RN/123

18.00

Bundesrätin Verena Schweiger, BA MA MA (SPÖ, Wien): Vielen Dank, sehr geehrter Herr Vizepräsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Es ist mir eine große Ehre, heute meine erste Rede im Bundesrat halten zu dürfen und dann gleich zu einem solch wichtigen Thema. Wir beraten heute über eine Gesetzesänderung, die nicht nur notwendig, sondern schon längst überfällig ist. Es geht um den Schutz von Kindern und Jugendlichen und damit um einen Kernbereich jeder demokratischen und verantwortungsvollen Rechtsordnung. (Präsident Samt übernimmt den Vorsitz.)

Mit der Erneuerung des Ehegesetzes ziehen wir eine ganz klare und auch notwendige Grenze: keine Ehen mehr unter 18 Jahren und keine Ehen zwischen Verwandten – Punkt. Das ist keine Symbolpolitik und kein ideologisches Projekt, sondern ein ganz klarer Schutzauftrag. Das ist der gesetzliche Ausdruck unseres gesellschaftlichen Konsenses: dass junge Menschen in Österreich vor Zwang, vor Druck und vor Ausnutzung geschützt werden müssen, unabhängig von Herkunft, Religion oder auch Weltanschauung. (Beifall bei SPÖ und FPÖ.)

Um Kinderehen in Österreich wirksam zu bekämpfen und Kindern die Rechte der Kinderrechtskonvention garantieren zu können, ist dieses Gesetz mehr als nur notwendig; ein Gesetz, das Mädchen und Buben davor schützt, in ein Leben gedrängt zu werden, für das sie nicht bereit sind und dem sie selber nie zugestimmt haben. Und wir als Gesetzgeber, als Politiker:innen, aber auch als Gesellschaft sind aufgefordert, da zu handeln. Kinderrechte sind nicht einfach nur ein schönes Beiwerk, sie sind der Maßstab dafür, wie ernst wir die Menschenrechte wirklich nehmen. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Ruprecht [ÖVP/Stmk.].)

Ein Kind hat ein Recht auf Schutz, auf Bildung, auf Spiel, auf Entwicklung, aber vor allem auch auf Zeit – Zeit, um sich zu entfalten, Zeit, um zu lernen, was es heißt, Beziehungen auf Augenhöhe einzugehen. Eine Ehe ist keine Kindersache. Eine Ehe ist ein Bund, der auf freiem Willen und auf Reife basiert. Wer Kinder verheiratet, nimmt ihnen exakt diese Freiheit. Wir sprechen hier über eine Realität, die es auch in Österreich gibt, und es ist unsere Pflicht, sie nicht länger zu verdrängen. 

Und ja, ich habe die Debatte im Nationalrat genau verfolgt. Dass die FPÖ versucht, dieses Gesetz auf eine rein migrationspolitische Ebene zu reduzieren, ist – mit Verlaub – weder sachlich noch neu. Die Argumentation der Freiheitlichen, dass dieses Gesetz nur wegen angeblich zu viel Zuzug notwendig sei, ist nicht nur falsch, sondern auch brandgefährlich. Sie verharmlost das Problem, reduziert es auf Migration und macht damit genau das, was die FPÖ am besten kann: spalten statt schützen. (Beifall bei SPÖ und Grünen, bei Bundesrät:innen der ÖVP sowie der Bundesrätin Deutsch [NEOS/W].)

Anstatt sich ernsthaft mit dem Inhalt auseinanderzusetzen, nämlich mit dem Schutz von Kindern, wird fast schon reflexartig der Zuzug verantwortlich gemacht (Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: Wo haben wir denn bei uns das Problem?), aber der Schutz von Kindern ist keine Frage von Herkunft (Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: Wo gibt es bei uns in Österreich das Problem?), er ist eine Frage von Haltung. Dass es Zwangsehen nur unter Migrant:innen gäbe, ist schlichtweg falsch. Es geht über kulturelle, über religiöse und auch über soziale Grenzen hinweg. Und wer versucht, das auf bestimmte Bevölkerungsgruppen zu reduzieren, verkennt die Realität (Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: Ja, das ist so!) oder will sie auch ganz bewusst verzerren. Statt Lösungen zu suchen, wird einfach nur Stimmung gemacht. Dabei wissen wir, Zwangsehen gibt es nicht nur in migrantischen Familien, Missbrauch geschieht nicht nur in anderen Kulturkreisen und der Schutz von Kindern betrifft alle, unabhängig von Herkunft, von Religion oder von Status. 

Genau das unterscheidet uns als Sozialdemokrat:innen von jenen auf der rechten Seite des Hauses: Wir machen Politik für Menschen und nicht gegen sie. (Beifall bei der SPÖ.) Für uns steht im Mittelpunkt, wie wir das Leben derjenigen verbessern, die auf uns angewiesen sind. Und ja, Kinder sind auf uns angewiesen. Sie haben keine starke Lobby, sie sitzen nicht an Entscheidungstischen und sie halten keine Reden genau in diesem Saal. Darum ist es unsere Aufgabe, für sie zu sprechen, ihre Rechte zu verteidigen, ihnen ein Aufwachsen zu ermöglichen, das frei von Angst, frei von Zwang und auch frei von Überforderung ist. Und wir als Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten sagen klar: Wer Minderjährige verheiratet, egal in welchem Kulturkreis, handelt gegen unsere Grundwerte. Wer Inzest legalisieren will oder zulässt, handelt gegen jede Form von Menschenwürde. Und wer versucht, dieses Gesetz als Migrationsproblem abzutun, betreibt einfach nur Ablenkung und zeigt einmal mehr, dass es nie um Kinder- oder um Menschenrechte geht, sondern nur um rechte Stimmungsmache. 

Ich bin froh, dass wir mit diesem Gesetz Kinderrechte stärken. Wir schützen Kinder nicht nur auf dem Papier, sondern mit ganz klaren gesetzlichen Rahmenbedingungen, und wir senden ein unmissverständliches Signal: Kinderehen haben in Österreich keinen Platz, Verwandtenehen ebenso wenig. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei SPÖ und Grünen, bei Bundesrät:innen der ÖVP sowie der Bundesrätin Deutsch [NEOS/W].)

18.05

Präsident Peter Samt: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrat Barbara Prügl. Ich erteile es ihr. 

Die angezeigte Rede ist noch nicht nach § 65 Abs. 2 GO-BR autorisiert.