RN/18

11.10

Bundesrat Christoph Thoma (ÖVP, Vorarlberg): Danke, Herr Präsident! Geschätzte Frau Staatssekretärin, liebe Barbara! Jetzt bin ich tatsächlich das erste Mal in der Situation, dass ich nicht auf die FPÖ reagieren und mich in meiner Rede mit ihr beschäftigen muss, sondern auf den Kollegen von der SPÖ. Ich will aber nicht den Koalitionsfrieden stören. 

Herr Kollege Fischer, eines sage ich Ihnen: Mit der ÖVP wird es keine Reichensteuern geben, damit das ein für alle Mal klar ist! Merken Sie sich das dick unterstrichen vor: Es wird keine Substanzsteuern geben, es wird keine Erbschaftssteuer und keine Vermögensteuer geben. Das ist ein wichtiger Ansatz, den wir vertreten. Also mit uns werden Sie das bis 2029 nicht umsetzen. Sie können es fordern, aber Sie werden das mit unserer Fraktion nicht umsetzen. (Beifall bei der ÖVP.)

Dass Sie über die Jahre 2017 bis 2024 nachdenken, das ist natürlich Ihr gutes Recht, das verstehe ich schon auch. Man hat damals auch gemerkt, dass Sie als SPÖ-Fraktion sehr oft Verantwortung übernommen haben; damals noch mit Ihrer damaligen Bundesvorsitzenden Pamela Rendi-Wagner. Sie haben bei der Bekämpfung der Pandemie mitgemacht, Sie haben bei der Bekämpfung der Energiekrise mitgemacht. Sie haben damals die notwendigen Maßnahmen mit entschieden, und das war richtig. Die Staatsverschuldung ist auch eine Folge aus diesen schwierigen Zeiten, die wir momentan geopolitisch erleben, da haben weder die FPÖ noch die ÖVP Schuld, diese Dinge haben wir beschlossen, um den Menschen in Österreich zu helfen.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen, noch einmal ganz kurz zu Kollegen Fischer: Ich lerne immer noch dazu; ich bin jetzt seit bald einem Jahr im Bundesrat, in diesem Gremium. Das Thema dieser aktuellen Debatte wäre eigentlich: Finanzbildung ist gleich Zukunftsbildung, und dass wir jetzt über die Pensionserhöhungen sprechen oder Sie auch über die Reichensteuern philosophieren, trägt nicht wirklich etwas zur Finanzbildung bei. Aber eines sage ich Ihnen: Finanzbildung ist tatsächlich Zukunftsbildung, ist ein Standortfaktor. Das sage ich hier als jemand, der im Wirtschaftsbund verortet und dort auch aktiv ist. Dabei geht es um einen selbst, um die Gesellschaft und schlussendlich um das ganze Land. 

Aber Wissen allein reicht nicht. Wir müssen immer wieder schauen, dass wir das Unternehmertum fördern, dass wir Innovationen fördern, dass wir Investitionen ankurbeln, also nicht behindern, sondern beflügeln. Wir haben großartige Köpfe in Österreich, starke Betriebe und eine enorme Kreativität, und das heißt es, immer wieder einmal auf die Bühne zu holen, vor den Vorhang zu holen. 

Man darf hin und wieder auch selbstkritisch auftreten, ja, auch wir als ÖVP. Wir sind manchmal zu kompliziert, zu langsam, zu misstrauisch, Stichwort Deregulierung. Da muss ich auch dem Herrn Landeshauptmann recht geben. Das machen die Vorarlberger genau gleich, das machen die Tiroler genau gleich, das machen die Salzburger genau gleich; nicht nur, weil die FPÖ in Vorarlberg und Salzburg mitregiert, sondern weil die ÖVP das Land gestaltet. Darum heißt diese Deregulierung ganz klar, ganz oben ansetzen. Bürokratieabbau ist ein zentrales Thema unserer Zeit. (Beifall bei der ÖVP.)

Eine Geschichte sei mir gestattet, Herr Kollege Kober – das muss ich leider anbringen, weil Sie wieder über das Gendern gesprochen haben –: Ich habe großes Verständnis, wenn in Gesetzestexten eine Form gewählt wird – man kann die weibliche oder die männliche nehmen, es ist mir egal, welche –, eine Form erleichtert definitiv das Lesen, aber schlussendlich gibt es eine Frau Bundesrätin, eine Frau Staatssekretärin und nicht eine Frau Staatssekretär, also es gibt auch die weibliche Form und die ist auch gerechtfertigt. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Bundesrätin Steiner-Wieser [FPÖ/Sbg.]: Da widerspreche ich!) – Frau Kollegin Steiner-Wieser redet schon wieder rein; das verstehen Sie zu Hause vor den Fernsehbildschirmen jetzt nicht. Sie kommentiert wieder einmal, das ist so Usus, aber bleiben wir bei dem Stil, den Herr Landeshauptmann Kunasek hereingebracht hat. Wie auch Frau Kollegin Kolar gesagt hat, ich kenne das auch aus Vorarlberg, da funktioniert die Zusammenarbeit mit der FPÖ auf Augenhöhe, fair und nicht mit permanenten Zwischenrufen.

Die Kernaufgabe von politischem Handeln ist, präventiv zu arbeiten, in der Wirtschaft präventiv zu arbeiten, die Industrie zu unterstützen, Konsumentenschützer zu unterstützen, in der Bildung zu unterstützen, Familien-, Frauenpolitik zu unterstützen. Das ist auch das, was das Finanznavi augenscheinlich darstellt; Sie haben es sich vielleicht schon angesehen. Da kann man sich wirklich angefangen als Schüler bis hin in die Pension, bis hin ins hohe Alter weiterbilden. Am Ende des Tages geht es da um Zukunftskompetenz, um demokratische Teilhabe und – und das sage ich bewusst – auch um soziale Sicherheit, nämlich um die Absicherung im System. Die persönliche Absicherung ist nämlich ein wesentlicher Faktor unseres Wohlstandes. 

Zur EU-Finanzbildungsstrategie – und da bin ich Frau Staatssekretärin Barbara Eibinger-Miedl sehr dankbar, dass sie auch die EU 27 angesprochen hat –: Österreich profitiert von diesem Zusammenspiel. Wir profitieren als Standort Österreich von der Europäischen Union, vor allem als Wirtschaftsstandort Österreich. Das müssen wir uns immer wieder vor Augen halten. Mit hochgezogenen Mauern und Grenzen werden wir dieses Land nicht weiterentwickeln, wir brauchen die Europäische Union. (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie der Bundesrätin Deutsch [NEOS/W].)

Finanzbildung heißt am Ende des Tages: individuelle Vorsorge, besserer Konsumentenschutz, Eigenständigkeit der Jugend, ökonomische Unabhängigkeit auch von Frauen, digitale sowie unternehmerische Kompetenzen zu fördern. Sie ist natürlich auch ein Teil der ökosozialen Marktwirtschaft. Wir wollen Ökologie, Ökonomie und soziale Stabilität zusammenbringen, und dazu gehört auch die Sozialpartnerschaft. 

Im Übrigen – wir debattieren ja am Nachmittag eine Dringliche Anfrage zum Thema Inflation –: Der zentrale Inflationstreiber der letzten Jahre waren die Gehaltsabschlüsse. Wer das nicht anerkennen will, der hat es nicht verstanden. Ich vergönne jedem 8 bis 10 Prozent Steigerung, aber am Ende des Tages geht das Geld woanders wieder raus, nämlich über die Inflation. Darum bin ich froh, dass sowohl die Metaller als auch vor allem die Beamten jetzt einen humanen Gehaltsabschluss gemacht haben, denn das ist die erste Trendwende, wenn es um die Inflationsbekämpfung geht. Großartig, dass Xandi Pröll das zustande gebracht hat, und danke auch den Sozialpartnern auf beiden Seiten, dass sie das in der Tradition Österreichs völlig geräuschlos – und das finde ich großartig – verhandelt haben. Das stärkt tatsächlich die Industrie und die Wirtschaft in Österreich. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich könnte jetzt – was ich nicht tun werde – in den letzten 4 Minuten, die ich noch habe, natürlich noch viel darüber nachdenken, wie es der Wirtschaft in Österreich geht. 

Über den Bürokratieabbau haben wir gesprochen. Ich warte auch darauf, dass Sepp Schellhorn liefert. Ich bin gespannt, was dann tatsächlich auf dem Tisch liegt, Frau Deutsch, vielleicht können Sie das Ihrem Kollegen auch ausrichten. 

Ich bin zu 100 Prozent der Überzeugung, dass wir Digitalisierung fördern müssen. Wir brauchen aber auch einen Zuzug in den Arbeitsmarkt – nicht in das Sozialsystem, in den Arbeitsmarkt. Die Menschen, die Fachkräfte, sollen hier arbeiten dürfen und vom ersten Tag an auch in das Sozialsystem einzahlen. Das ist mir wichtig, das braucht die Industrie und das braucht der Wirtschaftsstandort, und zwar in allen Bereichen. 

Ich bin froh, dass wir gerade im Tourismus mit dem Tourismus-Beschäftigungs-Fonds, mit der Saisonkontingentverordnung wieder Initiativen gesetzt haben, aber auch der Investitionsfreibetrag ist erhöht worden. Österreich wird damit also deutlich wettbewerbsfähiger. 

Und was das Finanznavi für den Kapitalmarkt bedeutet, das – davon gehe ich aus – wird die Frau Staatssekretärin dann noch kurz darlegen. Es geht darum, dass wir die Menschen empowern, mit ihrem eigenen Kapital etwas zu tun, am Ende des Tages mehr Renditen zu erzielen. Und das – sage ich auch bewusst – ist keine Vorgabe, zu der wir verpflichten, die wir irgendwo hinschreiben. Die Menschen sollen empowert werden, ihr Geld nicht am Sparbüchl liegenzulassen, sondern damit zu arbeiten. Das ist eine Vorgabe, die wir, also die Frau Staatssekretärin und der Herr Minister, mit dem Finanznavi implementiert haben, und das ist, glaube ich, ein richtiger Impuls für Österreich. Wir schaffen damit Möglichkeitsräume. 

Im Übrigen, weil vorhin ja auch die Infrastrukturgeschichte, die A 9, angesprochen wurde: Bitte um etwas mehr Dynamik bei der S 18 in Vorarlberg! Über den Lobautunnel sage ich jetzt nichts, das geht mich nichts an, ich bin Vorarlberger, aber: Bitte, sorgen Sie dafür, dass diese S 18 endlich gebaut wird! Österreich erstickt im Verkehr, vor allem Lustenau, Grenzstadt, größte Marktgemeinde Österreichs, und wir werden mit den Autos in Zukunft nicht fliegen, sondern wir werden weiterhin fahren. Es gibt einen Vorschlag der Asfinag, dass diese Straße unterirdisch verläuft, und das soll nach 60 Jahren Diskussion auch irgendwann einmal umgesetzt werden. 

Im Übrigen soll man auch in die Wasserkraft, in die Windkraft investieren. In Vorarlberg wird es ein bisschen schwieriger, aber in anderen Bundesländern ist die Windkraft durchaus ein Thema. Wir in Vorarlberg setzen auf die Wasserkraft, und es gilt, dafür die notwendigen Vorkehrungen zu treffen. (Beifall bei der ÖVP.(In Richtung Bundesrätin Schwarz-Fuchs, die als erste Beifall spendet:) Danke, liebe Christine.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, Finanzbildung steht für Zukunftsstandort, für Zukunftstreiber, wir brauchen Initiativen dieser Art mehr denn je. 

Über das Bildungssystem und darüber, was das für den Arbeitsmarkt heißt, wird Christoph Stillebacher nachher noch kurz reflektieren. Wir brauchen gut ausgebildete Menschen auf allen Ebenen. Die Lehre ist neben der Schule, die ja auch ein Bildungsbereich ist, einer unserer wichtigsten Ausbildungszweige und den muss man weiter stärken, ausbauen, und, ich glaube, mit unserer Finanzstaatssekretärin sind wir hier auf dem richtigen Weg. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP sowie der Bundesrätin Deutsch [NEOS/W].)

11.19 

Vizepräsident Günther Ruprecht: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Bundesratskollege Michael Bernard. Ich erteile dieses. 

Die angezeigte Rede ist noch nicht nach § 65 Abs. 2 GO-BR autorisiert.