RN/63
17.27
Bundesrat Dr. Manfred Mertel (SPÖ, Kärnten): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Liebe Mitglieder des Bundesrates! Heute über die Sanierung von Staatsfinanzen zu sprechen, ist wirklich sehr schwierig, wenn man selbst keine Zuversicht in diesem Lande spürt. Ich glaube, ich möchte dies an die Freiheitliche Partei richten, dass ich Ihren Frust eigentlich auch ein bisschen verstehe; denn wenn ich an die Fußballmeisterschaft, die jetzt geendet hat, denke, bei der der österreichische Meister mit einem Punkt oder einem Tor Vorsprung gewinnt, so erinnere ich mich ein bisschen an Ihre Wahl, bei der Sie eigentlich als Erster durchs Ziel gegangen sind (Bundesrat Schennach [SPÖ/W]: Und trotzdem nichts!), dann auch mit der Regierungsbildung betraut waren, aber letztendlich hat Ihr Trainer gesagt: Nein, das machen wir nicht! (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie der Bundesrätin Sumah-Vospernik [NEOS/W].)
Letztendlich haben Sie auch eine große Vision gehabt – Europa zu erobern –, letztendlich haben Sie sich hier, auf diesem Spielfeld, selbst ausgeschlossen. (Präsidentin Eder-Gitschthaler übernimmt den Vorsitz.)
In dem Sinn möchte ich auch darum mit dem replizieren, was meine Vorredner schon gesagt haben: Ich glaube, ein Budget zu sanieren, erfordert auf der einen Seite Zuversicht und auf der anderen Seite auch Vertrauen. Ich glaube, beide Dinge haben uns die Verantwortlichen im Finanzministerium, sowohl der Herr Finanzminister als auch die Frau Staatssekretärin, wiederholt gezeigt: wie wichtig es ihnen sowohl als Einzelpersönlichkeiten, im Duo, aber auch als Mitglied der österreichischen Bundesregierung ist, dass wir die Staatsfinanzen sanieren. Ich glaube, der Herr Finanzminister hat es ganz, ganz richtig gesagt: Es geht nicht nur um unsere Finanzen, sondern es geht auch um unseren Beitrag zur Stabilität in Europa. Es geht auch um die Maastrichtkriterien. Wenn wir diese Maastrichtkriterien gemeinsam einhalten müssen, so sind eigentlich alle, sowohl der Bund, die Länder, die Gemeinden als auch die Sozialversicherungsträger gefordert, ihren Beitrag dazu zu leisten.
Erlauben Sie mir, liebe – ich bezeichne es fast so – Freund:innen von der FPÖ, weil ich Sie ja eigentlich als Staatsbürger sehr schätze und es auch wichtig ist, dass Sie Ihre Meinung kundtun, Folgendes zu sagen: Wenn wir heute das Budgetsanierungsmaßnahmengesetz 2025 Teil II beschlossen und verabschiedet haben beziehungsweise keinen Einspruch erhoben haben, so gestatten Sie mir schon, darauf hinzuweisen, dass es in diesem Maßnahmengesetz auch um die Absicherung unseres Gesundheitssystems gegangen ist. Ich erinnere mich an die Jahre 2017/2018, als Sie das Gesetz betreffend die Österreichische Gesundheitskasse verabschiedet haben, bei dem uns Frau Ministerin außer Dienst Hartinger-Klein versprochen hat, dass wir zukünftig durch Verwaltungseinsparung 1 Milliarde Euro gewinnen werden. Und jetzt haben wir ein Loch von 1 Milliarde, nach meiner Rechnung sind es eigentlich schon 2 Milliarden, die wir irgendwo aufbringen müssen, um unsere Aufgabenerfüllung zu gewährleisten. (Beifall bei der SPÖ, bei Bundesrät:innen der ÖVP sowie der Bundesrätin Sumah-Vospernik [NEOS/W].)
An dieser Stelle möchte ich auch erwähnen, weil heute mein Kollege Schwindsackl öfters angesprochen worden ist (Bundesrat Schwindsackl [ÖVP/Stmk.]: Einmal!): Ich gratuliere ihm auch zu seinem Geburtstag, ich gratuliere ihm auch dazu, dass sein SK Sturm Graz ihm dieses Geburtstagsgeschenk gemacht hat (Bundesrat Schwindsackl [ÖVP/Stmk.]: Jawohl!) und nicht die Wolfsberger – aber okay.
Herr Kollege Spanring, Sie wissen, ich schätze Sie sehr, aber wir sollten hier trotzdem mit der Altersdiskriminierung aufhören. Ich möchte darauf hinweisen, dass es in diesem Haus, in diesem Parlament, in dem wir eigentlich repräsentativ für die Bevölkerung auftreten, wichtig ist, dass – auch in dieser Kammer, in diesem Saal (Beifall bei SPÖ und ÖVP) – alle Generationen vertreten sind (Ruf bei der ÖVP: Bravo!) und auch alle Generationen ihren Beitrag leisten.
Ich bin sehr froh, dass ich heute hier diese Rede halten darf, weil ich jemand bin, der im selben Jahr geboren ist wie Kollege Schwindsackl, 1954. Ich habe viele positive Dinge in diesem Staat miterlebt, die andere für mich aufgebaut haben. Wir alle haben heuer viele Festivitäten gehabt, die wir gefeiert haben, und wir waren Profiteure davon. Wir haben aber auch dieses Verantwortungsbewusstsein, als ältere Generation mitzuwirken, und wir erklären der älteren Generation auch, warum diese 0,9 Prozent Erhöhung jetzt notwendig sind: weil es eben um die Sicherung des Gesundheitssystems geht. Ich darf noch einmal sagen: Gesundheit, Bildung und Sicherheit sind das absolut Notwendigste, das wir in unserem Leben brauchen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie der Bundesrätin Sumah-Vospernik [NEOS/W].)
So freut es mich ganz besonders, dass sich diese Regierung des Bildungssystems ordentlich annimmt und Ideen entwickelt, Kreativität zeigt, wie man es verbessern kann, weil wir, Frau Staatssekretärin, die Wettbewerbsfähigkeit auch international brauchen – und Wettbewerbsfähigkeit gewinnt man nicht durch Isolation, sondern durch Öffnung. (Beifall bei der SPÖ.)
Natürlich ist es auch wichtig, dass wir mit anderen, teilweise auch derzeit notleidenden Staaten in Kontakt bleiben, dass wir ihnen zeigen, welcher Wohlfahrtsstaat wir sind, dass wir auch mit unserer Bildung immer bereit sind, den Menschen zu helfen, denen es momentan nicht gut geht. Ich glaube – das darf ich auch sagen, dieses Kompliment darf ich diesen zwei Verantwortungsträgern des Finanzministeriums machen –, das, was wir brauchen, ist Transparenz; das, was wir brauchen, ist eine offene Kommunikation. Ich bin den Vertretern der Freiheitlichen Partei dankbar dafür, dass sie ihre Ideen äußern, auch wenn sie vielleicht derzeit nicht mit unseren im Einklang stehen – es ist jedoch wichtig, sich zu äußern, es ist wichtig, Ideen einzubringen. Aber: Setzen Sie sich auch mit uns vernünftig an einen Tisch, versuchen wir, Lösungen zu finden, die der gesamten österreichischen Bevölkerung nützen! (Beifall bei der SPÖ, bei Bundesrät:innen der ÖVP sowie der Bundesrätin Sumah-Vospernik [NEOS/W].) Das ist ein sehr wichtiger Aspekt.
Weil die Frau Staatssekretärin hier sitzt: Wir müssen Österreich als Ganzes sehen. Wenn wir von den Maastrichtkriterien sprechen, so gibt es neben dem Bund, der uns jetzt natürlich einiges abverlangt, was notwendig ist, auch Länder, und es gibt nach unseren Familien (Bundesrat Schennach [SPÖ/W]: Die Gemeinden!) die Gemeinden. Die Kommunen werden uns ebenfalls zur Kasse bitten. Und wie wir das dann alle gemeinsam stemmen werden, wird auch eine sehr konstruktive Aufgabe sein, die auch vom Finanzministerium ausgeht.
Bitte lassen Sie die Gemeinden nicht hängen! Unterstützen Sie die Kommunen! Sie haben es heute Vormittag bereits gesagt, Sie werden es auch umsetzen. Es ist ganz wichtig, dass die Bildungseinrichtungen in den Gemeinden forciert werden. Ich darf in diesem Zusammenhang auch sagen, dass es wichtig ist, dass es diese zwei Kindergartenjahre gibt. Bildung ist absolut wichtig, denn bei der Bildung geht es um die Formung von Menschen. Menschen brauchen Vorbilder, und Vorbilder ergeben sich durch Handlungen, durch Sprache, aber auch durch Beistand.
Ich glaube, es ist sehr wichtig, dass sich diese österreichische Bundesregierung dazu bekannt hat. Wir haben es heute auch gehört: Es ist eine sehr schwierige Ausgangssituation gewesen, aber es geht um das Gemeinsame, es geht um unseren Auftritt in Europa, es geht um unsere Gemeinsamkeit auch gegenüber Nachbarstaaten. Wenn wir uns stärken, dann müssen wir das Gemeinsame stärken. Wir müssen auch jede Diskussion zulassen, auch jedes Argument im Endeffekt aufnehmen und darüber selbst nachdenken.
Eine wichtige Aufgabe ist nicht, die Leute zu überzeugen, sondern eine wichtige Aufgabe von uns ist, die Leute zum Nachdenken zu bringen. Und wenn sie durch das Nachdenken überzeugt werden, dann haben wir die richtige Handlung gesetzt. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesrät:innen der ÖVP.)
Es war für mich als Sportler immer so ein Leitspruch: Ich habe die Augen geschlossen, wenn andere einen Fehler gemacht haben. Im Innersten habe ich mir dabei gedacht: Gott sei Dank ist mir der Fehler nicht passiert! Ich habe aber die Ohren geöffnet, wenn andere über Fehler anderer gesprochen haben. Es ist mir auch heute so vorgekommen, dass wir auf der einen Seite dieses Verantwortungsbewusstsein in Österreich offensichtlich nur zu 70 Prozent haben und, wenn ich es ein bisschen aufrunde, 30 Prozent noch immer sagen: Ich verschließe mich der Zusammenarbeit, ich möchte eigentlich den negativen Kurs, den ich einstudiert habe, fortsetzen! Sie brauchen vielleicht wirklich einen Trainer, der Ihnen den Mut gibt (Heiterkeit bei SPÖ und ÖVP), auch einmal zu sagen, dass es anders geht.
Ich verstehe Sie, ich sage das wirklich mit großer Hochachtung – ich bin seit zwei Jahren im Bundesrat –, Sie haben es hier wunderbar geäußert: Sie sind gelaufen. Sie haben gesagt, unser Volkskanzler, und Sie haben gesagt, er wird es richten, er wird es richten. Sie haben sich selbst schon gesehen, wie Sie in den internationalen Stadien als Minister, als Staatssekretäre und so weiter auftreten. (Heiterkeit bei Bundesrät:innen der ÖVP.) Sie sind letztendlich enttäuscht worden und Sie kämpfen jetzt natürlich so weiter.
Ich gestehe Ihnen auch zu, dass Sie für die österreichische Bevölkerung das Beste wollen, aber versuchen Sie, sich wieder irgendwo in das Teamgefühl Österreich einzugliedern. Versuchen Sie, mit uns ernsthafte Gespräche zu führen, denn die Sanierung Österreichs liegt uns besonders am Herzen. – Ich danke für die Aufmerksamkeit. (Anhaltender Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie der Bundesrätin Sumah-Vospernik [NEOS/W]. – Rufe bei der SPÖ: Bravo!)
17.38
Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Marco Schreuder. – Bitte, Herr Bundesrat, ich erteile es dir.