RN/9
9.46
Bundesminister für Bildung Christoph Wiederkehr, MA: Vielen Dank, Herr Vorsitzender! Vielen Dank für diese Debatte zu einem so wichtigen Thema, nämlich der psychischen Gesundheit an den Schulen! Es gab unterschiedliche Beiträge aus unterschiedlichen Sichtweisen mit vielen Gemeinsamkeiten, nämlich der Gemeinsamkeit, dass wir in diesem Bereich ein Problem und eine Herausforderung haben. Das teile ich als Bundesminister. Ich finde es sogar wichtig, diese Themen anzusprechen und Probleme zu benennen, weil das Benennen des Problems die Voraussetzung für eine sinnvolle Problemlösung ist.
Bei der Analyse, woher das Problem kommt, bin ich nur zum Teil bei Ihnen von freiheitlicher Seite, weil ich ja sehr viel über den Tellerrand hinausschaue, auch über die Grenzen Österreichs hinaus, zum Beispiel letztens in den Niederlanden war, in Finnland war, und sehe, dass alle westlichen Demokratien ähnliche Probleme im Bildungsbereich haben (Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: Für ähnliche Coronapolitik! Super gemacht!), das heißt, die Analyse, dass die Bundesregierung alleine die Probleme verursacht, ist etwas zu kurz gedacht und wird der komplexen Situation natürlich nicht ansatzmäßig gerecht.
Woher kommen denn die Herausforderungen? – Ein Thema haben Sie natürlich richtig benannt: Die Pandemie hat bis heute massive Auswirkungen auf Leistungen, aber auch auf die psychische Gesundheit. Daneben gibt es internationale Krisen, die Verunsicherung bei jungen Menschen auslösen – wenn man jeden Tag in den Nachrichten von Angriffen und Kriegen liest.
Darüber hinaus haben die digitalen Medien – auch das wurde angesprochen – mit Social Media eine massive Auswirkung auf das persönliche Empfinden, auf die eigene Gesundheit, aber auch auf den eigenen Druck, in einer Gesellschaft zu entsprechen, und nicht nur das, sondern auch selber etwas auf Social Media beizutragen. Das ist eine Situation, die junge Menschen massiv unter Druck setzt.
Das sind nur zwei Probleme, die aktuell aufgrund von gesellschaftlichen Veränderungen in den Klassenzimmern ankommen. Und ja, auch die hohen Migrationszahlen, insbesondere aus Gebieten, aus denen weniger hohe Bildungsabschlüsse nach Österreich mitgebracht werden, ist eine irrsinnige Herausforderung für das Schulsystem in Österreich, aber auch in anderen Ländern.
Aufgrund dieser Analyse setze ich als Minister, setzen wir als Bundesregierung die richtigen Maßnahmen in all diesen Problembereichen, nämlich: Wir bekämpfen die irreguläre Migration durch einen Aussetzen der Familienzusammenführung (Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: Genau ... voriges Jahr Container in die Schulen gestellt habt ...!), wir haben zum Thema Handys ein Handyverbot in allen Schulen bis zur 8. Schulstufe erlassen, um einen sicheren Raum zu schaffen; und dieses Paket der Verdopplung ist ein wichtiger Schritt.
Nachdem ich nur 5 Minuten habe und von Herrn Ruf zu Recht der Appell gekommen ist, die Aufmerksamkeit allen zu geben und nicht nur manchen (Heiterkeit des Bundesrates Ruf [ÖVP/OÖ]), möchte ich diesen Appell aufgreifen und auch von Ihnen noch einen Punkt aufnehmen; nämlich dass wir natürlich auf jegliche individuellen Bedürfnisse im Klassenzimmer eingehen sollten, es aber für die Lehrperson natürlich in einem so komplexen Umfeld schwierig ist, in dem unterschiedliche Problemlagen entstehen.
Darum ist es wichtig, die Lehrkräfte entsprechend auszubilden und fortzubilden, aber sie auch über unterschiedliche andere Berufsgruppen wie zum Beispiel Psycholog:innen zu unterstützen, um so auch die Lehrkräfte zu entlasten.
Gleichzeitig, und diesen Appell fand ich sehr wichtig, gilt es, auf die zu schauen, die manchmal nicht auffallen, nämlich die ganz Ruhigen, die nie etwas sagen. Manchmal gibt es da im Klassenzimmer verständlicherweise eh kein Problem, weil es nicht offensichtlich ist, manchmal aber entsteht genau dort das Problem, wo man ein Kind gar nicht mehr wahrnimmt, gar nicht mehr hört. Ich glaube, dort müssen wir hinschauen, und das machen wir, beispielsweise indem verpflichtende Exitgespräche eingeführt werden, denn manche dieser stillen Schülerinnen und Schüler gehen einfach aus der Schule und man weiß nicht, was sie als Nächstes tun. Darum wollen wir hier besser werden, nämlich allen Schülerinnen und Schülern, die die Schule abbrechen, auch ein Exitgespräch zu geben, um so auch einmal die weitere Laufbahn zu besprechen. Wir haben in Österreich nämlich eine Ausbildungspflicht bis 18, alle Jugendlichen müssen einer Beschäftigung oder einer Bildung nachgehen. Wir müssen aber dabei, das mit den Kindern und Jugendlichen auch herauszufinden, besser werden.
Zum Abschluss: Von dem, was von Frau Muthsam von der Sozialdemokratie gesagt wurde, kann ich vielem nur zustimmen, nämlich dass es gilt, Schule zum angstfreien Raum zu machen, weil nur in einem angstfreien Raum Entfaltung und Entwicklung stattfinden kann. Wenn wir Menschen Angst haben, ziehen wir uns zurück und werden weniger aufnahmefähig, darum ist Angstfreiheit die Voraussetzung für Bildung und für Entwicklung. Es ist auch meine Vision, auch mein Ziel, sowohl die persönliche Entwicklung als auch Leistungen im Bereich der Grundkompetenzen in Einklang zu bringen, und ich bin der festen Überzeugung, über mehr Freiraum ist beides möglich, und daran werde ich die nächsten Jahre hart arbeiten. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen sowie der Bundesrätin Deutsch [NEOS/W].)
9.51
Präsident Peter Samt: Ich danke dem Bundesminister.
Ich mache darauf aufmerksam, dass die Redezeit aller weiteren Teilnehmer an der Aktuellen Stunde nach Beratung in der Präsidialkonferenz 5 Minuten nicht übersteigen darf.
Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrat Mag. Julia Deutsch. Ich erteile es Ihr.
Die angezeigte Rede ist noch nicht nach § 65 Abs. 2 GO-BR autorisiert.