RN/26

11.19

Bundesminister für Finanzen Dr. Markus Marterbauer: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Mitglieder des Bundesrates! Mit dem heute zu beschließenden Budgetbegleitgesetz und dem Vorbelastungsgesetz für die Infrastrukturinvestitionen der nächsten Jahre werden ganz wesentliche Beiträge für die Sanierung des Staatshaushalts, für die Stärkung der Wirtschaft und die Stärkung des sozialen Zusammenhalts gesetzt. Diese Gesetze sind Ausdruck eines Kompromisses, der in der Bundesregierung und zwischen den Regierungsparteien gefunden wurde, und sind Ausdruck einer Gesinnung, die Österreich voranbringen will. Ich glaube, wir haben auf diesem Weg schon in den ersten 100 Tagen dieser Bundesregierung sehr große und erfolgreiche Schritte gemacht.

Die Budgetsanierung, die mit diesen Budgetbegleitgesetzen verbunden ist, ist zentral, sie ist ökonomisch und sozial notwendig und wichtig. Lassen Sie mich kurz Folgendes zur großen Bedeutung dieser Budgetsanierung ausführen: Wir sanieren das Budget nicht um der Sanierung willen. Wir sanieren das Budget, um Spielräume zu schaffen. Würden die Budgetsanierungsmaßnahmen nicht ergriffen, würde die österreichische Staatsschuld bis 2029 auf 96,7 Prozent der Wirtschaftsleistung steigen – nahe an den 100 Prozent und in einem Bereich, in dem wir in der Vergangenheit eher südliche Nachbarländer vermutet haben und wo Österreich jedenfalls überhaupt nicht hingehört. 

Allein die Budgetsanierung, die die Bundesregierung jetzt auf den Weg bringt, spart noch in dieser Legislaturperiode Zinsausgaben in der Größenordnung von etwa 1 Milliarde Euro pro Jahr. Jetzt kann man sagen: 1 Milliarde Euro ist vielleicht bei den Zinsausgaben nicht so viel!, bedenken Sie aber, dass man mit 1 Milliarde Euro pro Jahr mehr als 20 000 Kindergärtnerinnen und Kindergärtner oder Pflegekräfte finanzieren kann. (Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: Oder für Ausländer!) Und ich gebe das Geld lieber für Kindergärtner:innen, für Pflegekräfte als für Zinszahlungen aus. Deshalb ist diese Budgetsanierung richtig. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Der zweite wesentliche Grund für die Sanierung des Budgets ist, dass die Bundesregierung mit diesen Maßnahmen die Finanzierbarkeit des Sozialstaates langfristig sicherstellt. Das kann nicht hoch genug geschätzt werden, denn der Sozialstaat ist zusammen mit der Demokratie die große zivilisatorische Errungenschaft des 20. Jahrhunderts. Wir werden diese Errungenschaft gegen alle Gegner:innen des sozialen Zusammenhalts und der liberalen Demokratie verteidigen. Wir werden diese großen Errungenschaften ausbauen und verbessern. Dahinter steht die Bundesregierung und dafür setzt sie sich mit großer Kraft ein. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Lassen Sie mich vielleicht kurz auf drei inhaltliche Bereiche eingehen, die hier in der Debatte schon eine Rolle gespielt haben. Die Bundesregierung saniert das Budget und bringt es mittelfristig auf einen nachhaltigen, wirtschaftlich vernünftigen und sozial gerechten Standard, aber gleichzeitig setzt die Bundesregierung in einigen ausgewählten und gesellschaftlich besonders wichtigen Bereichen umfangreiche Offensivmaßnahmen. 

Es ist heute hier schon über den Bildungsbereich diskutiert worden. Gerade der Bildungsbereich ist ein Bereich, in den besonders viel investiert wird, in dem die Bundesregierung in die Offensive geht und neue Maßnahmen setzt. Denken Sie an die Deutschförderung in den Schulen, denken Sie an den Chancenbonus für besonders herausgeforderte Schulstandorte, denken Sie insbesondere auch an das zweite Kindergartenjahr.

Das zweite Kindergartenjahr ist einer der großen gesellschaftlichen Fortschritte: Es kommt allen Kindern zugute, egal aus welchen gesellschaftlichen Schichten sie sind. (Zwischenruf des Bundesrates Pröller [FPÖ/OÖ].) Es fördert die emotionalen, die sozialen, die kognitiven Fähigkeiten der Kinder. Wir lassen in diesem Land kein Kind zurück, egal woher es kommt. Uns ist jedes Kind gleich viel wert. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Ein zweiter Bereich, bei dem die Bundesregierung erkannt hat, wie schwierig die Finanzierungsbedingungen sind und wie wichtig aber diese Gebietskörperschaften auch für den Sozialstaat und für das Wohlbefinden der Bürgerinnen und Bürger sind, sind die Gemeinden und Städte. Wir ermöglichen den Gemeinden und Städten durch das Kommunalinvestitionsgesetz jetzt umfangreiche Investitionen in ihre Infrastruktur, in den Klimaschutz, in den Ausbau der Kindergärten, der Pflegeeinrichtungen, der Schulen, Nachmittagsbetreuung et cetera. In den nächsten drei Jahren werden in diesem Bereich 880 Millionen Euro zusätzlich an Investitionen möglich, und zwar vor allem für jene Gemeinden, die bisher unter massiven Finanzierungsschwierigkeiten gelitten haben, denn die haben in der Vergangenheit diese Investitionsmittel, die der Bund bereitgestellt hat, nicht abholen können, weil sie sich die Kofinanzierung nicht leisten konnten. Nun entfällt die Kofinanzierung und dadurch sind umfangreiche Investitionen in diesen Bereichen der Städte und Gemeinden möglich. 

Mir ist das auch deshalb besonders wichtig, weil für mich die Städte und Gemeinden jene Institutionen sind, mit denen die Bürgerinnen und Bürger erstens mit dem Sozialstaat und zweitens mit der Demokratie unmittelbar in Verbindung und in Kontakt kommen. Die Gemeinden und Städte sind jene Institutionen, in denen der Sozialstaat, etwa im Bereich der Kindergartenplätze, unmittelbar Leistungen für die Bürgerinnen und Bürger erbringt und anhand derer man lernt, wie wichtig der soziale Zusammenhalt und die Sozialleistungen sind. Die Gemeinden und Städte sind aber auch jene Institutionen, in welchen unmittelbar Demokratie ausgeübt wird und in denen die Bürgerinnen und Bürger erkennen, wie hoch der Wert der liberalen Demokratie ist, der heute weltweit und bei vielen Nachbarländern unter Druck ist. Und gerade diese liberale Demokratie werden wir gegen ihre Feinde massiv verteidigen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Zwischenruf des Bundesrates Spanring [FPÖ/NÖ].)

Lassen Sie mich einen dritten Bereich ansprechen, nämlich in Bezug auf das Vorbelastungsgesetz und die ÖBB-Rahmeninvestitionen: Die Bundesregierung bekennt sich zum öffentlichen Verkehr und baut diesen umfassend aus. Mit 19,7 Milliarden Euro zusätzlichen Investitionen bis ins Jahr 2030 werden wichtige bestandserhaltende Investitionen getätigt, aber auch der Ausbau des öffentlichen Verkehrs vorangetrieben. Das ist Politik, die die Mobilität für alle Bürgerinnen und Bürger fördert, die den Wirtschaftsstandort fördert und die es auch ermöglicht, dass Bürgerinnen und Bürger aus den unterschiedlichsten sozialen Schichten eben mobil sein können, zur Arbeit fahren können, die Freizeit genießen können. Ein wesentlicher Teil des wohlfahrtsstaatlichen Zusammenhalts kommt aus guter öffentlicher Infrastruktur – und an dieser arbeiten wir ganz intensiv.

Lassen Sie mich zusammenfassen: Die Budgetsanierung ist als Budgetsanierung selber nicht besonders lustig, auch nicht für den Finanzminister, aber sie schafft die Voraussetzungen dafür, dass die Stärken Österreichs auch langfristig bestehen bleiben können: ein guter Wirtschaftsstandort, ein guter Industriestandort, sozialer Zusammenhalt, niemanden zurücklassen, kein Kind zurücklassen und Österreich wirtschaftlich und sozial voranbringen. – Vielen Dank. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

11.27

Vizepräsident Michael Wanner: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Bundesrat Thomas Karacsony. Ich erteile es ihm.