RN/51

13.28

Bundesrätin MMag. Elisabeth Kittl, BA (Grüne, Wien): Vielen Dank, sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste hier und vor den Bildschirmen! Bei dieser Gesetzesänderung geht es, wir haben es schon gehört, um die Sicherheit auf den Straßen, aber es geht vor allem um die Verbesserung der prekären Arbeitsbedingungen von Lkw-Fahrer:innen. – Ja, es gibt auch Frauen, wenn auch wenige, in Deutschland circa 2 Prozent. (Präsidentin Eder-Gitschthaler übernimmt den Vorsitz.)

Unter diesen prekären Arbeitsverhältnissen geht es diesen Dienstleister:innen, die vor allem aus dem Osten Europas kommen, aus Billiglohnländern kommen, schlecht, genauso wie es den Pfleger:innen schlecht geht, die auch aus diesen Ländern kommen, obwohl das eigentlich Personen sind, die wir dringend brauchen. 

Bei den Lkw-Fahrer:innen muss ich dazusagen: Die Fracht und das, was wir mit dem Lkw transportieren, ist ein Teil des Lieferkettengesetzes. Und da muss ich leider einen kurzen Schwenk machen, weil das Lieferkettengesetz in der EU jetzt, so wie es scheint, aufgehoben werden soll, so wie es in Deutschland bereits der Fall ist, also in der EU selbst auch darüber gesprochen wird, und auch die Haftungsverpflichtungen gestrichen werden sollen. Das ist eigentlich für die Arbeitnehmer:innen und vor allem auch für den Umweltschutz ein Desaster. 

Wer aber schnell liefert, gewinnt den Wettbewerb. Da kommen wir eben da hin – das ist Teil des Lieferkettengesetzes –, dass, wenn es um das Rennen geht, im Wettbewerb billige Massenkonsumartikel herzustellen und schnell zu liefern, darunter leider die Arbeitsbedingungen leiden.

Ich möchte kurz schildern, wie Lkw-Fahrer:innen arbeiten, wie sie arbeiten müssen: Sie sitzen viele Wochen lang in ihren Riesentrucks. Sie rasten und sie schlafen in kleinen Kabinen in den Trucks auf lauten und schmutzigen Autobahnen. Sie essen bei Hitze, Wind und Wetter am Asphalt vor ihren Trucks. Sie haben kaum Bewegung oder Abwechslung. Es fehlen ihnen meist komplett soziale Kontakte. Zur Entspannung wird am Abend oft Alkohol konsumiert. Familien und Freund:innen werden wochenlang nicht gesehen, und ihre freien Stunden, die sie der Erholung widmen sollten, verbringen sie auch im Truck, obwohl das eigentlich verboten ist – aber es dient dem Wettbewerb. 

Mit einem 40-Tonner unterwegs zu sein, ist per se schon gefährlich, nämlich für die anderen, aber auch für die Fahrer:innen selbst, und müde und erschöpft ist es natürlich noch viel gefährlicher. Das scheint aber doch nicht so wichtig zu sein – Verzeihung, ich bin ein bisschen durcheinander, weil ich das bezüglich des Lieferkettengesetzes vorgezogen habe. 

Grundsätzlich ist die Umsetzung der EU-Richtlinie zur Ahndung von Verstößen gegen die Ruhezeiten von Lkw-Fahrer:innen zu begrüßen, denn mit den Kontrollen und den Strafen fördern wir nicht nur die Sicherheit, sondern vermindern auch ausbeuterische Arbeitsverhältnisse, und das ist gut so.

Ein Punkt aber, wie wir diese Gefahren auf den Straßen noch weiter minimieren können, ist – ich habe es heute auch schon gesagt –, die Straße nicht zum Zentrum der Logistik oder der Mobilität zu machen, sondern auf der einen Seite den Güterverkehr auf die Schiene zu bringen und auf der anderen Seite weiterhin so ambitioniert Bahnen und Busse auszubauen sowie Öffifahren leistbarer zu machen, wie es die grüne Verkehrsministerin begonnen hat. Da kann ich natürlich nicht umhin, das wirklich weltweit beachtete Erfolgsprojekt der Klimaministerin, das österreichweite Klimaticket, ins Spiel zu bringen. (Beifall bei den Grünen.)

Aber: Das Klimaticket wird nun schon dieses Jahr um 20 Prozent verteuert, und das, obwohl 300 000 Menschen es nutzen und obwohl 135 000 Menschen bereits eine Petition zur Beibehaltung des Klimatickets in dieser Form, wie es jetzt ist, unterschrieben haben. Das scheint Ihnen aber vollkommen egal zu sein. 

Anstatt dass Sie klimaschädliche Subventionen streichen, was viele, wirklich viele Milliarden Euro – das sagen auch alle Wirtschaftsforschungsinstitute – an Einnahmen bringen würde, verstärken Sie wieder den Trend zum Auto und buttern weitere Milliarden in den Straßenbau. Das ist für mich unverständlich, das ist kurzsichtig und das ist ein riesengroßer politischer Fehler. 

Warum ist es ein Fehler? – Weil es weitere Staus produzieren wird, weil damit weiterhin die Luft verpestet und extremer Lärm gemacht wird. Man muss nur die Leute fragen, die am Brenner wohnen. Es wird weiterhin Verletzte und Tote hervorbringen und weiterhin prekäre Arbeitsverhältnisse fördern. 

Nebenbei: Herr Minister, Sie wissen, in Wien gibt es bei den Öffis viele gute Arbeitsplätze, gerade in Wien suchen wir Bim- und Busfahrer:innen. Das müssten Sie am besten wissen. (Beifall bei den Grünen.)

Ihre Politik aber nutzt den erdölproduzierenden und kriegführenden Ländern. Sie nutzt der Entwicklung der nachhinkenden Verbrennerindustrie, sie nutzt den Straßenbaufirmen und den Betonierern und schlussendlich nutzt sie dem Transitschwerverkehr, genau wie der Lobautunnel, der nämlich nicht den Öffifahrer:innen oder denen, die weniger verdienen, nutzt, sondern den Lkw-Transit zwischen dem Süden und dem Norden Europas wesentlich attraktiver macht. Das nutzt keinem Menschen mit wenig Einkommen, sondern es schadet ihnen eigentlich, denn das fehlende Geld für die Öffitickets macht sie immobiler und macht sie noch ärmer. Die meisten Menschen mit wenig Einkommen leben noch dazu an dreckigen und lauten Straßen. Ihre Politik schadet nicht zuletzt unserer Umwelt und unserem Klima und dieser Schaden ist nicht wiedergutzumachen. (Beifall bei den Grünen.)

Daher bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag 

der Bundesrät:innen MMag. Elisabeth Kittl, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Das Klimaticket soll so bleiben wie es ist“

Der Bundesrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Innovation, Mobilität und Infrastruktur im Zusammenwirken mit dem Bundesminister für Finanzen, wird aufgefordert, das bundesweite Klimaticket weiterhin für breite Bevölkerungsschichten leistbar zu halten und daher jede zusätzliche Verteuerung des Klimatickets über die gesetzlich bereits ab 1.1 .2025 vorgesehene und umgesetzte jährliche Indexanpassung hinaus zu unterlassen.“


Denken Sie bitte um, Herr Minister Hanke, schauen Sie betreffend die Mobilität nach vorne und nicht zurück! Machen gerade Sie als Sozialdemokrat die Geringverdienenden nicht ärmer, sondern mobiler, auch sozial mobiler! (Beifall bei den Grünen.)

Ich möchte mich ein bisschen Kollegin Wolff anschließen: Sie wissen, wir werden in Wien nur noch ein Bundesratsmandat zur Verfügung haben, und ich weiß nicht, ob das meine letzte Rede im Bundesrat ist – es kann sein, es muss nicht sein; ich würde mich freuen, wenn es nicht so ist, aber wir werden es sehen. Ich möchte hier aber noch – für den Fall, dass es die letzte Rede ist – einen Appell an Sie richten: Es ist gerade in der heutigen Zeit so wichtig, die Demokratie hochzuhalten. Ich würde mich total freuen, wenn alle hier im Bundesrat die Demokratie hochhalten, sie verteidigen und auch weiterhin für sie werben, denn wir brauchen das. Wir brauchen das in Österreich für unsere Freiheit. 

Ich weiß, das ist sehr schwer für viele, aber es wäre auch schön, wenn Sie den Umweltschutz hochhalten, weil das genau das ist, was unsere Kinder in der Zukunft brauchen, um in einer guten Welt, in einem guten Österreich, in einem sicheren Österreich zu wohnen. – Daher danke ich Ihnen und hoffe, wir sehen uns wieder. (Beifall bei Grünen, ÖVP und SPÖ sowie der Bundesrätin Sumah-Vospernik [NEOS/W].)

13.37 

Der Gesamtwortlaut des Antrages ist unter folgendem Link abrufbar:

RN/51.1

TOP4 Unselbständiger Entschließungsantrag: Das Klimaticket soll so bleiben wie es ist von MMag. Elisabeth Kittl, BA, Claudia Hauschildt-Buschberger, Simone Jagl, Marco Schreuder

Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Liebe Frau Bundesrätin Kittl, das hoffen wir auch, darum sage ich jetzt noch nicht Auf Wiedersehen. Es ist halt schwierig: zwei so nette Kollegen, und dann wird es einen treffen. Das ist immer schwierig in solchen Situationen. (Bundesrat Schreuder [Grüne/W] – erheitert –: Oder beide!)

Aber jetzt formell: Der von den Bundesrät:innen Mag.a Elisabeth Kittl, Claudia Hauschildt-Buschberger, Simone Jagl und Marco Schreuder eingebrachte Entschließungsantrag betreffend „Das Klimaticket soll so bleiben wie es ist“ ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Sebastian Forstner. – Ich erteile es Ihnen, Herr Bundesrat. Bitte.