeschön ganz besonders jenen Landwirtinnen und Landwirten, die diesen Weg längst gehen, die mit großem Einsatz und oft unter schwierigen Bedingungen zeigen, dass Tierwohl und Qualität Hand in Hand gehen können. – Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie der Bundesrätin Sumah-Vospernik [NEOS/W].)
12.49
Vizepräsident Markus Stotter, BA: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Staatssekretärin Königsberger-Ludwig. Ich erteile ihr dieses.
RN/41
12.49
Staatssekretärin im Bundesministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Ulrike Königsberger-Ludwig: Sehr geschätzter Herr Vizepräsident! Geschätzte Damen und Herren Bundesrät:innen! Ich freue mich, dass ich heute zum ersten Mal in meiner politischen Laufbahn hier bei Ihnen im Bundesrat sprechen darf – und das zu einem, wie ich meine, doch sehr wichtigen Thema. Ich möchte mich auch gleich zu Beginn bei allen Bundesrät:innen bedanken, die diese Novelle mitbeschließen werden, weil ich überzeugt davon bin, geschätzte Damen und Herren: Sie beschließen heute eine gute Lösung.
Sie beschließen eine gute Lösung, die aus meiner Sicht drei ganz wichtige Dinge beinhaltet: Zum einen beschließen Sie heute eine verfassungskonforme Novelle des Tierschutzgesetzes, eine Novelle, die aus unserer Sicht auch vor dem Verfassungsgerichtshof halten wird. Das ist uns ganz besonders wichtig, weil natürlich der heutige Beschluss auf diesem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes, der Aufhebung der Übergangsfrist im Tierschutzgesetz, beruht. Deswegen ist es uns wichtig, dass wir eine wirklich verfassungskonforme Lösung erarbeitet haben. – Das ist der erste Punkt.
Zum Zweiten bin ich davon überzeugt, dass Sie mit diesem heutigen Beschluss tatsächlich mehr Tierwohl garantieren. Davon bin ich wirklich überzeugt.
Zum Dritten ist es mir auch wichtig, dass wir damit Planungssicherheit für die Bäuerinnen und Bauern beschließen werden. Politik ist auch ein Interessenausgleich, und ich bin davon überzeugt, dass wir mit diesem Gesetz heute genau das machen: Wir haben die Interessen abgewogen und haben am Ende eine gute Lösung für beide Seiten gefunden.
Ich habe den Rednern heute zugehört – auf der einen Seite jenen von der grünen Fraktion und auf der anderen Seite jenen der freiheitlichen Fraktion –, und da habe ich ganz genau gehört: Es sind zwei Pole. Das Gesetz, das Sie heute beschließen werden, ist mit der Berücksichtigung des Tierwohls auf der einen Seite und der Berücksichtigung der Wettbewerbsfähigkeit der Bäuerinnen und Bauern auf der anderen Seite die gute Lösung dazwischen. Deswegen: Danke dafür! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)
Geschätzte Damen und Herren, es ist schon viel angesprochen worden, aber ich möchte auch sagen, warum ich davon überzeugt bin, dass die Verhandlungen gut gewesen sind: weil wir mit dieser Novelle, die Sie heute beschließen werden, die Übergangsfristen für die Vollspaltenböden neu, also für die strukturierten Vollspaltenböden, tatsächlich von 17 auf neun Jahre verkürzen. Wir werden damit dafür sorgen, dass am 1. Juni 2034 in 97 Prozent der Höfe die Mastschweine auf gutem, neuem Boden stehen. Das ist ein Großteil der Tiere, die in unseren Landwirtschaften gehalten werden, und ich finde schon, dass das für das Tierwohl eine sehr große Verbesserung ist. – Das ist der eine Punkt. (Beifall bei der SPÖ.)
Der zweite Punkt, ich habe es schon angesprochen, ist natürlich, dass wir den Bäuerinnen und Bauern Planungssicherheit geben wollen.
Der dritte Punkt ist, dass wir für circa 170 Betriebe längere Übergangsfristen geschaffen haben. Auch das ist uns in den Verhandlungen sehr wichtig gewesen, damit auch diese 170 Betriebe, die eben nach 2018 investiert haben, die Möglichkeit haben, ihre Investition, sage ich jetzt einmal, so einzusetzen, dass sie nicht in finanzielle und Wettbewerbsschwierigkeiten kommen.
Zudem möchte ich noch ansprechen, dass ich wirklich davon überzeugt bin, dass diese Neuheit im Gesetz, die wir für alle Betriebe in das Gesetz aufgenommen haben, dass es ab 1.6.2029 ein sogenanntes organisches Beschäftigungsmaterial geben muss – das sind eben die Strohraufen oder das Hanfseil –, und auch, dass die Besatzdichten verringert werden, bedeutet, dass tatsächlich alle Schweine, die in Österreich gehalten werden, mit 1. Juni 2029 mehr Tierwohl bei ihrer Haltung erfahren werden. Das ist, finde ich, durchaus ein ganz, ganz großer Punkt dieser Novelle, geschätzte Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Zauner [ÖVP/NÖ].)
Ich möchte auch noch kurz darauf eingehen, was von der Kollegin von den Grünen angesprochen wurde, nämlich dass wir Ibest plus nicht weiter verfolgen: Ich kann Sie da wirklich beruhigen, Frau Kollegin, es steht auch Ibest plus in der neuen Gesetzesvorlage drinnen. Es ist uns tatsächlich wichtig, dass wir an besseren Mindeststandards für die Haltung von Mastschweinen weiterarbeiten. Mit dieser Novelle haben wir das auch festgemacht, dass wir nach der Evaluierung, die mit Ende 2026 abgeschlossen sein muss, tatsächlich wieder über bessere Mindeststandards diskutieren werden.
Ich sage es immer wieder: Das ist Politik: Man einigt sich auf etwas und dann geht man in neue Verhandlungen, und man kann nicht vorwegnehmen, was bei den Verhandlungen herauskommt.
Deswegen war es uns so wichtig, dass Ibest plus in der Gesetzesvorlage enthalten ist, dass wir ganz bewusst gesagt haben: Wir werden nach der Evaluierung wieder in Verhandlungen eintreten, um tatsächlich an unserem gemeinsamen Ziel – und ich bin ja auch Tierschutzstaatssekretärin –, die Haltung von Mastschweinen auf gute Mindeststandards zu führen, weiterarbeiten zu können.
Ich möchte das wirklich noch einmal betonen: Ibest plus ist nicht aus dem Programm genommen worden, im Gegenteil, wir werden an Ibest plus weiterarbeiten, geschätzte Kollegin von den Grünen. Es ist mir wirklich ganz besonders wichtig, das heute hier auch zu betonen.
Abschließend, geschätzte Damen und Herren, ist es mir wirklich wichtig, Ihnen mitzuteilen: Umsetzung in der Politik beruht einfach auch auf guten Gesprächen, beruht auf guten Verhandlungen, beruht auf Abwägen von Interessen. Mit dieser Gesetzesvorlage, die Sie heute beschließen werden, machen wir genau das: Wir verbessern das Tierwohl und wir geben den Bäuerinnen und Bauern Planungssicherheit. Ich bin überzeugt: Wenn Sie das heute beschließen, werden wir gemeinsam ein gutes Stück beschließen – eine gute Lösung für das Tierwohl und auch für die Planungssicherheit von Bäuerinnen und Bauern. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie der Bundesrät:innen Kofler [FPÖ/NÖ] und Sumah-Vospernik [NEOS/W].)
12.55
Vizepräsident Markus Stotter, BA: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Viktoria Hutter. Ich erteile ihr dieses.
RN/42
12.56
Bundesrätin Viktoria Hutter (ÖVP, Niederösterreich): Danke schön, Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseher:innen! Und heute ganz besonders: Liebe Schweinebauern und Schweinebäuerinnen! Ich kann nur sagen: Halleluja! (Heiterkeit bei Bundesrät:innen von ÖVP und SPÖ.) Vier Tage vor Ablauf der bisherigen Regelungen im Tierschutzgesetz beschließen wir heute ein neues Gesetz, ein gutes Gesetz. Ganz ehrlich, liebe Kolleginnen und Kollegen: Solch einen politischen Krimi und solch einen Nervenkitzel für unsere Bäuerinnen und Bauern draußen brauchen wir in Zukunft bitte nicht mehr. (Beifall bei der ÖVP.)
Über die Änderungen, die Übergangsfristen, die neuen Standards wurde heute und in den letzten Tagen, in den letzten Wochen schon viel geredet, viel gesprochen, das möchte ich jetzt nicht alles noch einmal wiederholen. Eines ist für mich ganz klar: Wir Bäuerinnen und Bauern verwahren uns nicht gegen Weiterentwicklung. Was wir allerdings brauchen, das sind klare Rahmenbedingungen, Rechts- und Planungssicherheit für unsere heimische Landwirtschaft – und genau das schaffen wir mit diesem Gesetz.
Die Diskussion ist keine einfache, keine Frage, denn es geht um viel mehr als den einfachen Umbau von Stallungen: Es geht um die Zukunft der österreichischen Schweinehaltung und um unsere Versorgungssicherheit mit heimischem Fleisch, genauso wie um das Tierwohl.
Da möchte ich jetzt eine Lanze brechen für unsere Berufskolleginnen und Berufskollegen: Natürlich ist uns das Wohl der Tiere wichtig, ganz klar, Tag für Tag, 365 Tage im Jahr, und ja, auch zu Weihnachten und auch zu Neujahr und an jedem anderen Feiertag sorgen unsere Bäuerinnen und Bauern dafür, dass es unseren Tieren gut geht. Wir halten unsere Tiere mit großem Verantwortungsbewusstsein, ja, auch auf Spaltenböden, denn dies ist ein bewährtes Haltungssystem, das nun im Sinne des Tierwohls weiterentwickelt wird.
Wir als ÖVP stehen ganz klar an der Seite unserer Bäuerinnen und Bauern. Wir stehen für Versorgungssicherheit, für regionale Produktion, für Wettbewerbsfähigkeit und für eine Tierhaltung, die sowohl den Tieren als auch den Menschen gerecht wird. Denn eines ist auch ganz klar: Allein wenn wir die heimische Produktion von heute auf morgen abschaffen, wird in Österreich deswegen nicht weniger Schweinefleisch gegessen. Nein, es wird ganz einfach von woanders herbeigeschafft, aus Ländern mit niedrigeren Standards und schlechteren Haltungsbedingungen. Warum kann ich das so einfach sagen? – Ganz einfach: Weil Österreich heute schon Spitzenreiter ist, wenn es um Tierwohl geht, gemeinsam mit Schweden und der Schweiz; das sagt auch der internationale Animal-Protection-Index aus – so viel zum Zitat von der lieben Kollegin Jagl.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie uns gemeinsam Verantwortung übernehmen – Verantwortung für die Tiere, für die bäuerlichen Betriebe und für die Zukunft der regionalen Lebensmittelversorgung!
Mein abschließender Appell richtet sich allerdings an die Konsumenten und Konsumentinnen, denn sie entscheiden mit jedem Griff ins Regal, wie Tiere gehalten werden, denn: Tierwohl beginnt zwar bei uns im Stall, endet allerdings bei Ihnen am Teller. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)
12.59
Vizepräsident Markus Stotter, BA: Wir begrüßen recht herzlich unseren Bundesminister für Innovation, Mobilität und Infrastruktur Peter Hanke. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)
Als Nächster zu Wort gemeldet ist Bundesrat Thomas Karacsony. Ich erteile ihm dieses.
RN/43
12.59
Bundesrat Thomas Karacsony (FPÖ, Burgenland): Danke, Herr Vizepräsident! Frau Staatssekretärin! Herr Minister! Geschätzte Kollegen im Bundesrat! Wie bereits in meiner letzten Rede hier im Bundesrat betont, ist mir Tierwohl ein echtes Anliegen – nicht weil es gerade modern ist, sondern weil wir Bauern seit Generationen Verantwortung gegenüber unseren Tieren tragen. Doch Tierwohl darf nicht heißen, dass man die Bauern mit Auflagen erschlägt und sie in ihrer Existenz gefährdet.
Ich stehe hier nicht als Politiker, sondern als jemand, der weiß, wie es ist, wenn der Stall gebaut, der Kredit unterschrieben und der Alltag mit harter Arbeit gefüllt ist. Und gerade deshalb ist es mir wichtig, zum Thema Vollspaltenböden zu reden. (Bundesrat Schreuder [Grüne/W]: Wir stehen immer als Politiker hier!)
Dieser Gesetzentwurf, der so massiv in die Nutztierhaltung eingreift, kommt aus dem Gesundheitsministerium und nicht aus dem Landwirtschaftsministerium. Da hört man draußen bei den Bauern immer wieder: Warum ist das so? Da fragt man sich schon: Wie kann das sein? Warum lässt sich die ÖVP, die sich gerne als Bauernpartei bezeichnet, auf so etwas ein? (Ruf bei der ÖVP: Wir sind die Bauernpartei!) – Ja, am Papier glaubst du es.
Sie war es doch, die 2022 gemeinsam mit den Grünen das erste Verbot beschlossen hat. Und jetzt, nach der Beeinspruchung durch den burgenländischen Landeshauptmann, braucht es plötzlich ein neues Gesetz, sonst wäre das Ganze im Juni sofort wirksam – ohne jede Übergangsfrist. Deshalb stimmt die FPÖ heute mit: um den österreichischen Bauern Zeit und Luft zum Atmen zu verschaffen. (Beifall bei der FPÖ.)
Aber eines ist klar: Solche Gesetzesprozesse zeigen, wie wenig Verständnis manche in der Regierung für die Lebensrealität unserer Bauern haben. Wir stimmen diesem Gesetzentwurf heute zu, ja, aber nicht aus Überzeugung, sondern aus Notwendigkeit, denn würden wir nicht zustimmen, wären ab 1. Juni sämtliche bestehenden Vollspaltenböden von einem Tag auf den anderen illegal gewesen. Das hätte Hunderte Betriebe über Nacht ins Aus katapultiert. Und das, meine Damen und Herren, wäre ein harter Schlag gewesen, nicht nur für die Bauern, sondern auch für die Versorgungssicherheit.
Es ist daher ein Schritt der Vernunft, aber ich sage auch, es ist ein Schritt mit bitterem Beigeschmack, denn wie wir heute schon gehört haben, ist Österreich jetzt schon Musterschüler und Vorreiter im Tierschutz. Ich habe auch Tiere zu Hause, Schweine und Stiere. Ich liebe meine Stiere und meine Schweine, die laufen auf viel Stroh herum, aber ich bin mir sicher, dass nicht alle Betriebe umbauen werden, sondern viele aufhören werden. Deshalb wäre es für mich logisch gewesen, für alle Neubauten Vollspaltenböden zu verbieten, aber nicht für bestehende Betriebe, denn diese hören sowieso von alleine auf.
Ich frage Sie ganz offen: Wo bleibt da die Fairness? Wo bleibt der Gleichklang in der Europäischen Union, wenn es noch immer Länder gibt, in denen Vollspaltenböden mit EU-Geldern gefördert werden? Wenn wir eine einheitliche EU-Landwirtschaft wollen, dann muss es auch einheitliche Regeln geben; wir können nicht die österreichischen Bauern sozusagen an die Wand fahren, während anderswo der Stall mit Gitterboden und EU-Förderung weiterläuft wie bisher. (Beifall bei der FPÖ.)
So schaffen wir keinen Wettbewerb, sondern nur Wettbewerbsnachteile. Und die Rechnung zahlen wie immer die kleinen Familienbetriebe. Wer heute einen Schweinestall baut, der plant für 20, 30 Jahre. Das ist kein Gartenzwerg, den man einmal versetzt. Wer baut, der muss sich verschulden, der muss kalkulieren, der muss auf Sicherheit bauen, auch rechtlich. Und genau diese wurde in den letzten Jahren mehrfach gebrochen.
Ich habe heute eine OTS-Meldung gelesen, laut der ein Bauer in Niederösterreich, der Freilandhaltung betreibt, also Schweine nur im Freien hält, von den Behörden schikaniert wird und überlegt, aufzuhören. Da frage ich mich: Wir wollen Vollspaltenböden verbieten, aber die Freilandhaltung erlauben wir auch nicht?
Das Vertrauen der Bauern in die Politik ist schwer erschüttert. Wir reden ständig von Tierwohl, vergessen aber oft das Menschenwohl, das Wohl derer, die diese Tiere Tag für Tag betreuen, die mit Leidenschaft und Sachverstand ihre Höfe führen und dabei unter einer Flut von Vorschriften fast ersticken.
Wir stimmen zu, aber wir sagen ganz klar: Diese Übergangsfrist bis 2034 ist für viele zu kurz. Die sogenannte Härtefallregelung bis 2038 ist ein Tropfen auf den heißen Stein. Es braucht mehr Flexibilität, mehr Unterstützung und vor allem eines: eine Herkunftskennzeichnung, die diesen Namen auch verdient. Wenn wir österreichisches Fleisch hinausdrängen, dann wird es ersetzt, und zwar durch billiges Importfleisch, das unter Bedingungen produziert wird, die bei uns längst verboten sind. Das ist weder Tierwohl noch Klimaschutz noch Bauernschutz, das ist schlicht Heuchelei. (Beifall bei der FPÖ.)
Deshalb haben wir als FPÖ auch einen Entschließungsantrag im Nationalrat eingebracht, um endlich eine klare Herkunftskennzeichnung nach dem Modell AT, EU, Non-EU umzusetzen, damit der Konsument weiß, was er kauft, und damit der Bauer in Österreich nicht länger der Dumme ist, der sich an alle Regeln hält, während andere die Hände in den Schoß legen und trotzdem den Markt überfluten. (Beifall bei der FPÖ.)
Werte Kollegen, wir stimmen heute zu, wie schon gesagt, aber wir vergessen nicht, wie mit uns Bauern umgegangen wird. Wir werden genau hinschauen, wenn 2027 die neuen Mindeststandards verhandelt werden. Dann wird sich zeigen, ob man auf die Praktiker hört oder ob wieder nur Theoretiker am Werk sind, die noch nie mit Gummistiefeln in einem Stall gestanden sind.
Ich sage Ja zum Tierwohl, aber Nein zur Bauernschikane. Wir brauchen keine romantischen Illusionen, sondern realistische Lösungen, und wir brauchen eine Politik, die mit den Bauern redet und nicht über sie hinweg entscheidet. (Beifall bei der FPÖ.)
13.06
Vizepräsident Markus Stotter, BA: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Ferdinand Tiefnig. Ich erteile ihm dieses.
RN/44
13.06
Bundesrat Ferdinand Tiefnig (ÖVP, Oberösterreich): Suche die Wahrheit in der Tatsache! – Dies ist eine chinesische Weisheit, die uns vielleicht zeigt, dass wir uns von Voreingenommenheit, von Meinungen, die wir oft haben, nicht leiten lassen sollen.
Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ja, mit diesem heutigen Gesetzesbeschluss machen wir einen Einschnitt in der Schweinemast, aber im Endeffekt ist es der VfGH-Entscheid, der uns jetzt zu dieser Maßnahme gedrängt hat. Ich glaube, es ist ein wichtiger und ein guter Kompromiss, wie auch schon meine Vorredner gesagt haben, denn wir haben gesehen, dass in den Jahren 2018 bis 2020 nur mehr 130 Schweineställe gebaut worden sind. Die Bäuerinnen und Bauern hatten keine Planungssicherheit, sie wussten nicht, wohin der Weg geht. Die Schweinemast und die Ferkelproduktion wurden in diesen Jahren fast auf null gestellt, sodass wir gesagt haben, wir müssen diesbezüglich eine klare Regelung haben – und diese klare Regelung schaffen wir heute.
Wenn ich dann immer wieder höre, die industrielle Landwirtschaft werde bevorzugt, so erwidere ich: Ich glaube, das Einzige, was die Landwirtschaft mit der Industrie gemeinsam hat, ist die Beschäftigung. Wir haben 420 000 Beschäftigte in der Landwirtschaft, die Industrie hat österreichweit 780 000 Beschäftigte, aber sonst haben wir eine kleinstrukturierte und eine junge Landwirtschaft. Das bestätigt uns auch die EU. Die EU sagt immer, Österreich hat die jüngste Landwirtschaft. Das ist, glaube ich, wichtig. Mit dieser Planungssicherheit geben wir den jungen Schweinebauern wieder die Möglichkeit, in die Zukunft zu investieren, aber es ist auch eine Herausforderung, denn zurzeit sind nur 5 Prozent der Produktion Strohschwein, 95 Prozent der Fleischproduktion stammen aus dem konventionellen, dem normalen Bereich.
In dieser Hinsicht ist es auch wichtig, dass entsprechend Gelder zur Verfügung gestellt werden, damit diese Umstellung möglich ist und Tierwohl im Zusammenhang mit der Versorgungssicherheit auch in Zukunft in Österreich eine Rolle spielt. Wir haben gehört, dass in Coronazeiten die heimische Landwirtschaft am wichtigsten für die regionale Versorgungssicherheit war, jetzt sehen wir, dass es auf einmal wieder die Preisfrage ist. Vor einem Jahr waren laut Arbeiterkammer die Lebensmittelpreise der größte Preistreiber. – Ja, die Lebensmittelpreise waren aber nicht deswegen der Preistreiber, weil die Bäuerinnen und Bauern so viel verdient haben, sondern weil im Zwischenhandel sehr viel auf der Strecke geblieben ist.
Die Landwirte stehen vor großen Herausforderungen. Wir hören von Mercosur, wir hören vom Import anderer Lebensmittel aus Europa, aus der Ukraine. Daher braucht es Zukunftsperspektiven für die Landwirtschaft, und diese landwirtschaftlichen Zukunftsperspektiven werden heute mit diesem Gesetz geschaffen.
Ich bedanke mich beim Bauernbund, bei der ÖVP, aber auch bei der Frau Staatssekretärin dafür, dass wir diese Lösung heute im Bundesrat noch kurz vor Ablauf der Frist beschließen, um zukünftig Planungssicherheit zu haben.
In diesem Sinne ist es auch wichtig, dass diese Wertschätzung der Landwirtschaft durch den Konsumenten sich sozusagen auch im Regal entsprechend widerspiegelt, indem österreichische Produkte eingekauft werden. Das AMA-Gütesiegel ist das Vorzeigeprojekt, dank dem man sich jederzeit sicher sein kann, dass das Tier in Österreich geboren, in Österreich gemästet und in Österreich geschlachtet wurde. Ich glaube, da hat der Konsument hundertprozentige Sicherheit.
Dass Tierwohlprobleme oder Tierschutzprobleme auftreten, muss nicht ein Versagen der Politik oder der Gesetze bedeuten, da ist mitunter auch menschliches Versagen, da sind vielleicht familiäre Probleme dahinter. Da ist es oft auch wichtig, dass die Nachbarschaft handelt oder die Behörde einschreitet und psychologische Hilfestellung anbietet.
Ich sah als Bezirksbauernkammerobmann manchen Betrieb, wo es vielleicht nach einer Scheidung oder aufgrund von Alkoholproblemen schwierige Situationen mit Blick auf die Produktion oder die Tierhaltung gab. Wir versuchen in solchen Fällen in der Ortsbauernschaft, also bäuerlich intern, den Bäuerinnen und Bauern zu helfen. Ich glaube, es ist besser, den Weg miteinander, gemeinsam zu gehen.
Wir gehen diesen Weg gemeinsam für unsere Bäuerinnen und Bauern. In diesem Sinne ein herzliches Dankeschön, Glück auf für unsere Landwirtschaft und eine hoffentlich gute Zukunft für unsere Schweineproduktion! – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP, bei Bundesrät:innen der SPÖ sowie der Bundesrätin Sumah-Vospernik [NEOS/W].)
13.10
Vizepräsident Markus Stotter, BA: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.
Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.
RN/45
Vizepräsident Markus Stotter, BA: Wir gelangen zur Abstimmung. – Bitte nehmen Sie Ihre Plätze ein.
RN/45.1
Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.
RN/45.2
Es liegt ein Antrag der Bundesräte Simone Jagl, Kolleginnen und Kollegen auf Fassung einer Entschließung betreffend „Maßnahmenpaket für eine tiergerechte Schweinehaltung“ vor. Ich lasse über diesen Entschließungsantrag abstimmen.
Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Entschließungsantrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenminderheit. Der Antrag ist somit abgelehnt.