RN/8
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Bundesrätin Claudia Hauschildt-Buschberger (Grüne, Oberösterreich): Vielen Dank, Herr Präsident. – Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Landeshauptmann! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Ja, wir haben leider keinen steirischen Bundesrat mehr. Wir hatten da zwei sehr kompetente, Maria Huber und Andreas Lackner, die leider nicht mehr unter - -, also hier im Gremium sind. (Heiterkeit bei der ÖVP. – Bundesrat Himmer [ÖVP/W]: Im Bundesrat! Im Bundesrat sind sie ...!) – Na ja, jetzt ist es gerade noch lustig, aber es wird leider - -
Ich bin sozusagen in Fact-finding-Mission dieses Jahr mehrmals mit meinen Kindern in der Steiermark gewesen – zum Wandern in den Schladminger Bergen, im Sommer Radfahren im Murtal und jetzt im Herbst zur Weinlese im Vulkanland –, und ich bin tatsächlich jedes Mal sehr beeindruckt von der Schönheit dieses Landes, von seiner Natur, von seiner Kultur und vor allem auch von seinen Menschen. Die Steiermark steht – wir haben es heute auch schon gehört – für Zusammenhalt, für Hilfsbereitschaft und für das, was man früher einmal auch den gesunden Menschenverstand genannt hat. (Zwischenruf und Heiterkeit des Bundesrates Kofler [FPÖ/NÖ].) Doch gerade dieser Geist des Miteinanders, der die grüne Mark ausgezeichnet hat, wird derzeit bedroht, nicht durch äußere Umstände, sondern – das muss ich hier schon sagen – durch die Politik, die auf Spaltung statt auf Solidarität setzt. (Zwischenruf der Bundesrätin Steiner-Wieser [FPÖ/Sbg.].)
Was wir in der Steiermark erleben, ist tatsächlich Symbolpolitik auf dem Rücken der Menschen. Während viele Steirerinnen und Steirer nicht wissen, wie sie die nächste Stromrechnung bezahlen sollen, ob sie sich das Schulstartpaket für ihre Kinder leisten können, beschäftigt sich die Landesregierung tatsächlich mit – aus meiner Warte – Nebensächlichkeiten: mit einem Genderverbot, mit politischem Theater statt realen Lösungen, mit der Landeshymne, die sei auch noch genannt. Die Menschen brauchen aber keine Ablenkungsdebatten, sie brauchen Antworten: Antworten auf die Teuerung, Antworten auf die Wohnungsnot, Antworten auf den Pflegenotstand, auf die Herausforderung der sich immer stärker wandelnden Arbeitswelt. (Beifall bei den Grünen.)
Doch statt Verantwortung zu übernehmen, werden ideologische Nebelkerzen gezündet. Während Geld – wir haben es heute schon mehrfach gehört – für Straßenbauprojekte lockergemacht werden kann, fehlt es im sozialen Bereich an allen Ecken und Enden: bei den sozialen Vereinen, in der Pflege, in der Bildung, bei den Kulturinitiativen, in der Frauen- und Mädchenarbeit. Das zeigt sich auch ganz konkret: Die Produktionsschule, ein wichtiges Instrument, um benachteiligte Jugendliche an die Arbeitswelt heranzuführen, wird an zwei Standorten geschlossen – Kollegin Kerschler hat schon Leibnitz erwähnt, aber nicht nur dort, sondern auch am Standort Liezen wird sie geschlossen. In dieser Region werden junge Menschen, die oft aus schwierigen Verhältnissen kommen, im Regen stehen gelassen. Anstatt ihnen die notwendigen Perspektiven zu geben, werden ihnen die Türen verschlossen. Das ist kurzsichtig, das ist sozial ungerecht und bildungspolitisch verantwortungslos.
Sehr geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Das ist nicht nur eine Frage des Geldes, das ist auch eine Frage der Werte. Die Kürzungen treffen jene, die ohnehin schon am wenigsten haben, und unsere steirische grüne Sozialsprecherin Veronika Nitsche hat es klar gesagt: FPÖ und ÖVP richten in der Sozialpolitik in der Steiermark tatsächlich massiven Schaden an. (Bundesrätin Steiner-Wieser [FPÖ/Sbg.]: Na geh!) Und sie hat recht, denn die Sozialhilfe wird reduziert, Wohnunterstützung eingefroren und Projekte gegen Gewalt und Diskriminierung gestrichen. (Zwischenruf des Bundesrates Spanring [FPÖ/NÖ].)
Das trifft dann Menschen, die keine starke Lobby haben, Menschen, die auf Unterstützung angewiesen sind, Menschen, die oft im Stillen kämpfen. Man muss sich das nur einmal vorstellen: Mitten in der Teuerungskrise, in der Mieten steigen und Lebensmittel teurer werden, wird die jährliche Anpassung der Wohnunterstützung in der Steiermark einfach gestrichen. Das ist keine Inflationsbekämpfung, das ist – entschuldigen Sie den Ausdruck! – soziale Blindheit. Als Höhepunkt wird das Ganze dann auch noch ohne Begutachtungsverfahren durchgezogen, ohne Fachmeinung, ohne öffentliche Diskussion. So sieht das derzeitige Demokratieverständnis in der steirischen Landesregierung aus: ausschließen statt einbeziehen.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Steiermark hat tatsächlich eines der höchsten Energiepreisniveaus Österreichs, und das, obwohl die Energie Steiermark zu 100 Prozent im Eigentum des Landes steht. Das ist ein Widerspruch, den man wahrscheinlich nur schwer erklären kann – oder nur dann, wenn man erkennt, dass es offenbar wichtiger ist, Gewinne zu erzielen, als die Menschen zu entlasten. Wir Grüne sagen ganz klar: Wer ein öffentliches Unternehmen besitzt, hat auch die öffentliche Verantwortung. (Beifall bei den Grünen.)
Die Energieversorgung ist keine Spielwiese für Profit, sondern der Grundpfeiler sozialer Gerechtigkeit. Diese Verantwortung zieht sich durch alle Bereiche. Wenn in der Pflege Stellen unbesetzt bleiben, wenn Kinder in der Schule nicht die Unterstützung bekommen, die sie brauchen, wenn Frauenhäuser um ihre Förderungen bangen müssen, dann ist das keine Naturkatastrophe, sondern politisches Versagen. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesrät:innen der SPÖ.)
Die Caritas-Direktorin Nora Tödtling-Musenbichler hat es auf den Punkt gebracht: Das ist kein Sparkurs, das ist ein Kahlschlag. 2,5 Millionen Euro werden im Sozialbereich eingespart – eine Summe, die im Landesbudget tatsächlich kaum ins Gewicht fällt, aber für die Betroffenen existenziell ist. Das ist der Preis einer Politik, die meint, Härte zeigt Stärke. Aber wahre Stärke zeigt sich dort, wo man Verantwortung übernimmt, nicht dort, wo man den Schwächsten den Rücken zukehrt. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesrät:innen der SPÖ.)
Sehr geehrte Damen und Herren! Die Steiermark war immer ein Land des sozialen Zusammenhaltes, ein Land, das auf Kooperation und Solidarität gebaut hat. Diese Werte dürfen wir nicht in der politischen Kälte opfern, die derzeit von der Landesregierung ausgeht. Wir brauchen wieder Mut: Mut, über Parteigrenzen hinaus zu denken; Mut, in Menschen zu investieren statt in Schlagzeilen; Mut, eine Politik zu machen, die langfristig denkt: in den Bereichen Bildung, Umwelt und soziale Gerechtigkeit. Das ist grüne Politik – eine Politik, die nicht die nächsten Wahlen im Blick hat, sondern die nächste Generation. Wir werden weiterhin laut sein, gegen soziale Ungerechtigkeit, gegen Kürzungen bei den Schwächsten, gegen eine Politik, die lieber spaltet als verbindet. Wir werden weiterhin zeigen, dass es anders geht: sozial, gerecht, ökologisch und vor allem menschlich, denn eine Gesellschaft erkennt man nicht an ihren Bilanzen oder an der Länge ihrer Autobahnen, sondern daran, wie sie mit den Schwächsten umgeht. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)
10.04
Präsident Peter Samt: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Bundesrätin Mag. Dr. Julia Deutsch. Ich erteile es ihr.
Die angezeigte Rede ist noch nicht nach § 65 Abs. 2 GO-BR autorisiert.