RN/64

17.39

Bundesrat Marco Schreuder (Grüne, Wien): Vielen Dank, Frau Ministerin. – Habe ich Frau Ministerin gesagt? Frau Präsidentin – Jessas na! Frau Staatssekretärin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Frau Kollegin Kittl hat es heute schon gesagt: Wir wissen nicht, wie es jetzt mit den Wiener Bundesräten weitergeht, es werden ja heute möglicherweise mehrere Abschied nehmen, und wir wissen nicht, wer und so. Das ist so eine Situation. Deswegen möchte ich nur eines sagen: Ich finde, der Bundesrat kann ein bisschen mehr Mertels vertragen. (Beifall bei Grünen, ÖVP und SPÖ sowie der Bundesrätin Sumah-Vospernik [NEOS/W].)

Dr. Mertel, wir haben uns ja jetzt in zwei verschiedenen Konstellationen kennengelernt: Opposition (in Richtung SPÖ weisend) – Regierung (auf sich weisend), und jetzt Opposition (auf sich weisend) – Regierung (in Richtung SPÖ weisend), also mit getauschten Rollen. Wenn das aber mit einer gewissen Herzlichkeit, mit einer Gemeinsamkeit und mit dem gemeinsamen Wunsch für Österreich geht – und wenn das der Geist ist, der im Bundesrat herrscht, dann gern auch ohne mich oder Frau Kittl oder jemand anderen. (Heiterkeit des Redners.) Das ist der Geist, den ich mir im Bundesrat viel mehr wünsche, und nicht Fake News oder persönliche Angriffe, die sich in letzter Zeit leider breitgemacht haben. (Beifall bei Grünen, ÖVP und SPÖ sowie der Bundesrätin Sumah-Vospernik [NEOS/W].)

Nichstdestotrotz (Heiterkeit des Redners) muss ich natürlich zur Dringlichen Anfrage auch sprechen. Ich möchte am Anfang vor allem einen Fokus auf etwas legen, das die Freiheitliche Partei in der Dringlichen Anfrage schon im Betreff als Erstes nennt, nämlich auf das Geld fürs Ausland. Wir wussten ja nicht, was da kommt. Auch dank der Recherche meiner Kollegin Jagl, die gleich wissen wollte: Was meint der und was ist die Wahrheit? (Heiterkeit der Bundesrätin Jagl [Grüne/NÖ]) – da haben wir ein bisschen recherchiert in kurzer Zeit –, ist es mir schon auch wichtig, als Replik auf die Äußerungen des Herrn Kollegen Spanring Folgendes zu sagen:

Zum einen hat Kollege Spanring gesagt, es gebe einen Bericht des Europäischen Rechnungshofes über verschwindendes Geld in der Ukraine. Da habe ich noch einmal nachgeschaut (Heiterkeit bei den Grünen) – also, Simone Jagl hat das herausgefunden; ich habe Ägypten übernommen, sie hat die Ukraine übernommen –: Es gibt vom Europäischen Rechnungshof einen Bericht, in dem Risiken dargestellt werden, aber keinen Bericht, in dem genau dezidiert gesagt worden wäre, dass Geld verschwunden wäre. Was es gibt, sind Berichte im Internet, dass es einen Greco-Bericht gäbe, der behauptet, dass 360 Millionen Euro an Geldern, die an Hilfsorganisationen in der Ukraine ausbezahlt worden wären – Herr Spanring! –, verschwunden wären.

Nun wissen wir, dass das Fake News sind. Es gibt keinen Greco-Bericht. Greco übrigens, nur zur Information, wenn Sie das nicht wissen, gehört nicht zur Europäischen Union, sondern zum Europarat – das ist ein Zusammenschluss des Europarats, da geht es um Korruption. Was es gibt, ist ein Hinweis, dass tatsächlich Dinge in der Ukraine verschwunden sind, die von Hilfsorganisationen finanziert worden sind, wobei Beamtinnen und Beamten beteiligt waren – in Saporischschja war das. Und wer ermittelt gegen diese Korruption? – Die ukrainische Regierung. 

Da sieht man wieder einmal, wie mit Fake News gearbeitet wird: Die ukrainische Regierung selbst deckt auf, dass Beamte Korruption begehen, geht dagegen vor, und die Geschichten, die die FPÖ und andere Parteien daraus machen, sind Fake News. Sie behaupten, wir, die Europäische Union, würden sozusagen Geld versickern lassen. Das sind klassische Fake News. (Beifall bei den Grünen sowie der Bundesrät:innen Sumah-Vospernik [NEOS/W] und Wanner [SPÖ/Sbg.].)

Dann war ich natürlich neugierig. Sie haben mich auch namentlich genannt. Ich weiß gar nicht, warum ich namentlich genannt werde, wenn es um Ägypten geht, aber Herr Spanring hat das gemacht. Er hat gesagt, die EU investiert bis Ende 2027 rund 7,4 Milliarden Euro in Ägypten. Das ist grundsätzlich richtig. Das tut die Europäische Union. Dann ist es interessant, zu sehen, wie sich diese Mittel zusammensetzen. 5 Milliarden Euro davon, Herr Kollege Spanring, sind Kredite. Die wird Ägypten zurückzahlen müssen. (Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: Die werden nie wieder zurückgezahlt werden, so wie bei Griechenland, bitte! Wie soll denn wer Geld zurückzahlen, der kein Geld hat?!)

Eines möchte ich hier schon einmal deutlich sagen (neuerlicher Zwischenruf des Bundesrates Spanring [FPÖ/NÖ]): Auf der einen Seite zu sagen, wir wollen keine Flüchtlinge, und auf der anderen zu sagen, wir wollen anderen Staaten nicht helfen, obwohl das bewirken würde, dass wir keine globalen Krisen auslösen und sich niemand auf die Wanderung macht – das ist eine Verlogenheit. (Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: Ja, richtig! Von euch!) Ich muss das einmal in der Deutlichkeit sagen. Das ist ein Paradox, denn wenn ich keine Flüchtlinge haben möchte, dann muss ich für globale Sicherheit sorgen, und wenn ich für globale Sicherheit sorgen will, dann muss ich schauen, dass Staaten, die gefährlich sind - - (Heiterkeit des Bundesrates Spanring [FPÖ/NÖ].) – Da haben Sie im Übrigen recht mit der Kritik an der Menschenrechtssituation, an der Situation mit der freien Meinung. Das ist absolut richtig. Ja, vielleicht hätte die Europäische Union bei diesen Hilfsgeldern auch in diesem Bereich noch stärker einwirken können. Das wäre eine Kritik, die ich sofort unterschreiben würde. Das ist natürlich durchaus kritisch zu sehen. Eines möchte ich aber schon sagen: Es ist nicht verschwendetes Geld, wenn wir an einer globalen Sicherheitsarchitektur arbeiten wollen. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesrät:innen der SPÖ.)

Jetzt das Budget aus Sicht der Grünen – das ist natürlich eine Aufgabe, die ich hier übernehmen muss –: Natürlich wiederhole ich da auch gewisse Kritikpunkte, aber ich finde es schon auch wichtig, Folgendes zu sagen: Wir stehen vor einem Budget, das mit der Abrissbirne in den Klimaschutz hineinfährt und ihn zerschmettert. Das ist etwas, das ich absolut inakzeptabel finde und das meiner Meinung nach zukunftsvergessen und – mit Verlaub – auch dumm ist. Wenn wir nämlich unsere Klimaziele verfehlen – heute im „Standard“ ist es gestanden, auch Frau Hauschildt-Buschberger hat mich nach ihrer Recherche darauf aufmerksam gemacht; wir haben uns ja auf eine Reduktion der Treibhausgasemissionen um 48 Prozent bis 2030 committet; das ist eine Verpflichtung, die wir gegenüber der Europäischen Union eingegangen sind –, drohen uns laut „Standard“-Bericht sogar 5,9 Milliarden Euro an Strafzahlungen – 5,9 Milliarden Euro! Kein Klimaschutz ist das Teuerste, das wir überhaupt machen können. (Beifall bei den Grünen.)

Dabei muss ich einfach dem Minister, der leider gegangen ist, widersprechen. Er hat gesagt, die Förderungen, die es bisher gab, die es auch dank Regierungsbeteiligung der Grünen gab, wären zu teuer gewesen. – Nichts ist so teuer, wie keinen Klimaschutz zu machen! Statt in weniger CO2 in mehr CO2, in mehr Beton, in mehr Auto, in mehr Verkehr, in mehr Verbrennermotoren zu investieren, das ist einfach falsch. Fast 2,1 Milliarden Euro wurden im Bereich Klima und Umwelt gestrichen. Wie gesagt: Es drohen Strafzahlungen von 5,9 Milliarden Euro. Das heißt, umstellen auf umweltfreundliche Heizung: Wer da investieren wollte, schaut jetzt nicht mehr so glücklich drein, ebenso wer Solarstrom am Dach wollte, auf E-Auto umsteigen wollte. Da haben wir massiv Anreize gesetzt, damit das passiert und damit wir diese Klimaziele erreichen. Da habe ich noch gar nicht die Kosten eingerechnet, die durch zunehmende Dürre und die zunehmende Klimakatastrophe auf uns zukommen.

RN/64.1

In einem muss ich tatsächlich auch der Freiheitlichen Partei recht geben, und zwar in der Frage: Wer zahlt bei diesen Einsparungen, die in diesem Budget geplant sind? Nehmen wir da doch einmal eine relativ neutrale Stelle. Man sieht es auf dieser Grafik (ein Schriftstück mit einer Tabelle mit der Überschrift „Relative Einkommensveränderung einkommensverändernder Maßnahmen nach Einkommensdezilen“ auf das Redner:innenpult stellend) – das ist nicht von uns, das ist vom Budgetdienst des Parlaments –: Der Budgetdienst des Parlaments hat ausgerechnet: Welche Einkommen sind am stärksten von den Sparmaßnahmen in diesem Budget betroffen? – Siehe da: Es sind die Ärmsten – die Ärmsten sind am meisten betroffen. Im Jahr 2025 sind es im untersten Zehntel der Einkommensklassen minus 2,3 und bei den Bestverdienenden nur minus 0,4 Prozent. Das geht jedes Jahr so weiter. Bis im Jahr 2029 werden die Ärmsten dieser Gesellschaft – liebe SPÖ, jetzt schaut ihr schnell ein bisschen betreten weg – ein effektives Minus von 3,3 Prozent ihres Einkommens haben und die Reichen ein Minus von 1,1 Prozent. Ich weiß nicht, wo da eine sozialdemokratische Handschrift zu finden wäre. Ich würde mich ein bisschen dafür schämen, wenn ich ganz ehrlich bin. (Beifall bei Grünen und FPÖ.)

Einen Punkt möchte ich auch herausstreichen – ich finde es immer wichtig, dass wir Männer das auch machen –: Besonders hart getroffen sind nämlich auch Frauen. Erstens sind Frauen ganz besonders in diesen ärmeren Einkommensgruppen zu finden – das ist leider immer noch so –, aber es wird ja zum Beispiel auch im Frauenbudget viele Einfrierungen geben. Dadurch wird es Engpässe bei Gewaltambulanzen, bei Frauenberatungen geben, und das ist etwas, das wir nicht haben wollen. Ich weiß, dass der Herr Minister dann immer gerne sagt: Na ja, aber es kommt ja noch die Bankenabgabe, dann werden wir das wieder ein bisschen ausgleichen! – Das ist auch ein Argument, das ich überhaupt nicht nachvollziehen kann, denn wo werden die Banken diese Abgaben hindelegieren? – Wieder zu den Ärmsten Österreichs. Das halte ich nicht für sozial.

Es gibt Alternativen. Ich möchte mich jetzt nicht dem Vorwurf aussetzen, den Herr Kollege Zauner gegenüber der Freiheitlichen Partei gemacht hat: Ihr jammert ja nur, habt ihr keine Vorschläge!? – Deswegen: Ja, gerne Vorschläge unsererseits, das mache ich sehr gerne! Es wäre eigentlich sehr einfach gewesen: Jeglicher Verzicht auf klimaschädliche Subventionen würde Milliarden – wirklich Milliarden! – bringen: kein Dieselprivileg, kein Dienstwagenprivileg und weniger betonieren, das wären Milliarden gewesen. Es wäre sehr einfach gewesen. 

Eine echte Föderalismusreform – das möchte ich gerade hier im Bundesrat sagen –: Ich höre so oft von Menschen hier im Bundesrat immer wieder die Jammerei: Wir werden nicht ernst genommen, man möchte uns abschaffen, der Bundesrat muss wieder an Bedeutung gewinnen. – Eine Förderalismusreform wäre wirklich etwas, das aus dem Bundesrat kommen könnte. Der Bundesrat selbst könnte sich einbringen und sagen: Wir helfen, den Staat in gewissen Strukturen einfacher zu gestalten und den Föderalismus klug neu aufzustellen. Da wären viele Milliarden drinnen. 

Faire Steuerpolitik für Vermögende und vor allem auch für Techkonzerne: Ich hätte gerne, dass Musk die Sachen, die er hier einnimmt, auch hier versteuert, das sage ich euch. 

Ein bisschen Bescheidenheit bei Dienstwägen, wenn ich ein bisschen populistisch sein darf, wäre auch nicht schlecht gewesen. (Bundesrat Himmer [ÖVP/W]: Na da haben wir’s ...!)

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, im Klimaschutz zu sparen und klimaschädliche Subventionen zu erhalten, die nur CO2 en masse generieren und uns später durch die Strafzahlungen, die wir leisten müssen, viele, viele Kosten verursachen, das ist einfach nicht richtig. Investiert in Klimaschutz und beendet klimaschädliche Subventionen! – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

17.52

Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Bundesrat Andreas Arthur Spanring zu Wort gemeldet. – Bitte, Sie kennen die Richtlinien für eine tatsächliche Berichtigung.