RN/46

4. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 22. Mai 2025 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kraftfahrgesetz 1967, das Arbeitszeitgesetz und das Arbeitsruhegesetz geändert werden (241/A und 92 d.B. sowie 11642/BR d.B.)

Vizepräsident Markus Stotter, BA: Wir gelangen nun zum 4. Punkt der Tagesordnung. 

Berichterstatter ist Herr Daniel Schmid. – Ich bitte um den Bericht.

RN/47

Berichterstatter Daniel Schmid: Sehr geehrter Herr Vizepräsident! Sehr geehrter Herr Minister! Kolleginnen und Kollegen! Ich erstatte Bericht über den Beschluss des Nationalrates vom 22. Mai 2025 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kraftfahrgesetz 1967, das Arbeitszeitgesetz und das Arbeitsruhegesetz geändert werden. 

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor. 

Es wird der Antrag gestellt, gegen den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben. 

Vizepräsident Markus Stotter, BA: Wir gehen in die Debatte ein. 

Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Bernadette Kerschler. Ich erteile ihr dieses. 

RN/48

13.12

Bundesrätin Mag. Bernadette Kerschler (SPÖ, Steiermark): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuhörende! Wir verhandeln ein Bundesgesetz, mit dem das Kraftfahrgesetz 1967, das Arbeitszeitgesetz und das Arbeitsruhegesetz geändert werden. Worum geht es? – Es geht um die Sicherheit auf Österreichs Straßen und deshalb ist die rasche Umsetzung der EU-Verordnung so wichtig. Es darf kein Hinauszögern und kein Riskieren eines Vertragsverletzungsverfahrens geben. Worum geht es außerdem? – Es geht um europaweit faire Arbeitsbedingungen für die Lenkerinnen und Lenker, auch unter großem Druck, es geht um eine Vereinheitlichung der Spielregeln für alle, auch für unsere Unternehmen, und nicht zuletzt geht es auch um Sicherheit. 

Es passieren in Österreich regelmäßig Unfälle mit Lkw, mit Bussen. Die Unfallstatistik ist relativ gleichbleibend, aber der Anteil von tödlichen Verkehrsunfällen mit Lastkraftwagen steigend. Im Jahr 2023 kamen 65 Personen in Österreich bei Unfällen mit Lkw ums Leben, 65 zu viel. Was sind die Gründe dafür? – Es sind Auffahrunfälle, es sind Abbiegeunfälle, unter anderem aufgrund des toten Winkels. Um diese zu vermeiden, wurden im städtischen Bereich schon viele Maßnahmen gesetzt, und das in vielen Bundesländern. Fahrzeuge wurden umgerüstet, es wurden Spiegel und neue technische Maßnahmen eingesetzt. Im außerstädtischen Bereich, auf Autobahnen, auf Landstraßen ist der Grund oft Unachtsamkeit, Ablenkung, aber eben auch Übermüdung, Druck oder eine Überschreitung der Arbeitszeit. 

Ich habe es schon beim letzten Mal gesagt, als aktive Feuerwehrfrau kann ich ein Lied davon singen: Wenn solch große Fahrzeuge in Unfälle verwickelt sind, dann sind dies in der Regel schwere Unfälle. Es ist nicht lustig, dies anzusehen, aber noch schlimmer ist es für die Beteiligten. 

In diesem Sinne appelliere ich noch einmal an alle, da einheitliche Regeln zu schaffen, diese Verordnung rasch umzusetzen und hier im Sinne der Sicherheit abzustimmen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ sowie der Bundesrätin Sumah-Vospernik [NEOS/W].)

13.15

Vizepräsident Markus Stotter, BA: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Silvester Gfrerer. Ich erteile ihm dieses. 

RN/49

13.15

Bundesrat Silvester Gfrerer (ÖVP, Salzburg): Vielen Dank, Herr Vizepräsident! Werter Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Werte Besucher hier und alle, die von zu Hause aus an unserer Sitzung teilhaben! Mit dem heutigen Beschluss zu diesem Tagesordnungspunkt werden das Kraftfahrgesetz, das Arbeitszeitgesetz und das Arbeitsruhegesetz geändert. Mit dieser Novelle werden in die einschlägigen Gesetze notwendige Verweise auf aktualisierte EU-Richtlinien und -Vorgaben aufgenommen.

Da die EU-Bestimmungen formal erst mit den entsprechenden Zitatanpassungen als umgesetzt gelten, die Umsetzungsfrist mit 14. Februar 2025 jedoch bereits verstrichen ist, hat die EU-Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet. Daher ist es natürlich logisch und daher liegt es im großen Interesse Österreichs, die angeführten Gesetzesänderungen so rasch wie möglich umzusetzen. Die Bestimmungen der EU-Verordnung dienen dazu, einen fairen Wettbewerb im Güterverkehr auf der Straße sicherzustellen und Sozialdumping zu vermeiden. 

Damit komme ich gleich zu einem Punkt, der mir besonders wichtig ist, und zwar zu den vielen Transportunternehmungen, Frächtern, den Verkehrsbetrieben und allen Unternehmen und deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, auch jenen, die im Hintergrund die ganze Logistik managen, die uns Menschen, uns Bürgerinnen und Bürger tagtäglich das bringen, was wir täglich brauchen, großen Dank auszusprechen. (Beifall bei Bundesrät:innen der ÖVP.)

Diese drei Gesetze sind – wie schon gesagt – durch einen delegierten Rechtsakt der Europäischen Union bereits in Rechtskraft. Jetzt sind vonseiten des Parlaments, also von unserer Seite, die dafür notwendigen Beschlüsse zu fassen – und das tun wir heute –, damit wir entsprechende Rechtssicherheit haben. 

Geschätzte Damen und Herren, eine funktionierende Transportwirtschaft und Transportlogistik ist, und ich glaube, darin sind wir uns alle einig, die wichtigste Grundlage für unsere Wirtschaft. Alles, was funktioniert, wird als selbstverständlich erachtet. In der Zeit der Pandemie ist es uns allen bewusst geworden, und wir haben es in allen Bereichen des täglichen Lebens hautnah miterlebt, wie es ist und welch große negative Auswirkungen es hat, wenn die Waren, die wir Menschen täglich brauchen, die Güter, die die Wirtschaft braucht, nicht verfügbar sind, es keine funktionierende Transportlogistik gibt. 

Der größte Teil der Transportlogistik, darüber sollten wir schon auch reden, läuft über Lkws auf den Straßen. Diesbezüglich, glaube ich, hätten wir, was den Transport auf der Schiene betrifft, trotz einiger Bemühungen in der letzten Gesetzgebungsperiode, als Frau Gewessler zuständig gewesen ist, mehr schaffen können. Da haben wir sicherlich Luft nach oben. Nach wie vor erfolgen etwa 70 Prozent der Waren- und Gütertransporte mit Lkws. 

Einem wesentlichen Punkt wird durch unseren heutigen Beschluss Rechnung getragen: Wir schaffen gleiche Regelungen für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und die Unternehmen aus Drittstaaten. Es geht darum, ein einheitliches Regelwerk und einheitliche Spielregeln für die Unternehmen, für die Fahrer von schweren Lkws und für die Personenbeförderung mit Bussen mit mehr als neun Personen zu schaffen. Es geht auch darum, Wettbewerbsnachteile für die Transportwirtschaft auszuräumen und zu vermeiden. Dies bedeutet, europaweit gleiche Grundlagen und gleiche Chancen für die Unternehmen, aber auch für die Rechte der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu schaffen.

Alle Menschen, die in der Branche arbeiten, machen einen tollen Job und verbringen einen nicht unwesentlichen Teil ihres Lebens im wahrsten Sinne des Wortes auf der Straße, in Staus oder wie immer die Situation ist. Das heißt, sie sind für uns unterwegs und haben in der Regel einen sehr unregelmäßigen Lebensrhythmus. Was möchte ich damit sagen? – Es geht auch um die Gesundheit der Menschen, die wirklich mit großer Leidenschaft ihren Job für uns verrichten. Darauf beziehen sich die Beschlüsse hinsichtlich der Vereinheitlichung der Arbeitszeiten, der verpflichtenden Ruhezeiten, der Vorgabe, was die Fahrtenschreiber betrifft, und natürlich braucht es auch ein Kontrollsystem mit ein und denselben Vorgaben.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, schlussendlich geht es natürlich auch um Verkehrssicherheit, im Verkehr allgemein, aber im Besonderen auf den Straßen. Immer, wenn wir zum Thema Verkehr Beschlüsse fassen – egal ob es um die Straße oder um die Schiene geht, egal ob es um den Personen- oder Gütertransport geht –, tun wir es immer mit dem Grundgedanken, auch die Sicherheit zu verbessern. Das muss auch unser Anspruch sein, und es ist ein ganz wesentlicher Punkt.

Ich komme zum Schluss: Laut Beschluss des Verkehrsausschusses findet der Gesetzentwurf zu diesem Tagesordnungspunkt eine sehr große Mehrheit – das freut mich. Eines möchte ich aber auch sagen: Ich wünsche allen, die für uns auf der Straße unterwegs sind, dass sie immer gut nach Hause kommen. – Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie der Bundesrätin Sumah-Vospernik [NEOS/W].)

13.22 

Vizepräsident Markus Stotter, BA: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Bundesrat Michael Bernard. Ich erteile ihm dieses.

RN/50

13.22

Bundesrat Michael Bernard (FPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Vizepräsident! Herr Minister! Kollegen im Bundesrat! Sehr geehrte Damen und Herren im Saal und vor den Bildschirmen! Eines vorweg: So wie es Kollege Gfrerer gesagt hat – dass es gemeinsame Maßnahmen und Ziele braucht, um für die Sicherheit im Straßenverkehr zu sorgen und gleichzeitig menschenwürdige Arbeitsbedingungen für die Lkw-Chauffeure zu gewährleisten –, so denke ich, und so denken wahrscheinlich alle hier im Saal, ist es die oberste Priorität. (Beifall bei der FPÖ.)

An dieser Stelle möchte ich mich bei allen Lkw-Chauffeuren bedanken, die trotz Kontrolldschungel, auf den ich noch zu sprechen kommen werde, tagtäglich dafür sorgen, dass wir ein lebenswertes Leben genießen können; dass zum Beispiel alle Waren in den Lebensmittelgeschäften angeliefert sind; vom Treibstoff der Tankstelle bis hin zur Müllentsorgung. Bedanken möchte ich mich auch bei den Polizeibeamten, die mit ihrem Dienst ebenfalls einen großen Beitrag zur Sicherheit leisten. Aber gerade bei diesem Tagesordnungspunkt, bei diesem Gesetz ist es wichtig, diese zwei Berufsgruppen, die, wie beschrieben, wesentlich zum Funktionieren unseres Landes beitragen, nicht gegeneinander aufzuhetzen und die Rahmenbedingungen menschlicher zu machen. (Beifall bei der FPÖ.)

Herr Minister, in der gestern stattgefundenen Sitzung des Verkehrsausschusses wurden uns von den sogenannten Experten abenteuerliche Antworten auf unsere Fragen gegeben. Sie als Verkehrsminister haben mir in der letzten Bundesratssitzung – angesprochen auf die vorletzte Ausschusssitzung – schon mitgeteilt, dass es sehr wohl noch Luft nach oben geben würde, aber in der gestrigen Ausschusssitzung auf die Frage meinerseits, wie und mit welchen Papieren das Nichtverbringen der „regelmäßigen wöchentlichen Ruhezeit oder einer wöchentlichen Ruhezeit von mehr als 45 Stunden in einem Fahrzeug“ bewiesen werden muss, sind die abenteuerlichsten Geschichten gekommen.

Im Klartext: Die Wochenendruhe darf nicht im und beim Fernlast-Lkw stattfinden, sondern zu Hause oder im Hotel. – So steht es in der neuen Verordnung. Das hört sich ja im Normalfall einfach an, aber in der Praxis sieht es ein bisschen anders aus. Solange der Lkw-Fahrer bei einem Hotel einparken kann – Parkplätze müssten vorhanden sein, Ausnahmeregelungen für das Abstellen sind auch erforderlich, weil es ja mindestens 50 Meter Abstand zum Wohngebiet geben muss, dann muss die Hotelrechnung vorhanden sein und so weiter –, ist es kein Problem zur Vorlage gegenüber der Exekutive. Wenn es keinen Parkplatz gibt, sollen nach Aussagen Ihrer Experten, Herr Minister, die Fernfahrer Mopeds oder Fahrräder mithaben, sodass sie nachher zum Hotel kommen. (Zwischenruf der Bundesrätin Steiner-Wieser [FPÖ/Sbg.].)

Wenn der Fernlastfahrer in Österreich ist, ist die Frage: Wie soll dieser gegenüber der Exekutive nachweisen, dass er zu Hause geschlafen hat, wenn die bis dato ausgestellte Ruhebestätigung, die bis jetzt immer gegolten hat, nicht mehr gilt? Soll ihm dann die eigene Frau eine Rechnung ausstellen, dass er daheim geschlafen hat, oder wie? – Diese Fragen konnten nicht beantwortet werden, das Gesetz tritt aber in Kraft. (Beifall bei der FPÖ.)

Wir Freiheitlichen sehen auch bei diesem Punkt: Da wurden wie in vielen Fällen Gesetzesvorlagen von Personen erstellt, die von der Praxis leider keine Ahnung haben. Den Arbeitnehmern und der Exekutive machen wir das Leben miteinander schwer. 

Nun noch kurz zum Verkehrsdesaster in der Ostregion: Die letzte Verkehrsministerin – die werdet ihr alle noch kennen – namens Gewessler hat ja nicht nur dazu beigetragen, Energien massiv zu verteuern, sondern auch sehr viele wichtige Straßenprojekte nicht nur zu behindern, sondern mit ihrer Verhinderungspolitik die Umsetzung der im Bundesstraßengesetz 1971 genannten Straßenbauprojekte teilweise um bis zu zehn Jahre zu verschieben oder der Umsetzung nachhaltig zu schaden. 

Jetzt kommen Sie als nächster Verkehrsminister, der generell bei der Umsetzung, egal ob im Straßenbau oder beim Bahnausbau, auf die Bremse steigt, und geben der Ostregion den nächsten Bauchstich, nämlich mit der Überlegung hinsichtlich Citymaut oder generellem Fahrverbot in der Stadt. 

Herr Minister, kommen Sie Ihrer Verantwortung nach und setzen Sie endlich die im Bundesstraßengesetz 1971 genannten Straßenbauprojekte um! Nehmen Sie die Änderungen im ÖBB-Rahmenplan zurück! Das schafft Wirtschaftswachstum und Arbeitsplätze. (Beifall bei der FPÖ.)

13.28

Vizepräsident Markus Stotter, BA: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Elisabeth Kittl. Ich erteile ihr dieses.

RN/51

13.28

Bundesrätin MMag. Elisabeth Kittl, BA (Grüne, Wien): Vielen Dank, sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste hier und vor den Bildschirmen! Bei dieser Gesetzesänderung geht es, wir haben es schon gehört, um die Sicherheit auf den Straßen, aber es geht vor allem um die Verbesserung der prekären Arbeitsbedingungen von Lkw-Fahrer:innen. – Ja, es gibt auch Frauen, wenn auch wenige, in Deutschland circa 2 Prozent. (Präsidentin Eder-Gitschthaler übernimmt den Vorsitz.)

Unter diesen prekären Arbeitsverhältnissen geht es diesen Dienstleister:innen, die vor allem aus dem Osten Europas kommen, aus Billiglohnländern kommen, schlecht, genauso wie es den Pfleger:innen schlecht geht, die auch aus diesen Ländern kommen, obwohl das eigentlich Personen sind, die wir dringend brauchen. 

Bei den Lkw-Fahrer:innen muss ich dazusagen: Die Fracht und das, was wir mit dem Lkw transportieren, ist ein Teil des Lieferkettengesetzes. Und da muss ich leider einen kurzen Schwenk machen, weil das Lieferkettengesetz in der EU jetzt, so wie es scheint, aufgehoben werden soll, so wie es in Deutschland bereits der Fall ist, also in der EU selbst auch darüber gesprochen wird, und auch die Haftungsverpflichtungen gestrichen werden sollen. Das ist eigentlich für die Arbeitnehmer:innen und vor allem auch für den Umweltschutz ein Desaster. 

Wer aber schnell liefert, gewinnt den Wettbewerb. Da kommen wir eben da hin – das ist Teil des Lieferkettengesetzes –, dass, wenn es um das Rennen geht, im Wettbewerb billige Massenkonsumartikel herzustellen und schnell zu liefern, darunter leider die Arbeitsbedingungen leiden.

Ich möchte kurz schildern, wie Lkw-Fahrer:innen arbeiten, wie sie arbeiten müssen: Sie sitzen viele Wochen lang in ihren Riesentrucks. Sie rasten und sie schlafen in kleinen Kabinen in den Trucks auf lauten und schmutzigen Autobahnen. Sie essen bei Hitze, Wind und Wetter am Asphalt vor ihren Trucks. Sie haben kaum Bewegung oder Abwechslung. Es fehlen ihnen meist komplett soziale Kontakte. Zur Entspannung wird am Abend oft Alkohol konsumiert. Familien und Freund:innen werden wochenlang nicht gesehen, und ihre freien Stunden, die sie der Erholung widmen sollten, verbringen sie auch im Truck, obwohl das eigentlich verboten ist – aber es dient dem Wettbewerb. 

Mit einem 40-Tonner unterwegs zu sein, ist per se schon gefährlich, nämlich für die anderen, aber auch für die Fahrer:innen selbst, und müde und erschöpft ist es natürlich noch viel gefährlicher. Das scheint aber doch nicht so wichtig zu sein – Verzeihung, ich bin ein bisschen durcheinander, weil ich das bezüglich des Lieferkettengesetzes vorgezogen habe. 

Grundsätzlich ist die Umsetzung der EU-Richtlinie zur Ahndung von Verstößen gegen die Ruhezeiten von Lkw-Fahrer:innen zu begrüßen, denn mit den Kontrollen und den Strafen fördern wir nicht nur die Sicherheit, sondern vermindern auch ausbeuterische Arbeitsverhältnisse, und das ist gut so.

Ein Punkt aber, wie wir diese Gefahren auf den Straßen noch weiter minimieren können, ist – ich habe es heute auch schon gesagt –, die Straße nicht zum Zentrum der Logistik oder der Mobilität zu machen, sondern auf der einen Seite den Güterverkehr auf die Schiene zu bringen und auf der anderen Seite weiterhin so ambitioniert Bahnen und Busse auszubauen sowie Öffifahren leistbarer zu machen, wie es die grüne Verkehrsministerin begonnen hat. Da kann ich natürlich nicht umhin, das wirklich weltweit beachtete Erfolgsprojekt der Klimaministerin, das österreichweite Klimaticket, ins Spiel zu bringen. (Beifall bei den Grünen.)

Aber: Das Klimaticket wird nun schon dieses Jahr um 20 Prozent verteuert, und das, obwohl 300 000 Menschen es nutzen und obwohl 135 000 Menschen bereits eine Petition zur Beibehaltung des Klimatickets in dieser Form, wie es jetzt ist, unterschrieben haben. Das scheint Ihnen aber vollkommen egal zu sein. 

Anstatt dass Sie klimaschädliche Subventionen streichen, was viele, wirklich viele Milliarden Euro – das sagen auch alle Wirtschaftsforschungsinstitute – an Einnahmen bringen würde, verstärken Sie wieder den Trend zum Auto und buttern weitere Milliarden in den Straßenbau. Das ist für mich unverständlich, das ist kurzsichtig und das ist ein riesengroßer politischer Fehler. 

Warum ist es ein Fehler? – Weil es weitere Staus produzieren wird, weil damit weiterhin die Luft verpestet und extremer Lärm gemacht wird. Man muss nur die Leute fragen, die am Brenner wohnen. Es wird weiterhin Verletzte und Tote hervorbringen und weiterhin prekäre Arbeitsverhältnisse fördern. 

Nebenbei: Herr Minister, Sie wissen, in Wien gibt es bei den Öffis viele gute Arbeitsplätze, gerade in Wien suchen wir Bim- und Busfahrer:innen. Das müssten Sie am besten wissen. (Beifall bei den Grünen.)

Ihre Politik aber nutzt den erdölproduzierenden und kriegführenden Ländern. Sie nutzt der Entwicklung der nachhinkenden Verbrennerindustrie, sie nutzt den Straßenbaufirmen und den Betonierern und schlussendlich nutzt sie dem Transitschwerverkehr, genau wie der Lobautunnel, der nämlich nicht den Öffifahrer:innen oder denen, die weniger verdienen, nutzt, sondern den Lkw-Transit zwischen dem Süden und dem Norden Europas wesentlich attraktiver macht. Das nutzt keinem Menschen mit wenig Einkommen, sondern es schadet ihnen eigentlich, denn das fehlende Geld für die Öffitickets macht sie immobiler und macht sie noch ärmer. Die meisten Menschen mit wenig Einkommen leben noch dazu an dreckigen und lauten Straßen. Ihre Politik schadet nicht zuletzt unserer Umwelt und unserem Klima und dieser Schaden ist nicht wiedergutzumachen. (Beifall bei den Grünen.)

Daher bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag 

der Bundesrät:innen MMag. Elisabeth Kittl, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Das Klimaticket soll so bleiben wie es ist“

Der Bundesrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Innovation, Mobilität und Infrastruktur im Zusammenwirken mit dem Bundesminister für Finanzen, wird aufgefordert, das bundesweite Klimaticket weiterhin für breite Bevölkerungsschichten leistbar zu halten und daher jede zusätzliche Verteuerung des Klimatickets über die gesetzlich bereits ab 1.1 .2025 vorgesehene und umgesetzte jährliche Indexanpassung hinaus zu unterlassen.“


Denken Sie bitte um, Herr Minister Hanke, schauen Sie betreffend die Mobilität nach vorne und nicht zurück! Machen gerade Sie als Sozialdemokrat die Geringverdienenden nicht ärmer, sondern mobiler, auch sozial mobiler! (Beifall bei den Grünen.)

Ich möchte mich ein bisschen Kollegin Wolff anschließen: Sie wissen, wir werden in Wien nur noch ein Bundesratsmandat zur Verfügung haben, und ich weiß nicht, ob das meine letzte Rede im Bundesrat ist – es kann sein, es muss nicht sein; ich würde mich freuen, wenn es nicht so ist, aber wir werden es sehen. Ich möchte hier aber noch – für den Fall, dass es die letzte Rede ist – einen Appell an Sie richten: Es ist gerade in der heutigen Zeit so wichtig, die Demokratie hochzuhalten. Ich würde mich total freuen, wenn alle hier im Bundesrat die Demokratie hochhalten, sie verteidigen und auch weiterhin für sie werben, denn wir brauchen das. Wir brauchen das in Österreich für unsere Freiheit. 

Ich weiß, das ist sehr schwer für viele, aber es wäre auch schön, wenn Sie den Umweltschutz hochhalten, weil das genau das ist, was unsere Kinder in der Zukunft brauchen, um in einer guten Welt, in einem guten Österreich, in einem sicheren Österreich zu wohnen. – Daher danke ich Ihnen und hoffe, wir sehen uns wieder. (Beifall bei Grünen, ÖVP und SPÖ sowie der Bundesrätin Sumah-Vospernik [NEOS/W].)

13.37 

Der Gesamtwortlaut des Antrages ist unter folgendem Link abrufbar:

RN/51.1

TOP4 Unselbständiger Entschließungsantrag: Das Klimaticket soll so bleiben wie es ist von MMag. Elisabeth Kittl, BA, Claudia Hauschildt-Buschberger, Simone Jagl, Marco Schreuder

Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Liebe Frau Bundesrätin Kittl, das hoffen wir auch, darum sage ich jetzt noch nicht Auf Wiedersehen. Es ist halt schwierig: zwei so nette Kollegen, und dann wird es einen treffen. Das ist immer schwierig in solchen Situationen. (Bundesrat Schreuder [Grüne/W] – erheitert –: Oder beide!)

Aber jetzt formell: Der von den Bundesrät:innen Mag.a Elisabeth Kittl, Claudia Hauschildt-Buschberger, Simone Jagl und Marco Schreuder eingebrachte Entschließungsantrag betreffend „Das Klimaticket soll so bleiben wie es ist“ ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Sebastian Forstner. – Ich erteile es Ihnen, Herr Bundesrat. Bitte. 

RN/52

13.38

Bundesrat Sebastian Forstner (SPÖ, Oberösterreich): Danke, sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen im Bundesrat! Sehr verehrte Zuseherinnen und Zuseher und alle, die uns via Livestream zuschauen! Wer mich kennt, der weiß, dass ich meine berufliche Laufbahn nicht hier am Rednerpult gestartet habe, sondern zwischen Paletten und Lkws, nämlich in einer oberösterreichischen Spedition. 

Die Kollegin vor mir, Elisabeth, hat schon gesagt, es ist großartig, was die Lkw-Fahrerinnen und -Fahrer leisten. Ich bin auch stolz darauf, zu sagen: Das waren meine Arbeitskollegen. Deswegen habe ich auch einen sehr, sehr guten Einblick bekommen, was da geleistet wird. Dort, wo die Ruhezeit nicht nur im Gesetz steht, sondern hart verdient wird, war mein Arbeitsbereich, und da habe ich sehr, sehr viele Eindrücke gewonnen. 

Glauben Sie mir, wenn man einmal gesehen hat, wie so ein übermüdeter Fahrer versucht, den Tag noch irgendwie zu retten, mit einem kalten Kaffee, einer halben Leberkäsesemmel, weiß man: Das heißt etwas, und das zeigt auch, warum wir heute nicht nur eine formale Gesetzesanpassung beschließen, sondern echten Schutz für Menschen, nämlich für die, die unseren Alltag buchstäblich am Laufen halten, liebe Kolleginnen und Kollegen.

Deshalb geht es heute weniger um Paragrafen, sondern um Menschen und die Frage, wie viel so ein menschlicher Tacho eigentlich aushält. Damit er das alles aushält, wurden folgende Delikte aufgenommen: das Nichtausgleichen von zwei aufeinander folgenden verkürzten wöchentlichen Ruhezeiten, das Verbringen der wöchentlichen Ruhezeit im Fahrzeug, die Nichtübernahme von Unterbringungskosten durch den Arbeitgeber sowie die Verlängerung der Mitführpflicht handschriftlicher Aufzeichnungen auf nunmehr 56 Tage. 

Was wird durch diese Umsetzung konkret verbessert? – Auf der einen Seite: Von nun an gelten die gleichen Regelungen für Lenker und Lenkerinnen, aber auch für Frächter aus Drittstaaten. Dadurch beseitigen wir einen eklatanten Wettbewerbsnachteil unserer eigenen Unternehmen. Mit diesem Gesetz setzen wir einen weiteren wichtigen Schritt für europaweite faire Arbeitsbedingungen. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesrät:innen der ÖVP.)

Auf der anderen Seite: Was bedeutet das für unsere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer? – Auch wenn es sich heute nur um eine formale Anpassung handelt, stehen hinter diesen Regelungen reale Schutzmaßnahmen für jene Menschen, die täglich auf unseren Straßen unterwegs sind. Es geht um sichere Arbeitsbedingungen, ausreichende Ruhezeiten und die Verantwortung der Arbeitgeber. Die SPÖ hat immer klar betont, dass die Arbeit nicht krank machen darf und schon gar nicht gefährlich für andere sein darf. Die Einhaltung von Lenk- und Ruhezeiten ist eine Frage der Verkehrssicherheit, der Arbeitsgesundheit und der sozialen Gerechtigkeit.

Nur eine kurze Anekdote: Ein guter Freund von mir, selber jahrelang Lkw-Fahrer, hat genau mit diesen Problemen gekämpft und ist eines Tages zu mir gekommen – ich habe gleich gewusst, was los ist –: Er hat durch Übermüdung einen schweren Lkw-Unfall verursacht, hat nicht geschaut, ist auf ein Stauende draufgefahren und hat sich womöglich durch diesen kalten Kaffee, den ich am Anfang der Rede erwähnt habe, noch rechtzeitig besinnen können, ist auf die Bremse gestiegen, und es ist das Schlimmste verhindert worden, nämlich dass es Todesopfer zu beklagen gegeben hätte. Es gab „nur“ – unter Anführungszeichen – leicht Verletzte – Glück im Unglück.

Aber wie gesagt: Diesen Heldinnen und Helden des Berufsverkehrs sind wir immer zur Seite gestanden und das werden wir auch in Zukunft immer tun. (Beifall bei der SPÖ.) Deswegen wird die SPÖ der vorliegenden Gesetzesänderung selbstverständlich zustimmen. 

Ich bedanke mich bei allen Kolleginnen und Kollegen im Bundesrat für diesen hoffentlich einheitlichen Beschluss und in diesem Fall für diese gute Zusammenarbeit. So soll beziehungsweise muss Politik sein. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ, bei Bundesrät:innen der ÖVP sowie der Bundesrätin Sumah-Vospernik [NEOS/W].)

13.42

Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Zu einer Stellungnahme hat sich Herr Bundesminister Peter Hanke gemeldet. – Bitte, Herr Bundesminister, ich erteile Ihnen das Wort.

RN/53

13.43

Bundesminister für Innovation, Mobilität und Infrastruktur Peter Hanke: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Mitglieder des Bundesrates! Danke für diese Wortspenden, die ich jetzt mitnehmen durfte. Möge es auch gelingen, hier eine gemeinsame Beschlussfassung herbeizuführen!

Arbeitnehmerschutz und all das, was die Menschen angeht, ist uns in dieser Republik immer nahegegangen. Wir haben auf der Seite der Menschen und deshalb der Arbeitsbedingungen zu stehen. Daher ist Verkehrssicherheit ein ganz, ganz wichtiges Thema, und es zeigt auch diese Diskussion hier, dass das sehr ordentlich von uns allen mitgetragen wird. 

Ich darf aber auch klar sagen, weil das Klimaticket angesprochen war: Wir stehen zu diesen Dingen. Wir stehen klarerweise auch zum Ausbau der Schiene, mit 3,2 Milliarden Euro jährlich werden wir das weiter tun. Wir stehen aber auch für einen Ausbau der Straßenwege. (Bundesrat Schreuder [Grüne/W]: Noch mehr Verkehr! Noch mehr CO2! Noch mehr Beton!) Es geht einfach darum, wirklich alle Menschen in einer vernünftigen Mobilitätsform bestmöglich von einem Punkt zum anderen zu bringen. 

Wichtig sind uns hier und heute aber die Menschen, die uns täglich versorgen. Auf deren Seite und an deren Seite stehen wir. Deshalb bedanke ich mich bei Ihnen allen für diese Debattenbeiträge und hoffe auf einhellige Zustimmung. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie der Bundesrätin Sumah-Vospernik [NEOS/W].)

13.44

Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Vielen Dank, Herr Minister. 

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mag. Bernhard Ruf. – Bitte, Herr Bundesrat, ich erteile es Ihnen. (Bundesrat Schreuder [Grüne/W]: Geburtstagsrede!)

RN/54

13.44

Bundesrat Mag. Bernhard Ruf (ÖVP, Oberösterreich): Geschätzte Frau Präsidentin! Werter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Verehrte Zuschauerinnen und Zuschauer, ob freiwillig oder unfreiwillig hier im Saal oder vor den Fernsehern und Bildschirmen! Wer des Öfteren auf den Transitrouten unseres Landes, etwa der A 1, aber auch der A 12 oder der A 13, unterwegs ist, der weiß: Der Lkw ist nicht nur Voraussetzung beziehungsweise Auslöser manchen Staus, sondern auch und besonders Voraussetzung funktionierender Logistik und erfolgreicher Wirtschaftsbetriebe. 70 Prozent der Warenlogistik werden in etwa über den Straßenverkehr abgewickelt. 

In jedem Lkw in diesen Schlangen sitzt allerdings eine Fahrerin oder ein Fahrer, die beziehungsweise der in seinem Fahrzeug zu Hause ist und als Queen oder King of the Road das eigene Leben auf den Autobahnen unseres Kontinents gestaltet. Diese gewährleisten durch ihr Dasein auf den Autobahnen unseren Wohlstand und unsere Versorgung.

Dass wir da allerdings ein Thema haben, zeigen die Statistiken des Bundesministeriums für Innovation, Mobilität und Infrastruktur aus dem Jahr 2024. Es wurden 1 020 113 Arbeitstage überprüft und dabei 94 753 Verstöße gegen die Sozialvorschriften festgestellt. Dabei betrifft rund die Hälfte dieser Verstöße das Thema Fahrtunterbrechung beziehungsweise Kontrollgerätmissbrauch beziehungsweise -manipulation. All diese Verstöße, großteils auf Druck der Just-in-Time-Wirtschaft, bedingen ein Weniger an Sicherheit auf den Straßen unseres Landes. Auch deshalb braucht es eine gesetzliche Adaptierung der staatlichen Vorgaben in Kombination mit einer europäischen Bündelung und Absprache.

Die vorliegenden Gesetzesänderungen, die auf Rechtsakten der EU fußen und jetzt der Beschlüsse und Anpassungen durch unsere Legistik bedürfen, schaffen eine Win-win-Situation für Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Auf der einen Seite werden durch die Maßnahmen die Arbeitnehmer:innen geschützt, die ihre Ruhezeiten, ihre Wochenendruhen und vor allem den schon angesprochenen Kostenersatz für Hotelnächtigungen durch ihre Arbeitgeber:innen gewährleistet bekommen. Auf der anderen Seite bekommen unsere Wirtschaftsbetriebe der Logistik mehr Klarheit und fairere Regeln. 

Natürlich haben wir noch in gewissen Bereichen Diskussions- und Beschlussbedarf – Stichwort Kabotage, also Binnenlogistik in einem Land, in dem das Unternehmen keinen Sitz hat –, aber grundsätzlich gehen die beinhalteten Maßnahmen in die richtige Richtung, weil die Destination mehr Sicherheit heißt. Deshalb wird es ja auch von allen Fraktionen unterstützt und bedarf eigentlich keiner weiteren Debatte.

Was allerdings weiterer Debatten, Absprachen und Diskussionen bedarf, ist der überarbeitete Rahmenplan der ÖBB, der einige Nebenbahnen in unseren Bundesländern infrage stellt. Wir vertrauen da unserem Föderalismus, der offenen Diskussion mit den Entscheidungsträgern und Allparteienanträgen in unseren Landtagen (Bundesrat Schreuder [Grüne/W]: Es ist diese Kammer!), halten aber Anträge der Opposition, die nicht abgesprochen und einseitig formuliert sind, für wenig zielführend. (Bundesrat Schreuder [Grüne/W]: Es ist diese Kammer, wo du den Föderalismus leben kannst!) 

Wir können dem Schnellschuss jetzt nicht zustimmen, laden aber ein, gemeinsam mit den ÖBB, mit dem Herrn Minister, mit den ländlichen Regionen tragfähige Lösungen auf Schiene zu bringen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP, bei Bundesrät:innen der SPÖ sowie der Bundesrätin Sumah-Vospernik [NEOS/W].)

13.48

Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Marco Schreuder. – Bitte, Herr Bundesrat, ich erteile es Ihnen.

RN/55

13.48

Bundesrat Marco Schreuder (Grüne, Wien): Vielen Dank, Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Besucherinnen und Besucher! Ich finde es ja schon interessant: Bei den Übergaben der Bundesländer, bei den großen Zeremonien, bei diesen Feiern des Bundesrates pochen wir immer so sehr darauf: Wir sind die Stimme des Föderalismus in der Republik! Wir sind die Entsandten der Landtage! Ja, wir sind der Föderalismus!

Vor allem von der ÖVP bekomme ich das immer zu hören, und jetzt bekomme ich von Herrn Kollegen Ruf zu hören: Nein, wir können da nicht so wie im Landtag abstimmen! Nein, das muss alles noch ein bisschen verhandelt werden! Nein, ich vertraue auf den Bund, auf die Verhandlungen! – Also da muss ich schon sagen: Da kann ich den Sonntagsreden, die ich von euch (in Richtung ÖVP) immer höre, tatsächlich nicht mehr glauben. Ich muss das in dieser Deutlichkeit sagen. 

Wir werden – es ist ohnehin schon gesagt worden – dem Gesetz ja zustimmen, aber ich möchte hier einfach noch einmal auf den Punkt eingehen, um den es jetzt geht und den Kollege Ruf, dem ich natürlich auch ganz herzlich zum Geburtstag gratulieren möchte (Bundesrat Ruf [ÖVP/OÖ]: Danke! – Beifall bei Grünen, ÖVP und SPÖ sowie des Bundesrates Kofler [FPÖ/NÖ] – Heiterkeit des Redners) – du hättest dir heute ein Geburtstagsgeschenk machen können –, schon vorweggenommen hat, nämlich auf die Regionalbahnen in Österreich. 

Zwischen dem Jahr 2000 und dem Jahr 2020 wurden in Österreich Straßen gebaut – es wurden 300 Kilometer Straßen gebaut –, und in denselben 20 Jahren wurden 500 Kilometer Schienen abgebaut. Das ist die Realität. Wir sind im Jahr 2000 schon hier gestanden und haben gewarnt: Klimaschutz, Umweltschutz, mehr Schiene – auch der Transport auf der Schiene, nebenbei bemerkt –, weniger Straße! Wir sagen das seit Jahrzehnten, seit Jahrzehnten sagt das die gesamte Wissenschaft, jeder Verkehrsexperte sagt: mehr Straße, mehr Verkehr! – Eine zusätzliche Straße hat noch nie Entlastung gebracht, sondern immer zusätzlichen Verkehr; woanders ist der Verkehr gleich geblieben. Mehr Verkehr bedeutet mehr CO2, und mehr CO2 bedeutet mehr Strafzahlungen, die wir der EU bezahlen müssen, und weniger Klimaschutz. 

Der Abbau von Regionalbahnen ist – mit Verlaub – die dümmste Idee, die man in dieser Republik überhaupt nur haben kann. Übrigens: Diejenige, die das geändert hat, war tatsächlich die vorhin vom Herrn Kollegen von der FPÖ so gescholtene Ministerin Leonore Gewessler. (Bundesrätin Steiner-Wieser [FPÖ/Sbg.]: Die hat ja ...!) Sie hat den negativen Trend gestoppt und sie hat in die Bahninfrastruktur investiert und hat gesagt: Wir brauchen mehr Kilometer Schiene und nicht mehr Beton. (Beifall bei den Grünen. – Bundesrätin Steiner-Wieser [FPÖ/Sbg.]: Die hat nur blind ...!)

Jetzt haben wir die Diskussion über ganz konkrete Regionalbahnen. Ich möchte sie beim Namen nennen, denn ihr seid Vertreter und Vertreterinnen der Landtage und es betrifft eure Bundesländer: 

Es geht um die Mühlkreisbahn, das ist eine schöne Nebenbahn der ÖBB: Sie verläuft von Linz-Urfahr durch das schöne Mühlviertel, in dem ich immer sehr gerne bin, in Oberösterreich bis Aigen-Schlägl nahe der Grenze zum Böhmerwald. 

Es geht um die Almtalbahn: Ihre Strecke führt von Wels über Sattledt, Pettenbach, Almtal und führt ins wirklich schöne Grünau im Almtal am Nordrand des Toten Gebirges – eine sehr schöne Gegend. 

Es geht um die Hausruckbahn, die zu fahren auch aus nostalgischen Gründen sehr interessant ist. Dort bekommt man noch wunderschöne Züge zu sehen, bei denen man denkt: Wow, die gibt es noch?! – Diese schöne Bahn verbindet Attnang-Puchheim mit Schärding und verläuft durch das Hausruckviertel in Oberösterreich. Ich bin zuletzt mit dieser Bahn gefahren, weil ich nach Ried musste.

Dann gibt es die Thermenbahn: Die Strecke der Thermenbahn – für alle steirischen Bundesrät:innen – führt durch das Oststeirische Hügelland, und sie verbindet Fehring über Fürstenfeld, Hartberg und mehrere Thermenorte in der Steiermark mit Friedberg. 

Und während wir in diesem Budget, das uns jetzt bevorsteht, für den Straßenbau Milliarden bereitstellen, trifft es diese Bahnen – die Bahn grundsätzlich, aber insbesondere diese Regionalbahnen – in voller Härte, und das mitten in der Klimakrise. 

Die Tragweite dieser Kürzungen haben die Länder – eure Landtage! – erkannt: Im Steirischen Landtag wurde von allen Parteien nach einem Antrag der Grünen einstimmig eine Resolution beschlossen, dass die Nebenbahnen nicht eingestellt werden dürfen. Auch euer oberösterreichischer Landeshauptmann in einer schwarz-blauen Regierung hat gesagt: Unsere Nebenbahnen brauchen wir, unsere Pendler:innen brauchen sie, unsere Schüler:innen brauchen sie, und sie sind auch für den Tourismus eine ganz wichtige Sache. 

Jetzt müssen wir wirklich die Frage stellen: Wollen wir diese Zukunft des Verkehrs? Sagen wir: Nein, wir bauen jetzt Autobahnen und stellen Regionalbahnen ein!? Ist das wirklich euer Ernst? Daher stellen wir – und denkt an eure Landtage, liebe Bundesräte, die haben euch entsandt! – folgenden Antrag:

Entschließungsantrag

der Bundesrät:innen Marco Schreuder, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Zukunft auf Schiene - Regionalbahnen erhalten und ausbauen, Investitionen sichern“ 

Der Bundesrat wolle beschließen: 

„Die Bundesregierung und insbesondere der Bundesminister für Innovation, Mobilität und Infrastruktur werden aufgefordert, im Sinne der klaren Positionierung mehrerer Bundesländer gegen die geplanten Änderungen im ÖBB-Rahmenplan 2025 bis 2030 und gegen die Infragestellung mehrerer Regionalbahnstrecken beides zu überdenken und umgehend in Gespräche mit den Bundesländern und der ÖBB einzutreten.“ 

Wir fordern Gespräche – und da stimmt ihr dagegen? 

„Ziel dieser Gespräche sollen die Fortsetzung der nachhaltigen Stärkung der Bahninfrastruktur sowie der Erhalt und die Attraktivierung der Regionalbahnen sein.“


Wir fordern Gespräche! Wir fordern Gespräche (Bundesrat Ruf [ÖVP/OÖ]: Und warum habt ihr das nicht ...?) – wir haben das gestern ausgeschickt (neuerlicher Zwischenruf des Bundesrates Ruf [ÖVP/OÖ]) –, und da wir nur vier Bundesräte und Bundesrätinnen sind und daher die Möglichkeit eines Verlangens auf eine namentliche Abstimmung um eine Unterschrift verfehlen, werden wir auch um eine namentliche Abstimmung bitten. Ich hoffe, dass wir diesbezüglich auch Unterstützung bei anderen Abgeordneten finden. 

Ich appelliere an alle: Die Klimakrise ist am teuersten, wenn wir nichts tun; Regionalbahnen einzustellen ist das Falscheste, das man nur machen kann. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

13.56

Der Gesamtwortlaut des Antrages ist unter folgendem Link abrufbar:

RN/55.1

TOP4 Unselbständiger Entschließungsantrag (namentl. Abstimmung): Zukunft auf Schiene - Regionalbahnen erhalten und ausbauen, Investitionen sichern von Marco Schreuder, Claudia Hauschildt-Buschberger, Simone Jagl, MMag. Elisabeth Kittl, BA

Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Der von den Bundesrät:innen Marco Schreuder, Claudia Hauschildt-Buschberger, Simone Jagl, MMag. Elisabeth Kittl, BA eingebrachte Entschließungsantrag betreffend „Zukunft auf Schiene – Regionalbahnen erhalten und ausbauen, Investitionen sichern“ ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung. 

Weitere Wortmeldungen dazu liegen nicht vor. 

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen. 

RN/56

Abstimmung 

Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Wir gelangen zur Abstimmung. – Die Plätze sind eingenommen. 

RN/56.1

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen. 

RN/56.2

Es liegt ein Antrag der Bundesrät:innen MMag.a Elisabeth Kittl, BA, Claudia Hauschildt-Buschberger, Simone Jagl und Marco Schreuder auf Fassung einer Entschließung betreffend „Das Klimaticket soll so bleiben wie es ist“ vor. Ich lasse über diesen Entschließungsantrag abstimmen.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Entschließungsantrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenminderheit. Der Antrag auf Fassung der gegenständlichen Entschließung ist somit abgelehnt. 

RN/56.3

Es liegt ein Antrag der Bundesrät:innen Marco Schreuder, Claudia Hauschildt-Buschberger, Simone Jagl und MMag.a Elisabeth Kittl, BA auf Fassung einer Entschließung betreffend „Zukunft auf Schiene – Regionalbahnen erhalten und ausbauen, Investitionen sichern“ vor. 

RN/56.4

Es ist hiezu eine namentliche Abstimmung verlangt worden. Da dieses Verlangen von fünf Bundesrät:innen gestellt werden muss, stelle ich die Unterstützungsfrage. 

Wer dieses Verlangen unterstützt, den bitte ich um ein Zeichen mit der Hand. – Das Verlangen ist somit nicht ausreichend unterstützt. 

RN/56.5

Ich lasse daher über diesen Entschließungsantrag abstimmen. 

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Entschließungsantrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenminderheit. Der Antrag auf Fassung der gegenständlichen Entschließung ist somit abgelehnt. 

Die Tagesordnung ist erschöpft. 

Ich erkläre, dass ich die Sitzung bis zum Aufruf der Dringlichen Anfrage an den Herrn Bundesminister für Finanzen bis 16 Uhr unterbreche.